Astronomische Grössen
Die Dimensionen eines Körpers zu messen und seine Masse zu wägen ist auf der Erde einfach. Wie können jedoch die Abmessungen und die Masse von astronomischen Körpern bestimmt werden? Wir können Sterne
und Galaxien nicht auf eine Waage legen, noch können wir sie mit einem Massstab messen.
Das Bild zeigt eine Fotomontage von Bildern der Planeten Merkur, Venus Erde (und Mond), Mars, Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun, die verschiedenen Raumsonden aufgenommen.
1. Die Vermessung der Erde
Um den Seefahrern die Orientierung auf den Meeren zu erleichtern, wurde auf der Erdkugel das Gradnetz als Koordinatensystem eingeführt. Die Lag jedes Punktes der Erdoberfläche wird durch seine Koordinaten, d.h. seine geographischen Breite und seine geographische Länge eindeutig festgelegt.
Die Bestimmung der geographischen Breite
Zur Bestimmung der geographischen Breite benötigt man lediglich ein Winkelmessgerät. Man bestimmt damit die Polhöhe, d.h. den Winkel ϕ, den die Visierlinie zum Himmelspol mit dem Horizont einschliesst. Wie die
Abbildung zeigt, ist die Polhöhe gleich der geographischen Breite. Wir merken uns:
Geographische Breite = ………
Auf der Nordhalbkugel ist der Himmelspol einfach zu finden, da sich dort ein Stern – der Polarstern – befindet.
Der Polarstern ist der hellste Stern im Sternbild Kleiner Bär (auch Kleiner Wagen genannt). Da seine scheinbare Helligkeit relativ hoch ist und er nahe dem Nordpol des Himmels steht, ist er ein wichtiges Mittel zur Feststellung der geografischen Nordrichtung.
Aufgabe 1: Wo befindet sich in diesem Bild der Polarstern?
Die Bestimmung der geographischen Länge
Die geographische Länge, beschreibt die andere der beiden Koordinaten eines Ortes auf der Erdoberfläche, und zwar seine Position östlich oder westlich einer definierten (willkürlich festgelegten) Nord-Süd-Linie, des Nullmeridians. Das Bild zeigt den historischen Nullmeridian in Greenwich (auf dem Boden und am Gebäude markiert).
Die geographische Länge ist ein Winkel, der ausgehend vom Nullmeridian (0°) bis 180° in östlicher und 180° in westlicher Richtung gemessen wird.
Zur Bestimmung der geographischen Länge kann man die Erddrehung benützen. Man benötigt dazu eine genau gehende Uhr, welche die Ortszeit von Greenwich anzeigt, dass auf dem Nullmeridian liegt. Die Erde dreht sich relativ zur Sonne in 24 Stunden um 360°. Steht die Sonne in Greenwich um 12 Uhr am höchsten und erreicht sie am Ort des Beobachters um 18 Uhr Greenwich-Zeit – also 6 Stunden später – ihren höchsten Stand, so befindet sich der Beobachter auf 90° westlicher Länge. Wir merken uns:
Geographische Länge: Die Länge kann aus der Zeit des Sonnenhöchststand im Vergleich zur Greenwich-Zeit ermittelt werden, denn die Erde dreht sich relativ zur Sonne in einer Stunde um ……… Längengrad.
Aufgabe 2: Sie stehen auf Deck eines Schiffes und beobachten die Sonne mit einem Sextanten.
Mit einem Sextanten kann die Höhe eines Gestirns sehr genau gemessen werden. Es lässt sich auch gut beobachten, wann das Gestirn seien Höchststand erreicht hat. Sie bestimmen so also die genaue Zeit des Sonnenhöchststands mit einer Uhr, die die Zeit in Greenwich anzeigt. Der Sonnen- höchststand ist genau um 1517 Uhr. Auf welchem Längengrad befinden Sie sich?
