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Archiv "Empfehlungen zur standardisierten Tumortherapie: Bösartige Geschwülste des endokrinen Pankreas" (14.05.1986)

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Tabelle 1: Erscheinungsformen bösartiger Geschwülste des endokrinen Pankreas

Hypoglykämie- Syndrom

Zollinger-Ellison- yndrom (Gastrinom)

Verner-Morrison- Syndrom (Vipom)

hormon- Glukagonom-Syndrom inaktives (Glukagonom) Inselzell-CA Primärtumor

intrapankreatisch Lymphknotenmeta- stasen peripankrea- tisch und/oder Le- bermetastasen

99% 60-80% 100%

0,5-2 cm Gastrin (pankreatisches Polypeptid, Insulin)

2-7 cm vasoaktives intestinales Polypeptid (pankreatisches Polypeptid)

Glukagon (Insulin, pankreatisches Polypeptid)

Insulin, Glukagon, pankreatisches Polypeptid, Somatostatin

4-10 cm 4-10 cm

100%

90-95%

Tumorgröße 1-2 cm

Immunhistologie Insulin

(pankreatisches Polypeptid, Glukagon)

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

ÜBERSICHTSAUFSATZ

SE

edtAteegiium vekue,

Empfehlungen zur standardisierten Tumortherapie

Bösartige Geschwülste des endokrinen Pankreas

Fritz Kümmerle und Klaus Rückert

Aus der Chirurgischen Klinik und Poliklinik der Johannes Gutenberg-Universität Mainz

1.2 Kriterien der Malignität Histologisch nachgewiesene Me- tastasen endokriner Pankreastu- moren sind neben der direkten breiten Invasion angrenzender Or- gane das einzig sichere Kriterium der Malignität dieser Geschwülste.

Der Nachweis der Alpha-Unterein- heit des Choriongonadotropins spricht für Malignität bei funktio- nell aktiven Tumoren (4).

2 Inselzellkarzinome mit organischem Hyperinsulinismus 1 Einleitung

Das endokrine Pankreas ist kein eigenständiges Organ, sondern die Inselzellen sind in das exokri- ne Parenchym der Bauchspeichel- drüse eingebettet. Im Verhältnis zum exokrinen Parenchym beläuft sich der endokrine Anteil mit sei- ner bunten Hormonaktivität nur auf ein bis zwei Prozent, und dem- entsprechend tritt auch seine chir- urgische Bedeutung zurück (Ta- belle 1). Die ebenso typischen wie mannigfaltigen Erscheinungen der Inselzelltumoren werden meist lange Zeit verkannt.

1.1 Häufigkeit

In der Bundesrepublik Deutsch- land werden etwa 20 bis 30 endo- krine Pankreastumoren pro Jahr operiert (5).

An der Chirurgischen Universitäts- klinik Mainz wurden von 1964 bis 1984 insgesamt 65 Patienten mit einem endokrinen Pankreastumor behandelt, davon waren 34 Pro- zent maligne (Tabelle 2).

Fast zwei Drittel der bösartigen Geschwülste des endokrinen Pan- kreas sind hormoninaktiv.

2.1 Symptome

Klassisch ist die Whipplesche Trias: 1. morgendlicher Bewußt- seinsverlust, 2. Nüchternblutzuk- ker unter 40 bis 50 mg%, 3. soforti- ge Beseitigung des Zustandes nach intravenöser Glukosezufuhr.

Eine besonders schwere Sympto- matik mit kurzer Anamnese kann ein Inselzellkarzinom bedeuten. I>

*) Im Auftrag der Deutschen Krebsgesell- schaft sowie der Arbeitsgemeinschaft Deut- scher Tumorzentren (ADT), bearbeitet von Professor Dr. Dr. h. c. mult. Fritz Linder, Heidelberg, und Professor Dr. med. Horst Sack, Essen.

