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Asthma oder COPD?

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ARS MEDICI 9 2009 F O R U M

Hanspeter Anderhub

Seit Jahren beschäftige ich mich mit dem Problem COPD/Asthma in der Praxis und kenne die Schwierigkeiten der Prak- tiker, «richtige» COPD-Patienten von

«richtigen» Asthmatikern zu unterschei- den. In der Praxis ist alles anders und nicht so sonnenklar wie die Professoren an den Universitäten, die von unseren pra- xisspezifischen Problemen keine Ahnung haben, es uns weis zumachen versuchen.

Patienten, die vor den Praktikern sitzen, tragen leider keinen COPD- oder Asthma- kleber auf ihrer Stirn. Die COPD ist ein Mix aus asthmatischen und bronchiti- schen Anteilen. Die Patienten haben Husten, Auswurf und Atemnot unter- schiedlichster Schwere. Wichtigstes und praktisch einziges bedeutsames Dia - gnostikum bleibt die Spirometrie. Damit dokumentieren wir die Obstruktion und ihr Ausmass.

Aber nur in den wenigsten Fällen lässt sich die Frage «Was ist es nun, COPD oder Asthma?» — trotz allen Belehrungen von oben — sauber klären. Das wäre aber wichtig, weil wir nur dann therapeutisch richtig vorgehen können. Wie also soll der Praktiker das schaffen? Die vermu- tete COPD oder vielleicht doch besser das vermutete Asthma behandeln? Sol- che diagnostischen Ungewissheiten las- sen sich weder mit klugen Arbeiten über Asthma/COPD noch mit differenzierten

«weltweiten» Behandlungsricht linien in der Praxis sauber lösen — und häufig auch nicht im Spital. Zurück bleibt eine grosse Unsicherheit, die dann allzu häu- fig — und leider — in eine dimensionslose therapeutische Polypragmasie ausartet.

Die Lösung des Problems:

der Therapieversuch

Meine Problemlösung ist ganz einfach:

Der Praktiker hat einen Patienten mit Husten, Auswurf und Atemnot vor sich.

In der Anamnese und in der klinischen Untersuchung spricht, wie so häufig, einiges für Asthma, einiges aber auch für eine COPD. Um solch rein akademischen Fragestellungen braucht sich der Arzt aber momentan überhaupt nicht zu küm- mern. Viel wichtiger ist, dass er sich auf die weitere Diagnostik konzentriert und dazu eine sorgfältige Spirometrie durch- führt. Damit hat er das Wichtigste getan, nämlich die Obstruktion erfasst.

Der Courant normal war oder ist — leider immer noch häufig — sofort in die Thera- pieschublade zu greifen und den Patien- ten entweder mit einem Anticholinergi- kum, einem topischen Steroid, einem lang wirkenden Betamimetikum, einem Mukolytikum oder gar einer Kombination aus all diesen Goodies zu beglücken und damit die Polypragmasie einzuläuten.

Was es an diesem Punkt braucht, ist ein Marschhalt. Das Einzige, was uns jetzt in- teressieren muss, ist die Frage, ob die Ob- struktion reversibel, teilweise reversibel oder nicht reversibel ist. Mit dem soge- nannten Therapieversuch beantworten wir diese Frage und geben uns gleichzei- tig die therapeutische Marschrichtung vor — und zwar die korrekte!

Durchführung des Therapieversuchs

Therapieversuch heisst Einsatz von systemischem — und nicht topischem! — Kortison: entweder — für die Avantgarde, die Mutigeren und mit grossen Vorteilen

in der Praxis — mit einem Depotsteroid (Triamzinolonazetonid 80 mg, Triamcort® A80) oder — für die Konservativeren und Obrigkeitsgläubigen — mit 40 mg Predni- son täglich während 14 Tagen.

Das systemische Kortison wird kombi- niert mit einem lang wirkenden Betami- metikum zweimal täglich, zum Beispiel Salmeterol (Serevent®) oder Formoterol (Oxis®, Foradil®) plus einem kurz wirken- den Betamimetikum nach Bedarf (z.B.

Ventolin®, Berotec®, Bricanyl®). Schwere Bronchitiden können manchmal gleich- zeitig auch ein Antibiotikum und bei starken Sekretproblemen ein N-Acetyl- cys tein (z. B. Fluimucil®, Solmucol®) er- forderlich machen.

Der Patient wird entlassen, nach zwei (bei Depotsteroiden) oder drei bis vier Wochen (Prednison) wieder bestellt und die Spirometrie wiederholt. Und nun er- gibt sich die Problemlösung wunder - barerweise wie von selbst. Wir kommen diagnostisch einen grossen Schritt wei- ter. Folgende drei Varianten kristallisie- ren sich heraus:

1. Ist die Obstruktion verschwunden und hat sich die Spirometrie normalisiert, handelt es sich definitionsgemäss um Asthma. Das wiederum heisst Asthma- therapie, also hoch dosierte topische Steroide mit lang wirkenden Beta - mimetika, den LABA.

2. Ist die Obstruktion zwar immer noch vorhanden, aber um mindestens 15 Prozent oder wenigstens 200 ml Volu- men besser — und zwar unabhängig von der Höhe der Istwerte —, dann sprechen wir heute von einer COPD mit teilweise reversibler Obstruktion.

Hier liegt eine wenigstens teilweise behandlungsfähige Obstruktion, also ein Asthma vor. Therapeutische Kon- sequenz ist auch hier eine saubere Asthmatherapie, also wiederum hoch dosierte topische Steroide plus LABA.

