Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen
BRIEFE AN DIE REDAKTION
STERBEN
Ein Brief aus einem Altersheim:
Appell
Es ist üblich geworden, das Leben auch der hochbetagten Menschen um jeden Preis zu erhalten. Die Me- dizin hat ungeheure, besonders auch technische Fortschritte ge- macht und kann mit Methoden, die oft unmenschlich sind, das Leben künstlich verlängern. Wie aber dies Leben aussieht, danach wird nicht gefragt. Oft ist es nur noch ein Da- hinvegetieren. ... Sehr entschei- dend ist es, daß der alte Mensch seine grundsätzliche Ablehnung je- der künstlichen Lebensverlänge- rung schon in gesunden Tagen bei klarem Bewußtsein abgibt. Der Arzt kann und darf sich nicht darauf ver- lassen, was etwa Angehörige sagen, oder was der Patient unter dem Ein- fluß starker Schmerzen von ihm for- dert. Auf der Therapiewoche 1976 in Karlsruhe hat der Präsident Prof.
Bock dringend geraten, jeder, der gegen künstliche Lebensverlänge- rung sei, möge seine Willenserklä- rung rechtzeitig festlegen. . Ich rufe alle alten Menschen auf, in ihrer Verwandtschaft und Bekanntschaft dafür zu werben, daß wir alten Men- schen von den Ärzten fordern, uns in Würde sterben zu lassen, wenn un- sere Zeit erfüllt ist.
Sophie Martens Wetzel-Stift 7400 Tübingen
RAUCHEN
Eine Anregung:
Kinder-Kreuzzug
Die schwangeren Frauen wissen von ihren Ärzten von den Gefahren des Nikotins für ihre Kinder, meistens können sie aber nicht mit dem Rau- chen aufhören: eine Sucht, wie be- kannt, bringt man nicht so leicht weg. Das wichtigste wäre, einen
„Kreuzzug" gegen das Rauchen der Kinder und Jugendlichen zu starten,
in großem Ausmaß. Denn da liegt das Grundübel für das spätere Le- ben. Und vor allem, als Erwachsener konsequent mit einem guten Bei- spiel vorangehen! Ich kenne ein zwölfjähriges Mädchen, das 20 Ziga- retten täglich raucht; sie hat ein gu- tes Vorbild: ihr Vater raucht 40 bis 60 Zigaretten täglich.
Vielleicht finden sich Kollegen, die sich in so einer Aktion gegen das Rauchen der Kinder und Jugendli- chen, engagieren?
Dr. med. Marie Maskonä Rosenheimer Straße 8 8204 Brannenburg
ZELLTHERAPIE
In Heft 7/1978 („Zelltherapie bleibt nach wie vor umstritten") wurde u. a. von ei- nem Bundestags-Hearing berichtet, bei dem die Zelltherapie „unter bestimmten Bedingungen auch als gefährlich einge- stuft" wurde. Außerdem habe Staatsse- kretär Zander vom Bundesfamilienmini- sterium zu bedenken gegeben, ob die Zulässigkeit „der Therapie" standes- rechtlich geprüft werden müsse. Soweit diese Meldung in Kurzform.
Nicht gefährlicher als manches andere
Über die Methode von Prof. Niehans kann man verschiedener Meinung sein, aber gefährlicher als manche
„schulmedizinische" Behandlungen ist sie sicher nicht . . . Eigene Erfah- rungen darüber besitze ich nicht, bin also nicht Partei. Dagegen habe ich jahrelang, bis heute, mit „Regne- resen" nach Prof. Dr. H. Dyckerhoff gearbeitet und nie einen Zwischen- fall erlebt. Ob diese Kur Psychothe- rapie ist oder nicht, sei dahinge- stellt. De facto waren die Patienten damit zufrieden. Obgleich selbst im- mer Allopath, verurteile ich Verun- glimpfungen von „Außenseiter-Me- thoden". Das „nil nocet" und even- tuelle Erfolge sollte man sorgfältig und unvoreingenommen prüfen.
Principiis obsta!
Dr. med. Georg Lüth Schwarzpappelweg 11 2000 Hamburg 65
Unlogisch
Bei der Anhörung durch den Deut- schen Bundestag am Mittwoch, dem 7. Dezember 1977, handelte es sich gemäß Schreiben vom 17. Oktober 1977 um folgendes: „Der Petitions- ausschuß des Deutschen Bundesta- ges hat in seiner 17. Sitzung am 28.
September 1977 beschlossen, sich durch eine Anhörung über die An- wendung der Zelltherapie beim Down-Syndrom zu unterrichten. An- laß dazu ist eine Beschwerde über die unterschiedliche Praxis der Ko- stenerstattung dieser Therapie durch die gesetzlichen Krankenkas- sen."
Bei dieser Anhörung von Fachleuten hoben die Vertreter der Wissen- schaftlichen Fachgesellschaften, nämlich der Deutschen Gesellschaft für Zelltherapie und der Internatio- nalen Forschungsgesellschaft für Zelltherapie (Professoren mit inter- nationalem Ruf und höchsten ärztli- chen Auszeichnungen) die hervorra- gende Wirkung der Zelltherapie beim Down-Syndrom als außeror- dentlich wirksam heraus. Dies wur- de unterstrichen durch die Ausfüh- rungen des einzigen Experten auf diesem Gebiet, Prof. Dr. Schmid, Aschaffenburg.
Gegenteiliger Ansicht waren die Vertreter des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesärztekammer und der Deutschen Gesellschaft für Kinderheilkunde, deren Ausführun- gen sich aber mehr mit der Zellthe- rapie im allgemeinen und weniger mit dem Down-Syndrom beschäftig- ten, obwohl dieses allein zur Diskus- sion stand.
Die in Ihrem Artikel erwähnte Ein- schätzung, daß die Zelltherapie nicht nur als unwirksam, sondern als gefährlich eingestuft werden müsse, scheint mir unlogisch: Wenn die Zelltherapie unwirksam ist, dann kann sie nicht gefährlich sein, eben weil sie keine Wirkung hat. Ist sie aber gefährlich, dann hat sie auch eine Wirkung.
Dr. med. Franz Märzheuser Von-der-Mark-Straße 77 4100 Duisburg 12
DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 26 vom 29. Juni 1978 1567