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Ableitung eines Arbeitsplatzrichtwertes (ARW) für Decamethylcyclopentasiloxan (CAS-Nr. 541-02-6) Abschlussarbeit Postgradualstudium Toxikologie der Universität Leipzig

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Ableitung eines Arbeitsplatzrichtwertes (ARW) für Decamethylcyclopentasiloxan

(CAS-Nr. 541-02-6)

Abschlussarbeit

Postgradualstudium Toxikologie der Universität Leipzig

Dr. Bernd Märker

Burghausen, den 27. Januar 2006

(2)

Inhaltsverzeichnis 2

Inhaltsverzeichnis:

1 Einleitung ...4

2 Substanzcharakteristik ...5

3 Analysenmethode zur Konzentrationsbestimmung in der Luft ...6

4 Einstufungen, Regulierungen ...8

5 Herstellung, Verwendung, Exposition...9

6 Erfahrung am Menschen ...10

6.1 Dermale Exposition ...10

6.2 In Vitro Studien...10

7 Tierexperimentelle Befunde ...11

7.1 Toxikokinetik nach Inhalation ...11

7.2 Metabolitenprofil nach oraler Applikation ...12

7.3 Akute Toxizität...14

7.4 Subakute Toxizität...14

7.4.1 Oral ...14

7.4.2 Dermal ...14

7.4.3 Inhalativ...15

7.5 Subchronische Toxizität ...17

7.5.1 Oral ...17

7.5.2 Inhalativ...18

7.6 Haut- und Augenreizung ...19

7.7 Sensibilisierende Wirkung...20

7.8 Gentoxizität ...20

7.8.1 In vitro-Untersuchungen...20

7.8.2 In vivo-Untersuchungen ...20

7.9 Reproduktionstoxizität...20

7.9.1 1-Generationsstudie...20

7.9.2 2-Generationenstudie ...21

7.10 Untersuchungen zur Frage homoneller Wirkungen von D5 ...23

7.11 Chronische Toxizität / Kanzerogenität...25

7.11.1 Durchführung und Ergebnisse ...25

7.11.2 Wirkmechanismus...27

8 Extrapolationsfaktoren - Ableitung des Arbeitsplatzrichtwertes (ARW) ...32

8.1 Zeitextrapolation...33

8.2 Interspeziesextrapolation ...33

8.3 Intraspeziesextrapolation ...34

8.4 ARW-Ableitung...34

(3)

Inhaltsverzeichnis 3

9 Zusammenfassung...35 10 Literaturverzeichnis ...36

(4)

Einleitung 4

1 Einleitung

Decamethylcyclopentasiloxan (D5) findet als Industriechemikalie und Zwischenprodukt für die Herstellung verschiedener Siliconverbindungen und –produkte sowie im Konsumbereich, z.B. als Bestandteil von Kosmetika Verwendung. Bisher wurde in der Silikonindustrie als Richtwert für D5 der Arbeitsplatzrichtwert der chemisch ähnlichen Verbindung Octamethylcyclotetrasiloxan, CAS-Nr.: 556-67-2 von 10 ppm herangezogen [Bosch 2001].

Für die vorliegende Arbeit wurde weitestgehend auf die Originalliteratur (Prüfberichte, Veröffentlichungen in wissenschaftlichen Journalen) zurückgegriffen. War die Originalliteratur nicht verfügbar, wurde auf folgende Übersichten Bezug genommen: der IUCLID-Stoffdatensatz der Bayer AG (Stand Nov. 2002) [IUCLID 2002], eine Übersicht des Silicones Environmental Health and Safety Council (Stand Dez. 2002) [SEHSC 2002] und das White Paper zu D5 des Centre Européen des Silicones (CES) vom 11.

März 2005 [CES 2005]. Mit Ausnahme der noch nicht finalisierten kombinierten inhalativen Studie zur chronischen Toxizität und Kanzerogenität wurden bis Ende Oktober 2005 nicht abgeschlossene Prüfberichte aus derzeit laufenden Forschungsprogrammen sowie danach veröffentlichte Fachpublikationen nicht berücksichtigt. Aufgrund der hohen Bedeutung der Kanzerogenitätsstudie für diese Arbeit und der Tatsache, dass alle zur Ergebnisinterpretation notwendigen weiterführenden Mechanismusuntersuchungen finalisiert vorliegen, ist diese Ausnahme gerechtfertigt. Zur Bewertung der Datenvalidität wurden die Klimisch-Kriterien herangezogen [Klimisch 1997].

(5)

Substanzcharakteristik 5

2 Substanzcharakteristik

Substanzname: Decamethylcyclopentasiloxan

Synonyme: D5

Cyclopentasiloxan, decamethyl- DMCPS

Strukturformel:

C H3 Si

C H3

O Si C H3

C

H3 O Si

C

H3 CH3

O Si

CH3 CH3 O

Si CH3 C

H3 O

Summenformel: C10H30O5Si5 CAS-Nummer: 541-02-6 Molekulargewicht: 370.78

Schmelzpunkt: -44 °C

Siedepunkt: 210 °C

Flammpunkt: 70 °C

Dampfdruck bei 25°C: 3 Pa

Löslichkeit: 0.017 mg/l in Wasser bei 23 °C Verteilungskoeffizient (log Pow): 5.2

Aggregatzustand: flüssig

Umrechnung: 1 ml/m3 (ppm) = 15.4 mg/m3

Gefährliche Reaktionen: Keine gefährlichen Reaktionen bei sachgemäßer Lagerung und Handhabung bekannt.

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Analysenmethode zur Konzentrationsbestimmung in der Luft 6

3 Analysenmethode zur Konzentrationsbestimmung in der Luft

Zur Bestimmung der Konzentration von D5 in der Luft am Arbeitsplatz wurde durch die Zentrale Analytik der Wacker-Chemie GmbH eine Methode ausgearbeitet und validiert.

Dabei wird ein definiertes Luftvolumen mit Hilfe einer Pumpe über ein mit Aktivkohle gefülltes Glasröhrchen (Adsorptionsröhrchen: Aktivkohle Typ NIOSH Füllmenge 100/50 mg) gesaugt. Typische Werte für die Probenahme sind z.B. eine Gesamtmenge von 20 l Luft, bei einem Volumenstrom von z.B. 0,05 l/min und einer Probenahmezeit von 400 min. Der Volumenstrom kann bei kürzeren bzw. längeren Probenahmezeiten entsprechend verändert werden. Ein Maximum von 1 l/min und 8 h Probenahmedauer dürfen nicht überschritten werden.

Vor- und Nachschicht des beaufschlagten Adsorptionsröhrchens werden getrennt mit jeweils 1 ml n-Hexan und mit ca. 0,1 mg n-Oktan als internem Standard versetzt und 30 min in einem Schüttler bei ca. 300 U/min desorbiert. Anstelle von n-Hexan kann auch CS2 als Desorptionsmittel eingesetzt werden. Bei Verwendung von 1 ml Desorptionsmittel und bei einem Gesamtluftdurchsatz von 20 l ergibt sich ein Arbeitsbereich von ca. 0,2 – 8 mg/ml D5 im Desorptionsmittel bzw. 10 – 400 mg/m3 D5 in der Luft. Durch Änderung des Luftdurchsatzes oder der Menge an Desorptionsmittel können die Grenzen entsprechend verschoben werden.

Identifizierung und Quantifizierung erfolgt mittels GC-FID, wobei 1 µl der Desorptionslösung auf eine unpolare Kapillarsäule (z.B. DB-5) zu injizieren ist. Dabei ist zu beachten, dass solche polydimethylsiloxanbeschichteten Kapillarsäulen durch sog.

Säulenbluten selbst cyclische Siloxane erzeugen können und dadurch das Analysenverfahren beeinflussen. Als Nachweisgrenze in der Luft wurde 0,5 mg/m3 ermittelt. Diese Methode eignet sich sowohl für personenbezogene als auch für arbeitsplatzbezogene Messungen. Konzentrationsspitzen können damit aber nicht erfasst werden.

Im Bereich der Wacker-Chemie GmbH (Werke Burghausen und Nünchritz) wurden in den Jahren von 1991 bis 2003 Arbeitsplatzmessungen an relevanten Arbeitsplätzen, bei denen eine Exposition erwartet bzw. nicht ausgeschlossen werden konnte, auf Basis der oben angeführten Analysenmethode durchgeführt. Die Messwerte liegen zu 52,6% unter 1 mg/m3 (< 0,1 ppm), zu 93,1% unter 15 mg/m3 (< 1 ppm) sowie zu 100% unter 80 mg/m3 (< 6 ppm). Es ist davon auszugehen, dass die ermittelten Expositionsdaten auch

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Analysenmethode zur Konzentrationsbestimmung in der Luft 7

für andere Silikonhersteller gelten, da gleichartige Anlagen verwendet werden. Die Ergebnisse der Untersuchungen sind in der folgenden Tabelle zusammengestellt (Tabelle 1).

