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Archiv "Pneumologie: Warnung vor Behandlungschaos" (17.05.2013)

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A 990 Deutsches Ärzteblatt

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Heft 20

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17. Mai 2013 Hochschule Hannover. „Wir müs-

sen in Zukunft mit einer großen Vielfalt weitgehend wirkstoffglei- cher Präparate bei der Inhalations- therapie rechnen“, sagte Welte beim Kongress der Deutschen Gesell- schaft für Pneumologie und Beat- mungsmedizin in Hannover.

Auch Dreifachkombinationen Bereits jetzt sind neben Präparaten mit Einzelwirkstoffen mehrere Fix- kombinationen inhalativer Steroide (ICS) und langwirksamer Betami- metika (LABA) im Handel. Es wer- den wahrscheinlich bald schon wei- tere Präparate mit gleichen Wirk- prinzipien zugelassen und darüber hinaus Kombinationen eines LABA mit einem langwirksamen Anticholi-

nergikum (LAMA). Außerdem wird an Dreifachkombinationen aus ICS, LABA und LAMA gearbeitet.

Es wird laut Prof. Dr. med. Claus Franz Vogelmeier, Marburg, ferner

„eine ganze Palette von Generika“

auf den Markt drängen, und es wird eine „regelrechte Explosion“

an unterschiedlichen Inhalations- systemen geben. Die Vielzahl der verfügbaren Inhalativa aber werde es schwermachen, den Überblick zu behalten, es drohe, so Welte, „ein regelrechtes Behandlungschaos“.

Beide Pneumologen befürchten erhebliche Konsequenzen für die Pa- tienten wie auch für die verordnen- den Ärzte. Denn üblicherweise er- kennen Patienten Inhalationssysteme an deren Form und Farbe, nicht aber

Fotos: Your Photo Today/picture alliance [m]

PNEUMOLOGIE

Warnung vor Behandlungschaos

Eine Fülle von Generika und Arzneimittel-Neuentwicklungen werden in absehbarer Zeit zu einem Überangebot an Inhalationstherapien für Asthma und COPD führen.

Dies stellt die behandelnden Ärzte und ihre Patienten vor Herausforderungen.

D

ie Behandlungsmöglichkeiten von Asthma bronchiale und der chronisch obstruktiven Lungen- erkrankungen (COPD) dürften sich in absehbarer Zukunft erheblich er- weitern. So werden voraussichtlich noch in diesem Jahr neue Präpara- te zur Inhalationstherapie auf den Markt kommen – Tendenz steigend:

Zum einen läuft bei einigen Wirk- stoffen der Patentschutz aus, zum anderen arbeiten pharmazeutische Hersteller mit Hochdruck an modifi- zierten Wirkstoffen und Wirkstoff- kombinationen in unterschiedlichen Inhalationssystemen, um die Thera- pie zu optimieren.

Ganz unproblematisch sei diese Entwicklung nicht, meint Prof. Dr.

med. Tobias Welte, Medizinische

M E D I Z I N R E P O R T

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17. Mai 2013 A 991 am enthaltenen Wirkstoff. Damit be-

steht die Gefahr, dass mehrere Ärzte unabhängig voneinander – beispiels- weise der Hausarzt und der Pneumo- loge – wirkstoffgleiche, aber völlig anders aussehende Inhalationssyste- me verordnen, diese vom Patienten jedoch nicht als vergleichbar oder wirkstoffidentisch erkannt werden.

Die Patienten können dann, ohne dies zu merken, aus beiden Syste- men die gleichen Wirkstoffe inha- lieren und diese folglich erheb- lich überdosieren mit entsprechend hohem Nebenwirkungsrisiko. „Es wird sehr darauf ankommen, für ei- ne adäquate Fortbildung vor allem im niedergelassenen Bereich zu sorgen, um die Kollegen im Um- gang mit der Präparatevielzahl zu unterstützen“, meint Vogelmeier.

Risiko der Überdosierung Aus Gründen der Therapiesicher- heit, aber auch schon aus forensi- schen Gründen, sei laut Welte zu- dem zu fordern, dass Patienten mit Asthma oder COPD künftig beim Arztbesuch alle Inhalationssysteme, die sie nutzen, mit sich führen und dem Arzt vorzeigen müssen. „Hat der Patient sein Inhalationssystem vergessen, so dürfte strenggenom- men kein neues Device verordnet werden, um sicherzugehen, dass man den Betreffenden nicht einer Über- therapie aussetzt und damit mögli- cherweise gefährdet. Denn bei Über- dosierung der inhalativen Steroide sind systemische Effekte nicht aus- zuschließen, die Inhalationstherapie würde sich ad absurdum führen.“

Noch gravierender ist die Situati- on bei einer Überdosierung der Beta- mimetika: „Wir wissen, dass Beta- mimetika in hoher Dosierung kardia- le Nebenwirkungen haben und mali- gne Herzrhythmusstörungen auslö- sen können“, warnt Welte. Zumin- dest eindämmen ließe sich das Pro- blem, wenn die Inhalationssysteme der verschiedenen Wirkstoffgrup- pen farblich gekennzeichnet wer- den müssten – eine Regelung, wie sie in Australien und Neuseeland praktiziert wird. „Dann könnte der Patient seinem Arzt wenigstens sa- gen, dass er ein rotes oder ein blau- es Device benutzt, und man würde wissen, welche Wirkstoffgruppe er

inhaliert“, erklärt der Pneumologe.

