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Rohmilchausgabeautomaten für die Milch-ab-Hof-Abgabe

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18. Jahrestagung, 09.– 11. Oktober 2017, LWK NRW Haus Riswick

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Rohmilchausgabeautomaten für die Milch-ab-Hof-Abgabe

Dr. Friederike Reinecke

Regierungspräsidium Gießen, Dezernat 51.2

E-Mail-Kontakt: (friederike.reinecke@rpgi.hessen.de)

Die Direktvermarktung von Milch über Rohmilchausgabeautomaten in Selbstbedienung er- freut sich wachsender Beliebtheit. Landwirte sehen in dieser Form der Milch-ab-Hof Abgabe zuallererst eine Chance, niedrigen Milchpreisen durch Optimierung des Deckungsbeitrags entgegenzuwirken. Dabei ist die Möglichkeit zur Abgabe von Rohmilch ab Hof nicht neu, jedoch scheint es gerade das Prinzip des Verkaufsautomaten zu sein, von dem sich Produzent und Konsument gleichermaßen angesprochen fühlen.

Rechtliche Voraussetzungen – Lebensmittelrecht:

Als Milchproduzent unterliegt der Landwirt den Regelungsinhalten der Verordnungen (EG) Nr. 852/2004 und 853/2004, deren zentrale Aspekte der Schutz des Lebensmittels vor Konta- mination und die Hygiene bei der Produktion sind. Vorschriften zum Melken, zur Personal- hygiene, zur Lagerung der Milch etc. sind explizit in der Verordnung (EG) Nr. 853/2004 An- hang III Abschnitt IX aufgeführt.

Spezielle Angaben zur Abgabe von Rohmilch vom Milcherzeugerbetrieb finden sich in der

„Verordnung über Anforderungen an die Hygiene beim Herstellen, Behandeln und Inverkehr- bringen von bestimmten Lebensmitteln tierischen Ursprungs (Tierische Lebensmittel Hygie- neverordnung - Tier-LMHV)“. Demnach ist es verboten, Rohmilch oder Rohrahm an den Verbraucher abzugeben. Ausnahmen wären die Abgabe als „Vorzugsmilch“ oder aber eine Abgabe der Rohmilch unmittelbar an Verbraucher unter Einhaltung folgender Kriterien.

Rohmilch oder Rohrahm darf ab Hof an den Verbraucher abgegeben werden (Tier-LMHV, § 17 (4) – Milch-ab-Hof-Abgabe), wenn 1. die Abgabe im Milcherzeugungsbetrieb erfolgt, 2.

die Rohmilch im eigenen Betrieb gewonnen und behandelt worden ist, 3. die Rohmilch am Tag der Abgabe oder am Tag zuvor gewonnen worden ist, 4. an der Abgabestelle gut sichtbar und lesbar der Hinweis "Rohmilch, vor dem Verzehr abkochen" angebracht ist und 5. die Ab- gabe von Rohmilch zuvor der zuständigen Behörde angezeigt worden ist. Der Begriff der Rohmilch findet sich in der VO (EG) 853/2004: Anhang 1, Begriffsbestimmungen: "Roh- milch" das unveränderte Gemelk von Nutztieren, das nicht über 40 °C erhitzt und keiner Be- handlung mit ähnlicher Wirkung unterzogen wurde.

Anforderungen an die Beschaffenheit der Oberflächen, die Lagerungs-, Transport- und Perso- nalhygiene sind in der Anlage 2 der Lebensmittelhygieneverordnung –LMHV) geregelt.

Ferner ist zu beachten, dass jeder, der Milch produziert/und oder an Kunden abgibt, nach dem Infektionsschutzgesetz an einer Belehrung teilnehmen muss, die vom Gesundheitsamt durch- geführt wird. Diesbezügliche Folgebelehrungen sind nachzuweisen.

Vor „Inbetriebnahme“

Die Inbetriebnahme eines Rohmilchausgabeautomaten ist sorgfältig zu planen, wobei an ers- ter Stelle eine Wirtschaftlichkeitsberechnung und eine Marktanalyse stehen sollten. Ergibt

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41 diese Vorarbeit ein klares „ja“ zur Aufstellung des Automaten, sollten folgende Maßnahmen ergriffen werden:

zuständige Behörde (Veterinäramt): Anzeige der „Milch-ab-Hof-Abgabe“ und ex- plizite Abklärung der Hygieneanforderungen mit der örtlichen Überwachungsbehörde

Bauamt: Ein Automat kann in einem Anbau, einem freistehenden oder in einem be- reits bestehenden Gebäude untergebracht werden. In jedem Fall muss abgeklärt wer- den, ob die Baumaßnahme genehmigungspflichtig oder genehmigungsfrei ist. Auch an die Verlegung von Wasser- und/oder Stromanschluss muss gedacht werden.