Tabelle 1: Ergebnisse der Untersuchungen zur Erfassung der D5-Exposition bei Arbeitsplatzmessungen der Wacker-Chemie GmbH in den Jahren 1991 bis 2003

Betrieb Arbeitsbereich Datum Ergebnis [mg/m3]

Bemerkung/Art der Tätigkeit Mechanische

Betriebswerkstatt Schlosser 18.05.1994 0,4 Silikonölanlage - Mannlochdeckel und Destillatkühler öffnen

Silan-Synthese Anlagenfahrer 04.09.1991 < 0,21 Blasensumpf in Drucktankwagen ablassen (Probenahme wurde wegen tech. Schwierigkeiten an Anlage abgebrochen); mit Atemschutz 05.09.1991 < 0,2 Blasensumpf in Drucktankwagen

ablassen; mit Atemschutz Zentralabfüllung Abfüller 17.07.1991 0,8 Abfüllen von D5

07.11.1991 0,17 Abfüllen von D5 Methanolyse Anlagenfahrer 24.10.1991 0,18 Probenahme Silikonölanlage Anlagenfahrer 13.08.1991 < 0,03 Stündliche Probenahme

18.05.1994 0,8 Silikonölanlage - Mannlochdeckel und Destillatkühler öffnen

Siliconanlage Anlagenfahrer 05.10.1995 < 0,2 (KZW) Umfüllen Compoundieranlage Compoundierer 04.08.1994 < 8 Teile reinigen

Polymeranlage Anlagenfahrer 16.12.1992 0,2 Bußkneter Silikonölbetrieb Fremdpersonal 03.11.1992 0,2 Ölwechsel

Anlagenfahrer 30.09.1991 0,22 Filtration, Probenahme

24.08.1992 4,7 Tellerfilter geöffnet, zerlegt, gereinigt Silikonabfüllung + Logistik Abfüller 31.08.1993 0,06 Abfüllen von Silikonölen

Produktionsbetrieb für Hochtemperaturvernetzende Vulkanisate (HTV)

Kneterfahrer 06.12.1991 13,1 Kneter mit warmen Kautschuck entleeren

04.03.1992 0,6 Kneter mit warmen Kautschuck entleeren

14.08.1992 18,2 Kneter mit warmen Kautschuck entleeren

14.07.1993 21,6 Kneter mit warmen Kautschuck entleeren

23.07.1993 7,6 Kneter mit warmen Kautschuck entleeren

(8)

Einstufungen, Regulierungen 8

Betrieb Arbeitsbereich Datum Ergebnis [mg/m3]

Bemerkung/Art der Tätigkeit

26.07.1993 < 0,02

HTV-Anwendungstechnikum Laboranten / 16.11.1995 2 Extrusion im Heizkanal

Hilfskräfte 21.03.1996 71 Kneter mit warmen Kautschuck öffnen bzw. entleeren, umfüllen, abwiegen, ausheizen - abdampfen

Schlammverbrennung Anlagenfahrer 04.07.1997 < 10

01.08.1997 < 12

24.06.1998 < 10

20.07.1998 < 8

Biologisch Kläranlage Anlagenfahrer 04.07.1997 < 10

01.08.1997 < 12

07.05.1998 < 5

Chemische Kläranlage Anlagenfahrer 14.10.1993 0,4

14.10.1993 1,2

15.10.1993 0,4

Silikonanlage Anlagenfahrer

(Schicht) 14.08.1991 0,365 Abscheider ablassen; Filtrieren Anlagenfahrer

(2-Schicht) 22.08.1991 0,077 Filtrieren/Abfüllen Präparatives Labor Laborant 18.02.1991 0,131

Silikonölbetrieb und

Cyclendestillationsanlage Anlagenfahrer 15.01.2003 < 3,45 Ab-/ und Befüllung im geschlossenen Produktionsraum

28.03.2003 < 6,78 Probenahme am D5-Behälter der Cyclendestillationsanlage

4 Einstufungen, Regulierungen

Decamethylcyclopentasiloxan ist kein Gefahrstoff im Sinne der Gefahrstoffverordnung (in der Fassung der Bekanntmachung vom 29. Dezember 2004) und entsprechend nicht kennzeichnungspflichtig.

Gefahrensymbol: -- R-Sätze: -- S-Sätze: --

Einstufung gemäß Verordnung brennbarer Flüssigkeiten: A III

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Herstellung, Verwendung, Exposition 9

TA Luft: 5.2.5 organische Stoffe (Gesamtkohlenstoff)

Wassergefährdungsklasse: 1 (nach Verwaltungsvorschrift wassergefährdende Stoffe (VwVwS) vom 27. Juli 2005, Anhang 2)

5 Herstellung, Verwendung, Exposition

Decamethylcyclopentasiloxan gehört zur Gruppe der Silicone. Ausgangspunkt für die Herstellung von Siliconen ist Quarzsand, der gemischt mit Kohlenstoff in einem Lichtbogenofen bei Temperaturen von 2200ºC zu Rohsilizium reduziert wird. Das Rohsilizium wird anschließend mittels des Müller/Rochow-Verfahrens unter Anwendung eines Kupferkatalysators in einem Schmelzbettreaktor mit gasförmigem Methylchlorid zur Umsetzung gebracht. Dabei entsteht u.a. ein Gemisch von Methylchlorsilanen, das destillativ getrennt werden kann. Die Methylchlorsilane werden in einem nächsten Schritt hydrolysiert, wobei Chlorwasserstoff abgespalten wird, das aufgefangen, mit Methanol umgesetzt und als Methylchlorid der Müller/Rochow-Synthese wieder zur Verfügung steht. Die Hydrolyse und weiterführende Kondensation der Methylchlorsilane führt letztlich zur Bildung linearer und cyclischer Siloxane, die destillativ aus dem Reaktionsgemisch gewonnen werden können. Die Reaktionsabläufe werden hauptsächlich dadurch kompliziert, weil es sich dabei zum Teil um reversible und miteinander konkurrierende Reaktionen handelt, die zu unterschiedlichsten Produkten führen können. Der genaue Prozess- und Verfahrensablauf, die Reaktionsbedingungen, eingesetzte Katalysatoren zur Steigerung der Ausbeute und Prozessoptimierung sind Confidential Business Information (CBI) der Silikonhersteller.

D5 besitzt eine große Vielfalt in seinen Anwendungsbereichen. Es findet sich als Bestandteil von Kosmetika wie Deodorants, Hautschutzmitteln, Farbkosmetikprodukten, Haarpflegemittel und Cremes. Es wird in Auto- und Möbelpolitur, als Antischaummitel und als Trägermaterial topischer Sprays in pharmazeutischen Anwendungen eingesetzt.

Industriell wird es hauptsächlich als Zwischenprodukt für die Herstellung langkettiger Silikonprodukte sowie als Lösemittel angewandt. Die Verwendung cyclischer Siloxane zusammen mit Hexamethyldisiloxan zur Endstoppung von Polysiloxanen ist eine der grundlegenden Synthesereaktionen der silikonproduzierenden Industrie.

Bei der Wacker-Chemie GmbH wird D5 im Gemisch mit anderen Cyclen in geschlossenen Anlagen hergestellt. Eine Exposition von Arbeitern ist bei der Herstellung

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Erfahrung am Menschen 10

einschließlich der Abfüllung aufgrund der geschlossenen Anlagen ausgeschlossen.

Beim offenen Umgang mit D5 (Umfüllarbeiten, Reparatur- und Instandhaltungssarbeiten sowie Reinigungsarbeiten) ist bei langer und starker Einwirkung das Tragen von persönlicher Schutzbekleidung (Atemschutz, Handschutz, Schutzbrille) notwendig.

Aufgrund des Flammpunktes von 70 ºC sind Explosionsschutzmaßnahmen zu ergreifen.

6 Erfahrung am Menschen

Im Rahmen der Produktion und Verwendung des Stoffes über Jahrzehnte wurden bisher keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen bei Arbeitnehmern und Endverbrauchern bekannt.

6.1 Dermale Exposition

64 Probanden wurden wiederholt mit einer Silikonmischung dermal exponiert (Insult Patch Test), die 60% D5 enthielt. Sowohl während der Induktionsphase (1-malige Applikation pro Tag über 10 Tage) als auch der Challengephase (erneute 1-malige Applikation nach 14 Tagen) ergaben sich keine Hinweise auf eine hautreizende oder hautsensibilisierende Wirkung [IUCLID 2002].

Jeweils drei Probanden beiderlei Geschlechts wurden einmalig mit 13C-markiertem D5 dermal in die Achselhöhle exponiert (♂: 1,4 g, ♀: 1,0 g). Die Probanden atmeten dabei gefilterte Atemluft ein. Blutproben und Proben der Expirationsluft wurden über maximal 24 h gesammelt und auf ihren D5-Gehalt analysiert. Die Plasmawerte und der Blutspiegel waren zu jedem untersuchten Zeitpunkt unter 2,0 ng/g Plasma oder Blut. Der D5-Gehalt in der Expirationsluft erreicht nach 30 min den höchsten Wert mit 0,64 ng/ml.

Die D5-Gehalte zwischen den männlichen und weiblichen Probanden zeigten keine signifikanten Unterschiede. Zwischen Blutspiegel und Expirationsluft wurde nur eine geringe Korrelation beobachtet. Zumeist ergaben sich höhere Gehalte in der Expirationsluft als aufgrund des Blutspiegels zu erwarten wäre [Dow 2002].

6.2 In Vitro Studien

Mittels Durchfluss-Diffusionszelltechnik nach Bronaugh wurde eine Studie zur Penetration von D5 an menschlicher Haut durchgeführt. Auf intakter menschlicher Haut wurde 14C-markiertes D5 – in Reinform sowie als Bestandteil einer Deodorantformulierung – aufgebracht, so dass eine D5-Dosis von 6 mg/cm2 Haut resultierte. Nach einer 24 stündigen Expositionsphase und einer

(11)

Tierexperimentelle Befunde 11

Gesamtwiederfindungsrate von ca. 92% bei reinem D5 und 99% für das D5 in der Deodorantformulierung wurde eine minimale Penetration (0,040% für D5; 0,022% für D5 im Deodorant) ermittelt. Der überwiegende Teil (91% bei reinem D5 und 97% im Falle der Formulierung) der Substanz dampfte von der Haut ab und wurde über Aktivkohle aufgefangen [DOW 1999a]. Aus der Untersuchung ergibt sich kein Hinweis auf eine relevante perkutane Resorption von D5, so dass keine Kennzeichnung hinsichtlich Gefahr von Hautresorption notwendig ist.

An kultivierten menschlichen Immunzellen (PBMCs = peripheral blood mononuclear cells) wurde beobachtet, dass in serumfreien Medien die phythämagglutine-induzierte Proliferation der PBMCs bereits durch Konzentrationen ab 10 µM/ml D5 inhibiert wird.

