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Archiv "Therapie von Venenerkrankungen: „Die Szene ist in Bewegung geraten“" (21.01.2005)

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ehr als 20 Prozent der Erwach- senen leiden an Krampfadern.

Lange Zeit dominierten klassi- sche Operationen wie das „Stripping“

die Behandlung von Varizen. In den letzten Jahren haben – auch durch Be- richte in der Boulevardpresse („schnitt- freie“ Operationen) – die Anwendung von aufgeschäumten Verödungsmitteln sowie die endovenöse Radiowellen- und Lasertherapie an Bedeutung ge- wonnen. „Die Szene ist in Bewegung geraten“, sagte Prof. Dr. med. Eberhard Rabe (Klinik und Poliklinik für Der- matologie der Universität Bonn) bei dem 29. Interdisziplinären Forum „Fort- schritt und Fortbildung in der Medizin“

der Bundesärztekammer in Berlin.

Für die Behandlung der unkompli- zierten Formen der Krampfaderkrank- heit haben die klassischen Methoden weiterhin ihre Berechtigung. So eignen sich zur Ausschaltung des oberflächli- chen venösen Refluxes je nach Krank- heitsstadium die Krossektomie (Unter- bindung des sapheno-femoralen oder sapheno-poplitealen Übergangs) und die partielle Saphena-Resektion. Für das Stripping der V. saphena magna (VSM) oder V. saphena parva (VSP) stehen die Invaginationsmethode mit speziellen Sonden oder die Kryomethode zur Ver- fügung. Die Verklebung des Stamms der V. saphena magna oder parva kann mit Radiowellen, Laserstrahlen oder Schaumsklerosierung erreicht werden.

„Auf die Krossektomie wird dabei mei- stens verzichtet“, sagte Prof. Dr. med.

Viola Hach-Wunderle.

Die Gefäßspezialistin vom Kranken- haus Nordwest in Frankfurt/Main be- tonte, dass die Patienten heute an die verschiedenen Behandlungsarten höch-

ste Ansprüche hinsichtlich der gering- sten Invasivität sowie der Ästhetik stel- len. „Bei der unkomplizierten Krampf- aderkrankheit kommt es in der Tat nur auf die Entfernung der Varizen an – egal mit welcher Methode. Bei der kom- plizierten Varikose mit den Folgen der sekundären Leitveneninsuffizienz muss aber die komplette Sanierung des de- kompensierten Rezirkulationskreises angestrebt werden, und hier führt die partielle Saphena-Resektion zu einer verlässlichen Prognose.“

Endovenöse Radiofrequenz- und Lasertherapie

Bei der Radiofrequenztherapie wird ein Katheter unter duplexsonographi- scher Kontrolle bis zur Einmündung in das tiefe Venensystem vorgeschoben.

„Wichtig ist die Applikation von Tu- meszenzanästhesie um die Vene herum unter duplexsonographischer Kontrol- le“, erklärte der Nürnberger Gefäßme- diziner Dr. med. Thomas Noppeney.

Dadurch würde die Vene komprimiert und von der Hautoberfläche verdrängt, zum anderen diene die Flüssigkeit als Hitzeschutz vor Verbrennungen. Über die Katheterspitze wird eine Tempera- tur von 85 °C erreicht, die zur Kontrak- tion der kollagenen Fibrillen und letzt- lich zum Verschluss der Vene führt.

Sowohl die klassische Operation als auch die Radiofrequenztherapie besei- tigen den oberflächlichen Reflux und schalten die Refluxstrecke aus. Eines der wichtigsten Prinzipien der klassi- schen Operation ist die exakte Darstel- lung des sapheno-femoralen oder -po- plitealen Überganges und die Unter-

bindung sowie die Durchtrennung der einmündenden Seitenäste. „Hier ver- lässt die Radiofrequenztherapie die bisher geltenden Prinzipien“, betonte Noppeney. „Die Energieabgabe und da- mit der Venenverschluss soll erst 0,5 bis ein Zentimeter vor der Einmündung beginnen, und die V. epigastrica soll bei diesem Verfahren als Einmündung in die Krosseregion erhalten bleiben.“

Die perioperative Komplikationsra- te bei der Radiofrequenzobliteration ist der klassischen Varizenoperation ver- gleichbar. Spezifische Hautverbrennun- gen seien nach Kombination mit der Tumeszenzanästhesie nicht mehr aufge- treten. Zwar sei die unmittelbare Rate an Sensibilitätsstörungen deutlich höher als beim konventionellen Stripping, ge- he aber zurück und betrage nach 24 Monaten 4,9 Prozent respektive 3,6 Prozent nach 36 Monaten.

