DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
Aus Bund und Ländern
Fortbildung:
Gemeinsam neue Wege gehen!
DÜSSELDORF. Gemein- sam auf dem Gebiet der ärzt- lichen Fortbildung neue We- ge gehen — das ist das Fazit ei- ner Veranstaltung der Inter- nationalen Gesellschaft für Gesundheitsökonomie (Sitz:
Frankfurt) im Rahmen der Medica '89. Zwar sind die Ärzte zur Fortbildung grund- sätzlich selbst verpflichtet, aber ohne die Hilfe der Ärz- tekammern, der Akademien und der Fachgesellschaften, ohne die Förderung der phar- mazeutischen Industrie ist diese Fortbildungsverpflich- tung nicht praktikabel. Daß dabei nicht alles zum besten steht, verdeutlichten sowohl die Vertreter der Ärzteschaft als auch der Pharma-Indu- strie. So bemängelten die Vertreter der Industrie — der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Phar- mazeutischen Industrie (BPI), Prof. Dr. med. Hans Rüdiger Vogel, und der stell- vertretende BPI-Vorsitzende, Dr. med. Hubertus von Loe- per —, daß es trotz Verbands- kodex immer noch einige
„schwarze Schafe" gebe, die bei Fortbildungsveranstaltun- gen das touristische Rahmen- programm zum Hauptpro- gramm machten und dabei die gesamte Branche, aber auch die teilnehmenden Ärz- te ins Zwielicht brächten. Der Mißbrauch der Fortbildung als Wettbewerbsinstrument hätte — so der baden-würt- tembergische Ärztekammer- präsident Dr. med. Franz-Jo- sef Große-Ruyken, Freiburg
— den Deutschen Ärztetag da- zu veranlaßt, die Bundesärz- tekammer zu beauftragen, ei- ne Neuordnung der Fortbil- dung zu schaffen.
Einigkeit herrschte ande- rerseits darüber, daß die Arz- neimittelhersteller auch künf- tig als Fortbildungsveranstal- ter auftreten. Der Erste Vor- sitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Dr. med.
Ulrich Oesingmann, Dort- mund, forderte dazu aber Chancengleichheit bei Teil- nahmegebühren und Honora- ren zwischen von der Ärzte- schaft und von der Industrie veranstalteter Fortbildung.
Dr. Hubertus von Loeper be- zeichnete die Fortbildung der Zukunft auch als „Fachinfor- mation ohne Schnörkel". Die besondere Rolle der örtlichen Ärztevereine bei der Verbrei- tung der Fortbildungsinhalte und die Notwendigkeit neu- traler Referate hob Kammer- präsident Große-Ruyken her- vor.
Angesichts der wirtschaft- lichen Auswirkungen der Ge- sundheitsreform auf die Pharmaindustrie denke auch der BPI — so Hauptgeschäfts- führer Vogel — über die Neu- gestaltung dieser Veranstal- tungen nach. Er könne sich, vorstellen, daß eine gute Lei- stung auch ihr Entgelt haben muß; deshalb erwäge sein Verband die Gründung einer Service GmbH, die unter an- derem solche Programme für Ärzte erarbeiten soll. HGS
Unfallchirurgen wollen mehr Abteilungen
ESSEN. Die Deutsche Gesellschaft für Unfallheil- kunde e. V. hält die Förde- rung der Aus-, Weiter- und Fortbildung in der Unfallchir- urgie für eine der bedeutsam- sten aktuellen gesundheits- politischen Aufgaben. Auf ihrer diesjährigen Jahresta- gung forderten ihre Mitglie- der deshalb:
• das chirurgische Spe- zialgebiet „Arzt für Unfall- chirurgie" im Rahmen ei- ner mindestens sechsjährigen Weiterbildung auszubauen,
• selbständige Abteilun- gen für Unfallchirurgie auch an Krankenhäusern der Schwerpunkt- und Regelver- sorgung einzurichten,
• im Rahmen der Kran- kenhaus-Bedarfsplanung der Länder auch in schwach strukturierten Gebieten der Bundesrepublik Deutschland unfallchirurgische Abteilun- gen zu schaffen. WZ
Medizinische Hilfe für DDR-Bürger
KÖLN. Angesichts der neuen Reisemöglichkeiten für Bürger der DDR und Ost- Berlin in die Bundesrepublik Deutschland hat die Bundes- ärztekammer darauf hinge- wiesen, daß die Grundlagen für eine medizinische Hilfe- leistung seit Jahren geregelt sind. 1974 schlossen die Bun- desrepublik und die DDR ein Abkommen, wonach Einrei- senden aus der DDR und Ost-Berlin während ihres Aufenthaltes in der Bundes- republik und West-Berlin im Krankheitsfall kostenfreie ambulante oder stationäre medizinische Hilfe gewährt wird.