Straßenverkehrsamt/Straßenverkehrsbehörde: Die Aufstellung des Automaten, Parkmöglichkeiten für Kunden aber auch das Aufstellen von Hinweisschildern, dürfen den Straßenverkehr nicht beeinträchtigen.

Molkerei: Landwirte, die an eine Molkerei oder Erzeugergemeinschaft liefern, müs- sen beachten, dass dies durch spezielle Regelungen in der Liefervereinbarung ihrer Molkerei untersagt sein kann. [Stichwort “Andienungspflicht“]

Berufsgenossenschaft und Versicherungen: Der Automat, das Häuschen usw. sind im Rahmen der Betriebshaftpflicht zu berücksichtigen und sollten bezüglich Feuer, Sturm etc. abgesichert werden. Desweiteren werden spezielle Automaten-

Versicherungen beispielsweise gegen Diebstahl, Einbruch, Vandalismus etc. angebo- ten.

Deutsches Patent- und Markenamt (DPMA): Die Namen „Milchtankstelle“ und

„Milchzapfstelle“ sind beim DPMA geschützt und dürfen nur mit Einverständnis der Markeninhaber verwendet werden. Wortmarkenrecherche z. B. unter

https://register.dpma.de/DPMAregister/marke/einsteiger

Eichamt: Milchtankstellen sind seit 2007 Teil der EU-Messgeräterichtlinie Nr.

2004/22/EG (auch genannt: MID für Measuring Instruments Directive). Nach dem da- rauf basierenden Mess- und Eichgesetz und der dazugehörigen Mess- und Eichverord- nung müssen neue oder erneuerte Milchautomaten vom Betrieb innerhalb von sechs Wochen nach der ersten Inbetriebnahme der zuständigen Eichbehörde angezeigt wer- den; Der Eichtonus (Eichung erfolgt am Aufstellungsort) beträgt zwei Jahre, wobei 10 Wochen vor Ablauf der Frist die Eichung beim zuständigen Eichamt zu beantragen ist.

Bei Verkauf nach Gewicht bedarf es einer geeigneten Handelswaage (Klasse III), die ebenfalls geeicht sein muss. Das Mess- und Eichgesetz sieht ferner vor, dass Kunden nach dem Milchkauf einen Kassenbeleg erhalten. Da ältere Geräte dazu häufig noch nicht in der Lage sind, hat der Bundesrat mit Zustimmung zur 2. Verordnung zur Än- derung der Mess- und Eichverordnung den Weg für eine befristete Ausnahmeregelung geebnet: Danach sollen bestimmte Aufzeichnungs- und Nachweispflichten (Kassenbe- leg, einjähriger Eichtonus) auf bereits in Betrieb befindliche bzw. bis spätestens 31.12.2017 in Betrieb genommene Milchautomaten bis Ende 2022 noch keine An- wendung finden.

Finanzamt: steuerrechtliche Bestimmungen (z. B. Kassenführung) sind einzuhalten.

Aufstellort des Rohmilchabgabeautomaten

Um der Definition der „Milch-ab-Hof- Abgabe“ zu genügen, muss die Aufstellung des Auto- maten auf dem Betriebsgelände erfolgen, auf welchem die Milch erzeugt/gemolken wird (Ur-

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teil des Verwaltungsgerichtshofs (VGH) Baden-Württemberg vom 16.06.2014 (AZ. 9 S.

1273/13) = Betriebsteil, an/in dem die Milch gewonnen wird;

Weitere Empfehlungen zur Aufstellung lauten:

• Hinweisschild „Rohmilch, vor dem Verzehr abkochen“ gut sicht- und lesbar ange- bracht

• sauberer Ort, der so konzipiert und ausgerüstet ist, dass eine Kontamination der Milch ausgeschlossen ist (Vermeidung schädlicher Umwelteinflüsse durch Wärmeisolierung und mindestens Überdachung; Schutz vor Ungeziefer, räumliche Trennung von Tie- ren)

• gut vom Betreiber kontrollierbar (z. B. über Sichtkontakt oder Videoüberwachung [bei letzterem Beachtung des Bundesdatenschutzgesetzes erforderlich])

• gut ausgeschildert, barrierefrei, hell, sauber mit Strom- und Trinkwasseranschluss Der Automat

Die Anforderungen an den Automaten spiegeln die Anforderungen an die Aufrechterhaltung der Milchqualität wieder:

• abschließbar – zur Vermeidung des Risikos einer Kontamination

• mit einer Kühlanlage versehen (Einhaltung einer Temperatur von kleiner bzw. gleich 6°C)

• Ausrüstungsoberflächen, die mit Milch in Berührung kommen, müssen leicht zu reini- gen und erforderlichenfalls zu desinfizieren sein und einwandfrei instandgehalten werden [Einhaltung der DIN EN 1672-1 und DIN EN 1672-2 („Maschinensicherheit“) – basierend auf der Richtlinie für Maschinensicherheit 2006/42/EC

Weitere Empfehlungen: Rührwerk (zur Vermeidung der Aufrahmung der Milch), außen ab- lesbare Temperaturkontrolle, MID – Zertifizierung (siehe oben), Demontagemöglichkeit für alle nicht im Durchlaufverfahren zu reinigenden Anlagenteile, usw.