In einer prospektiv randomisierten Studie lag die Rezidivrate bis zu zwei Jahren postoperativ zwischen acht und zehn Prozent, was den Ergebnissen der klassischen Varizenoperation entspricht.

Die Radiofrequenztherapie schnitt je- doch signifikant besser hinsichtlich der perioperativen Beschwerden ab. So betrug die Dauer der Arbeitsunfähig- keit durchschnittlich 4,7 Tage im Ver- gleich zu zwölf Tagen nach klassischer Operation.

Vor der endovenösen Lasertherapie wird der Verlauf der Vene mithilfe der Duplexsonographie durch den Opera- teur markiert. Die Punktion erfolgt du- plexkontrolliert bei der Vena saphena magna, meist unterhalb des Knies mit einer Venüle. Danach wird ein Füh- rungsdraht über einen Angiographie- Katheter mit Dilatator bis zur Krosse vorgeschoben, dann durch eine Laser- faser ersetzt und mit einem Diodenlaser von 940, 980, 810 oder 1 332 nm verbun- den. Unter Duplexkontrolle wird die Spitze der Laserfaser so positioniert, dass sie etwa zwei bis drei Zentimeter aus dem Katheter hinausragt und sich etwa ein bis zwei Zentimeter vom Mündungsniveau der VSM/VSP ent- fernt befindet.

Der Eingriff kann in Vollnarkose oder Lokalanästhesie (1%ige Xylonest Tu- meszenzlokalanästhesie) durchgeführt werden. Im zweiten Fall wird – ebenfalls unter Duplexkontrolle – das Lokal- M E D I Z I N R E P O R T

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A108 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 102⏐⏐Heft 3⏐⏐21. Januar 2005

Therapie von Venenerkrankungen

„Die Szene ist in Bewegung geraten“

Die Indikationen für neue endovasale Behandlungsformen

mit aufgeschäumten Verödungsmitteln, Radiowellen oder

Laserstrahlen müssen umfassend geprüft werden.

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anästhetikum von der Krosse abwärts bis zur Punktionsstelle oder umgekehrt appliziert. Die Laserbehandlung erfolgt in einem gepulsten oder kontinuierli- chen Laserstrahlmodus. Als wichtigste Zielgröße hat sich die applizierte Ener- gie pro Vene (J/cm) herausgestellt. „Die meisten Arbeitsgruppen streben mehr als 60 J/cm an“, sagte Dr. med. Felizitas Pannier (Universität Bonn). Bei niedri- gen Werten müsse mit einer höheren Rekanalisationsrate gerechnet werden.

Nach Abschluss der Behandlung wird eine exzentrische Kompression über der behandelten Vene angebracht. Im An- schluss trägt der Patient für mehrere Wochen einen Oberschenkelkompressi- onsstrumpf der Klasse II. Zusätzlich er- hält er eine Thromboembolieprophyla- xe mit niedermolekularem Heparin für mindestens acht Tage. Dem Patienten wird sofort normale Aktivität empfoh- len; sportliche und starke körperliche Aktivität sollte er etwa acht bis 14 Tage vermeiden.

Die möglichen unerwünschten Wir- kungen während des Eingriffs gleichen denen bei einer Operation oder der Ra- diofrequenztherapie. „Manche Patien- ten berichten nach Abklingen der Lo- kalanästhesie über leichte bis mäßige Schmerzen im Bereich der behandelten Venenstrecke“, sagte Pannier. Andere

Patienten entwickelten am ersten post- interventionellen Tag im behandelten Venenverlauf geringe bis mäßig ausge- prägte Ecchymosen (flächige Blutun- gen), die sich aber innerhalb von zwei Wochen zurückbildeten.

Nach den bisher vorliegenden Er- gebnissen schätzt Pannier die endo- venöse Lasertherapie der Vena saphena magna und parva als sichere und effek- tive Behandlungsmethode ein. „Sie eig- net sich insbesondere für Patienten mit schwereren chronischen Erkrankun- gen, die von einer chirurgischen Thera- pie ihrer Varikose ausgeschlossen wer- den müssen“, erklärte Pannier. Als Vor- teil gegenüber der Sklerosierungsthera- pie wertet die Bonner Gefäßspezialistin die präzise räumliche Steuerbarkeit und die lückenlose Kontrollmöglichkeit des Lasereinsatzes.