Der inhibierende Effekt konnte aber durch Zugabe selbst geringster Mengen an Blutserum oder –plasma vollständig aufgehoben werden, wobei sich zeigte, dass für die Aufhebung des Effektes die Lipoprotein-fraktion verantwortlich ist. Die immuntoxikologische Relevanz für den Menschen ist gering, da aufgrund des hohen Lipidgehaltes in Blutplasma und Geweben eine neutralisierende Wirkung des potentiellen Effekts von D5 wahrscheinlich ist [Dow 2001a].

7 Tierexperimentelle Befunde 7.1 Toxikokinetik nach Inhalation

In einer ADE-Vorstudie mit akuter nose-only-Exposition wurden 48 weibliche und 3 männliche1 Fischer 344-Ratten über 6 Stunden gegenüber 160 ppm nominal (165 ppm analytisch) 14C-markiertem D5 exponiert. Dabei wurden ca. 3% der inhalierten D5- Menge retiniert. Maximale Konzentrationen der Radioaktivität im Blutplasma und allen Geweben (mit Ausnahme Fett, Thymus und Vagina) traten zwischen Ende der Exposition und 3 Stunden nach Exposition auf. Im Fett konnten maximale Konzentrationen bis zu 48 Stunden, im Thymus und Vagina bis zu 72 Stunden nach Exposition nachgewiesen werden. Die Halbwertszeit der Radioaktivität im Plasma betrug 58,9 Stunden. Halbwertszeiten in anderen Geweben wurden in dieser Vorstudie nicht ermittelt. Die Ausscheidung der Radioaktivität erfolgte hauptsächlich über die Faeces (ca. 44%) sowie, deutlich weniger, über die Nieren (ca. 18%) und die Lunge (ca.

1 Die männlichen Tiere wurden ausschließlich zur Bestimmung des Atemminutenvolumens eingesetzt.

(12)

Tierexperimentelle Befunde 12

10% als 14C-D5, ca. 4 % als 14CO2). Innerhalb von 48 Stunden wurde der überwiegende Teil der retinierten Radioaktivität ausgeschieden [Dow 2001b].

In einer ADME-Studie mit akuter nose-only-Exposition wurden Gruppen von je 53 männlichen und weiblichen Fischer 344-Ratten über 6 Stunden gegenüber folgenden Konzentrationen 14C-markiertem D5 exponiert: 7 - 160 ppm nominal (6,9 ppm – 167,3 ppm analytisch). Bei Männchen und Weibchen wurden unabhängig von Dosis und Geschlecht ca. 2% der inhalierten D5-Menge retiniert. Maximale Konzentrationen der Radioaktivität traten in Blut, Plasma und fast allen Geweben am Ende der Exposition auf, mit Ausnahme der Schilddrüse in der 160 ppm Gruppe (♂ und ♀) mit einer maximalen Konzentration 120 Stunden nach Exposition und dem perirenalen Fettgewebe wo in beiden Dosisgruppen beiderlei Geschlechts Cmax zwischen 3 und 168 Stunden nach Exposition variiert. Die höchsten Aktivitäten am Ende der Exposition traten bei beiden Geschlechtern der 7 ppm Gruppe im Gastrointestinaltrakt, dem Magen, der Schilddrüse (nur ♂), der Lunge und den Nebennieren auf. In der 160 ppm Gruppe traten bei beiden Geschlechtern die höchsten Aktivitäten am Ende der Exposition im Gastrointestinaltrakt, Magen, der Lunge, den Nebennieren und der Leber auf. Die niedrigsten Konzentrationen an Radioaktivität fanden sich im Blut, Plasma, den Hoden, dem Uterus und der Vagina. Die Verteilung der Radioaktivität in die Gewebe und über die Zeit war für beide Geschlechter weitestgehend gleich mit Ausnahme des teils unterschiedlichen Ausscheidungsbefundes für die männlichen Tiere: die Ausscheidung der Radioaktivität über flüchtige Verbindungen in der Ausatmungsluft war in den männlichen Tieren in beiden Dosisgruppen um das 3- bis 4-fache höher als bei den weiblichen Tieren. Die Ausscheidungsraten an Radioaktivität über die Faeces und die Nieren waren annähernd gleich hoch, mit Ausnahme der männlichen Tiere in der 160 ppm Gruppe in der die fäkale Ausscheidung gegenüber der Ausscheidung über den Harn erhöht war. Die Halbwertszeit der Radioaktivität im Plasma betrug zwischen 50,5 und 123 Stunden. Untersuchungen der Metabolite zeigten in den Faeces als Hauptpeak unverändertes D5, während im Urin kein D5 nachgewiesen wurde. Fünf unterschiedliche Urinmetabolite wurden nachgewiesen. Genauere Angaben zum Metabolitenprofil liegen nicht vor [Dow 2001c].

7.2 Metabolitenprofil nach oraler Applikation

Zur Ermittlung des Metabolitenprofils wurden zwei weibliche Fischer 344-Ratten mit

(13)

Tierexperimentelle Befunde 13

einer einmaligen oralen Dosis von 14C-markiertem D5 (verdünnt in unmarkiertem D5) exponiert. Im Anschluss wurden über 24 Stunden Urinproben gesammelt und das Metabolitenprofil mittels HPLC unter Verwendung eines Radioisotopendetektors aufgezeichnet. Die Strukturaufklärung der Metabolite erfolgte mittels GC/MS Analytik, wobei ein über Festphasenextraktion gewonnener Tetrahydrofuranextrakt des Urins verwendet wurde.

Als Hauptmetaboliten wurden Dimethylsilandiol [Me2Si(OH)2] und Methylsilantriol [MeSi(OH)3] identifiziert. Zu geringeren Teilen fanden sich auch Silan-Di- und –Trimere Verbindungen ([MeSi(OH)2-O-Si(OH)3], [MeSi(OH)2-O-Si(OH)2Me], [MeSi(OH)2-O- Si(OH)Me2], [Me2Si(OH)-O-Si(OH)Me2], [Me2Si(OH)-OSiMe2-OSi(OH)Me2]). Ferner wurde über GC/MS auch Hydroxymethyl-nonamethyl-cyclopentasiloxan und Nonamethyl-cyclopentasiloxanol identifiziert. Unverändertes D5 konnte im Urin nicht nachgewiesen werden. Die Entstehung von Nonamethyl-cyclopentasiloxanol und Methylsilantriol beweist eine Demethylierung der Methyl-Silizium-Bindung als Teil des Metabolisierungsprozesses. Das sich aus den Messergebnissen ergebende Schema zum Stoffwechsel von D5 in Fischer 344-Ratten zeigt Abbildung 1.

C H3

Si CH3 O

Si CH3 CH3 O Si

CH3 C H3 O Si C H3 C H3

O C Si H3

C H3 O

C H3

Si CH3 O

Si CH3 CH3 O Si

CH2 C H3 O Si C H3 C H3

O C Si H3

C H3 O

OH

C H3

Si CH3 O

Si CH3 CH3 O Si C OH H3 O Si C H3 C H3

O C Si H3

C H3 O Oxidation

Umlagerung (via Si-OCH3)

Hydrolyse

Weitere Hydrolyse Weitere Oxidation

Si-O-Si Spaltung Kondensation etc.

MeSi(OH)3 + Me2Si(OH)2 + HO-(SiMe2O)2-H + HO-(SiMe2O)3-H + MeSi(OH)2-O-Si(OH)Me2 + Me2Si(OH)2-O-Si(OH)2Me + + Me2Si(OH)-O-Si(OH)3 + MeSi(OH)2-O-Si(OH)3

A

B

C E D

*

*

*

* *

Abb.1: Mögliches Schema des Stoffwechsels von D5 im Säugerorganismus. Die mit Buchstaben versehenen Verbindungen wurden über ein HPLC Radiochromatogramm nachgewiesen, die mit * versehenen Verbindungen über GC/MS [Varaprath 2003].

(14)

Tierexperimentelle Befunde 14

7.3 Akute Toxizität

Die akute Toxizität von D5 ist gering. In mehreren Untersuchungen zur akuten oralen Toxizität an der Ratte wurde bei Dosierungen bis zu 5 g/kg KG keine Mortalität festgestellt, ebenso wie nach akuter inhalativer D5-Dampf-Exposition über 4 Stunden bis zu 545 mg/l. Auch nach akuter dermaler Exposition an Ratten (bis zu 2,4 g/kg KG) und Kaninchen (bis 15,3 g/kg KG) trat keine Letalität auf [IUCLID 2002].

In einer Studie mit akuter nose-only-Exposition wurden Gruppen von je 5 männlichen und weiblichen Fischer 344 Ratten über 4 Stunden gegenüber folgenden Konzentrationen eines D5-Aerosols exponiert: 8,10 – 7,42 – 10,91 – 15,87 mg/l nominal (4,62 – 6,73 – 9,82 – 15,37 mg/l analytisch). In den zwei höchsten Dosisgruppen trat in beiden Geschlechtern Mortalität auf (9,82 mg/l: 80% ♂ und ♀; 15,37 mg/l: 100% ♂ und

♀). In allen Dosisgruppen wurde während der Exposition mit zunehmender Dosis verstärkt Tachypnoe und Unruhe beobachtet, wobei die Symptome bei den weiblichen Tieren ausgeprägter waren. Die Organgewichte der überlebenden Tiere waren unverändert, ebenso zeigten sich in diesen keine signifikanten Veränderungen an den Lungen. Die Lungen der während des Versuchs verstorbenen Tiere waren dunkelrot und teilweise kollabiert. Der Lungenbefund wurde in der Studie als behandlungsbedingt bewertet. Aus der Studie resultiert ein LC50(Aerosol) von 8,67 mg/l für beide Geschlechter [SEHSC 2002].

