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Die deutsche Wirtschaft vor der Einführung des Euro

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Die deutsche Wirtschaft vor der Einführung des Euro

Vortrag anläßlich der Jahrestagung des Forschungsinstituts für Leasing an der Universität zu Köln am 28. Oktober 1998

von Dipl.-Volksw. Detlev Sachse, Geschäftsführer und Euro-Beauftragter der IHK zu Köln

„Beim Geld hört die Freundschaft auf“

David Hansemann, Aachener Unternehmer und Begründer des Deutschen Industrie- und Handelstages

Meine Damen, sehr geehrte Herren,

ich freue mich heute unter Ihnen zu sein. Jeder Besuch an Ihrer Hochschule erinnert mich an meine eigenen Studienjahre in Köln. Zu jenen, die den Ruf der Kölner Univer- sität weit über die Region hinaus schon damals sicherten, gehörte auch Herr Prof.

Büschgen. Ich selbst habe noch bei Prof. Wessels mein Volkswirtschaftsstudium aufge- nommen und bin seinem Nachfolger, Herrn Prof. H. K. Schneider, inzwischen selbst Emeritus, ins Energiefach gefolgt. Herr Feinen hat mich gebeten, zum Euro zu spre- chen. Natürlich werde ich dieser Bitte nachkommen. Aber überrascht hat mich Ihr The- ma schon.

Genau genommen ist der Euro als Diskussions- und Vortragsthema „out“. Der langjäh- rige Streit um die neue Währung, der vornehmlich von der deutschen Wirtschaftswis- senschaft geführt wurde, ist verstummt. Nun bereiten sich die Unternehmen, einige zü- giger, die anderen etwas langsamer auf den Euro vor.

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Und die Menschen schauen erwartungsvoll, einige mit Bangen, die anderen in Gelas- senheit, auf die Geburtsstunde der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion. Bis dahin sind es noch genau 45 Arbeitstage.

Der Schwerpunkt meiner Ausführungen wird deshalb auf den praktischen Auswirkun- gen der Europäischen Währungsunion auf die deutsche Wirtschaft liegen. Eine Wieder- belebung der unsäglichen Konvergenz-Diskussion werden Sie von mir heute nicht be- fürchten müssen.

Lassen Sie mich vor dem Einstieg in das Thema noch kurz den verbleibenden Euro- Fahrplan skizzieren, auf den sich die deutschen Unternehmer vorzubereiten haben:

• Am 31. Dezember 1998, mittags, werden die Euro-Umrechnungskurse der 11 teil- nehmenden Länder von der EZB und den Zentralbanken bekannt gemacht.

• Am 1. Januar 1999 beginnt die Europäische Wirtschafts- und Währungsunion. Der

„Euro“ wird die einzige Währung im „Euroland“. Die nationalen Währungen mutie- ren zu sog. Denominationen (Untereinheiten) des Euro. Sie behalten ihre Funktion als gesetzliches Zahlungsmittel.

• Die Europäische Zentralbank (EZB) ist verantwortlich für die einheitliche Geldpoli- tik im „Euroland“.

• Vom 1. Januar 1999 an kann jedermann den Euro als Buchgeld verwenden. Es gilt der Grundsatz: „Keine Behinderung, kein Zwang bei der Verwendung des Euro“.

• Ab dem 1. Januar 2002 erfolgt die Ausgabe der Euro-Banknoten und -münzen (1 Euro = 100 Cent). Die nationalen Banknoten und -münzen werden eingezogen.

Der Euro wird gesetzliches Zahlungsmittel in allen Teilnehmerländern.

• Spätestens ab 1. Juli 2002 - also in drei Jahren und acht Monaten - geht die Deut- sche Mark in die Weltwährungsgeschichte ein. Der Euro ist das einzige gesetzliche Zahlungsmittel. Alle Zahlungen können nur noch in Euro erfolgen.

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Damit sind alle wesentlichen Grundlagen für die Einführung des Euro geklärt. Noch offen sind lediglich zwei Punkte:

• Wie lange dauert die sog. doppelte Bargeldphase bzw. wann verliert die D-Mark ihre Funktion als gesetzliches Zahlungsmittel? Und

• Wird es eine doppelte Preisauszeichnungspflicht geben?