„Die Rezidivrate nach zwei Jahren liegt bei unter zehn Prozent und ist da- her durchaus mit operativen Ergebnis- sen vergleichbar“, sagte Pannier. Die entscheidende Frage nach den Lang- zeitresultaten könne zurzeit für die en- dovenöse Lasertherapie jedoch noch nicht beantwortet werden. Auch die re- gelhafte Erstattung durch die gesetzli- chen Krankenkassen steht noch aus, ob- wohl das Verfahren nicht teurer ist als andere Behandlungsformen.

Sklerosierung mit Schaum eignet sich für große Venen

Für die Sklerosierungsbehandlung von Varizen ist der Wirkstoff Polidocanol in flüssiger Form in den Konzentrationen 0,25 %, 0,5 %, 1 %, 2 %, 3 % und 4 % zugelassen. Polidocanol kann mit un- terschiedlichen Methoden in einen feinblasigen Schaum umgewandelt wer- den. Da der Schaum eine stärkere Sklerosierungswirkung hat, wird das Therapieziel mit geringeren Konzentra- tionen erreicht als bei der Flüssigskle- rosierung.

Bei sachgerechter Durchführung ist die Schaumverödung nach Angaben von Rabe eine effiziente und nebenwir- kungsarme Therapieform. Hautnekro- sen seien sowohl nach paravasaler In- jektion höherprozentiger Sklerosie- rungsmittel als auch nach lege artis durchgeführter intravasaler Injektion mit 0,5 Prozent Polidocanol bei der Sklerosierung von Besenreisern be- schrieben. Hyperpigmentierungen tre- ten in 0,3 bis zehn Prozent der Fälle auf und bilden sich in der Regel lang- sam zurück.

Das Matting – feine Teleangiektasien im Bereich einer verödeten Varize – ist eine nicht vorhersehbare individuelle Reaktion des Patienten und kann auch nach der operativen Ausschaltung einer Krampfader auftreten. „Geringer In- jektionsdruck und ein geringes Ver- ödungsvolumen pro Injektion können dieser unerwünschten Wirkung ebenso wie der Nekrosebildung vorbeugen“, sagte Rabe in Berlin.

Für die Sklerosierung von intrakuta- nen Varizen (Besenreiser und retikulä- re Varizen) gilt die Sklerosierungsbe- handlung als Standardtherapie, mit der eine bis zu 80- bis 90-prozentige Besse- rung erzielt werden kann. In den bisher publizierten Studien zeigt die Sklerosie- rung mit aufgeschäumten Verödungs- mitteln bei Besenreisern keinen ein- deutigen Vorteil gegenüber konventio- nellen Methoden. „Bei größeren sub- kutanen Varizen und der Vena saphena magna jedoch hat sich die Schaumver- ödung der flüssigen Sklerosierung als überlegen erwiesen“, betonte Rabe.

Randomisierte Vergleichsstudien zu den operativen Verfahren stünden aber noch aus. Dr. med Vera Zylka-Menhorn M E D I Z I N R E P O R T

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A110 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 102⏐⏐Heft 3⏐⏐21. Januar 2005

Venenstatus vom Spezialisten beurteilen lassen

In den USA werden die endovenösen Ver- fahren wegen ihrer geringen Invasivität schon häufiger angewendet als die klassi- sche Varizenoperation. Außer von Ge- fäßchirurgen und operativ tätigen Phle- bologen werden diese Verfahren dort un- ter anderem von Allgemeinärzten, Inter- nisten, interventionellen Radiologen, Kar- diologen und Plastischen Chirurgen an- gewandt. Die auf dem Forum der Bun- desärztekammer vertretenen Referenten warnten vor einer unkritischen Verbrei- tung dieser Verfahren, da zu einer ange- messenen Behandlung von Venenerkran- kungen eine sichere Diagnostik und Indikationsstellung sowie entsprechende technische Fähigkeiten gehörten. Nur un- ter diesen Voraussetzungen könne bei Ve- neneingriffen mit niedrigen Komplikati- onsraten und guten Langzeitergebnissen

gerechnet werden. Foto:

Noppeney

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