7.4 Subakute Toxizität 7.4.1 Oral

Eine Untersuchung zur subakuten oralen Toxizität von D5 an Sprague-Dawley-Ratten über zwei Wochen mit 5 Applikationen pro Woche per Schlundsonde (0 – 25 – 100 – 400 - 1600 mg/kg KG) ergab erhöhte relative und absolute Lebergewichte bei den weiblichen Tieren ab 100 mg/kg KG mit leichten Erhöhungen bereits bei 25 mg/kg KG.

Die Lebergewichte bei den männlichen Tieren waren in keiner Dosisgruppe statistisch signifikant erhöht [IUCLID 2002].

7.4.2 Dermal

Eine Studie zur subakuten dermalen Toxizität an New-Zealand-White-Kaninchen über drei Wochen mit 5 Applikationen pro Woche (0 – 96 – 288 - 960 mg/kg KG) ergab keine Anzeichen einer schädigenden Wirkung (keine behandlungsbedingte Mortalität, keine klinischen oder patho-/ bzw. histopathologischen Befunde abweichend von der

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Tierexperimentelle Befunde 15

Kontrollgruppe). Der NOAEL wurde dementsprechend mit 960 mg/kg KG festgelegt [IUCLID 2002].

Eine weitere Untersuchung am gleichen Stamm über drei Wochen mit 7 Applikationen pro Woche mit einer Kontrollgruppe (7♂ und 5♀) und 1000 mg/kg KG (6♂ und 6♀) je 6 Stunden unter okklusiven Bedingungen ergab ebenfalls keine Anzeichen einer schädigenden Wirkung [IUCLID 2002].

In der aktuellsten Studie zur subakuten dermalen Toxizität wurden vier Wochen lang je 10 männliche und weibliche Sprague-Dawley-Ratten 6 Stunden täglich, 7 Tage pro Woche unter okklusiven Bedingungen, gegenüber folgenden Konzentrationen exponiert:

0 – 200 – 800 - 1600 mg/kg/Tag. Auch in dieser Studie wurden in keiner Dosisgruppe schädigende Effekte beobachtet. Entsprechend wurde der NOEL mit 1600 mg/kg/Tag festgelegt [SEHSC 2002].

7.4.3 Inhalativ

Vier Wochen lang wurden je 10 männliche und weibliche Fischer 344-Ratten 6 Stunden täglich, 5 Tage pro Woche, gegenüber folgenden Konzentrationen nose-only exponiert:

0 (Kontrolle, gefilterte Luft) – 500 – 770 – 1620 – 2290/3710 mg/m3 nominal (0 – 440 – 650 – 1500 – 2350/3060 mg/m3 analytisch). Da nach 6 Expositionstagen sich selbst in der höchsten Dosisgruppe keine ausgeprägten Anzeichen einer Schadwirkung abzeichneten, wurde ab dem siebten Expositionstag die Dosis in der höchsten Dosisgruppe auf nominal 3710 mg/m3 erhöht. Dabei ist zu beachten, dass experimentell eine gesättigte D5-Dampfatmosphäre unter Tierversuchsbedingungen eine Konzentration von ca. 2100 mg/m3 aufweist. Somit hat die Dosiserhöhung ab dem siebten Expositionstag zur Folge, dass die Testatmosphäre keine reine Dampfatmosphäre, sondern zu ca. 40% ein Aerosol darstellte. Bis auf die höchste Dosisgruppe wurden nur geringfügige Veränderungen hämatologischer sowie klinisch- biochemischer Parameter beobachtet. In der höchsten Dosisgruppe wurden bei den weiblichen Tieren erhöhte relative und absolute Lebergewichte mit leichter hepatozellulärer Hypertrophie festgestellt. Unabhängig vom Geschlecht zeigten sich in der höchsten Dosisgruppe eine verstärkte Goblet-Zellproliferation in den Nasenhöhlen sowie leichte interstitielle Entzündungserscheinungen in der Lunge. Eine eventuelle Reversibilität dieser Effekte wurde in der Studie nicht untersucht [Dow 1995a].

In einer weiteren Untersuchung am gleichen Stamm wurden je 15 männliche und

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Tierexperimentelle Befunde 16

weibliche Tiere 6 Stunden täglich, 7 Tage pro Woche über vier Wochen gegenüber folgenden Konzentrationen ganzkörperexponiert: 0 (Kontrolle, gefilterte Luft) – 10 – 25 – 75 – 160 ppm nominal und analytisch (entsprechend 0 – 154 – 385 – 1156 – 2466 mg/m3). Jeweils 5 Tiere je Geschlecht und Dosisgruppe wurden im Anschluss an eine 2- wöchige expositionsfreie Nachbeobachtungszeit untersucht. In der höchsten Dosisgruppe (160 ppm) trat in den weiblichen Tieren eine verminderte Aktivität der alkalischen Phosphatase auf. Erhöhte relative Lebergewichte fanden sich in beiden Geschlechtern bei 160 ppm sowie bei den Männchen erhöhte relative Thymusgewichte.

Die Goblet-Zellproliferation in den Nasenhöhlen war in beiden Geschlechtern in allen Dosisgruppen am Ende der Expositionsphase erhöht. Ab 160 ppm war in beiden Geschlechtern der Schweregrad dieser Goblet-Zellproliferation in den Nasenhöhlen erhöht und es traten zusätzlich vermehrt fokale Makrophagenansammlungen in den Alveolen auf. Die Autoren der Studie weisen daraufhin, dass morphologische Hinweise die Reversibilität dieser histopathologischen Effekte am Ende der Nachbeobachtungszeit belegen. Die Leber- und Thymusgewichtserhöhungen erwiesen sich in der 14-tägigen Nachbeobachtungszeit als reversibel. Der NOEL für die systemische Toxizität wurde geschlechtsunabhängig mit 75 ppm festgelegt.

Parallel wurde in dieser Studie eine Untersuchung zur immuntoxischen Wirkung mit je 10 Tieren beiderlei Geschlechts mit bzgl. Dauer und Exposition gleichem Design durchgeführt, wobei die Tiere ca. 96 h vor Ablauf der 28 Tage mit Schaferythrozyten (sRBC) immunisiert wurden. Eine via Cyclophosphamidgabe immunsuppresive Gruppe von 5 Tieren je Geschlecht diente als Positivkontrolle. Der Response der anti-sRBC antikörperbildenden Zellen wurde durch einen Standard Plaque Assay und ELISA gemessen. Die Immunantwort in der mit D5 exponierten Gruppe war in allen Dosisgruppen im Vergleich zur Positivkontrolle nicht supprimiert. Der NOEL bzgl.

Immunosupression wurde folglich mit 160 ppm festgelegt.

Ebenfalls parallel wurde in dieser Studie eine orientierende Untersuchung zur Enzyminduktion in der Leber mit je 20 weiblichen Tieren in nur der höchsten Dosisgruppe (160 ppm) und einer Kontrolle durchgeführt. 10 Tiere je Dosisgruppe wurden dabei ebenfalls im Anschluss an die 4-wöchige Behandlung 2 Wochen nachbeobachtet. Dabei erwies sich D5 als schwacher Induktor vom Phenobarbital-Typ:

CYP2B1/2 3,3-fach, die Epoxidhydrolase 1,7-fach; die UDP-Glucuronosyltransferase 1,8-fach, die Testosteron-6-beta-Hydroxylase (CYP3A1/2 2,4-fach), CYP1A1/2 und

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Tierexperimentelle Befunde 17

CYP4A unverändert [Dow 1996a; McKim 1999].

In einer weiteren Studie wurden je 10 männliche und weibliche Wistar-Ratten vier Wochen lang, 6 Stunden täglich, 5 Tage pro Woche, gegenüber folgenden Konzentrationen ganzkörperexponiert: 0 (Kontrolle) – 80 – 400 – 2000 mg/m3 nominal (0 – 81 – 432 – 2002 mg/m3 analytisch). Die höchste Dosisgruppe sowie die Kontrolle wurde um jeweils 5 Tiere je Geschlecht vergrössert und im Anschluss an eine 2-wöchige expositionsfreie Nachbeobachtungszeit untersucht. Die hämatologischen Untersuchungen zeigten bei den männlichen Tieren ab der zweithöchsten Dosisgruppe Veränderungen im weissen Blutbild sowie in der höchsten Dosisgruppe im roten Blutbild. Die klinisch-biochemischen Untersuchungen zeigten in der höchsten Dosisgruppe bei den männlichen Tieren verringerte Bilirubin- und alkalische Phosphatase-Werte (ALP), wobei der ALP-Befund nur am Ende der Nachbeobachtungszeit auftrat. In der höchsten Dosisgruppe (2002 mg/m3 ) fanden sich in beiden Geschlechtern erhöhte relative Lebergewichte sowie leichte Entzündungserscheinungen in der Lunge (vermehrtes Auftreten leukozytärer Infiltrate).

Mit Ausnahme des ALP-Befundes waren klare Hinweise auf Reversibilität der Effekte während der Nachbeobachtungszeit zu erkennen. Ferner ist festzustellen, dass die beobachteten Effekte im Blutbild der Männchen in gleichexponierten Fischer 344-Ratten nicht gefunden wurden. Die Ursachen für diese Stammunterschiede sind nicht ersichtlich. Der NOAEL wurde mit 81 mg/m3 festgelegt [Shin-Etsu 1984].

7.5 Subchronische Toxizität 7.5.1 Oral

In einer subchronischen Studie wurden je 10 männliche und weibliche Wistar-Ratten täglich über 13 Wochen per Magensonde gegenüber folgenden Dosen D5 exponiert: 0 – 100 – 330 – 1000 mg/kg KG. In den mesenterialen Lymphknoten wurden bei Männchen und Weibchen aller Dosisgruppen leichte bis ausgeprägte Histiozytosen mit vergleichbar hohen Inzidenzen beobachtet. Die pathologisch-anatomische Untersuchung der Lungen erbrachte bei männlichen Tieren ab 330 mg/kg KG und weiblichen Tieren ab 100 mg/kg KG knotige Veränderungen im Parenchym. Histologisch wurden in den Lungen dieser Tiere neben Hypertrophien der Becherzellen, granulomatöse Pneumonien mit unterschiedlichen Schweregraden nachgewiesen.

