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Dauernachtarbeit in Deutschland

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Academic year: 2022

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baua: Bericht kompakt

In Deutschland arbeiten etwa zwei Prozent der abhängig Beschäftigten ausschließlich nachts. Da das Arbeiten während der Nacht mit besonderen Risiken und Belastungen einhergeht, sind Nachtarbeitende über das Arbeitszeitgesetz speziell geschützt. Arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse legen nahe, dass Dauernachtarbeit gegen die Grundsätze einer gesundheitsgerechten und sozialverträglichen Arbeitsge- staltung verstößt und deshalb eher vermieden werden sollte. Auf Basis der BAuA-Arbeitszeitbefragung

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kann die Situation von Dauernachtarbeitenden in Deutschland näher betrachtet werden.

Arbeiten während der Nacht

In vielen Branchen und Arbeitsbereichen gibt es gesell- schaftliche, technologische und unternehmerische Grün- de für Nachtarbeit. Ohne Nachtarbeit könnte die Aufrecht- erhaltung der Pflege- und Gesundheitsversorgung, der öffentlichen Sicherheit und der Energieversorgung nicht durchgehend gewährleistet bleiben. Das Gesetz ermög- licht es darüber hinaus einigen Unternehmen auch aus wirtschaftlichen oder produktionstechnischen Gründen auf Arbeit während der Nachtstunden zurückzugreifen, z. B. wenn ein Produktionsprozess nicht unterbrochen werden kann. Ein besonderer Fall von Nachtarbeit liegt vor, wenn sie dauerhaft stattfindet. Dauernachtarbeit eta- bliert sich häufig entweder ergänzend zur Wechselschicht mit Nachtanteil oder als Alternative zu Dreischichtmodel- len. Ein Teil der Belegschaft arbeitet dann ausschließlich nachts, der andere Teil in Früh- und Spätschicht. Einige Unternehmen sehen in Dauernachtarbeit eine Antwort auf die Herausforderungen des demografischen Wandels, der sich auch in der Belegschaft widerspiegelt. Wenn jüngere Beschäftigte freiwillig dauerhaft nachts arbeiten, können ältere Beschäftigte auf einen Tagarbeitsplatz wechseln.

Gesetzeslage – Nachtarbeit im Arbeitszeitgesetz

Das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) regelt die rechtlichen Rah- menbedingungen der Nachtarbeit. Laut ArbZG ist die Ar- beitszeit der Nacht- und Schichtarbeitnehmenden nach den gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen über die menschengerechte Gestaltung der Arbeit zu ge- stalten. Als Nachtarbeit im Sinne des Gesetzes gilt Arbeit zwischen 23 und 6 Uhr (für Bäckereien und Konditoreien zwischen 22 und 5 Uhr), die länger als zwei Stunden dau- ert. Als Nachtarbeitnehmende gelten Arbeitnehmende, die

normalerweise Nachtarbeit in Wechselschicht leisten oder an mindestens 48 Tagen im Jahr nachts arbeiten. Beschäf- tigte, die unter diese Kategorie fallen, stehen unter einem besonderen gesundheitlichen Schutz. Für sie gelten spezi- elle Regelungen:

• Kürzere Ausgleichszeiträume für Überschreitung der Höchstarbeitszeit

• Regelmäßige arbeitsmedizinische Untersuchungen

• Versetzungsanspruch auf geeigneten Tagarbeitsplatz bei gesundheitlicher Gefährdung oder besonderen familiären Situationen (wenn keine dringenden be- trieblichen Erfordernisse dagegensprechen)

• Ausgleichsregelungen (freie Tage oder Zuschlag auf das Bruttoarbeitsentgelt; Vorrang für Freizeitaus- gleich)

Zudem wird im ArbZG festgehalten, dass Nachtarbeiten- de einen gesetzlichen Anspruch auf gleichen Zugang zur betrieblichen Weiterbildung und zu aufstiegsfördernden Maßnahmen haben wie die übrigen Arbeitnehmenden.

Welche Beschäftigten arbeiten in Dauernachtschicht?

Nach Zahlen des Statistischen Bundesamtes arbeiteten 2017 etwa zwei Prozent der abhängig Beschäftigten an jedem ihrer Arbeitstage in der Nacht. Für einen genau- eren Blick auf die Beschäftigten in Dauernacht, werden Angaben der 189 Dauernachtarbeitenden aus der reprä- sentativen BAuA-Arbeitszeitbefragung 2015 betrachtet2. Im Vergleich zu allen Beschäftigten und Beschäftigten in Wechselschichtmodellen mit Nachtanteil, zeigen sich für Dauernachtarbeitende zum Teil deutliche Unterschiede.