Beide Fragen haben einen Zusammenhang. Er betrifft die Sorgen des Einzelhandels vor einer gesetzlich verankerten doppelten Preisauszeichnung. Sie würde erhebliche Kosten verursachen. Dieser kostenträchtige Zusatzaufwand ist dem Handel angesichts seiner höchst knappen Ertragsmargen nicht zuzumuten. Das haben inzwischen auch die Ver- braucherschutzverbände eingesehen. Sie hatten bislang hinter dem Widerstand der Han- delsverbände vor der doppelten Preisauszeichnung die Hoffnung auf schleichende Preiserhöhungen im Zuge der Umstellung von D-Mark auf Euro geargwöhnt. Diese Sorge ist unberechtigt. Mit der kürzlich zwischen den Handels- und Verbraucherver- bänden verabredeten „Selbstverpflichtungserklärung des Einzelhandels“ in Deutschland wurde eine gemeinsame und praktikable Grundlage geschaffen.

Damit lassen sich die beiden noch offenen Fragen nach heutigem Stand wie folgt be- antworten:

• Die doppelte Bargeldphase dauert, entgegen der Madrider Vereinbarung aus dem Jahr 1995 nicht sechs, sondern nur noch zwei Monate („modifizierte Stichtagsrege- lung“). Die D-Mark verliert ihre Funktion als gesetzliches Zahlungsmittel bereits zum 1. Januar 2002.

• Der Handel entgeht damit der doppelten Preisauszeichnungspflicht, denn die Bin- dungswirkung der PrAngVO wird elegant umschifft. Der Einzelhandel verpflichtet sich im Gegenzug zu einer ab dem 1. Januar 1999 beginnenden und sich zum 1. Ja- nuar 2002 auf alle wesentlichen Produkte verbreitenden freiwilligen Preisauszeich- nung; auf Preisklarheit und -wahrheit. Weiterhin verpflichtet er sich zur Entgegen- nahme von D-Mark-Noten und -Münzen während dieser Zweimonatsfrist (Ausnah- me: Automatenwirtschaft).

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Meine Damen und Herren, unter Einbeziehung der festgelegten Rechenregeln und dem bekannt gegebenen Verhalten der staatlichen Institutionen sind damit fast alle rechtli- chen Rahmenbedingungen für die Unternehmen festgelegt. Es besteht somit eine ausrei- chend genaue Grundlage zur Vorbereitung der Wirtschaft auf den Euro.

Die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen des Euro

Die betriebliche Vorbereitung auf die neue Währung muß die volkswirtschaftlichen Konsequenzen, mit denen aufgrund der neuen Gemeinschaftswährung zu rechnen sind, einbeziehen. Dabei erscheinen mir die folgenden Aspekte von besonderer Bedeutung:

Es spricht einiges dafür, den Euro als Katalysator und Akzelerator für die wirtschaftli- che Integration im gemeinsamen Währungsgebiet zu betrachten. Er verringert die Transaktionskosten, beseitigt Wechselkursrisiken und fördert über die Herstellung von Preistransparenz den Wettbewerb.

Die ökonomischen Wirkungen der Währungsunion dürften eine gewisse Analogie zum EU-Binnenmarktprojekt (Europäische Binnenmarkt-Akte vom 1.11.1993) Anfang der 90er Jahre aufweisen: Es kam sowohl zu deutlichen Kostenersparnissen bei den Unter- nehmen als auch zu einem intensiveren Wettbewerb verbunden mit vermehrten „Fo- reign-direct-investment“-Verlagerungen. Es gibt in diesem europäischen „benchmar- king“ einfach viele optimal geeignete Standorte (Standortwettbewerb!).

Übertragen wir diese Effekte auf die Währungsunion, dann sind folgende Konsequen- zen wahrscheinlich:

• der Strukturwandel beschleunigt sich,

• der Wettbewerb nimmt weiter zu,

• die Konzentration solcher Unternehmen verstärkt sich, die den europäischen Bin- nenmarkt noch mehr als Kernmarkt im Visier haben,

• die wirtschaftliche Konvergenz im Wettbewerb befindlicher Regionen bzw. Nach- barschaftsräume wächst,

• die wirtschaftliche Verflechtung zwischen EU-Regionen wächst mit dem Maß off-

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nen Wettbewerbs,

• es ergeben sich inflationsdämpfende Wirkungen auf den Euro-Kernraum,

• über wachsende Arbeitsteilung ist mittelfristig mit positiven Wachstums- und Be- schäftigungseffekten zu rechnen. Wo diese Vorteile auftreten, entscheidet der Markt — und nicht die Politik.