Diese substanzbedingten Veränderungen werden von den Autoren als lokale toxische

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Tierexperimentelle Befunde 18

Effekte gewertet. Unter den Versuchbedingungen dieser Studie konnte folglich kein NOAEL festgelegt werden [Bayer 1991].

7.5.2 Inhalativ

In einer subchronischen Studie wurden je 10 männliche und weibliche Sprague-Dawley Ratten über 90 Tage täglich 6 Stunden, 7 Tage pro Woche gegenüber folgenden Konzentrationen an D5 ganzkörperexponiert: 0 (Kontrolle, gefilterte Luft) – 20 – 60 – 120 ppm nominal (0 – 20 – 59 – 119 ppm analytisch). Je 10 weitere männliche und weibliche Tiere der Kontrolle und der höchsten Konzentration wurden nach 90-tägiger Behandlung 28 Tage nachbeobachtet. In der Studie wurde als einziger Effekt in der höchsten Dosisgruppe in den weiblichen Tieren erhöhte absolute Lebergewichte festgestellt. Diese Lebergewichtszunahme war während der Nachbeobachtungszeit reversibel. Basierend auf den Lebergewichtseffekten lag der NOEL bei Weibchen bei 60 ppm. Der NOEL für Männchen wurde folglich mit 120 ppm festgelegt [SEHSC 2002].

In einer weiteren subchronischen Studie wurden je 20 männliche und weibliche Fischer 344 Ratten (je 30 in Kontrolle und höchster Konzentration) über 13 Wochen 6 Stunden täglich, 5 Tage pro Woche nose-only gegenüber folgenden Konzentrationen an D5 exponiert: 0 (Kontrolle, gefilterte Luft) – 0,4 – 0,7 – 1,3 – 3,4 mg/l nominal (0 – 0,44 – 0,75 – 1,33 – 3,53 mg/l analytisch). Jeweils 10 Tiere beiderlei Geschlechts der Kontrollgruppe und der Gruppe mit der höchsten Konzentration wurden im Anschluss an eine 4-wöchige expositionsfreie Nachbeobachtungszeit untersucht. Die hämatologischen Untersuchungen zeigten in der höchsten Dosisgruppe geringgradige Abweichungen hämatologischer Parameter auf. Die klinisch-biochemichen Untersuchungen weisen auf überwiegend geringfügige hepatozelluläre Veränderungen bei den Männchen in der höchsten Dosisgruppe und in den Weibchen ab 0,75 mg/l hin (Gamma-GT Aktivität leicht bis mäßig erhöht). In den beiden obersten Dosisgruppen trat bei den Weibchen eine leicht verminderte Kalziumkonzentration auf. Diese Effekte waren am Ende der Nachbeobachtungszeit nicht reversibel. Bei beiden Geschlechtern waren die absoluten und relativen Lungengewichte in der höchsten Dosisgruppe geringfügig bis leicht erhöht. Die Lungengewichtszunahme war bei den Männchen während der Nachbeobachtungszeit reversibel, nicht jedoch bei den Weibchen. Die absoluten und/oder relativen Lebergewichte waren bei Männchen in der höchsten Dosisgruppe, bei Weibchen ab 0,75 mg/l geringfügig bis leicht erhöht. Diese

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Tierexperimentelle Befunde 19

Lebergewichtszunahme war während der Nachbeobachtungszeit reversibel.

Geringfügige, statistisch nicht signifikante verringerte Hodengewichte ab 1,33 mg/l waren nur in der höchsten Dosisgruppe während der Nachbeobachtungszeit nicht reversibel. Ebenso nicht reversibel in der Nachbeobachtungzeit traten in der höchsten Dosisgruppe geringfügige, statistisch nicht signifikant reduzierte Ovariengewichte auf.

Nur am Ende der Nachbeobachtungszeit waren in Männchen der höchsten Dosisgruppe die Thymusgewichte geringfügig bis leicht reduziert. Ab 1,33 mg/l waren vermehrt chronische interstitielle Entzündungserscheinungen und fokale Makrophagenansammlungen in den Alveolen zu sehen. Eine reversible, leichte Goblet-

Zell-Hyperplasie in den Nasenhöhlen trat in den meisten Tieren der höchsten Dosisgruppe auf. Atrophie der Hodenkanälchen wurde in allen Dosisgruppen einschließlich der Kontrolle in ähnlicher Inzidenz und Ausprägung festgestellt.

Interstitielle Drüsen-Hyperplasie in den Ovarien sowie Mucifikation und Atrophie der Vaginaschleimhaut traten in Tieren aller Dosisgruppen und der Kontrolle auf. Die Inzidenz dieser Effekte war am Ende der Expositionszeit in der höchsten Dosisgruppe erhöht, wohingegen deren Ausprägung derjenigen der Kontrollgruppe entsprach. Nur in der höchsten Dosisgruppe waren die interstitielle Drüsen-Hyperplasie in den Ovarien sowie Mucifikation und Atrophie der Vaginaschleimhaut während der Nachbeobachtungszeit nicht reversibel. Es ist zweifelhaft, ob diese Effekte substanzbedingt sind. Die Autoren der Studie weisen darauf hin, dass die Immobilisation in den nose-only Expositionsröhren zu den Effekten im männlichen und weiblichen Genitalsystem beigetragen haben können. Basierend auf der leicht bis mäßig erhöhten Gamma-GT Aktivität und der leicht verminderten Kalziumkonzentration im Blut der Weibchen ab 0,75 mg/l, der leicht erhöhten Lebergewichte in den Weibchen dieser Dosisgruppe sowie dem Fakt, dass die Tiere der 0,44 mg/l und 0,75 mg/l Gruppe histopathologisch nicht von denen der Kontrollgruppe zu unterscheiden waren, wurde der NOEL mit 0,44 mg/l und der NOAEL mit 0,75 mg/l festgelegt. [Dow 1995b].

7.6 Haut- und Augenreizung

In mehreren Studien an Kaninchen wurde D5 semi-okklusiv für 4 oder 24 Stunden aufgebracht und keine hautreizende Wirkung festgestellt [IUCLID 2002]. In zwei weiteren Studien wurde nach Einbringung von 0,1 ml D5 in das Kaninchenauge und 24 stündiger Exposition ebenfalls keine Reizwirkung beobachtet [IUCLID 2002]. In

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Tierexperimentelle Befunde 20

Kombination mit den Erfahrungen am Menschen (s. Kap. 6) ist somit D5 als nichtreizender Stoff charakterisiert.

7.7 Sensibilisierende Wirkung

Sowohl im Bühler Test als auch im Maximierungstest mit Meerschweinchen ergaben sich bei keinem der behandelten Tiere Hinweise auf eine hautsensibilisierende Wirkung [IUCLID 2002]. Auch die Erfahrungen am Menschen (s. Kap. 6) weisen D5 als nicht hautsensibilisierenden Stoff aus.

7.8 Gentoxizität

7.8.1 In vitro-Untersuchungen

D5 erwies sich in allen mikrobiellen Tests auf Gentoxizität mit den üblichen Stämmen von Salmonella typhimurium, mit Saccharomyces cerevisiae und E. coli mit und ohne S9-Mix als nicht mutagen. Ebenfalls nicht mutagen war der Stoff im Genmutationstest mit Maus-Lymphomzellen Fischer L 5178Y. Auch der Chromosomenaberrationstest, der Test auf primäre DNA-Schädigung und der SCE-Test mit dieser Zell-Linie ergaben keine Hinweise auf ein mutagenes Potenzial von D5 [IUCLID 2002].

7.8.2 In vivo-Untersuchungen

In einem kombinierten UDS- und Mikrokerntest wurden von männlichen und weiblichen Fischer-344 Ratten, nach 7-tägiger Inhalation (Ganzkörperexposition) von D5 (6h/d) mit 0 (gefilterte Luft) und 160 ppm, primäre Hepatozyten für den UDS-Test sowie Knochenmarkzellen für den Mikrokerntest entnommen und untersucht. Im Vergleich zur Kontrollgruppe wurde weder eine erhöhte UDS-Induktion noch ein erhöhtes Auftreten von Mikrokernen festgestellt [Dow 2004a].

Zusammenfassend liegen keine Hinweise vor, die auf ein gentoxisches Potential von D5 schließen lassen.

7.9 Reproduktionstoxizität

7.9.1 1-Generationsstudie

Je 22 männliche und weibliche Sprague-Dawley Ratten wurden täglich über 6 Stunden mindestens 28 Tage vor der Verpaarung, während der Verpaarung, anschließend bis zum Tag 20 der Trächtigkeit und vom Tag 5 bis Tag 21 der Laktation, die F1-Generation

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Tierexperimentelle Befunde 21

vom Tag 21 bis 28 postnatal gegenüber mittleren analytischen Konzentrationen von 0 (Kontrolle, gefilterte Luft), 26 bzw. 132 ppm ganzkörperexponiert. Die Sektion der Vatertiere erfolgte nach der Breeding Period, die Sektion der Muttertiere am Laktationstag 21 und die der F1-Generation am Tag 28 postnatal.

