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eutschlands Bevölkerung wird bis zum Jahr 2050 deutlich schrump- fen. Das ist das Ergebnis einer Studie zur Bevölkerungsentwicklung, die das Statistische Bundesamt im Augustheft von „Wirtschaft und Stati- stik“ veröffentlicht hat. Dabei wird der Anteil der älteren Generation an der Gesamtbevölkerung zunehmen.Stichtag der Berechnung ist der 31. Dezember 2001. Anders als bei den Daten für Deutschland insgesamt konn- ten bei den erst später durchgeführten Berechnungen für die einzelnen Länder die Daten für 2002 noch berücksichtigt werden. Hinsichtlich der Geburtenhäu- figkeit wurde ein anhaltend niedriges Niveau angenommen. Im Westen bedeu- tet das eine Geburtenziffer von 1,4 Kin- dern je Frau. Für die neuen Länder wird bis 2010 eine Angleichung von im Län- derschnitt derzeit 1,2 Kindern je Frau an die westdeutschen Raten erwartet.
Außerdem wurde (einer mittleren Pro- gnose entsprechend) eine gegenüber dem Basiszeitraum 1999 bis 2001 um sechs Jahre gestiegene Lebenserwartung unterstellt. Für Jungen ergibt das im Jahr 2050 einen Schnitt von 81,1 Jahren, für Mädchen ein Mittel von 86,6 Jahren. Für 60-Jährige wird eine fernere Lebenser- wartung von 23,7 Jahren (Männer) be- ziehungsweise 28,2 Jahren (Frauen) vor- ausgesagt.
Ost-West-Angleichung bis 2020
Unter den einzelnen Bundesländern besteht eine zum Teil erheblich abwei- chende Lebenserwartung:Am höchsten ist sie in Baden-Württemberg (männ- lich: 76,3 Jahre, weiblich: 81,9 Jahre), ge- folgt von Bayern und Hessen, während sie für die männliche Bevölkerung in Mecklenburg-Vorpommern (72,6 Jahre),
für die weibliche im Saarland und in Sachsen-Anhalt (80,1 Jahre) am nied- rigsten ist. Bis 2020 gehen die Statistiker von einer Angleichung in Ost und West durch eine schneller steigende Lebens- erwartung im Osten aus. Ab dem Jahr 2020 trete dann ein Gleichlauf ein.
Bereits ab 2010 prognostiziert die Stu- die eine „spürbarer werdende Schrump- fung und Alterung der Bevölkerung in Deutschland“. Migrationen von und nach Deutschland werden zu einer Ver- jüngung im Bevölkerungsschnitt führen.
Die Binnenwanderung (also Migratio- nen innerhalb des Bundesgebietes), die nur bis 2020 vorausberechnet werden kann, soll zu einer Ost-West-Migration von 0,9 Millionen Menschen führen.
Auf der Grundlage dieser Prämissen erwarten die Statistiker eine bis 2013 gleich bleibende Gesamtbevölkerungs- zahl von 82,5 Millionen. Danach kann die Zuwanderung die niedrigen Gebur- tenraten nicht mehr ausgleichen. Bis 2050 werde die Bevölkerung auf gut 75 Millionen Einwohner schrumpfen. In- nerhalb der Länder zeigen sich auch hier erhebliche Unterschiede: In den fünf neuen Ländern und im Saarland ist mit einem ständigen Bevölkerungs- rückgang zu rechnen. Bremen wird sei- ne Größe behalten; in Baden-Württem- ber, Bayern und Schleswig-Holstein wird die Einwohnerzahl bis 2020, in Ham- burg bis 2030, steigen, danach sinken.
In allen Ländern wird die Zahl der unter 20-Jährigen zurückgehen, die der ab 60-Jährigen steigen. 2050 werden in jedem Bundesland mindestens zwei 60-Jährige oder Ältere auf einen unter 20-Jährigen entfallen. Das Gewicht der mittleren Altersgruppe (20 bis 59 Jahre) wird zunächst zunehmen, dann aber in unterschiedlichem Maße abnehmen und 2050 mit 41 bis 50 Prozent (heute:
54 bis 59 Prozent) überall den niedrig- sten Stand erreichen.
Der Nutzen der Prognose liegt unter anderem in der Planung der Infra- struktur (Schulen, Krankenhäuser, Altersheime et cetera). Die Ergebnis- se der Studie werden sich gewiss stark auf den Gesundheitssektor aus- wirken. Wer allerdings 1900 eine Vor- hersage für das Jahr 1950 gewagt hätte, hätte dabei unmöglich zwei Weltkrie- ge und deren Folgen berücksichtigen können. Dr. iur. Daniel Gehrmann P O L I T I K
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A3002 Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 455. November 2004
Bevölkerungsentwicklung in Deutschland
Rückgang auf
75 Millionen Einwohner
Lebenserwartung und Geburtenhäufigkeit sind in den einzelnen Bundesländern sehr unterschiedlich.
Die höchste Geburtenhäufigkeit ist für Niedersachsen (1,44 Kinder je Frau) festzustellen, die geringste in den neuen Ländern sowie in Berlin (1,15 Kinder je Frau) und Hamburg (1,19 Kinder je Frau).
Grafik Zusammengefasste Geburtenziffer 2001
Summe der altersspezifischen Geburtenziffern je 1 000 Frauen
1 600 1 400 1 200 1 000 800 600 400 200
0 Nieder- sachsen
Nordrhein- Westfalen
Rheinland- Pfalz
Bayern Baden- Württemberg
Deutsch- land
Bremen Saarland Sachsen
Sachsen- Anhalt
Thüringen Hamburg
Branden- burg
Berlin Hessen Mecklenburg-
Vorpommern Schleswig-
Holstein
Quelle:Wirtschaft und Statistik 8/2004