• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Adjuvant topisch antientzündlich behandeln" (14.10.2011)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Adjuvant topisch antientzündlich behandeln" (14.10.2011)"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

694 Deutsches Ärzteblatt

|

Jg. 108

|

Heft 41

|

14. Oktober 2011

M E D I Z I N

DISKUSSION

Lichen sclerosus bei Frauen

Mit großem Interesse habe ich diesen interessanten Bei- trag gelesen, der ein weitgehend unbekanntes Krankheits- bild ins Bewusstsein bringt.

Der Lichen sclerosus wird von vielen immer noch als seltene Erkrankung angesehen, die vor allem ältere Frauen betrifft, da lange Zeit nur das Spätstadium erkannt wurde.

Inzwischen vermuten wir, dass bis zu 1 % aller Frauen be- troffen ist. Er tritt häufig schon bei kleinen Mädchen und jungen Frauen auf. Viele haben bei der Diagnosestellung reichlich nutzlose Diagnostik und Therapien (Antiinfekti- va) hinter sich. Meine jüngste Patientin war drei Jahre alt.

Bei Frauen, vielleicht auch bei Männern, sind die frühe Diagnose und Therapie für den Verlauf ganz entscheidend, da mit einer geeigneten Therapie die Spätfolgen wie un- stillbarer Juckreiz, Atrophie, Synechie und Entartung weitgehend vermieden werden können. Eine Histologie ist zur Diagnose nicht immer notwendig. Genaues Hinse- hen, am besten mit dem Kolposkop, und Erfahrung rei- chen meist aus. Die Symptome chronischer Juckreiz, dis- krete Weißfärbung und Hautbeschädigungen (wie etwa Einblutungen und Rhagaden als Folgen des ständigen Kratzens) sowie ein Pilzausschluss erleichtern die klini- sche Diagnose.

Die Kortikosteroidsalbenbehandlung ist heute Standard bei Frauen und bringt die besten Erfolge in frühen Stadien.

Genauso wichtig ist jedoch die Fettpflege der Haut. Durch die Sklerosierung verliert sie ihre Elastizität und es kommt leichter zu Beschädigungen und damit Eintrittspforten für Mikroorganismen in diesem hochbesiedelten Bereich.

Durch eine konsequente Fettpflege wird die Haut ent- lastet, was Enzündungsreaktionen und Epithelbeschädi- gungen vermindert, zudem lässt sich Kortikosteroid damit auch einsparen. Leider ist dies für den Anogenitalbereich noch zu wenig bekannt.

DOI: 10.3238/arztebl.2011.0694a

LITERATUR

1. Petersen EE: Farbatlas der Vulvaerkrankungen. Freiburg: Kaymogyn GmbH 2004.

2. Becker K: Lichen sclerosus in boys. Dtsch Arztebl Int 2011; 108(4):

53–8.

Prof. Dr. med. Eiko E. Petersen Freiburg, eiko.petersen@web.de

Interessenkonflikt

Prof. Petersen hat Honorare für Vorträge oder Fortbildungsveranstaltungen erhalten von den Firmen Bayer, Taurusm, Essex Pharma, Kaymogyn GmbH und Grünenthal.

Dermatologen hinzuziehen

Aus der Sicht des Dermatologen, der üblicherweise die Diagnostik und Therapie des Lichen sclerosus (LS) durchführt, ist anzumerken, dass der genitale LS im Er- wachsenenalter häufiger als bei Kindern auftritt, der noch seltenere extragenitale LS vorwiegend bei älteren Frauen.

Bei bereits nicht mehr reponibler Phimose ist es für ei- ne konservative Behandlung zu spät, in den übrigen Fällen ist diese jedoch erfolgversprechend. Hochpotente Steroide sollten wegen Atrophisierung und höherer Resorption im Genitalbereich wenn überhaupt nur kurzfristig (maximal eine Woche) appliziert werden, dann sollte auf Methyl- prednisolonaceponat, Mometason, Hydrocortison oder to- pische Calcineurininhibitoren umgestellt werden. Bei hy- pertrophen Formen des LS wären auch Tretinoin-haltige Externa und Imiquimod zu nennen. Bei sklerotischer Verhärtung mit möglicher Funktionseinschränkung an Präputium, Frenulum, Glans und perimeatal kann mittels Kryotherapie, am besten im Sprühverfahren, eine schnelle Verbesserung der Situation erreicht und eine operative Behandlung in den meisten Fällen vermieden werden.

Im Resümee empfiehlt der Autor, verdächtige Hautver- änderungen bei einem Kinderchirurgen oder Urologen vorzustellen und vergisst dabei, den eigentlich mit der Be- handlung des LS vertrauten Dermatologen zu erwähnen, der durch entsprechende Lokaltherapie eine operative Be- handlung häufig vermeiden kann. Bei LS ist eine vollstän- dige Circumcision eben nicht immer die Therapie der Wahl, weil später oder auch gleichzeitig eine Beteiligung von Glans, Meatus und Frenulum vorhanden sein kann, die durch die Circumcision weder beseitigt noch erfah- rungsgemäß für die Zukunft verhindert wird.

