NS-ZEIT
Zu der Meldung „NS-Zeit: Er- klärung der Kammer Berlin" in Heft 48/1988:
Bösartig
Die Zwangssterilisierung war sicher mit Zustimmung der Ärzte Deutschlands durchgeführt worden .. . Das Arzteblatt berichtete in drei Folgen über die Zunah- me dieser Vorkommnisse.
Und es waren ganz überwie- gend die Eltern mißhandelter Kinder, die sterilisiert wur- den, Menschen, die krank waren. Man diagnostizierte damals „sozialer Schwach- sinn". Es waren Menschen, denen jedes Verantwortungs- gefühl abging. Die Frauen, die in der Universitätsklinik Jena sterilisiert wurden, wa- ren ausnahmslos einverstan- den, ja froh, daß keine Kin- der mehr kamen. Heute wird abgetrieben.
Gewiß war es verbreche- risch, Euthanasie oder gar Experimente am Menschen durchzuführen, doch kein Vernünftiger kann der Ärzte- schaft anlasten, was ein
MYTHOLOGIE
Zu dem Essay „Göttliche Ge- burts-Geschichten" von Dr. Peter Maria Rob in Heft 50/1988:
Keine Torheit
Da in unserer neuheidni- schen Welt, die weltzuge- wandt und fortschrittlich auf ihre christlich-abendländi- sche Vergangenheit so gern verzichten würde, doch noch immer wieder die „verdräng- te" Erinnerung an die Ur- sprünge der westlichen Welt im Rahmen ihrer Errungen- schaften und Pseudoerrun- genschaften und damit an das Christentum, einst vertreten durch die katholische Kirche, auftaucht, so ist es nicht ver- wunderlich, daß auch im Deutschen Ärzteblatt die Weihnachtsfestidylle gründ- lich in den Kakao gezogen wird.
Wer kein Christ sein will, aber trotzdem Weihnachten
Bruchteil fanatisierter Men- schen begangen hat.. .
Ich plädiere dafür, die deutsche Ärzteschaft, die während der NS-Zeit das deutsche Volk ärztlich ver- sorgte, zu achten und zu eh- ren. Für weit geringeres Ent- gelt als heute üblich, dafür aber mit unvergleichlich grö- ßerem Zeitaufwand, hat die damals durch den Abzug von Feldärzten stark reduzierte Ärzteschaft dem Volk gehol- fen, die Abertausende von Verwundeten nach Bomben- angriffen versorgt, das Ge- sundheitswesen unter schwie- rigsten Bedingungen aufrecht erhalten.
Heute werden in Deutsch- land mehr als 200 000 Abtrei- bungen aus sozialer Indika- tion vorgenommen. . . Die- ser Massenmord am Ungebo- renen ist nun wirklich ein Verbrechen, auch wenn Juri- sten und Politiker dem aus- führenden Arzt Straffreiheit zusichern. Aber diese Lei- stung wird ja bezahlt, und das ist heute ganz wichtig.
Prof. Dr. med. G. Huwer, Stanggaß Roßpoint 9, 8240 Berchtesgaden
feiern (muß), der kann sich dort wenigstens eine tiefen- psychologische Begründung anlesen. Denn, wenn man wenigstens Weihnachten nicht mit Gewalt abschaffen kann, so vielleicht doch durch „Aufklärung" , daß es einfach nur unser schlechtes Gewissen braucht, das damit beruhigt werden kann. Wie gut, daß die alten „Mythen" , die die dummen Leute von gestern und vorgestern als bare Münze annahmen, heu- te so rational verarbeitet wer- den können, so daß man sie gar nicht mehr benötigt.
Wie gut aber auch, daß die Torheit, ein Christ zu sein, trotz massiven Drucks durch die „öffentliche Mei- nung" und trotz vieler gesell- schaftlicher Nachteile durch die moderne Christenverfol- gung, für viele keine Torheit ist.
Dr. Gerald Strohe, Här- lenweg 1, 7770 Überlingen
SOZIALMEDIZIN
Zu dem Leserbrief „Nicht eh- renrührig" von Prof. Dr. med. F.