Mit 46 Jahren ist der Altersdurchschnitt höher als bei der

Dauernachtarbeit in Deutschland

Arbeit gegen biologische und soziale Rhythmen

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baua: Bericht kompakt

Dauernachtarbeit in Deutschland 2

Thema des Vortrags - Vortragende(r) (Titel, Vorname, Name) 2

61% 51%

(Sehr) zufrieden damit, wie Arbeits- und Privatleben zusammenpassen

(Sehr) guter allgemeiner Gesundheitszustand

Alle Beschäftigte

Dauernacht

Wechselschicht

mit Nachtanteil 55% 59%

77% 62%

Gesamtheit der Beschäftigten (43 Jahre) und bei Arbeiten- den in Wechselschichtmodellen mit Nachtanteil (42 Jah- re). Der Anteil der Frauen in Dauernachtarbeit (46 %) ist deutlich höher als der Anteil der Frauen in Wechselschicht mit Nachtanteil (34 %). Die Unterschiede erklären sich vor allem durch den hohen Frauenanteil in Teilzeit-Dauer- nachtarbeit. Dauernachtarbeit in Teilzeit ist weit verbreitet.

Während bei allen Beschäftigten nur etwa ein Viertel (23 %) und bei den Arbeitenden in Wechselschicht mit Nachtan- teil nur jede/r Zehnte (10 %) in Teilzeit arbeitet, ist es bei den Dauernachtarbeitenden beinahe ein Drittel (31 %).

Dauernachtarbeitende in Teilzeit arbeiten durchschnittlich 21 Stunden, die in Vollzeit 46 Stunden pro Woche.

Am häufigsten arbeiten Dauernachtarbeitende im Gesund- heits- und Sozialwesen, dem produzierenden Gewerbe und der Verkehrs- und Lagerei-Branche. Dauernachtarbeit ist vor allem in kleinen und mittleren Unternehmen ver- breitet. Fast drei Viertel der Dauernachtarbeitenden (71 %) arbeiten in Unternehmen mit weniger als 250 Beschäftig- ten. Dieser Anteil ist bei den Wechselschichtarbeitenden mit Nachtanteil deutlich niedriger (41 %). Durchschnitt- lich arbeiten die befragten Dauernachtarbeitenden bereits seit neun Jahren in Nachtarbeitsmodellen. Fast drei Viertel (71 %) arbeiten in der Regel mehr als vier Nachtschichten in Folge. Im Durchschnitt werden 17 Nachtschichten im Monat gearbeitet.

Gesundheit und Work-Life-Balance

Dauernachtarbeitende sind durchschnittlich zufriedener mit ihrer Work-Life-Balance als Wechselschichtarbeitende mit Nachtanteil, sie geben aber einen deutlich schlech- teren Gesundheitszustand an. Während 61 Prozent der Beschäftigten in Dauernacht (sehr) zufrieden damit sind, wie Arbeits- und Privatleben zusammenpassen, sind es bei den Wechselschichtlern mit Nachtanteil nur 55 Pro- zent. Es sind jedoch vor allem die Dauernachtarbeitenden in Teilzeit, die mit ihrer Work-Life-Balance zufrieden sind und weniger die in Vollzeit. Nur etwas über die Hälfte der Dauernachtarbeitenden (51 %) gibt an, über einen (sehr) guten allgemeinen Gesundheitszustand zu verfügen. Die Anteilswerte sind in Voll- und Teilzeit ähnlich niedrig. Die- ser Anteil ist bei den Arbeitenden in Wechselschicht mit Nachtanteil deutlich höher (59 %).

54 % 46 %

Ø 9 Jahre in Nachtschicht

71 % > 4 Nachtschichten in Folge

31 % Teilzeit: Ø 21 Std./Woche 69 % Vollzeit: Ø 46 Std./Woche 60% mit Partner/in

32 % mit Kind Ø 46 Jahre alt

Ø 17 Nachtschichten pro Monat

71 % in kleinen und mittleren Betrieben Häufigste Branchen

Gesundheits- und Sozialwesen Produzierendes Gewerbe Verkehr und Lagerei

1 2 3

2015

Abb. 1 Beschreibung der Dauernachtarbeitenden

Abb. 2 Work-Life-Balance und Gesundheitszustand (Sehr) zufrieden damit,

wie Arbeits- und Privatleben zusammenpassen

(Sehr) guter allgemeiner Gesundheitszustand Dauernacht

Alle abhängig Beschäftigten Wechselschicht mit Nachtanteil

61%

55%

77%

51%

59%

62%

(3)

3

Impressum | Herausgeber: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA), Friedrich-Henkel-Weg 1–25, 44149 Dortmund, Telefon: 0231 9071-2071, E-Mail: info-zentrum@baua.bund.de, Internet: www.baua.de |

Autoren: Roland Strauß, Corinna Brauner, Redaktion: J. Hettwer, Gestaltung: R. Grahl (BAuA) | Foto: matlen / photocase | doi:10.21934/baua:berichtkompakt20200212 | Februar 2020

baua: Bericht kompakt

Dauernachtarbeit in Deutschland

Thema des Vortrags - Vortragende(r) (Titel, Vorname, Name) 3

60%

56%

44%

43%

29%

Schmerzen im unteren Rücken, Kreuzschmerzen Allgemeine Müdigkeit, Mattigkeit oder Erschöpfung Körperliche Erschöpfung

Nächtliche Schlafstörungen

Niedergeschlagenheit

18% Magen- und Verdauungsbeschwerden

Niedergeschlagenheit Schmerzen

im unteren Rücken, Kreuzschmerzen Allgemeine Müdigkeit, Mattigkeit oder Erschöpfung Körperliche Erschöpfung

Nächtliche Schlafstörungen

Magen- und Verdauungs- beschwerden

60%

56%

44%

43%

29%

18%

Die Arbeit in Nacht- und Schichtarbeit geht in vielen Fällen mit stärkeren gesundheitlichen Beschwerden einher. Die meist verbreiteten Beschwerden unter Dauernachtarbei- tenden sind Schmerzen im unteren Rücken (60 %) und all- gemeine Müdigkeit, Mattigkeit oder Erschöpfung (56 %).