Die Beschickung des Automaten

Bei Automaten, die direkt am Milchtank angeschlossen sind, ist ein Befüllvorgang nicht er- forderlich. Wird der Automat getrennt vom Milchtank betrieben, so wird die Milch in Vor- ratskannen überführt und in den Automat verbracht.

• Beim Befüllen der Vorratskannen muss darauf geachtet werden, dass die Milch bereits im Milchtank herunter gekühlt wurde.

• Der „Befüller“ muss auf saubere und waschbare Oberbekleidung achten, die Hände sollten vor dem Abfüllvorgang gereinigt werden.

• Für die Milch-ab-Hof-Abgabe muss die Rohmilch am Tag der Abgabe oder am Tag zuvor gewonnen worden sein. Da die Milch im Hoftank über 2 Tage gestapelt wird, muss der Vorratstank mindestens 1 x täglich befüllt und die Restmilch verworfen werden (kein Zurückfüllen in den Milchtank, sondern z. B. Vertränken an Kälber), da sonst nicht ausgeschlossen werden kann, dass die vom Verbraucher abgezapfte Milch älter als zwei Tage ist.

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43 Reinigung des Automaten

• Nach Verwendung – mindestens jedoch einmal täglich - müssen „milchführende“

Oberflächen (Vorratstank, milchführende Schläuche – und sofern dies nicht automa- tisch erfolgt - Zapfhahn) gereinigt und erforderlichenfalls desinfiziert werden.

• Auch der Raum in welchem der Automat untergebracht ist, sollte mindestens einmal täglich gereinigt werden (Entfernen von Tropfmengen usw.)

„Leergut“

Die über den Rohmilchausgabeautomaten vertriebene Milch kann vom Verbraucher in ein eigenes, von ihm mitgebrachtes Gefäß abgefüllt werden. Auf die Hygieneanforderungen an dieses Gefäß sollte explizit verwiesen werden. Wird vor Ort Leergut angeboten, sollte es sich um fabrikneues – vorzugsweise mit einem Hygienesiegel versehenes Leergut handeln.

Achtung: alle Maßnahmen, die zum Direktverzehr der Rohmilch animieren könnten (Bereit- stellen von Trinkbechern, Flaschen mit Pulver für Milchmischgetränke), sind zu unterlassen.

Zahlsystem:

Die Automaten verfügen über unterschiedliche Zahlsysteme. Bei Neukauf werden Automaten mit einer Münz- und Scheinannahme und einer Wechselgeldfunktion empfohlen. Kassenbe- legdrucker müssen bei neuen Anlagen vorhanden sein.

Problem: „Rohverzehr“

Viele Kunden sehen die auf Betriebsebene erworbene, unbehandelte Milch als gesünder und bekömmlicher an, als vergleichbare, molkereitechnisch bearbeitete Produkte. Infolgedessen wird davon ausgegangen, dass ein immer größerer Teil der ab Hof verkauften Milch - entge- gen rechtlicher Vorgabe roh und nicht abgekocht zum Verzehr kommt. Die darin implemen- tierte Gefahr der Aufnahme pathogener Mikroorganismen ist bei vielen Verbrauchern „noch“

nicht präsent. Neben dem Aufhängen des Hinweisschilds zum Abkochen, sollte der Landwirt daher explizit auf die Vermeidung faekaler Kontamination der Milch achten, um das Risiko für den Verbraucher so gering wie möglich zu halten.

Literatur

Landesvereinigung Milch Hessen (2016): Was ist bei Anschaffung, Aufstellung und Betrieb

eines Milchautomaten zu beachten?

http://www.milchhessen.de/milchautomat_was_beachten

LAVES (2017): Merkblatt „Aufstellung und Betrieb von Rohmilchausgabeautomaten“ (Stand 08.03.2017)

http://www.laves.niedersachsen.de/download/113306/Aufstellen_und_Betrieb_von_R ohmilchausgabeautomaten.pdf

LfL (2016): LfL –Information: Milch-Direktvermarktung mit Automaten. 1. Auflage 09/2016 https://www.lfl.bayern.de/mam/cms07/publikationen/daten/informationen/milch- direktvermarktung_automaten_lfl-information.pdf

Referenzen

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