W. Schwartz in Heft 48/1988 (der sich auf den Tagungsbericht
„Sandkasten-Spiele oder wie öf- fentlich muß Gesundheit sein?" in Heft 44/1988 bezog) ein „Schluß- wort" des Autors.
Nicht der Weisheit letzter Schluß
Es ist schon ein Stück aus dem Tollhaus: Da berichtet das Deutsche Ärzteblatt in nicht gerade knappen Zeilen aus der Pressekonferenz ei- ner bedeutsamen bundes- deutschen Fachtagung, zitiert
— teilweise sogar wortgetreu, längere Passagen aus den schriftlich verteilten State- ments einiger Referenten und muß sich dafür noch als
„ungenau, voreingenom- men, . . . und rückständig`
lassen.
Zur Sache selbst: Ob Ge- sundheitspolitik hierzulande
„so zersplittert und chao- tisch" ist, wie Schwartz meint, sei dahingestellt. Sie ist sicherlich so strukturiert, durchorganisiert, fachlich versiert und auch effizient ge- nug, um die gesundheitlichen Bedürfnisse der Bevölkerung ausreichend zu befriedigen.
Maßgebliche Gesundheitspo- litiker sehen offenbar keinen Anlaß, die bewährte Gliede- rung (nicht: Zersplitterung) des Gesundheitswesens in der Bundesrepublik Deutsch- land in Frage zu stellen. Dies hat das neue GRG soeben auch noch einmal bestätigt.
Allerdings wird man aus Sicht der verfaßten Ärzte- schaft die Frage stellen dür- fen, ob nicht Ansätze, wie sie in „Public Health-Projek- ten" favorisiert werden, dar- auf abzielen, die ärztliche und medizinische Kompetenz in Gesundheitsdingen auf Dauer zu unterminieren.
Nichts gegen — eine ohnehin schon längst praktizierte — Kooperation des Arztberufes mit nichtärztlichen Professio- nen; alles aber gegen den er- neuten Versuch, die freie Ausübung ärztlicher Tätig- keit und deren Verantwort-
lichkeit institutionell zu ver- einnahmen oder gar „basis- demokratisch" zu überstim- men.
Es drängt sich der Ver- dacht auf, daß mit dererlei Aktivitäten wiederum nur ei- ne selbsterzeugte Nachfrage geschaffen wird, für die mög- licherweise objektiv gar kein Bedarf besteht. Vielleicht darf hier einmal die Frage er- laubt sein, ob wirklich jeder Teilbereich des menschlichen Lebens, und sei er noch so peripher, institutionell „ver- waltet, betreut und gema- nagt" sein muß. Im übrigen spricht niemand Professor Schwartz die Ehrenhaftigkeit seiner in Hannover betrie- benen Aktivitäten zur Ein- richtung eines Graduierten- kollegs an der Medizini- schen Hochschule Hannover ab. Daß hingegen „Public Health" der gesundheitspoli- tischen Weisheit letzter Schluß sein soll, wird sicher- lich auch von der Sozialmedi- zin in Hannover nicht be- hauptet werden können. An- derenfalls müßte man für die Zukunft des Gesundheitswe- sens wirklich schwarzsehen.
Rolf Heyde, Deutsches Ärzteblatt, Redaktionsbüro Hannover, Berliner Allee 20, 3000 Hannover 1
DATENHERAUSGABE
Zu der Meldung „Ärztinnen kritisieren Abtreibungsprozeß" in Heft 48/1988:
Sensibilisiert
Beim Lesen nahm ich An- stoß an der „Herausgabe sensibler Patientinnenda- ten".
Können Daten Sensibili- tät entwickeln? Sollten wir nicht mit unserer schönen deutschen Sprache etwas sorgsamer umgehen?
Ich zum Beispiel würde die Herausgabe von Daten sensibler Patientinnen ableh- nen.
Dr. med. Gerhard Herter, Drosselweg 8, 7124 Bönnig- heim
A-146 (10) Dt. Ärztebl. 86, Heft 4, 26. Januar 1989