DOI: 10.3238/arztebl.2011.0694b

LITERATUR

1. Becker K: Lichen sclerosus in boys. Dtsch Arztebl Int 2011; 108(4):

53–8.

Nicole Kemmler

Dermatologische Abteilung des Landeskrankenhauses Feldkirch, Österreich; nicole.kemmler@lkbf.at

Interessenkonflikt

Die Autorin erklärt, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Adjuvant topisch antientzündlich behandeln Der umfassende Beitrag „Lichen sclerosus bei Jungen“

trägt dazu bei, dass der Lichen sclerosus (LS) auch im Kindesalter in seiner Bedeutung adäquat wahrgenommen wird. Der Autor berichtet retrospektiv über sein enormes Patientenkollektiv; eine viermonatige Nachbeobachtungs- zeit reicht jedoch für das Erfassen möglicher Komplika- tionen in keinem Fall aus. Zudem suggerieren die Kern- aussagen, ein LS sei durch radikale Circumcision heilbar.

Prospektive Daten widerlegten diese These bereits 1994, da ein Drittel der in 70 % beobachteten glandulären liche- zu dem Beitrag

Lichen sclerosus bei Jungen

von Dr. med. Karl Becker in Heft 4/2011

(2)

Deutsches Ärzteblatt

|

Jg. 108

|

Heft 41

|

14. Oktober 2011 695

M E D I Z I N

noiden Läsionen ohne Nachbehandlung nach fünf Jahren persistierten (1).

In unserem kinderurologischen Patientenkollektiv fan- den wir bei LS-Patienten in 45 % nach abgeheilter Cir- cumcision einen Glans und/oder Meatusbefall (2). Die British Association of Dermatologists hält zudem eine ad- juvante topische antientzündliche Therapie nach histologi- scher Sicherung des LS für notwendig (3). Zu erwartende postoperative Komplikationen – in der vorliegenden Ar- beit waren dies operationsbedürftige Meatusstenosen in 10,7 % sowie erneute Vorhautengen bei Teilbeschneidung in 50 % – rechtfertigen eine adjuvante und therapeutische Applikation antientzündlicher Substanzen wie Cortison oder Tacrolimus auch im Kindesalter schon deshalb, weil die kleinen Patienten eine erneute Operation mit Narkose über sich ergehen lassen müssten. Wir haben unsere pro- spektiven Daten zum adjuvanten Konzept mit einem Ta- crolimus-Präparat in einer Nachbeobachtungszeit von > 1 Jahr publiziert (2) und mussten im Langzeitverlauf nach nunmehr median 2,8 Jahren keinen einzigen Sekundärein- griff bei topisch nachbehandeltem LS durchführen.

Abschließend muss leider bemerkt werden, dass ein

„buried penis“ niemals – ob mit oder ohne histologisch nachgewiesenem LS – durch eine einfache Circumcision behandelt werden darf, da dieses Vorgehen der Komplexi- tät des Falles in keiner Weise gerecht wird.

DOI: 10.3238/arztebl.2011.0694c LITERATUR

1. Meuli M, Birner J, Hanimann B, Sacher P: Lichen sclerosus et atro- phicus causing phimosis in boys: a prospective study with 5-year fol- low-up after complete circumcision. J Urol 1994; 152: 987–9.

2. Ebert AK, Rösch WH, Vogt T: Safety and tolerability of adjuvant topical tacrolimus treatment in boys with lichen sclerosus: a prospective phase 2 study. Eur Urol 2008; 54: 932–7.

3. Neill SM, Tatnall FM, Cox NH: Guidelines for the management of li- chen sclerosus. Br J Dermatol 2002; 147: 640–9.

4. Becker K: Lichen sclerosus in boys. Dtsch Arztebl Int 2011; 108(4):

53–8.

PD Dr. med. Anne-Karoline Ebert

Klinik für Kinderurologie in Kooperation mit dem Lehrstuhl für Urologie der Universität Regensburg in der Klinik St. Hedwig, Regensburg anne-karoline.ebert@barmherzige-regensburg.de

Interessenkonflikt

Die Autorin erklärt, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Schlusswort

Die bei Frauen von Herrn Petersen vermutete Prävalenz von 1 % verdeutlicht die Bedeutung der Erkrankung. Sei- nen Ergänzungen aus Sicht des Gynäkologen ist nichts hinzuzufügen. Bei allen Patienten vergrößert die frühzeiti- ge Diagnose den therapeutischen Spielraum und verbes- sert die Prognose.

Die Behandlung des LS beim Jungen liegt in aller Re- gel beim Kinderchirurgen oder beim Kinderurologen, da als Leitsymptom die Phimose den Überweisungsgrund darstellt und nicht die zum Dermatologen führende Haut- erkrankung. Es wurde versucht darzustellen, dass der sich hinter der Phimose verbergende genitale LS im Kindesal-

ter deutlich öfter vorkommt als vermutet wird. Es gibt kei- ne verlässlichen Belege darüber, ob er im Jungen- oder im Mannesalter häufiger ist.