Diese Wirkungsvermutungen dürften sich aber nur dann entfalten, wenn sich alle EU- Regionen dem Wettbewerbsdruck zu beugen bereit sind und eine finanzpolitische Dis- ziplin akzeptieren. Danach sieht es, gestatten Sie die freimütige Bemerkung, aufgrund der jüngsten Bemerkungen des französischen und designierten deutschen Finanzmini- sters leider nicht aus. Die Tarifpartner sind sich bewußt, daß in einer Währungsunion überhöhte Lohnschlüsse nicht mehr durch Abwertung abgefedert und zur Erhöhung der Arbeitslosigkeit führen können. Ob diese Bedingung erfüllt ist angesichts der aktuellen Lohnforderung der IG Metall von 6,5% und der trotzigen Parole vom „Ende der Lohn- bescheidenheit“, überlasse ich Ihrer Beurteilungskraft.

Meine Damen und Herren, wir sollten uns die veränderten Bedingungen für die Unter- nehmen bei Transaktionskosten und Wechselkursstabilität noch genauer ansehen. Beim grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr fallen bis zum Ende des Jahres 1998 unterneh- mensexterne Transaktionskosten in Form von Gebühren und unterschiedlichen Geld- und Briefkursen sowie unternehmensinterne Transaktionskosten - z.B. für die Bereit- stellung von Personal und Sachmitteln für die Abwicklung der Zahlungsmodalitäten an.

Das Ifo-Institut hat die Kosten der Währungsvielfalt im Euro-Raum auf 90 Mrd. D- Mark geschätzt. Das wären ca. 0,8% des Euroland-BIP. Die EU-Kommission schätzt das Einsparpotential auf ca. 0,4% des BIP. Rechnet man die Kurssicherungskosten hin- zu, dürfte sich das Einsparpotential verdoppeln. Dann gleichen sich die Ergebnisse wie- der an.

Bei der Betrachtung der künftigen Wechselkursstabilität fällt aus deutscher Sicht natur- gemäß besonders positiv die wegfallende Möglichkeit der Abwertung gegen die D- Mark ins Auge. Der Schock der drastischen Lira-Abwertung des Jahres 1995 sitzt noch heute vielen Firmen in den Knochen. So verloren die Ford Werke AG, Köln währungs- bedingt im Italiengeschäft in diesem Jahr etwa 300 Mio. D-Mark. Der Bayer AG erging

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es nicht viel anders. In Deutschland, so sagen Schätzungen, gingen mehr als 100 000 Arbeitsplätze verloren.

Ähnliche Erfahrungen macht derzeit das britische Pfund. Dort fällt das Konjunkturba- rometer spürbar. An diesen Betrachtungen wird deutlich, wie merklich der Euro die Rahmenbedingungen für unternehmerisches und wirtschaftspolitisches Handeln in Deutschland und in Europa verändern wird. Bei genauerer Betrachtung wird klar, daß der Euro seine außenwirtschaftliche Bewährungsprobe schon vor seiner Geburt bestan- den hat. Ich erinnere an die erheblichen Turbulenzen an den verschiedensten Finanz- märkten der Welt in den vergangenen Monaten. Diese Bewegungen sind zwar etwas zur Ruhe gekommen, jedoch noch nicht abgeschlossen.

Aber eines können wir getrost sagen: Den Euro-Währungsraum haben sie nicht erreicht.

Der Euro hat sich als wirksamer Schutzzaun vor Turbulenzen an vielen internationalen Währungsplätzen bewährt. Wenn die italienische Lira, so hörte ich kürzlich einen Wäh- rungsexperten sprechen, nicht im Euro-Verbund verankert worden wäre, sähe es dort möglicherweise ganz anders aus – und das durchaus auch zum Nachteil unserer Ex- portwirtschaft. Die Exportquote der Wirtschaftsregion Köln beträgt über 38%. Sie ver- stehen, welche Bedeutung stabile Währungsrelationen für die hiesigen Unternehmen haben.

