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DEUTSCHES
ÄRZTEBLATT
30. Juli 1982 79. JahrgangSonderfall?
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ealistische Ansätze zur Schaffung eines Orga- nisationsgesetzes für den gesundheitlichen Zi- vilschutz gibt es nun imBundesgesundheitsmini- sterium, sagt dessen neue Chefin Anke Fuchs. Sie hebt besonders das Zusam- mengehen mit den Län- dern hervor: Unter Beteili- gung ihres Hauses sei ei- ne Arbeitsgruppe gebildet worden, die erst einmal
„Defizite aufzeigt und Lö- sungen empfiehlt".
Nun, das wirkliche Defizit besteht seit Mitte der sech- ziger Jahre. Seitdem fehlt nämlich in der Bundesre- publik ein Gesetz, das im.
Verteidigungsfall die ge- sundheitliche Versorgung der Bevölkerung sicher- stellt. Es dürfte kaum zu zählen sein, wie oft dieses Gesetz inzwischen ange- mahnt wurde, auch von seiten der Ärzteschaft.
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ie Bundesregierung selbst hatte im Juni 1979 festgestellt, daß die vorhandenen Rechts- vorschriften und Vorkeh- rungen von Bund und Län- dern nicht ausreichen. Dar- aufhin gab es im Mai 1980 den Referentenentwurf für ein Gesundheitssicherstel- lungsgesetz, der aber nicht vorankam. Und gleich nach ihrem Amtsantritt zog Frau Minister Fuchs ihn als„zu detailliert, zu perfek- tionistisch" zurück; es hör- te sich sogar so an, als wol- le sie gar kein solches Ge- setz. Inzwischen kam die CDU/CSU mit einem Ent- wurf für ein Gesundheits- schutzgesetz. Bei der er- sten Lesung konnte der ge- sundheitspolitische Spre-
cher der CSU-Landesgrup- pe, Dr. Kurt Faltlhauser, genüßlich in den wider- sprüchlichen Äußerungen von Frau Fuchs herumboh- ren: Die Bundesregierung drehe und winde sich zwi- schen „der Einsicht in die Notwendigkeit eines Ge- setzes und einem irrlich- ternden Opportunismus in Blickrichtung auf Teile der Friedensbewegung".
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ls ob er dieses illustrie- ren wollte, so ließ sich der SPD-Abgeordnete Udo Fiebig in der kurzen Debatte im Bundestag ver- nehmen: Selbstverständ- lich müsse der Katastro- phenschutz verbessert wer- den, sagte er — aber gleich- zeitig nannte er es eine ge- fährliche Illusion, zu mei- nen, man könne im Vertei- digungsfall die Bevölke- rung der Bundesrepublik umfassend gesundheitlich versorgen.Bedenklich stimmen muß aber eine Äußerung von Frau Fuchs. Bekanntlich ist nämlich für die Verteidi- gung, einschließlich des Schutzes der Zivilbevölke- rung, nach dem Grundge- setz der Bund zuständig;
der Katastrophenschutz da- gegen ist Sache der Län- der. Wenn nun Frau Fuchs die Meinung äußert, ge- sundheitlicher Zivilschutz sei „ein Sonderfall des Ka- tastrophenschutzes", so könnte man auf den Ver- dacht kommen, sie wolle sich — oder: den Bund — auf diese Weise etwa ganz aus der Verantwortung steh- len. Hier wäre wohl ein klärendes Wort dazu aus Bonn möglichst bald ange- bracht. gb
Die Information:
Bericht und Meinung
Portemonnaie und Politik
Was bleibt vom Bonner
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Fortsetzung auf Seite 3
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