Reproduktionsrelevante Parameter waren unbeeinflußt (Fruchtbarkeits- und Paarungsindices, Anzahl Tage zwischen Paarung und Koitus, Dauer der Trächtigkeit und Geburt). Ein Weibchen der Kontrolle sowie der 132 ppm-Gruppe wurde aufgrund des Ausbleibens von Nachkommen vorzeitig eingeschläfert. 2 Weibchen der 132 ppm- Gruppe wurden wegen des Verlusts des ganzen Wurfes am Tag 2 bzw. 12 der Laktation ebenfalls vorzeitig eingeschläfert. Alle übrigen Elterntiere überlebten bis zum Tag der geplanten Sektion. Bei keinem dieser Tiere wurden expositionsbedingte klinische Anzeichen beobachtet. Die durchschnittlichen Körpergewichte, die Körpergewichtsentwicklung und Futteraufnahme waren durch die Exposition nicht beeinflußt. Ebenso wurden keine expositionsbediungten pathologischen Befunde festgestellt. Die Zahl der Implantationsstellen, die mittlere Wurfgröße sowie die Zahl totgeborener Föten war unbeeinflußt. Die Viabilität der Jungtiere während der Laktation war mit Ausnahme der 2 Wurfverluste in der 132 ppm-Gruppe unauffällig. Ob diese Wurfverluste der Exposition mit D5 zugerechnet werden können, ist aufgrund des Vergleichs mit historischen Kontrolldaten unsicher. Die Autoren der Studie verweisen diesbezüglich auf die Ergebnisse der 2-Generationen-Studie hin (s.u.). Bei keinem der Jungtiere wurden expositionsbedingte klinische Anzeichen beobachtet. Das Geschlechterverhältnis sowie das mittlere Körpergewicht der F1-Generation war unauffällig. Bei der Sektion der Jungtiere ergaben sich keine expositionsbedingten Befunde. Der NOAEL parental kann mit 132 ppm, der NOAEL F1-Jungtiere - unter dem Vorbehalt, dass die Wurfverluste nicht expositionsbedingt sind - ebenfalls mit 132 ppm festgelegt werden [Dow 1996b].

7.9.2 2-Generationenstudie

Je 30 männliche und weibliche Sprague-Dawley Ratten wurden täglich über 6 Stunden gegenüber folgenden Konzentrationen an D5 in der Atemluft ganzkörperexponiert: 0 (Kontrolle, gefilterte Luft), 30, 70 und 160 ppm nominal (0 - 31 – 71 – 162 analytisch).

Die Exposition der F0-Generation begann im Alter von 45 Tagen und erfolgte an mindestens 70 aufeinander folgenden Tagen vor der Verpaarung. Bei den Männchen

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Tierexperimentelle Befunde 22

wurde sie in der F0- und F1-Generation auch während aller Verpaarungsperioden bis zum Tag vor der Sektion fortgesetzt. Bei den F0- und F1-Weibchen erfolgte die weitere Exposition während der Verpaarung und Trächtigkeit bis zum Gestationstag 20 und wurde, beginnend mit Laktationstag 5, bis zum Tag vor der Sektion fortgesetzt. In dieser Studie wurden zusätzlich Untersuchungen zur Neuro-/Verhaltenstoxizität in der F2- Generation durchgeführt.

3 F0-Männchen (1/30 ppm-, 2/160 ppm-Gruppe) sowie 2 F0-Weibchen (1/30 ppm-, 1/160 ppm-Gruppe) starben in den Studien-Wochen 2 bis 18. Desweiteren wurde ein moribundes F0-Weibchen in der 70 ppm-Gruppe in Studienwoche 15 vorzeitig eingeschläfert. Das Fehlen von patho-/ bzw. histopathologischen Befunden in den betroffenen Tieren abweichend von der Kontrollgruppe sowie fehlende Mortalität in der F1-Gruppe führen zum Schluss, dass die in F0 gefundene Mortalität/Moribundität nicht expositionsbedingt ist. Alle übrigen Tiere der F0-Generation sowie alle F1-Nachkommen überlebten bis zum Tag der geplanten Sektion. Bei keinem dieser Tiere wurden expositionsbedingte klinische Symptome beobachtet. Reproduktionsrelevante Parameter (Fruchtbarkeits- und Paarungsindices, Anzahl Tage zwischen Paarung und Koitus, Dauer der Trächtigkeit und Geburt) in den F0- und F1-Generationen waren unbeeinflußt. Ebenso waren die durchschnittlichen Körpergewichte, die Körpergewichtsentwicklung und Futteraufnahme in den F0- und F1-Generationen durch die Exposition nicht beeinflußt. Die Daten aus der funktionellen Beobachtungsreihe (FOB) in den F1-Weibchen zeigten keine expositionsbedingten Effekte am Gestationstag 10 und Laktationstag 20. Bei der Nekropsie sämtlicher Tiere der F0- und F1- Generationen wurden keine makroskopischen Befunde festgestellt. Ebenso waren die mittleren relativen und absoluten Organgewichte in den F0- und F1-Generationen unauffällig. Es wurde ein erhöhtes Auftreten minimaler alveolarer Histiozytosen bei F0- Weibchen und F1-Männchen und -Weibchen in der 30-, 70- und 160 ppm-Gruppe beobachtet. Dieser Befund wurde nicht als adverser Effekt bewertet, da er auch in der Kontrolle geringgradig auftrat und weil bei keinem Tier aller Dosisgruppen die histopathologische Untersuchung Lungen-Läsionen aufzeigte. Der Befund wird als kompensatorische Antwort auf den in der Studie gewählten Expositionspfad über die Lunge gewertet. Die mittlere Anzahl an Primordialfollikel war in den F0- und F1- Generationen der höchsten Dosisgruppe unbeeinflußt. Spermienparameter (Anzahl Spermien und Spermatiden in Hoden und Nebenhoden, Spermienmotilität und -

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Tierexperimentelle Befunde 23

morphologie) in der 30-, 70- und 160 ppm-Gruppe waren unbeeinflußt. Die mittlere Lebendwurfgröße für F1 und F2, die Anzahl geborener Jungtiere, das Geschlechterverhältniss je Wurf, die Überlebensrate und der Anogenitalabstand war durch die Exposition der Elterntiere in jeder Dosisgruppe im Vergleich zur Kontrolle nicht verändert. Ein F0-Weibchen der 160 ppm-Gruppe hatte einen Verlust des Wurfes am Tag 0 der Laktation, wobei der Wurf nur aus einem Jungtier bestand. Da bei keiner Dosisgruppe eine behandlungsbedingte Abnahme der Überlebensrate in den F1- und F2- Würfen festzustellen war, wurde dieser einzige totale Wurfverlust in der 160 ppm- Gruppe nicht auf die Exposition mit D5 zurückgeführt. Das mittlere Körpergewicht der F1- und F2-Nachkommen und deren physischer Allgemeinzustand war sowohl vor als nach der Entwöhnung in allen Behandlungsgruppen (inkl. Kontrollen) gleich. Die Sektion tot aufgefundener bzw. vorzeitig eingeschläferter F1- und F2-Jungtiere wies keinen suggestiven Bezug zur Exposition der Elterntiere auf. Bei der Sektion der überzähligen F1- und F2-Jungtiere am Tag 21 bzw. 28 postnatal ergaben sich keine expositionsbedingten Befunde. Parameter zur Geschlechtsreife der F1- und F2- Nachkommen (Alter und Körpergewicht zum Zeitpunkt der Vaginalöffnung oder der Balano-Präputial-Separation) sowie die Ergebnisse der Untersuchungen zur Neuro- /Verhaltenstoxizität der F2-Nachkommen (Motorik, Schreckreaktion, Biel Maze Test und Daten aus der funktionellen Beobachtungsreihe) zeigten sich nicht durch die Exposition der Elterntiere beeinflußt. In keiner der ausgewählten F2-Ratten ergab die neuropatholgische Untersuchung Hinweise auf parental-expositionsbedingte Effekte.

Zusammenfassend ergab die Studie keine Hinweise auf parentale Toxizität in den F0- und F1-Generationen. Die Leistung des männlichen und weiblichen Fortpflanzungssystems war in den F0- und F1-Generationen nicht beeinflußt. Es trat kein auf die Exposition mit D5 zurückführbarer totaler Wurfverlust auf. Neonatale Toxizität in den F1- und F2-Nachkommen wurde nicht beobachtet. Es trat keine Entwicklungsneurotoxizität in den F2-Nachkommen auf. Der NOAEL parental sowie der NOAEL F1/2-Jungtiere wurde daher mit 160 ppm festgelegt [Dow 1999b].

7.10 Untersuchungen zur Frage homoneller Wirkungen von D5

In zwei Uterusgewichtstests mit gleichem Studiendesign wurden ovariektomierte Sprague-Dawley bzw. Fischer 344-Ratten täglich über je 16 Stunden für drei Tage gegenüber 160 ppm D5 in der Atemluft ganzkörperexponiert. Als Positivkontrollen

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Tierexperimentelle Befunde 24

dienten je Stamm Gruppen von Tieren die für drei Tage subkutan mit Ethinylestradiol (0,3 - 1,0 – 3,0 µg/kg/Tag) oder Genistein (10 - 25 – 50 mg/kg/Tag) exponiert wurden.

Zur Feststellung antiöstrogener Wirkungen wurde je Stamm eine Gruppe in Kombination für drei Tage sowohl mit 160 ppm D5 in der Atemluft ganzkörper-, als auch subkutan mit Ethinylestradiol (3,0 µg/kg/Tag) exponiert. Als Positivkontrolle diente hier je Stamm eine Gruppe, die in Kombination subkutan sowohl mit Ethinylestradiol (3,0 µg/kg/Tag) als auch mit dem Östrogen-Rezeptor-Agonisten ICI 182,7802 (3,0 mg/kg/Tag) exponiert wurde. In beiden Rattenstämmen wurden keine erhöhten absoluten und relativen Uterusgewichte in den mit D5 exponierten Tieren beobachtet. Wie bei der Negativkontrolle wurde ferner bei keinem der Tiere eine Ansammlung von Uterus- flüssigkeit festgestellt. Die Zellhöhe im luminalen und Drüsenepithel der Uteri wurde durch D5 nicht erhöht. Die Ethinylestradiol-induzierte Uterusgewichtszunahme wurde durch D5 nicht blockiert. Somit zeigte D5 in beiden Rattenstämmen keine östrogene bzw. antiöstrogene Aktivität [Dow 2004b; Dow 2004c].