Da ich es hier mit Bankwirtschaftlern zu tun habe, erlaube ich mir an dieser Stelle den Hinweis, daß mit der Einführung des Euro zugleich positive Effekte für die europä- ischen Kapitalmärkte verbunden sind. Die währungsbedingte Trennung entfällt. Das Anlagespektrum erweitert sich und die Liquidität der einzelnen Produkte nimmt zu.

Potentielle Kreditnehmer haben Zugriff auf einen größeren und offeneren Markt. Die Kreditkosten für die Unternehmen dürften sinken. Mehr Handel, mehr Investition und bessere Marktorganisation versprechen zugleich bessere Rahmenbedingungen für mehr Arbeitsplätze und ein höheres Einkommen. Das Fitnessprogramm der Frankfurter Börse zeigt, wie gewillt der wichtigste deutsche Finanzplatz ist, den Euro als große Chance zu nutzen. Und das ist gut so.

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Die Auswirkungen der Währungsunion auf die Marktposition der Unternehmen

Daß die Kosten-Nutzen-Bilanz über die Branchen und Unternehmen hinweg unter- schiedlich ausfällt, ist nicht überraschend. Es ist unbestritten, daß der Euro für alle Sektoren, die weitgehend oder sogar ausschließlich für den heimischen Markt produzie- ren und nicht im europäischen und internationalen Wettbewerb stehen, keine unmittel- baren Vorteile bringt. Ich denke hier insbesondere an Firmen mit nationalen bzw. regio- nalen Märkten, die vor allem Endverbraucher als Kunden haben. Das ist z. B. insbeson- dere der Einzelhandel. Zu den Branchen, denen der Euro keinen direkten Nutzen bringt, gehören auch der Großhandel, weite Teile des Bau- und Dienstleistungsgewerbes, das Handwerk, der Bergbau und die kleineren Kreditinstitute aus dem Genossenschaftsbe- reich. Sie alle müssen aber Kosten für die innerbetriebliche Umstellung aufwenden. Das erfreut niemanden. Für diese Betriebe wäre es ein Gewinn, wenn sich die dynamischen Effekte des Euro in Gestalt von Wachstums- und Beschäftigungsgewinnen und damit auch wachsender Nachfrage im Inland tatsächlich und rasch entfalten könnten.

Sehr viel unmittelbarer profitieren dagegen die Unternehmen der großen Exportbran- chen, also Straßenfahrzeug- und Maschinenbau, Elektrotechnik und Chemie und deren Zulieferer. Firmen, die im europäischen Markt und darüber hinaus ihren „home market“

sehen und über die notwendige Logistik zur Bedienung dieser Märkte verfügen, dürften den größten Nutzen aus dem Euro ziehen. Das gilt natürlich auch für die großen priva- ten Geschäftsbanken. Und natürlich für andere international tätige Dienstleistungsunter- nehmen wie die deutsche Versicherungswirtschaft. Die chemische Industrie beispiels- weise, die bedeutsamste im RegioRheinland-Verbund zwischen Düsseldorf und Bonn, ist wegen des hohen Anteils von Halbwaren und Vorerzeugnissen auf der Importseite besonders empfindlich. Maschinenbau, Textil- und Bekleidungsindustrie stehen unter starkem Importdruck aus Italien. Sie geraten immer dann unter Druck, wenn die Wäh- rungen dieser Länder zur Schwäche neigen. Mit dem gemeinsamen Geld verschwinden diese Probleme.

Aber unzweifelhaft ist auch, daß der Wettbewerb in Deutschland und Europa an Schärfe zunimmt. Regionale Preisdifferenzierungen dürften schwerer durchzuhalten sein. Es wird zu einem wachsenden Druck auf Preise, Gewinnaufschlägen und Handelsspannen

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kommen. Das werden auch die Firmen zu spüren bekommen, die nicht unmittelbar, wie die Im- und Exporteure im Auslandsgeschäft tätig sind. Deshalb verlangt der Euro ein Prüfprogramm für den ganzen Betrieb. Das beginnt bei der strategischen Marktpositio- nierung eines künftigen „europlayers“ und reicht bis zum Durchtesten auf Eurorelevanz in Marketing, Buchführung, Ein- und Verkauf, Fakturierung und Bilanzen, usw. Je frü- her mit den Vorbereitungen auf den Euro begonnen wird, um so friktionsfreier und da- mit kostengünstiger ist das innerbetriebliche Euro-Fitness-Programm zu haben.