Häufig klagen die befragten Dauernachtarbeitenden über körperliche Erschöpfung (44 %) und nächtliche Schlafstö- rungen (43 %). Etwa drei von zehn Dauernachtarbeiten- den berichten von einem Gefühl der Niedergeschlagenheit (29 %) und zwei von zehn beklagen Magen- und Verdau- ungsbeschwerden (18 %).

Keine Anpassung an die Arbeit in der Nacht

Das Arbeiten während der Nacht erfolgt gegen biologische und soziale Rhythmen. Viele Aspekte des Lebens sind an die Arbeitszeit angepasst. Da traditionell insbesondere die Abende für Freizeitaktivitäten und Familienleben reserviert sind, findet ein großer Teil des sozialen Lebens dann statt, wenn Nachtarbeitende arbeiten. Der menschliche Körper ist darauf ausgerichtet, während des Tages aktiv zu sein und während der Nacht zu ruhen. Insbesondere der Wech- sel von einem „normalen“ Nachtschlafrhythmus während der arbeitsfreien Tage, hin zu einem Tagschlaf während der Arbeitstage, bedeutet eine große körperliche Anstrengung.

Eine entsprechende Anpassung an den Rhythmus des Dau- ernachtlebens, ist sowohl biologisch als auch sozial kaum möglich. Eine solche Belastung sollte vermieden werden.

Dauernachtarbeit aus arbeitswissenschaftlicher Perspektive Dauernachtarbeit ist aus arbeitswissenschaftlicher Pers- pektive nicht zu befürworten. Gesicherte arbeitswissen- schaftliche Erkenntnisse legen nahe, dass möglichst we- nige aufeinanderfolgende Nachtschichten gearbeitet und nach einer Nachtschichtphase eine möglichst lange Ruhe- phase eingehalten werden sollte.

Bei der Arbeit in Dauernacht können diese grundlegen- den arbeitswissenschaftlichen Empfehlungen häufig nicht eingehalten werden. Bei der Arbeitsplanung sollte geprüft werden, ob Nachtschichten generell und insbesondere Dauernachtmodelle vermieden oder zumindest reduziert werden können.

Häufig sind Nachtschichten mit geringerer Personalaus- stattung möglich und die Arbeiten können in die Tag- schichten gelegt werden. Sofern Nachtarbeit stattfindet, ist diese möglichst gesund und sozialverträglich zu gestal- ten, dabei sollten bzw. müssen gewisse Rahmenbedingun- gen beachtet werden.

Allgemeine arbeitswissenschaftliche Empfehlungen zur Nachtarbeit

• Einhaltung der besonderen Regelungen des ArbZG zum gesundheitlichen Schutz von Nachtarbeitenden

• Wechselschicht vorwärts (Früh, Spät, Nacht) und kurz rotiert (max. drei gleiche Schichten in Folge)

• Anpassen der Schichtlänge an die Arbeitsbelastung

• Möglichst kurze Arbeitszeiten für Nachtarbeitende

• Möglichst planbare und transparente Arbeitszeiten

• Möglichst frühes Ende der Nachtschicht

• Vermeiden von gefährlichen und belastenden Arbei- ten während der Nacht

• Nach einer Nachtschichtphase, möglichst lange Ruhe- phase (mindestens 48 Stunden)

• Nachtarbeitenden Gestaltungsspielraume ermöglichen

• Geblockte Wochenendfreizeiten

• Angebote zur Beratung zu (Dauer-)Nachtarbeit

• Umfassende medizinische Begleitung von Nachtarbeit

• Gesundes Arbeitsumfeld, z. B. gesunde Ernährung und „Napping“ während der Nacht ermöglichen

• Freizeitausgleich hat Vorrang vor finanziellen Zuschlä- gen

• Arbeit in Dauernacht nur für begrenzte Zeiträume

• Freiwilligkeit von Dauernachtarbeit, verbunden mit einem Rückkehrrecht

Weiterführende Informationen

1 A. M. Wöhrmann, S. Gerstenberg, L. Hünefeld, F. Pundt, A. Reeske-Behrens, F. Brenscheidt, B.

Beermann, 2016: Arbeitszeitreport Deutschland 2016. Dortmund: BAuA.

2 C. Brauner, G. Müller, A. M. Wöhrmann, 2018:

Permanent Night Work in Germany.

Sozialpolitik.ch, 2 (2018), S. 1-16.

Abb. 3 Gesundheitliche Beschwerden von Dauernacht- arbeitenden

Referenzen

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