In zwei in vitro Substratkonkurrenz-Studien wurde in einem geschlossenen Gefäß ein wäßriger Protein-Mix mit Östrogen-Rezeptor-Alpha bzw. –Beta, der zusätzlich physiologische Mengen 3H-Estradiol (3,4 nM) enthielt, vorgelegt. Der Gasraum wurde mit 160 ppm D5-Dampf gesättigt. Unter den gewählten Bedingungen war D5 nicht in der Lage, das radiomarkierte Estradiol zu verdrängen. Somit ist D5 kein Konkurrent für die Rezeptor Bindungsstelle im Östrogen-Rezeptor-Alpha bzw. –Beta [Dow 2004d; Dow 2005a].

In einem in vitro Luciferase Reportergen-Assay, in dem Zellen der menschlichen Epithelzelllinie MCF-7 verwendet wurden, die mit einem Plasmid für den Östrogen- rezeptor-Alpha und dem Luciferase-Gen transient transfiziert waren, wurde keine Aktivierung des Reportergens festgestellt. Als Positivkontrollen dienten 17β-Estradiol und Bisphenol A [Dow 2005b].

Kastrierte Fischer 344-Ratten wurden in einem Hershbergertest täglich über je 16 Stunden für 10 Tage gegenüber 160 ppm D5 in der Atemluft ganzkörperexponiert. Als Positivkontrollen dienten Gruppen von Tieren die für 10 Tage subkutan mit Testosteron-

2 besser bekannt als Faslodex™ (Fulvestrant).

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Tierexperimentelle Befunde 25

Propionat (TP: 0,1 – 0,2 - 0,4 - 0,8 – 1,6 mg/kg/Tag) exponiert wurden. Zur Feststellung antiandrogener Wirkungen wurde eine Gruppe in Kombination für 10 Tage sowohl mit 160 ppm D5 in der Atemluft ganzkörper-, als auch subkutan mit TP (0,54 mg/kg/Tag) exponiert. Als Positivkontrolle diente hier eine Gruppe, die in Kombination subkutan mit TP (0,54 mg/kg/Tag) als auch oral mit Flutamid (10 mg/kg/Tag) exponiert wurde. Es wurden keine erhöhten absoluten und relativen Gewichte der akzessorischen Geschlechtsdrüsen in den mit D5 exponierten Tieren beobachtet. Die TP-induzierten, absoluten Gewichtsveränderungen wurden durch D5 nicht blockiert. Somit zeigte D5 keine androgene bzw. antiandrogene Aktivität [Dow 2004e].

Zusammenfassend ergeben sich aus den in vivo und in vitro Testergebnissen keine Hinweise auf eine östrogene/androgene oder antiöstrogene/-androgene Wirkung von D5.

7.11 Chronische Toxizität / Kanzerogenität 7.11.1 Durchführung und Ergebnisse

In einer experimentell abgeschlossenen kombinierten inhalativen Studie zur chronischen Toxizität und Kanzerogenität, zu der noch kein finalisierter Bericht vorliegt, wurden männliche und weibliche Fischer 344 Ratten täglich 6 Stunden, 5 Tage pro Woche bis zu 24 Monaten gegenüber folgenden D5 Dampfkonzentrationen exponiert: 0 (Kontrolle, gefilterte Luft) – 10 – 40 – 160 ppm nominal. Die Versuchstiere wurden in vier Gruppen aufgeteilt. Gruppe A (6 Tiere je Geschlecht und Konzentration) wurde 6 Monate exponiert und dann getötet um D5-Gehalte in Leber, Fettgewebe und Plasma zu bestimmen. Gruppe B (10 Tiere je Geschlecht und Konzentration) wurde 12 Monate exponiert und dann getötet. Gruppe C (20 Tiere je Geschlecht und Konzentration) wurde 12 Monate exponiert und ein weiteres Jahr expositionsfrei nachbeobachtet um die Reversibilität der Effekte bestimmen zu können. Gruppe D (60 Tiere je Geschlecht und Konzentration) wurde 24 Monate mit D5 exponiert. Die Tiere der Gruppe C und D wurden nach 24 Monaten getötet. Alle Tiere wurden im Hinblick auf behandlungsbedingte Mortalität, klinische Befunde, Körpergewichtsentwicklung und Futteraufnahme beobachtet. Klinische Untersuchungen wurden nach 3, 6 und 12 Monaten durchgeführt und umfassten hämatologische und klinisch-biochemische Parameter sowie den Urinstatus. Von allen Tieren der Gruppe B, C und D wurden Lunge, Leber, Nieren, Nasenhöhle, Organe mit makroskopische Läsionen und

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Tierexperimentelle Befunde 26

Gewebsformationen entnommen und histologisch untersucht. Von allen Geweben der Kontrollgruppe, den Tieren der Hochdosisgruppen in Gruppe B, C und D sowie den vermuteten Zielorgangeweben in den anderen Dosisgruppen wurde eine vollständige histopathologische Untersuchung durchgeführt.

Die in Gruppe A gefundenen D5-Gehalte in Leber, Fettgewebe und Blut wurden für die Validierung eines physiologisch basierten pharmakodynamischen Modells (PBPK) verwendet. In der höchsten Dosisgruppe wurde in beiden Geschlechtern ein erhöhtes Auftreten von Hyalin-Inklusionen im respiratorischen und Riechepithel der Nasenhöhle festgestellt. Dieser Befund wurde in der Studie als unspezifisch behandlungsbedingt bewertet. Genauer gesagt als kompensatorische Antwort auf den in der Studie gewählten Expositionspfad über die Lunge.

Nach 12-monatiger Exposition in Gruppe B wurden in den Tieren keine substanzbedingte adversen Effekte beobachtet.

In Gruppe C traten nach den 24 Monaten im Endometrium adenomatöse Polypen und Adenokarzinome auf. Die Inzidenz der Adenokarzinome im Endometrium der weiblichen Tiere der 0, 10, 40 und 160 ppm-Dosisgruppe betrug 1, 1, 0 und 2. In einer weiblichen Ratte der 160 ppm Dosisgruppe entwickelten sich im Endometrium adenomatöse Polypen. Werden beide Effekte zusammengefasst ergibt sich eine Inzidenz von 1, 1, 0 und 3 für die Weibchen der 0, 10, 40 und 160 ppm-Dosisgruppen. In keiner der weiblichen Tiere der Gruppe C wurden Adenome im Endometrium beobachtet. Die statistische Signifikanz der Ergebnisse wurde mit verschiedenen Testverfahren geprüft (Petos Test, Exakter Test nach Fisher, Poly-3 Test, Jonckheere-Terpstra Test) wobei sich kein signifikanter Trend bzw. kein signifikanter Unterschied im Verhältnis der Tumorhäufigkeit zwischen den Dosisgruppen abzeichnet (s. Tab. 2).

In Gruppe D wurde – analog zur Gruppe A - in der höchsten Dosisgruppe in beiden Geschlechtern ein erhöhtes Auftreten von Hyalin-Inklusionen im respiratorischen und Riechepithel der Nasenhöhle festgestellt. Der Befund wurde in der Studie ebenfalls als unspezifisch behandlungsbedingt bewertet. Die Inzidenz der Adenokarzinome im Endometrium der weiblichen Tiere der 0, 10, 40 und 160 ppm-Dosisgruppe betrug hier 0, 1, 0 und 5. Eine weibliche Ratte der 10 ppm-Dosisgruppe entwickelte im Endometrium Adenome, eine weibliche Ratte der 0 ppm und eine der 40 ppm-

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Tierexperimentelle Befunde 27

Dosisgruppe entwickelten adenomatöse Polypen. Die zusammengefasste Inzidenz beträgt somit 1, 2, 1 und 5 für die Weibchen der 0, 10, 40 und 160 ppm-Dosisgruppen.

In den Weibchen der Gruppe B, C und D gab es keinerlei Hinweise auf eine erhöhte Inzidenz bzw. einen zunehmenden Schweregrad an endometrialen Hyperplasien.

Endometriale Hyperplasien werden allgemein als wesentliche Vorläufer von Gebärmutteradenomen bzw. –karzinomen betrachtet. Die statistische Signifikanz der Ergebnisse für Gruppe D wurde wie bei Gruppe C mit einer Reihe verschiedener Testverfahren geprüft (Cochran-Armitage Test, Petos Test, Exakter Test nach Fisher, Poly-3 Test, Jonckheere-Terpstra Test). In allen Trendtests ergab sich ein signifikanter Trend, wenn die Adenokarzinome für sich ausgewertet wurden. Ebenso ergab sich ein signifikanter Unterschied im Verhältnis der Tumorhäufigkeit zwischen den Dosisgruppen im exakten Test nach Fisher wenn nur die Adenokarzinome gewertet wurden. Im Poly-3 Test wurde ein signifikanter Trend sowohl für die Adenokarzinome allein als auch für den Fall der Zusammenfassung aller beobachteten Neoplasien ermittelt (s. Tab. 2).

Tabelle 2: Prüfung der Signifikanz (p-Werte) der beobachteten Tumore der kombinierten inhalativen Studie zur chronischen Toxizität und Kanzerogenität (p-Werte <

0,05 sind fett dargestellt).

Trend Tests Exakter Test nach Fisher Gruppe Neoplasie Poly-3-

Test

Cochran- Armitage

Jonckheere -Terpstra

Peto-

Test Global Vergleich Kontrolle vs.

Dosisgruppen (ppm D5) 10 40 160 D Adenokarzinome 0,0008 0,0096 0,0098 0,013 0,0166 1 1 0,0573 Alle 0,0219 0,0946 0,0953 0,1314 0,3233

C Adenokarzinome 0,1754 0,6484 0,8227 0,8988 Alle 0,058 0,3047 0,4159 0,3867

Zusammenfassend zeigen die Ergebnisse der kombinierten inhalativen Studie zur chronischen Toxizität und Kanzerogenität als alleinigen adversen Effekt eine offensichtliche Zunahme an endometrialen Adenokarzinomen nach einer 24-monatigen Exposition gegenüber 160 ppm D5 [CES 2005].