Ausgabe A 83. Jahrgang Heft 20 vom 14. Mai 1986 (63) 1447

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Tabelle 2: Geschwülste des endokrinen Pankreas

(Chirurgische Universitätsklinik Mainz 1964 bis 1984 — n = 65) benigne maligne

Insulinome 39 4

hormoninaktive Inselzell-Karzinome 12 Zollinger-Ellison-Syndrom (Gastrinom) 3 3

Glukagonom 1

P-Poma (pankreatisches Polypeptid) Karzinoide des Pankreas und der Papille

1

2

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Endokrine Pankreasgeschwülste

2.2 Diagnostik

a) funktionell biochemisch: Weg- weisend sind der Nachweis der Spontanhypoglykämie (BZ unter 50 mg%), erhöhte Nüchterninsu- linwerte und parallel dazu erhöhte C-Peptidspiegel. Der positive Hun- gerversuch hat größte Bedeutung.

Gelegentlich ist ein Insulinsup- pressionstest mit gleichzeitiger C- Peptidbestimmung angezeigt oder Provokationsteste (Tabelle 3).

b) lokalisatorisch: Aufgrund der meist geringen Größe des Primär- tumors (40 Prozent kleiner als ein Zentimeter) haben Sonographie und CT nur eine begrenzte Emp- findlichkeit von 40 bis 60 Prozent (3). Von Bedeutung ist aber die Ar- teriographie und seltener die se- lektive transhepatische Blutent- nahme zur Hormonbestimmung.

Der angiographische Nachweis von Insulinomen liegt bei durch- schnittlich 71 Prozent. Lebermeta- stasen und peripankreatische Lymphknotenmetastasen verhal- ten sich wie der Primärtumor.

2.3 Therapie

a) operativ: Die chirurgische Ent- fernung des hormonaktiven endo- krinen Pankreastumors ist fast im- mer indiziert. Ist bereits präopera-

tiv ein Inselzellkarzinom erwiesen, kann bei gutem Ansprechen auf eine antihormonale oder zytostati- sche Therapie auf eine Laparoto- mie verzichtet werden, wenn der Patient keine günstigen Voraus- setzungen bietet (6). Häufig ist je- doch die medikamentöse Therapie ineffektiv, so daß dann doch die Tumorreduktion zur Milderung des Hormonexzesses angezeigt ist. Beim lokal invasiv wachsenden Inselzellkarzinom im Pankreas- kopf wird eine Whipplesche Ope- ration erforderlich, während im

Tabelle 3: Diagnostik bei en- dokrinen Pankreastumoren 1. endokrinologisch:

Anamnese, Klinik, biochemisch-funktionell 2. radiologisch-

lokalisatorisch:

nicht invasiv:

Ultraschall,

Computertomographie invasiv:

Angiographie,

perkutane transhepati- sche Portographie mit selektiver Blutentnahme zur Hormonbestimmung (PTP)

Pankreaskorpus- und -schwanz- bereich die Linksresektion unter Mitnahme des Tumors ausreicht.

Ist der Tumor inkapsuliert und so- litär, wird er enukleiert. Möglicher- weise hormonaktive Metastasen sind zu exstirpieren oder so weit wie möglich zu reduzieren. Auch wiederholte Operationen mit Me- tastasenreduktion sind sinnvoll (siehe auch Tabelle 4).

b) medikamentös: Durch Diazo- xid kann die Insulinfreisetzung ge- hemmt werden. Oft ist Diazoxid je- doch ineffektiv, und eine zytostati- sche Therapie wird erforderlich (1). Die Erfahrungen mit einem neuen Depotsomatostatinanalo- gon sind noch begrenzt. Partielle Therapieerfolge werden mit Strep- tozotocin erzielt. Die Kombination mit oder die alleinige Gabe von 5-Fluorouracil ist sinnvoll und kann zu einer Dämpfung des Hormonexzesses führen (7). Bei hormonaktiven Lebermetastasen kommt auch die Zytostatikainfu- sion in Lebergefäße in Betracht über implantierbare Ports oder im- plantierbare Gasdruckpumpen. Ei- ne Embolisation der Leberarte- rienäste kann ebenfallszur Kontrol- le des Hormonexzesses führen.

2.4 Prognose

Die Prognose der metastasierten endokrinen Pankreastumoren ist wesentlich besser als die der Ade- nokarzinome des exokrinen Pan- kreas. Die mittlere Überlebenszeit beträgt vier Jahre, wobei einzelne Verläufe bis zu 19 Jahren mitge- teilt wurden.