3. Bleibt die Obstruktion, also der FEV1- Wert, trotz systemischen Steroiden und lang wirkenden Betamimetika nach zwei bis drei Wochen unverändert, spricht man von einer COPD mit nicht reversibler Obstruktion. Das ist die

Asthma oder COPD?

Therapieversuch gibt die sichere Diagnose in der Praxis

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«eigentliche» COPD, der FEV1-Wert hat sich nicht verändert! Hier ist eine Asthmatherapie wie bei den beiden anderen Varianten nicht sinnvoll. Die Behandlung muss voll auf die COPD ausgerichtet werden, also lang wir- kende Anticholinergika (z. B. Spiriva®), lang wirkende Betamimetika und N-Ace tylcystein als Antioxidans vor allem im Winterhalbjahr. Aber keine to- pischen Steroide verschreiben! Diese teuren Medikamente kann man sich hier — und im Gegensatz zu den beiden anderen Subformen der Obstruktion — schenken, da sie in diesen Fällen er- fahrungsgemäss nichts bringen. Ein-

zige Ausnahme: bei gehäuften Exazer- bationen kann eine Therapie mit hoch dosierten topischen Steroiden ver- sucht werden.

Damit haben wir es geschafft. Jetzt wis- sen wir genau, was der Patient, der vor uns sitzt, hat: Es ist entweder ein Asthma oder es ist eine COPD. Das einfache Vor- gehen mit dem Therapieversuch hat die Diagnose an den Tag gebracht (Abbil- dung). Fruchtloses Rätseln und Streite- reien mit praxisfremden Dogmatikern sowie Verwirrungen durch Guidelines und Papers konnten wir uns schenken.

Jetzt wird auch die Behandlung stim-

men, weil sie zielgerichtet fast automa- tisch vorgegeben ist. Zu einer Polyprag- masie wird es kaum noch kommen.

Der Patient ist zufrieden, weil es ihm bes- ser geht. Und Sie als Praktiker sind eben- falls zufrieden, weil Sie gelernt haben, mit ihren eigenen, einfachen Mitteln die Kontrolle über ein komplexes Krank- heitsgeschehen zu erlangen. Sie bleiben

Chef!

Dr. med. Hanspeter Anderhub FMH Innere Medizin und Pneumologie Chesa Via Bella 7522 La Punt Chamues-ch E-Mail: h.anderhub@gmail.com ja

ja

nein nein ja

nein

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Klinische Beurteilung

Raucher- entwöhnung

Raucher? Obstruktion?

Thorax- röntgen

Chron.

Husten > 4 Wochen

Evtl. weitere Abklärungen

Spirometrie Therapie-

versuch

Spirometrie Therapieversuchnach

FEV1: Verbesserung

> 15% u/o 200 ml

COPD mit reversibler Obstruktion

FEV1: Verbesserung

< = 15% u/o 200 ml

COPD mit nicht reversibler Obstruktion FEV1:

> = normal Asthma

Abbildung: Differenzialdiagnose COPD/Asthma in vier Schritten (Quelle: www.copd-swiss.ch).

B U C H B E S P R E C H U N G

Medizingeschichte ist immer anregend. Sie lässt die rasche Entwicklung der Heilkunde besser verstehen und weckt Bewunderung für die Ärzte, die in der Vergangenheit Grosses bei der Erarbeitung von neuen Behandlungsmethoden geleistet haben. Dies gilt nicht nur für die Uni- versitätszentren, auch ein Bergkanton wie Graubünden hat in den letz- ten 400 Jahren namhafte, bewundernswerte Ärzte und Pioniere im Ge- sundheitswesen hervorgebracht. — Das vorliegende sehr ansprechende Buch gibt darüber Auskunft. In klar gegliederten Kurzkapiteln berichtet der sprachgewandte Autor, selber Spross einer alten Bünder Ärzte - familie, über zahlreiche initiative, örtlich und auch landesweit hoch -

verehrte Mediziner der letzten Jahrhunderte. Da wird von einsatzfreu- digen Landärzten wie von renommierten Universitätsprofessoren berichtet, ebenso auch von erstmals angewendeten medizinischen Er- rungenschaften und von der unterschiedlichen Akzeptanz alternativ- medizinischer Methoden. Auch die Eröffnung und allenfalls Schliessung von bekannten Bündner Kliniken und Heilbädern werden dargestellt.

Es macht Freude und klärt viele Fragen, im informativen und unterhalt- samen Buch zu blättern. Insbesondere die älteren Berufskollegen wer- den mit Interesse die Kapitel über bekannte Namen wie Fanconi, Prader, Condrau, Largiadèr, Markoff u.a. lesen und darüber biographische Daten und manche anekdotische Begebenheit erfahren. Das Buch berichtet aber auch üb er manche der Berufsethik und dem Pflicht - bewusstsein verpflichtete im Unterland weniger bekannte Bündner Ärzte. So verdient das kostengünstige, von der Kulturförderung des Kantons Graubünden gesponserte Werk breite Resonanz — ich kann es allen Kollegen als anregende Lektüre warm empfehlen.

Hans-Ulrich Kull, Küsnacht

Helfen und heilen, aussergewöhnliche Bündner Ärzte vom 17. Jahrhundert bis heute

Von Alexander Condrau. 2.erw. Auflage 2009; 207 Seiten, brosch., Fr. 28.—.

ISBN 978-3-905688-44-3; Südostschweiz Buchverlag (Zürich/Chur)

Referenzen

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