Frau Kemmler relativiert die Empfehlung der Operati- on auf die Fälle mit nicht reponibler Phimose. Unter unse- ren untersuchten 225 Fällen war nur ein Junge, dessen li- chenoide Veränderungen noch nicht zu einer irreponiblen Phimose geführt hatten. Es handelte sich um einen der wenigen Fälle, die wir erfolgreich konservativ ausheilen konnten.

Die Frage, ob die Circumcision bei Jungen mit LS ku- rativ ist, wird schon lange diskutiert. Sie ist vermutlich ab- hängig von Dauer und Dynamik des Prozesses vor Thera- piebeginn. Frau Ebert führt hierzu die Arbeit von Meuli an, der jedoch nur zehn Lichenfälle beobachtet hat (1).

Die Autoren mit größeren Kollektiven führen wesentlich höhere Heilungsraten an. So fand Kiss unter 471 circum- cidierten LS Patienten 231 mit glandulären Läsionen, von denen lediglich zwei nicht spontan ausheilten (2). Auch bei Depasquale heilten 276 (92 %) von 287 glandulären Beteiligungen allein durch die Circumcision (3).

Unsere Erfahrungen entsprechen demnach denen von Kiss und Depasquale und zeigen, dass bei akurater Diag- nostik und frühzeitiger Therapie die Läsionen nur in weni- gen Fällen persistieren. Diese behandeln wir, ähnlich wie die Regensburger Kollegen, mit einer Kombination aus hochpotentem Corticoid und Calcineurininhibitor topisch nach. Eine generelle topische Nachbehandlung halten wir aufgrund unserer Daten für nicht indiziert und teilen auch in diesem Punkt nicht die Auffassung von Neill und Kol- legen (4). Darauf, dass für die Selektion der protrahierten Fälle – neben der genannten Frühkontrolle der operierten Jungen nach vier Monaten – Langzeitbeobachtungen er- forderlich sind, wurde ausdrücklich hingewiesen.

Der „buried penis“ stellt eine komplexe Problematik dar, die eine hoch individuelle und weniger eine apodikti- sche Therapieplanung erfordert. Das Langzeitergebnis bei unserem Patienten ist in jeder Hinsicht erfreulich.

Zusammengefasst ist einmal mehr Handlungsbedarf für die Erstellung einer interdisziplinären deutschen Leit- linie zum Lichen sclerosus festzustellen.

DOI: 10.3238/arztebl.2011.0695 LITERATUR

1. Meuli M, Briner J, Hanimann B, et al.: LSA causing phimosis in boys:

a prosp study with 5-year follow up after complete circum cision. J Urol 1994; 152: 987–9.

2. Kiss A, Király L, Kutasy B, Merksz M: High incidence of balanitis xe- rotica obliterans in boys with phimosis: prospective 10-year study.

Ped Dermatol 2005; 22: 305–8.

3. Depasquale I, Park AJ, Bracka A: The treatment of balanitis xerotica obliterans. BJU int 2000; 86: 459–65.

4. Neill SM, Tatnall FM, Cox NH: Guidelines for the management of li- chen sclerosus. Br J Dermatol 2002; 147: 640–49.

5. Becker K: Lichen sclerosus in boys. Dtsch Arztebl Int 2011; 108(4):

53–8.

Dr. med. Karl Becker Kinderchirurgische Praxis, Bonn drkarlbecker@aol.com

Interessenkonflikt

Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Je nach Größe und Form des Aneurysmas wird dann eine speziell ausgewählte Platinspirale durch den Mikrokatheter in das Aneurysma vor- geschoben.. Bahnbrechend an diesem GDC-System

Vilmar hofft, daß sich die Ärzte beispielswei- se durch eine weitere und schnellere Verbreitung von Therapieempfehlun- gen von Fachgremien wie der Arznei- mittelkommission

Die Wissenschaftler sind sich jedoch einig, daß das daraus resultierende Risiko geringer einzu- stufen ist als der Nutzen, den Patientinnen aus der Therapie mit diesem

Entgegen der Erwar- tung, daß eine weniger toxi- sche Chemotherapie das Wohlbefinden auch weniger beeinträchtigt, zeigten die Studienergebnisse, daß sich eine intensive

Mit anderen Buchstaben oder mit Verfas- sernamen gezeichnete Veröffentlichungen geben in erster Linie die Auffassung der Autoren und nicht in jedem Fall die Meinung der

Nachdem wir diese Verfahren be- reits seit 1970 in Zusammenarbeit mit der ersten „pain-clinic" der Bun- desrepublik Deutschland, die von Herrn Professor Rudolf Frey in

Die S3-Leitlinie (1) nennt für das lokal begrenzte Prostatakarzinom vier mögliche Behandlungsarten, über die die Patienten aufgeklärt wer- den sollen: radikale Prostatektomie,

Wegen seiner be - sonderen Galenik und seiner anti - entzündlichen, nicht aber antimi- krobiellen Wirkung hat es sich inzwischen als erste Wahl bei der systemischen Therapie