3 inselzellkarzinome mit Gastrinproduktion (Zollinger-Ellison-Syndrom) 3.1 Klinik

Pankreastumoren und Duodenal- karzinoide mit Gastrinproduktion

1448 (64) Heft 20 vom 14. Mai 1986 83. Jahrgang Ausgabe A

(3)

Tabelle 4: Therapie bösartiger endokriner Pankreasgeschwülste 1. chirurgisch Probeexzisionen

Enukleation — Exstirpation Pankreaslinksresektion Duodenopankreatektomie

Metastasenexstirpation, Metastasenreduktion Entfernung des Erfolgsorgans (Gastrektomie) 2. medikamentös — Diazoxid (Hypoglykämie-Syndrom)

symptomatisch: — Somatostatin (Hypoglykämie-Syndrom)

— H 2-Rezeptor-Antagonisten (Gastrinom) Glukokortikoide (Vipom)

zytostatisch:

systemisch: Streptozotocin 5-Fluorouracil

> lokal: Streptozotocin 5-Fluorouracil (Leberperfusion)

3. radiologisch Embolisation der Lebergefäße bei hormonakti- ven Lebermetastasen

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Endokrine Pankreasgeschwülste

sind Ursache des seltenen Zollin- ger-Ellison-Syndroms (ZES). Fol- gen der Hypergastrinämie sind ei- ne exzessive Salzsäureüberpro- duktion des Magens mit pepti- schen Ulzera und in etwa 30 Pro- zent Diarrhöen. Etwa 60 Prozent der Gastrinome sind bereits mali- gne entartet, das heißt es finden sich multiple Lymphknoten und/

oder Lebermetastasen. Mehr als die Hälfte der Kranken haben mul- tiple Tumoren im Pankreas. Von 1967 bis 1976 wurden in der Bun- desrepublik nur etwa 50 Fälle von ZES operativ behandelt (5).

3.2 Diagnostik

Wichtig sind die Magensekretions- analyse, basale Serumgastrinbe- stimmungen, Stimulationsteste (Sekretintest) und eine Testmahl- zeit (1). Die präoperative Lokalisa- tion des hormonproduzierenden Gewebes ist unbedingt anzustre- ben. Oft gelingt dies nicht, da die Gastrinome meist klein (< 2 cm), multipel und nicht selten extra- pankreatisch gelegen sind. Neben den modernen bildgebenden Ver- fahren (Ultraschall, CT) und der selektiven Oberbauchangiogra- phie kommt vor allem der perkuta- nen transhepatischen Portogra- phie mit Blutentnahme zur Hor- monbestimmung für die Opera- tionsplanung Bedeutung zu.

3.3 Therapie

Die Therapie des ZES wird anhal- tend kontrovers diskutiert. Insbe- sondere beim malignen Gastrinom ist der Stellenwert der Chirurgie umstritten. Die therapeutischen Ansatzpunkte beinhalten im we- sentlichen zwei Komponenten (2):

1. Therapie des hormonaktiven Tumors und 2. Therapie der Ma- gensäurehypersekretion. Es ist ei- ne frühzeitige Entfernung des Pri- märtumors und Metastasenreduk- tion anzustreben, um die Chance zur kurativen Resektion zu wah-

ren. Die Beeinflussung der Magen- säurehypersekretion gelingt ideal mit den H 2-Rezeptorantagonisten.

3.4 Prognose

Beim ZES mit Lebermetastasen werden nach Gastrektomie 5-Jah- res-Überlebenszeiten bis zu 50 Prozent mitgeteilt und 10-Jahres- Überlebenszeiten von 30 Prozent.

Das Ausmaß der Magenresektion beeinflußt signifikant die Überle- benszeit. Überlebenszeiten bis zu 24 Jahren nach Gastrektomie bei vorhandenen Lymphknotenmeta- stasen sind beobachtet worden.

4 Inselzellkarzinome mit Verner-Morrison-Syndrom und Glukagonom-Syndrom Verner und Morrison beschrieben 1958 ein Syndrom, das charakteri- siert ist durch profuse wäßrige Diarrhöen, Hypokaliämie und Hy- po- bis Achlorhydrie. Ursache ist ein hormonaktiver Pankreastu- mor, der in 40 Prozent der Fälle

maligne ist und meist vasoaktives intestinales Polypeptid (VIP) pro- duziert. Beim malignen Vipom muß größtmögliche Radikalität an- gestrebt werden, um die Diarrhö- en (Synonym: pankreatische Cho- lera) unter Kontrolle zu bringen.