Für die Abrechnung der medizinischen Hilfe gibt es spezielle Berechtigungsschei- ne. Sie werden von der jewei- ligen Gemeinde ausgegeben.
Nähere Auskunft erteilen die örtlichen Verwaltungen oder die Kassenärztliche Vereini- gung. Der behandelnde Arzt, Zahnarzt oder das Kranken- haus machen ihren Anspruch auf Entgelt auch bei der Stel- le geltend, die den Schein ausgestellt hat. Weitere Ein- zelheiten enthalten die Be- rechtigungsscheine. EBV
Bundesrechnungshof:
BMA prüft zu lax
BONN. Der Bundesrech- nungshof hat in seinen jüng- sten Bemerkungen kritisiert, daß der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung die Spitzenverbände der Kran- kenkassen seit Jahren keiner regelmäßigen Aufsichtsprü- fung mehr unterzogen hat.
Die Kassenärztlichen Bun- desvereinigungen seien seit zwölf Jahren nicht mehr ge- prüft worden, die Verbände der Ersatzkassen sogar 26 Jahre lang nicht mehr. Das müßte in Zukunft anders wer- den. Denn nach den Vor- schriften des Gesundheits- Reformgesetzes hat der Bun- desarbeitsminister von 1990 an neben den Aufsichtsprü-
fungen mindestens alle fünf Jahre noch die Geschäfts-, Rechnungs- und Betriebsfüh- rung der Spitzenverbände zu kontrollieren. Der Bundes- rechnungshof befürchtet je- doch, daß daraus nichts wird.
Die bisherige Praxis ist näm- lich vom Ministerium mit feh- lenden organisatorischen und personellen Voraussetzungen begründet worden. EB
Blüm hofft:
Kassen entlastet
BONN. Die Ausgaben der gesetzlichen Krankenversi- cherung sind in den ersten neun Monaten dieses Jahres um insgesamt 3 Prozent ge- sunken, erklärte Bundesar- beitsminister Norbert Blüm auf einer Pressekonferenz in Bonn. Der Minister rechnet hierbei vor allem mit folgen- den Minderausgaben in den ersten drei Quartalen 1989 im Vergleich zum Vorjahreszeit- raum: Zahnersatz 33 Prozent, Brillen 40 Prozent, Hörgeräte 10 Prozent, Sterbegeld 38 Prozent und ambulante Ba- dekuren 56,7 Prozent.
Lediglich die Ausgaben für die ambulante ärztliche Behandlung sowie die statio- näre Behandlung seien um 3,1 bzw. 2,8 Prozent gestiegen bei gleichzeitiger Grundlohn- steigerung von 3,6 Prozent.
Diese Entwicklung werde dazu führen, daß etwa 50 Orts- krankenkassen ihre Beiträge um 0,2 bis 0,5 Prozent-Punkte senken würden, meinte Blüm.
Bei den Betriebskrankenkas- sen werde es die deutlichsten Absenkungen um bis zu 1,1 Prozent-Punkte geben. Klei- nere Ersatzkassen hätten ebenfalls schon Beitragssen- kungen durchgeführt. Die grö- ßeren, wie die Barmer Ersatz- kasse und die DAK, würden im Jahr 1990 nachziehen. Auch bei den Innungskrankenkas- sen seien Beitragssenkungen zu beobachten.
Für das Bundesarbeitsmi- nisterium bedeuten diese Er- gebnisse, daß die Gesund- heitsreform greife, und zwar schneller, als dies erwartet worden sei. Gräf A-3768 (20) Dt. Ärztebl. 86, Heft 49, 7. Dezember 1989