Die Vorbereitungen der Unternehmen auf den Euro

Das Vorbereitungstempo in der deutschen Wirtschaft kennt keine Richtgeschwindigkeit.

Es gibt Firmen, die schnell umgestellt haben. Und es gibt die Sonnenfahrer. Generell läßt sich sagen:

• Firmen, die im europäischen Markt und darüber hinaus tätig sind, haben die inner- betrieblichen Vorbereitungen frühzeitig begonnen und zügig in Projektteams abge- wickelt. Die großen Unternehmen sind inzwischen Euro-fit und darauf vorbereitet, im Laufe des Jahres 1999 den Übergang auf den Euro als „Hauswährung“ vorzu- nehmen. So werden die Ford Werke AG, Köln vom 20. auf den 21. Februar 1999 umstellen. Die Siemens AG wird zum 01.10.1999, also zum Beginn des Geschäfts- jahres, den Euro einführen.

• Firmen, die in wichtigen Zulieferbeziehungen zu großen Unternehmen stehen, ha- ben ebenfalls früh die Euro-Umstellung eingeleitet. Dies geschah vielfach auf Anre- gung oder in Abstimmung mit den Großunternehmen und unabhängig von der Be- triebsgröße und der Branchenzugehörigkeit. Ein kleiner Hotelbetrieb in Ingolstadt, der nur Mitarbeiter eines bestimmten Autoproduzenten in seinen wenigen Zimmern beherbergt, muß genauso Euro-fähig sein, wie das Großunternehmen selbst oder der ebenfalls abhängige mittelständische Spediteur.

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• Der größte Teil der Unternehmen, vor allem der gewerbliche Mittelstand, hat mit den Vorbereitungen auf die Währungsunion noch nicht oder erst in diesen Tagen begonnen. Das gilt speziell für den Einzelhandel, das Handwerk und regional tätige Dienstleistungsunternehmen. Hier fallen die bescheidenen Kenntnisse um die Wäh- rungsunion besonders auf. Große Handelshäuser allerdings wie z.B. die Kölner REWE-Gruppe gehen sehr bewußt auf den Euro zu und stellen ihre Hauswährung bewußt spät auf die neue Währung um.

Nach einer englischen Marktuntersuchung werden bis zum Jahresende etwa 11% der deutschen Unternehmen ausreichend auf den Euro vorbereitet sein. Dieser Wert deckt sich mit meinen persönlichen Erfahrungen. Nach dieser Studie beträgt dieser Wert übri- gens in Frankreich 24% und in den Niederlanden sogar 34%.

Meine Damen und Herren, die Gründe für das im europäischen Durchschnitt vielleicht langsamere Vorbereitungstempo in Deutschland sind vielfältig. Sie haben u.a. zu tun mit

• den nur langsam schwindenden Vorbehalten gegenüber dem Euro (Deutschland ist Schlußlicht bei der Euro-Akzeptanz in der Bevölkerung; 51% dafür),

• dem Mangel an konkreten und betrieblich nutzbaren Informationen über den Euro bei einer gleichzeitigen Flut an allgemeinen Euro-Informationsschriften,

• den komplexen innerbetrieblichen Fragestellungen,

• den knappen Personalressourcen in vielen Unternehmen und

• den befürchteten Mehrkosten (50% EDV; 15% Marketing; 10% Personal).

Die innerbetriebliche Vorbereitung auf den Euro

Zunächst einmal ist die Währungsunion eine Chance, interne Betriebsabläufe neu zu überdenken und zu vereinfachen. Dabei ist festzuhalten: der Euro ist mehr als eine Um- stellung der Buchführung und Fakturierung auf das neue Geld.

Große Betriebe betreiben ihr Euro-Fitness-Programm als Projektarbeit. Kleinere ziehen sich externen Sachverstand hinzu. In allen Fällen gilt: es muß ein „Euro- Verantwortlicher“ benannt werden, der das Vertrauen der Geschäftsleitung und der Mit-

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arbeiter genießt und der mit den wesentlichsten Betriebsabläufen vertraut ist. Der Euro ist Chefsache! Nur wenn die Unternehmensspitze hinter dem Euro-Projekt steht, neh- men es die Mitarbeiter ernst und arbeiten engagiert mit.

