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Der „Augsburger Weg“ der dezentralen Erinnerung an die Opfer des NS-Regimes

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1 Anlage 2 zu BSV/16/00228

Der „Augsburger Weg“ der dezentralen Erinnerung an die Opfer des NS-Regimes

Die Kommission Erinnerungskultur empfiehlt dem Augsburger Stadtrat, bezüglich der dezentralen Erinnerung an die Opfer des NS-Regimes Folgendes zu beschließen:

1. Die Stadt Augsburg fördert das Gedenken an die Opfer des NS-Unrechtsregimes durch individuelle, dezentrale, bürgerschaftlich initiierte Erinnerungszeichen im öffentlichen Raum, möglichst an deren letzten frei gewählten Wohnorten. Erinnert werden soll an alle Opfergruppen, unabhängig von deren politischer, weltanschaulicher, religiöser und sexueller Orientierung und ethnischer Herkunft.

2. Insbesondere folgende Formen des Gedenkens werden unterstützt und genehmigt:

a) „Stolpersteine“ auf öffentlichem Grund vor Gebäuden, in denen NS-Opfer zuletzt aus freiem Entschluss gewohnt haben. Es ist ein Vertrag mit dem Inhaber des Urheberrechts der Stolpersteine, ähnlich der Regelung in Berlin, anzustreben.

b) Nach einem einheitlichen, künstlerischen Gestaltungsprinzip konzipierte Tafeln (beidseitig), die beispielsweise an Laternensäulen und Straßennamenträgern angebracht werden und sich in größtmöglicher Nähe zum letzten freiwillig gewählten Wohnort befinden.

c) Nach einem einheitlichen, künstlerischen Gestaltungsprinzip konzipierte Stelen an markanter Stelle eines Straßenzuges, die mit den Namen und den letzten frei gewählten Wohnorten der in der Straße ansässigen NS-Opfer beschriftet sind. Die Stelen sollen in Bezug stehen zu unmittelbar vor den Hauseingängen auf öffentlichem Grund eingebrachten Erinnerungszeichen, die eine Identifikation ermöglichen, aber nicht den Namen des Opfers enthalten.

Ergänzend wird ein virtuelles, öffentlich einsehbares Gedenkbuch mit biografischen Kurzporträts der NS-Opfer und ihrer Verortung im Stadtraum befürwortet. Die Biografien sollen durch bürgerschaftliche Initiativen erarbeitet und von einem zu gründenden Fachbeirat wissenschaftlich begleitet werden.

Bei Entscheidungen zu inhaltlichen Fragen holen die zuständigen, städtischen Stellen eine Empfehlung des zu berufenden Fachbeirats ein.

Zusätzlich soll auch weiterhin die Kennzeichnung von Verfolgungs- bzw. Täterorten (insbesondere an öffentlichen Gebäuden) zur Erinnerung an Opfer des NS-Regimes gefördert werden. In künftigen Fällen ist eine einheitliche Gestaltungslinie (Wiedererkennbarkeit) anzustreben.

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2 3. Sofern sich örtliche Repräsentanten einer Opfergruppe explizit gegen eine bestimmte

Form des individuellen Erinnerns aussprechen, so ist diese Entscheidung zu respektieren. Ausnahmen sind nur möglich, wenn Angehörige von Opfern ausdrücklich ein Erinnerungszeichen wünschen oder ihren Willen zu Lebenszeiten schriftlich niedergelegt haben. Umgekehrt sollen Erinnerungszeichen nur dann gesetzt werden, wenn sich Angehörige nicht ausdrücklich dagegen aussprechen. Der Wunsch der Angehörigen hat immer Vorrang und ist von den jeweiligen Initiativen zweifelsfrei zu dokumentieren.

Angehörige sind der/die Verlobte(r), Ehegatte oder Lebenspartner(in), Personen, die mit dem Opfer in gerader Linie verwandt oder verschwägert sind sowie Personen, die mit dem Opfer in der Seitenlinie bis zum vierten Grad verwandt oder bis zum dritten Grad verschwägert sind.

4. Die Initiative zur dezentralen Ehrung von NS-Opfern und die notwendigen Recherchearbeiten sollen von der Öffentlichkeit ausgehen, z.B. von Verbänden, Vereinen, Initiativgruppen, Angehörigen und Privatpersonen. Hierbei sind Patenschaften für die Herstellung, den Unterhalt und weitere Aufgaben um die jeweiligen Erinnerungszeichen erwünscht.

5. Die oben zu Ziffer 2 genannten öffentlichen Erinnerungszeichen kommen insbesondere für folgende Opfer des Nationalsozialismus in Betracht:

a) in Ghettos, Konzentrationslagern, Haft- und Vernichtungslagern sowie Heil- und Pflegestätten ermordete und gestorbene Menschen;

b) durch Verfolgung, Schikane oder Demütigung in den Suizid getriebene Menschen;

c) auf der Flucht vor den Nationalsozialisten ums Leben gekommene Menschen;

d) durch die Folgen von Inhaftierung und Zwangsarbeit gestorbene Menschen.

6. Soll jenseits des unter Ziffer 5 genannten Opferbegriffs ein Erinnerungszeichen aufgrund nachvollziehbarer Gründe gesetzt werden, berät hierüber ein vom Stadtrat zu berufender, ständiger Fachbeirat und gibt eine Empfehlung ab.

Augsburg, den 03.11.2015

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