7.11.2 Wirkmechanismus

Eine Vielzahl von Studien sind durchgeführt worden um den Wirkmechanismus aufzudecken, der zur Bildung dieser Tumore führt. Aufgrund der Ergebnisse der in Kapitel 7.10 referierten Untersuchungen, wonach sich keine Hinweise auf eine

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Tierexperimentelle Befunde 28

östrogene oder antiöstrogene Wirkung von D5 ergaben, kann ein direkter östrogener Effekt als Ursache der Adenokarzinome ausgeschlossen werden. Ein möglicher indirekter Wirkmechanismus von D5 bestünde für den Fall, dass D5 als Dopamin- Agonist wirken kann und dadurch eine Inhibierung der Prolaktin-Sekretion verursacht.

Um zu prüfen, ob D5 als Dopamin-Agonist wirkt und auf diese Weise die Prolaktin- Sekretion beeinflussen kann, wurden in vitro und in vivo Untersuchungen durchgeführt.

7.11.2.1 Untersuchungen zum Dopamin-Agonismus

In einer in vitro Screening-Studie wurde die Zellinie MMQ (CRL-10609) verwendet, die einem Hypophysentumor der Ratte entstammt. Diese Zelllinie sezerniert Prolaktin und expremiert funktionsfähige Dopamin D2-Rezeptoren. Zur Überprüfung, ob ein Stoff potentiell in der Lage ist als Dopamin D2-Rezeptor Agonist zu wirken, wird der Induktor Maitotoxin zugesetzt, der die Dopamin-Sekretion in den MMQ-Zellen Dopamin D2- Rezeptor Agonist-sensitiv erhöht. In der Studie inhibierte ein Zusatz von 10 µM D5 vor der Zugabe von 3 ng/ml Maitotoxin die Maitotoxin-induzierte Prolaktin-Sekretion vollständig, ohne die Lebensfähigkeit der Zellen zu beeinflussen. Ob dieser Effekt das Ergebnis einer Dopamin D2-Rezeptor Aktivierung war, wurde in dieser Studie nicht überprüft. Eine Untersuchung eines möglichen Dopamin D2-Rezeptor Antagonismus wurde nicht durchgeführt [Dow 2005c]. Die Studie diente als Sreening-Test für die nachfolgend beschriebene in vivo Untersuchung.

In einer Studie mit akuter nose-only-Exposition wurden mit Reserpin vorbehandelte weibliche Fischer 344 Ratten über 6 Stunden gegenüber 160 ppm D5 exponiert.

Reserpin leert die Dopamin-Speicher im Gehirn, was nach 24 Stunden zu einem Dopamin Mangel führt und die dopaminerge Inhibierung der Prolaktin-Sekretion aus der Hypophyse aufhebt. Als Ergebnis ist ein anhaltend erhöhter Prolaktin-Spiegel im Serum zu beobachten. Wird in diesem Zustand dem Tier ein Dopaminrezeptor-Agonist verabreicht (z.B. Bromocriptin) ist dies durch einen merklichen Abfall des Prolaktin- Spiegels zu erkennen. Am Ende der 6-stündigen Exposition gegenüber D5 wurde ein signifikantes Absenken des Prolaktinspiegels im Serum um 44% festgestellt (Mittelwert aus 2 Versuchen). In der zweiten Phase der Studie wurde 24 Stunden nach erfolgter Vorbehandlung mit Reserpin und 15 Minuten vor dem Beginn der 6stündigen Exposition gegenüber 160 ppm D5, den Tieren 6 mg/kg KG des Dopaminrezeptor-Antagonisten

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Tierexperimentelle Befunde 29

Sulpirid verabreicht. Als Resultat blockierte Sulpirid die Wirkung von D5 auf den Prolaktinspiegel [Dow 2005d].

Die Ergebnisse der in vitro und in vivo Studie zeigen, dass D5 auf die Hypophyse als Dopamin-D2-Rezeptor-Agonist wirkt.

7.11.2.2 Dopamin-Agonismus und Prolaktin als Wirkmechanismus

Um diesen Wirkmechanismus zu verstehen, muss der sich in alternden weiblichen F344-Ratten verändernde Hormonhaushalt berücksichtigt werden. Mit zunehmendem Alter einer gesunden weiblichen F344-Ratte nimmt die dopaminerge Inhibierung der Prolaktin-Sekretion aus der Hypophyse über die Neuronen des tuberoinfundibulären dopaminergen Systems (TIDA) ab, was einen erhöhten Prolaktinspiegel im Blut zur Folge hat [Demarest 1982; Demarest 1985; Reymond 1990]. Prolaktin hält die funktionelle Lebensdauer der Corpora lutea aufrecht und stimuliert die Progesteron- synthese [Reymond 1990; Neumann 1991]. Als Konsequenz tritt die alternde weibliche F344-Ratte in einen Zustand der Pseudogravidität ein in dem erhöhte Progesteronwerte aufrechterhalten werden [Demarest 1982; Peluso 1992]. In dieser Phase der Pseudogravidität bleiben die Corpora lutea bestehen und fahren fort Progesteron zu sezernieren anstatt sich, wie im normalen Zyklus, zurückzuentwickeln [Peluso 1992].

Eine solche Phase der Pseudogravidität dauert ca. 2 Wochen, wobei betroffene Tiere normalerweise diese Phase mehrfach durchlaufen [Demarest 1982; Peluso 1992].

Analog zur Gravidität ist die Pseudogravidität mit einem hohen Progesteron- sowie Prolaktinspiegel und einem niedrigen Östrogen-, LH-(=luteinisierendes Hormon) und FSH- (follikelstimulierendes Hormon) Spiegel verbunden [Demarest 1982; Neumann 1991; Smith 1975; Huang 1978; Huang 1976; Lu 1980]. Pseudograviditätsphasen und erhöhte Progesteronspiegel treten in F344-Ratten ab dem 12ten Lebensmonat auf [Nagaoka 1994]. Als Konsequenz der wiederholten Pseudogravidität sind die Effekte dieser erhöhten Progesteronspiegel das vorherrschende Signal für das Endometrium, was mit einer protektiven Wirkung gegen Gebärmutterkrebs in Zusammenhang gebracht wird. Die meisten der alternden weiblichen Ratten erreichen letztlich den Zustand des Anöstrus, der sich durch hohe Prolaktinspiegel, niedrige LH-Spiegel und verminderter Steroidsekretion des Ovar auszeichnet [Peluso 1992; Huang 1976; Cooper 1986].

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Tierexperimentelle Befunde 30

Dopamin-Agonisten wie Bromocriptin können in der Ratte die Prolaktinfreisetzung über Dopaminrezeptoren der Hypophyse hemmen, was Luteolyse und erneutes Follikelwachstum bewirkt und zu einer Östrogen-Dominanz führt [Alison 1990]. Diese Östrogen-Dominanz hat eine ständige Stimulierung des Endometriums zur Folge, die letzten Endes zu Tumoren im Endometrium führen kann. Praktisch alle Dopamin- Agonisten wie Bromocriptin führten in Studien an Ratten nach chronischer Exposition zu zystischer Endometrium-Hyperplasie und Uterus-Tumore [NDA 17-962]. Dieser kanzerogene Effekt konnte bisher in keiner anderen Spezies nachgewiesen werden [Burek 1988]. Klinische Studien an Frauen, die mit Bromocriptin behandelt wurden, ergaben keine Hinweise auf Veränderungen des FSH-, LH-, Östrogen- oder Progesteron-Spiegels oder histopathologische Veränderungen des Endometriums.

Wichtiger ist aber die Tatsache, dass es bei Frauen, die wegen Hyperprolaktinämie über Jahre mit Bromocriptin behandelt wurden, zu keiner Erhöhung des Krebsrisikos kommt.

Es konnte gezeigt werden, dass Prolaktin in Primaten und am Menschen nicht luteotrop wirkt [Neuman 1991; McDonald 1980]. Bei Frauen tritt die Seneszenz der Reproduktionsorgane erst relativ spät im Leben auf (mit ca. 54 Jahren) und ist das Ergebnis eines Nachlassens der Ovarialfunktion, die zur Menopause führt und somit keineswegs auf Alterungsprozesse im Hypothalamus zurückzuführen ist [Huang 1976].

Zum Zeitpunkt der Menopause ist die Anzahl der gonadotropinstimulierbaren Eifollikel weitestgehend erschöpft und die Östrogen- und Progestativa-Spiegel stark verringert, die Leistungsfähigkeit des Hypothalamus aber normal. Ferner nimmt die durch Ovarialöstrogene gesteuerte Prolaktin-Sekretion nach der Menopause ab. Bei Frauen ist die Phase der Postmenopause mit einer erhöhten LH- und FSH-Sekretion und verminderter Östrogen-, Progestativa- und Prolaktin-Sekretion verbunden.

Aufgrund dieser Unterschiede und den Ergebnissen der klinischen Studien an mit Bromocriptin behandelten Frauen, werden die kanzerogenen Effekte von Dopamin- Agonisten in weiblichen Ratten als Spezies-spezifische Effekte bewertet, die keine Relevanz für den Menschen besitzen [Burek 1988].

7.11.2.3 Wirkmechanismus – Fazit

Die krebserzeugende Wirkung, die aufgrund einer 2-jährigen Exposition hoher Dosen an D5 an weiblichen Ratten zu beobachten ist, hat Ihre Ursache in einem veränderten

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Hormonhaushalt der spezifisch nur in alternden weiblichen Fischer 344-Ratten auftritt.

Diese Veränderung im Hormonhaushalt ist normal in Nagetieren, hat aber keine Relevanz für den Menschen. Auf Basis dieser Ergebnisse kann für die kombinierte inhalative Studie zur chronischen Toxizität und Kanzerogenität geschlechtsunabhängig der NOEL mit 40 ppm, der NOAEL mit 160 ppm festgelegt werden.

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