Ich möchte exemplarisch mit Ihnen einige Schritte bei der Vorbereitung des Unterneh- mens auf den Euro gemeinsam betrachten:

Umstellungsbereich Preise: Mit dem Euro kommen neue Preise. Das nutzt dem Ein-

kauf aber auch dem Vertrieb. Es ist wichtig, eine frühe Euro-Preisvertrautheit zu ent- wickeln, damit Ein- und Verkauf sicher agieren können. Es empfiehlt sich, schon jetzt mit einem geschätzten Euro-Umrechnungskurs zu üben. Dazu muß man die Rechenre- geln beherrschen:

• immer mit allen sechs signifikanten Stellen rechnen,

• von nationaler Währung in Euro: durch den Umrechnungsfaktor dividieren,

• vom Euro in nationale Währung: mit dem sog. Konverter multiplizieren,

• entscheidend beim Runden ist die dritte Nachkommastelle,

• das Rechnen mit inversen Kursen (1 D-Mark = 0,52 EUR) ist nicht erlaubt,

• von einer Euro-Währung in die andere stets über die jeweiligen nationalen Umrech- nungskurse gehen,

• von einer Euro-Währung in eine Nicht-Euro-Währung über den nationalen Euro- Umrechnungskurs und den an der Börse gehandelten Euro-Kurs der Nicht-Euro- Währung (Triangulation).

Umstellungsbereich EDV: Zunächst ist zu prüfen, ob es eigenes EDV-Know how im

Betrieb gibt oder ob eine EDV-Beratungsfirma Hilfe anbieten sollte. Gleichermaßen gilt: die Umstellung der EDV auf den Euro erfordert den größten Kosten- und Zeitauf- wand und hat absolute Priorität bei der innerbetrieblichen Euro-Umstellung. Dabei sollte die Jahrtausendwende beim „updating“ gleich mit berücksichtigt werden. Grund- sätzlich gilt: Strikte Trennung im Belegwesen zwischen D-Mark und Euro; es ist das eine, ab dem 01.01.1999 in Euro fakturieren zu können. Etwas anderes ist die Frage, wann innerbetrieblich auf den Euro als Hauswährung umgestellt werden sollte; Stan- dardsoftware ist Spezialprodukten schon aus Kostengründen vorzuziehen; wer auf Ser- vice von außen angewiesen ist, muß auf Qualitätssicherung und Gewährleistung achten.

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Umstellungsbereich Rechnungswesen: Betroffen ist vor allem die Finanzbuchhaltung.

Hier ist zu entscheiden, wann innerhalb des Dreijahreszeitraumes der optimale Zeit- punkt erreicht ist, die betriebliche Hauswährung auf Euro zu stellen. Dies hängt ab vom Kundenwunsch. Ein „Mischbetrieb“ (D-Mark und Euro) sollte wenn möglich vermieden werden (Ausnahme: z. B. Umsatzerfassung). Wenn die Zahl der Euro-Belege ab 1999 bis zum Jahr 2002 deutlich wächst und mehr als 40% ausmacht, sollte die Basiswährung von D-Mark auf Euro gestellt werden. Diese Entscheidung sollte im „mainstream“ der Branche erfolgen. Unabhängig davon, das muß immer wieder hervorgehoben werden, sollte die Betriebssoftware ab dem 01.01.1999 in der Lage sein, Euro-Belege zu verar- beiten und in der Außendarstellung den Euro verwenden zu können.