„Diese Chancen werden hierzulan- de leider vertan.“

Doch auch abgesehen von sol- chen praxisnahen Veränderungen in der Pneumologie ist dieser Fachbe- reich derzeit vom Wandel geprägt.

Das zeigt schon die geschichtliche Entwicklung – ausgehend von Lun- genfachkliniken zur Behandlung der Tuberkulose, die üblicherweise in der Peripherie angesiedelt waren, hin zu einer modernen wissen- schaftlich geprägten Universitäts- medizin. „Die Pneumologie findet mittlerweile zunehmend an großen Kliniken und Universitäten statt.

Damit ändert sich das Bild von ei- nem vorwiegend auf sich selbst fo- kussierten Fachgebiet hin zu einer der Kerndisziplinen der Inneren Medizin“, so Welte. Das aber führe zu einem Wandel des Selbstverständ- nisses und auch zu einem Wandel des Miteinanders mit anderen Fach- gesellschaften.

Wandel vollzieht sich zudem in der Pneumologie auf wissenschaft- licher Ebene. Handelte es sich doch lange Zeit um eine eher deskriptive Disziplin, so stehen längst moderne molekulare und zellbiologische Fra- gen im Mittelpunkt des Interesses.

„Wir versuchen, mehr und mehr in- dividualisierte, auf die Situation des jeweiligen Patienten zugeschnittene Therapiekonzepte statt dem lange üblichen ,one size fits all‘ zu etab- lieren“, erläutert dazu Vogelmeier.

Paradebeispiel hierfür ist das Lun- genkarzinom, bei dem in den ver- gangenen Jahren eine Vielzahl mo- lekularer Marker identifiziert wurde, die künftig wegweisend für die The- rapie sein dürften. Es wird ange- strebt, den gleichen Weg bei den obstruktiven Lungenkrankheiten zu beschreiten: „Wir versuchen, bei Asthma und COPD zumindest Phä- notyp-spezifische Therapiestrategien zu etablieren.“

Bei allen Fortschritten in der Be- handlung ist nach Vogelmeier aller- dings bei vielen Lungenerkrankun- gen das Therapieziel „Heilung“ bis- lang nicht zu realisieren. „Wir müs- sen deshalb unsere Anstrengungen forcieren, über die Symptomkontrol- le hinweg Fortschritte zu erzielen, um den Krankheitsverlauf besser zu

modifizieren und letztlich doch Hei- lungen erwirken zu können.“ Das aber setzt ein grundlegendes Ver- ständnis der pathogenetischen Me- chanismen voraus: „Wir müssen Krankheiten wie die COPD noch besser verstehen lernen, um mit der Therapie die Krankheit an der Wur- zel packen zu können“, sagt Vogel- meier. Wichtig hierzu seien die Iden- tifizierung von Biomarkern und die Entwicklung neuer Studienkonzep- te, mit denen sich Therapieeffekte besser und rascher verifizieren lassen.

Der Fokus sollte sich dabei keines- falls nur auf Biomarker der Entzün- dung richten, sondern auch auf Mar- ker für Remodelling- und Reparatur- vorgänge in den Atemwegen und ebenfalls auf Genexpressionsmuster.

Der Weg sei, so Vogelmeier, noch weit, wichtige Schritte aber wurden und werden derzeit getan. Das bele- gen aktuelle Befunde, wonach die COPD durch eine konsequente Be- handlung mit den modernen Medi- kamenten entgegen früheren Annah- men zumindest partiell reversibel ist.

Pneumologie im Wandel Einen Wandel gibt es laut Welte aber auch bei der Patientenversor- gung, die sich zunehmend aus dem stationären in den ambulanten Be- reich verlagert. So können bislang invasive Untersuchungsverfahren zu- nehmend nichtinvasiv durchgeführt werden. War früher beispielsweise eine Mediastinoskopie zur Lymph- knotenbeurteilung notwendig, so sind die gleichen Ergebnisse heut- zutage oft per bronchoskopischer Untersuchung mit Ultraschall am- bulant zu erhalten.

Wandel findet in der Pneumolo- gie aber auch aufgrund der demo- grafischen Veränderungen der Ge- sellschaft statt. Entsprechend den neuesten Berechnungen des Statis- tischen Bundesamtes steigt derzeit die Lebenserwartung im Mittel um drei Monate pro Jahr, also alle vier Jahre um ein weiteres Lebensjahr.

Da viele Lungenerkrankungen im höheren Lebensalter auftreten, wird laut Welte zwangsläufig die Zahl der zu betreuenden Patienten stei- gen – und mit ihr die Bedeutung der

Pneumologie.

Christine Vetter

M E D I Z I N R E P O R T

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