Neben den resezierenden Pankre- aseingriffen muß auch die Meta- stasenentfernung angestrebt wer- den. Die durchschnittliche Überle- benszeit bei malignen Vipomen beträgt nur ein Jahr nach ihrer Entdeckung. Medikamentös kön- nen die Durchfälle in einigen Fäl- len durch Glukokortikoide günstig beeinflußt werden. Die Kombina- tionstherapie mit Streptozotocin und 5-Fluorouracil ist ebenfalls im Einzelfall erfolgreich (1).

Das Glukagonom-Syndrom wird durch eine exzessive Hypergluk- agonämie verursacht. Das klini- sche Bild ist durch eine bullös-ex- foliative bis ekzematoid-ery- thematöse Dermatitis bestimmt, die auch als nekrolytisch-migrie- rendes Erythem bezeichnet wird.

Ein milder Diabetes und starker

Ausgabe A 83. Jahrgang Heft 20 vom 14. Mai 1986 (67) 1451

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

FÜR SIE GELESEN Endokrine Pankreasgeschwülste

Gewichtsverlust sind ebenfalls charakteristisch. Sechzig Prozent dieser endokrinen Pankreastumo- ren sind maligne. Die Tumorgröße liegt meist bei vier bis zehn Zenti- metern. Erst 50 Fälle wurden bis 1979 beschrieben. Die Laparoto- mie ist bei jedem Patienten dring- lich indiziert zur kurativen Tumor- entfernung oder zumindest Tu- mor- und Metastasenreduktion.

Die Prognose ist gut trotz einge- tretener Metastasierung.

5 Hormoninaktive Inselzellkarzinome

Häufig sind die malignen endokri- nen Pankreastumoren hormonin- aktiv (zwei Drittel im eigenen Kran- kengut); immunhistochemisch er- gibt sich dennoch ein buntes Hor- monmuster (4). Bei einem Drittel der Fälle ist ein Tumor im Ober- bauch palpabel. Die Tumoren las- sen sich mit bildgebenden Verfah- ren problemlos darstellen, da sie meist eine Größe von fünf bis 20 Zentimetern haben. Die vorhande- nen Metastasen werden intraope- rativ ausgeräumt oder reduziert.

Die chirurgischen Eingriffe rei- chen von der einfachen Tumor- enukleation über die Duodeno- pankreatektomie bis hin zur Me- tastasenreduktion. Mehrjährige Überlebenszeiten sind die Regel, mit einer mittleren Überlebenszeit von vier Jahren mit Einzelverläu- fen bis zu 19 Jahren. Der Wert ei- ner zytostatischen Therapie ist im Einzelfall zu prüfen. Auch wieder- holte Operationen mit Metastasen- reduktion sind bei den langsam wachsenden Tumoren sinnvoll.

6 Zusammenfassung

Die bösartigen Geschwülste des endokrinen Pankreas sind sehr selten. Pathologisch-histologisch gilt nur der Nachweis von Metasta- sen als zuverlässiges Kriterium der

,, ,Alintaszninsimigg

Malignität. Ein Drittel der Tumoren sind hormonaktiv mit typischem klinischem Syndrom wie Hypoglyk- ämiesyndrom, Zollinger-Ellison- Syndrom (Gastrinom), Verner- Morrison-Syndrom (Vipom) oder Glukagonom-Syndrom, während zwei Drittel hormoninaktiv sind ohne Zeichen des Hormonexzes- ses. Nach endokrinologischer Dia- gnostik sind zur Lokalisation Ul- traschall und Computertomogra- phie sowie die Angiographie von Bedeutung. Therapeutisch kommt ein großes Spektrum chirurgi- scher Eingriffe am Primärtumor und an den Metastasen zum Ein- satz, ferner eine medikamentöse Behandlung zur Beherrschung des Hormonexzesses und im Sin- ne der Zytostase. Die Prognose dieser malignen Geschwülste ist relativ günstig mit manchmal mehrjähriger Überlebenszeit.