Umstellungsbereich Recht: Grundsätzlich bewirkt die Einführung des Euro keine Ver-

änderung von Rechtsinstrumenten (z. B. Rechtsvorschriften, Verwaltungsakte, gericht- liche Entscheidungen, Verträge usw.). Insbesondere begründet die Einführung der Wäh- rungsunion keine Berufung auf einen Wegfall der Geschäftsgrundlage. Die rechtliche Umstellung von D-Mark auf Euro erfolgt kraft EU-Währungsrecht automatisch am 01.02.2002 in allen Verträgen und sonstigen Rechtsakten. Die wesentlichen gesell- schaftsrechtlichen Bestimmungen zum Euro sind zufriedenstellend im Euro- Einführungsgesetz geregelt. Ich möchte darauf heute nicht weiter eingehen. Grundsätz- lich werden zum 01.01.2002 alle Gesetze umgestellt. Aber es gibt Ausnahmen:

• Finanzämter: Lohnsteuer-Anmeldungen, Umsatzsteuer-Voranmeldungen und Jah- ressteuererklärungen sind in Euro möglich. Ähnliches gilt beim Zoll. Eine generelle Öffnung auch für Steuerbescheide dank Uneinigkeit zwischen den Ländern gibt es bislang (Stand: 28.10.1998) nicht.

• Sozialversicherungsträger: Anmeldungen, Berechnungen und Bescheinigungen in Euro möglich. Die entsprechende Gesetzesänderung ist in Vorbereitung.

• Gemeinden, Länder: Flächendeckend Euro-fit erst zum 01.01.2002. Wenige Städte sind schneller (z.B. Bonn, Münster, Frankfurt).

Umstellungsbereich Personal: Ich hatte schon darauf hingewiesen, daß die Landesfi- nanzverwaltungen ab dem 01.01.1999 Umsatzsteuer-Voranmeldungen, Umsatzsteuer-

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Jahreserklärungen und Lohnsteuer-Voranmeldungen für Veranlagungszeiträume ab 1999 wahlweise in D-Mark und Euro entgegennehmen. Einkommens- und Körper- schaftssteuer-Erklärungen sollen dagegen weiterhin nur in D-Mark abgegeben werden.

Das ist kein Beispiel innovativer Verwaltungstätigkeit. Ich darf an dieser Stelle auf alle 83 IHK’n hinweisen, die zum 01.01.1999 ihren Kunden wahlweise den Euro oder die DM anbieten. Für den Lohn- und Gehaltsbereich ist ein später Umstellungstermin zu empfehlen, um doppelte Umrechnungen zu vermeiden. Das heißt: Lohn und Gehalt ge- hen über auf den Euro am besten erst zum 01.01.2002. Dabei sollte bedacht werden: es geht hier um mehr als nur Lohn und Gehalt. Die ganze Liste relevanter Entlohnungssy- steme sollte durchgeprüft werden auf Euro-Relevanz (Arbeitsverträge, Betriebsverein- barungen, Arbeits- u. Betriebsordnungen, Reisekosten, Altersversorgung, Betriebsdar- lehen, Dienstwagenregelungen usw.).

Meine Damen und Herren, ich komme zum Ende meines Vortrages. Wer zu spät be- ginnt, den bestraft nicht der Euro, sondern der Markt. Späte Starter geraten leicht an teure oder schlechte Berater. Spätstarter können Image- und Kostennachteile erleiden, weil sie Kunden gegenüber erklären müssen, warum sie 1999 noch nicht Euro-fit sind.

Banken werden eine frühe Euro-Bereitschaft des Unternehmens als Kriterium für die Kreditvergabe heranziehen. Das eigene Personal gerät bei den innerbetrieblichen Um- stellungsarbeiten in Zeitnot und Druck. Das erhöht die Fehlerhäufigkeit und die Kosten der Umstellung. Dann kann der Euro nicht mehr als Chance, sondern nur noch als Pflicht erlebt werden. Das sollte sich eine vorausschauende Geschäftsführung ersparen.

Nur wer früh agiert, hat Handlungsfreiheit und kann damit selbst Entscheidungen tref- fen. Deshalb ist jede Firma gut beraten, früh und ohne Hektik die Vorbereitungen auf die Währungsunion mit Bedacht anzugehen. Es lohnt.

In Kürze wird eine frühzeitig gemeisterte Umstellung ein Qualitätsmerkmal für das Unternehmen sein und einen Image- und Konkurrenzvorteil bieten. Deshalb bin ich si- cher: viele deutschen Unternehmen starten spät in die neue europäische Währung. Doch zum Moment, wo sich der unternehmerische Erfolg am Euro mißt, werden die Firmen den Euro als Chance beherzt nutzen. Die erfolgreichste deutsche Währung, die Deut- sche Mark, wird schneller vergessen sein, als wir uns das noch heute vorstellen können.

Meine Damen und Herren, ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

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