Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen PERSONALIA
Ernst Derra 75 Jahre
Prof. Dr. med. Ernst Derra, emeri- tierter Ordinarius für Chirurgie an der Universität Düsseldorf, vollen- det am 6. März sein 75. Lebensjahr.
1901 in Passau geboren, studierte Derra Medizin in München, Heidel- berg und Wien. Angeregt durch En- derlen, v. Eiselsberg und Sauer- bruch, entdeckte der Medizinstu- dent schon früh seine Neigung zur Chirurgie. Der staatsexaminierte junge Arzt wandte sich aber zu- nächst der inneren Medizin zu, die ihm von seinem verehrten Lehrer Morawitz nähergebracht wurde.
Durch v. Redwitz in Bonn erfuhr er die Schulung, die ihm als außer- planmäßiger Professor zunächst zu der Position des chirurgischen Chefarztes des Marienhospitals Bonn-Venusberg verhalf und 'am 1. September 1946 zur Übernahme des Lehrstuhls für Chirurgie an der damaligen Medizinischen Akade- mie führte.
Seine vorzügliche Ausbildung, sein ehrgeiziger Wille zur überragenden Leistung, Ideenreichtum und Orga- nisationsfähigkeit, kombiniert mit einer kraftvollen Gesundheit, ge- statteten es ihm, in Düsseldorf nicht nur den Wiederaufbau der Leistungsfähigkeit einer durch den Krieg teilzerstörten Klinik zu be- treiben, sondern darüber hinaus Neuland moderner Thorax- und kardiovaskulärer Chirurgie zu be- treten.
Marksteine der Entwicklung waren die erste Unterbindung eines Duc- tus Botalli (3. Mai 1949), die Anle- gung der ersten Blalock-Taussig- Anastomose (4. Mai 1949) und die erste Resektion einer Aortenisth- musstenose (25. Januar 1950). „Of- fene", sichtkontrollierte Operatio- nen an dem unter den Bedingun- gen der Oberflächenhypothermie aus dem Kreislauf ausgeschalteten Herzen erfolgten bereits ab 1955 in großer Serie. Der Einsatz der ex- trakorporalen Zirkulation vervoll- ständigte schließlich 1959 die herz-
chirurgischen Möglichkeiten. — Der Einzug in eine heiß erkämpfte Neubauklinik vervielfachte 1958 die Möglichkeiten praktischer Wirk- samkeit. Mehr als elftausend Herz- operationen konnten bis zu Der- ras Emeritierung von ihm und sei- nen Mitarbeitern durchgeführt wer- den.
Wenn auch die Herzchirurgie den eigentlichen Kern seines Interes- ses beanspruchte, so wurden ne- ben der Pflege der Allgemeinchir-
Professor Dr. med. Ernst Derra, emeri- tierter Ordinarius für Chirurgie an der Universität Düsseldorf, vollendet am 6.
März sein 75. Lebensjahr Foto: privat
urgie weitere wesentliche Akzente in der übrigen Thoraxchirurgie ge- setzt. Erinnert sei an Derras erfolg- reich durchgefochtenen Kampf für die Resektionsbehandlung der Lungentuberkulose.
Neben seinen allzeit mit Freude wahrgenommenen Lehrverpflich- tungen, die in mitreißenden Haupt- vorlesungen ihren Höhepunkt fan- den, gab Derra in zahllosen Vorträ- gen und Publikationen seine Er- kenntnisse und Erfahrungen weiter.
Das von ihm herausgegebene
„Handbuch der Thoraxchirurgie"
zeigte als erstes Standardwerk ei- ner neuen Subspezialität durch sei-
nen zusammenfassenden Charak- ter bereits an, daß eine vernünftige Gliederung des Mutterfaches Chir- urgie und nicht die Aufteilung in le- bensunfähige, überspezialisierte Miniaturabteilungen sein Anliegen war. Auch die Fortentwicklung der Medizinischen Akademie Düssel- dorf war ihm Aufgabe. Während seines Rektoratsjahrs leitete er die entscheidenden Schritte zur Uni- versitätsgründung ein.
Ehrungen und Auszeichnungen wurden Ernst Derra in reichem Maße zuteil: Berufungen, Verlei- hung von Ehrendoktorhüten, Eh- renmitgliedschaften, Auszeichnun- gen als korrespondierendes Mit- glied ausländischer Fachgesell- schaften, Präsidien deutscher und ausländischer Gesellschaften und Kongresse und Ordensverleihun- gen füllen lange Listen. Als Aner- kennung seiner Leistung und der Arbeit der von ihm geförderten Mit- arbeiter durfte er ebenfalls die Be- rufung zahlreicher Schüler auf Lehrstühle und als Krankenhaus- chefärzte buchen.
Während der Jahrzehnte rastloser Tätigkeit in Klinik, Lehre und For- schung fand der Privatmann Ernst Derra regelmäßig Erholung in sei- ner bayrischen Heimat und beim Angelsport, begleitet von seiner liebevollen, die Lasten und Freu- den eines großen Mannes teilen- den Gattin. Seinem Sohn und sei- ner Tochter war sein Vorbild An- laß, den ärztlichen Beruf zu wäh- len.
Der Versuch einer kurzen Würdi- gung der bisherigen Leistung des heute meist auf seinem bayrischen Landsitz („Weihermühle", D-8092 Haag/Obbay.) lebenden Emeritus muß leider unvollständig bleiben.
Die große Schar der Derra-Schüler und Freunde bewundert die fortwir- kende Schaffenskraft in seiner wei- tergeführten wissenschaftlichen Autoren- und Herausgebertätigkeit.
Wir alle wünschen Ernst Derra aber auch freudvolle Muße für viele glückliche Jahre. W. Bircks
DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 10