Literatur

(1) Arnold., R.: Nichtinsulinproduzierende Tu- moren des Pankreas. Klinik, Diagnostik und konservative Therapie. In: Chirurgie des endo- krinen Pankreas. Hrsg. Kümmerle, F., und Rückert, K., Stuttgart/New York: Thieme (1982) 56-79 — (2) Friesen, St. R.: Reevaluation of the Zollinger-Ellison-Syndrome. In: Endocrine sur- gery update. Eds. Thompson, N. W., und Vinik, A. I., Grune & Stratton (1983) 237-244 — (3) Günther, R.: Lokalisation von endokrinen Pan- kreastumoren. In: Chirurgie des endokrinen Pankreas. Hrsg. Kümmerle, F., und Rückert, K., Stuttgart/New York: Thieme (1982) 80-95 — (4) Klöppel, G.; Ph. U. Heitz: Pancreatic patho- logy. Edinburgh, London, Melbourne, New York: Churchill Livingstone (1984) — (5) Küm- merle, F., und K. Rückert: Chirurgie des endo- krinen Pankreas in der Bundesrepublik — Er- gebnisse einer Umfrage. Dtsch. Med. Wschr.

103 (1978) 729-732 — (6) Kümmerle, F., und K.

Rückert: Chirurgie des endokrinen Pankreas.

Stuttgart/New York, Thieme (1982) — (7) Moer- tel, Ch. G.; Hanley, J. A.; Johnson, L. A.: Strep- tozotocin alone compared with Streptozotocin plus Fluorouracil in the treatment of advanced islet cell carcinoma. New Engl. J. Med. 303 (1980) 1189-1194

Anschrift der Verfasser:

Professor Dr. med. Fritz Kümmerle Privatdozent Dr. med.

Klaus Rückert

Chirurgische Klinik und

Poliklinik der Universität Mainz Ehrlichweg 6,6500 Mainz

Alkoholentzugssyndrom und Betablocker

In einer randomisierten Doppel- blindstudie erhielten 61 Patienten den Betablocker Atenolol (z. B.

Tenormin®) und 59 Patienten ein Placebo zur Behandlung des Al- koholentzugssyndroms. Atenolol wurde täglich wie folgt verab- reicht: Bei einer Pulsfrequenz von weniger als 50 Schlägen pro Minu- te kein Atenolol, bei 50-80 Schlä- gen pro Minute 50 mg Atenolol und bei mehr als 80 Schlägen pro Minute 100 mg des Betablockers.

Mehr als 100 mg Atenolol wurde keinem Patienten verabreicht.

Verglichen mit Placebo ergaben sich unter Atenolol eine signifi- kante Verkürzung der mittleren Hospitalisationsdauer, eine signi- fikante Einsparung gleichzeitig verabreichter Benzodiazepine so- wie eine schnellere Normalisie- rung gestörter Verhaltensparame- ter und klinischer Befunde. Be- sonders interessant erscheint, daß Atenolol bei Patienten mit bereits durchgemachter und teilweise schwerer Entzugssymptomatik gut wirkte.

Da Atenolol im Vergleich zu Pro- pranolol eine wesentlich niedrige- re Fettlöslichkeit aufweist, wird diskutiert, ob diese Eigenschaft dazu beiträgt, daß ein geringerer zentralnervöser Effekt als bei Pro- pranolol eintritt. Es wundert des- halb nicht, daß auch Patienten un- ter Atenolol zur Behandlung des Alkoholentzugssyndroms Oxaze- pam benötigten, obwohl ihre Do- sis gegenüber der Placebogruppe signifikant geringer war. Die Auto- ren ziehen den Schluß, daß die Verabreichung des Betablockers Atenolol eine Bereicherung in der Behandlung des akuten Alkohol- syndroms darstellt. siz

Kraus, M. L.: Gottlieb, L. D.: Notwitz, R. I.: An- scher, M.: Randomized clinical trial of atenolol in patients with alcohol withdrawal, New Engl.

J. Med. 313 (1985) 905-909.

Dr. Ralph I. Horwitz, Yale University School of Medizine, POB 3333, New Haven. CT 06510, USA.

1.11.931MMINNWe

1452 (68) Heft 20 vom 14. Mai 1986 83. Jahrgang Ausgabe A

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