Die Messung des Erdradius
Eratosthenes wusste, dass die Sonne am 21. Juni zu Mittag über Assuan genau im Zenit steht, da dort der Grund eines tiefen lotrechten Brunnenschachtes von den Sonnenstrahlen erleuchtet wird. Zur selben Zeit wirft ein Obelisk im nördlich von Assuan gelegenen Alexandrien einen Schatten, aus dessen Länge man entnehmen kann, dass die Sonne dort vom Zenit etwa 7.5° entfernt ist. Weil nun die Sonne ganz unvorstellbar weit weg ist, können die Sonnenstrahlen als gleichgerichtet angesehen werden. Daher muss der Schacht in Assuan mit dem Obelisken in Alexandrien wegen der Krümmung der Erdoberfläche einen Winkel von 7.5°
einschliessen. Die Distanz zwischen Alexandria und Assuan beträgt etwa 5000 Stadien.
Ein attisches Stadion betrug 185 m.
Aufgabe 3: Berechne Erdumfang und Erdradius!
Erdumfang ……… km Erdradius ……… km
Die Bestimmung der Erdmasse
Aufgabe 4: Wir kennen nun den Erdradius. Die Fallbeschleunigung auf der Erdoberfläche lässt sich auch messen. Berechne nun aus diesen Werten mithilfe des Gravitationsgesetzes die Masse der Erde.
Erdmasse ……… kg
2. Die Vermessung des Mondes
Die Mondentfernung
Die Mondentfernung lässt sich nach folgendem Ver- fahren bestimmen: Ein Beobachter in Wien sieht zu einem bestimmten Zeitpunkt den Mond im Süden 62°20’
über dem Horizont. Ein Beobachter in Kapstadt sieht zur gleichen Zeit den Mond im Norden 34°17’ über dem Horizont. Die Entfernung Wien-Kapstadt lässt sich an einem Globus ablesen. Der Breitenunterschied von Wien und Kapstadt beträgt 82°10’. Wie die Abbildung zeigt, wird der Mond durch die Visierlinien des Wiener und des Kapstädter Beobachters „in die Zange genommen“, so
dass seine Entfernung trigonometrisch berechnet werden kann.
Aufgabe 5: Wie weit ist Wien vom Mond entfernt?
* Findest du auch den Abstand des Erdmittelpunkts von Mond heraus?
Mondentfernung = ……… m ≈ ……… Erdradien
Die Messung des Mondradius
Der Mond erscheint einem Beobachter auf der Erde ungefähr so gross wie eine Kreisscheibe von 0.91 cm Durchmesser in 1 m Entfernung. Weil der Mond 384 Millionen Meter von uns entfernt ist, muss sein Durchmesser 384 Millionen-mal grösser sein als der Durchmesser der Scheibe.
Aufgabe 6: Berechne den Mondradius.
Monddurchmesser = ……… km ≈ ……… Erddurchmesser
Die Bestimmung der Mondmasse
Die Bestimmung der Mondmasse ist heute sehr einfach, weil man auf der Mondoberfläche die Fallbeschleunigung gMond messen kann. Sie beträgt: gMond = 1/6 ⋅ gErde = 1.62 m/s2 Aufgabe 7: Berechne daraus die Mondmasse!
Mondmasse = ……… kg ≈ ……… Erdmassen
Für einige der obigen Aufgaben hast du die Gravitationskonstante G benötigt. Woher jedoch kenn wir diese? Sie kann auf der Erde mit Hilfe einer Gravitationswage gemessen werden. Du kannst sie jedoch auch aus der nun bekannten Masse der Erde, dem Abstand des Mondes und die Dauer eines Monats berechnen.
Aufgabe 8: Berechne die Gravitations- konstante G aus diesen Angaben!
Gravitationskonstante = ………
3. Die Vermessung der Sonne
Die Ermittlung der Sonnenentfernung
Die Sonnenentfernung ermittelt man auf folgende Weise: Man bestimmt zunächst trigonometrisch den Abstand Erde-Venus, wenn die beiden Planeten einander am nächsten sind. Man erhält so die Differenz rE – rV = 41.4⋅109 m der beiden Planeten- bahnradien. Dann setzt man in das 3. Keplersche Gesetz die bekannten Umlaufszeiten ein und
berechnet den Quotienten rV/rE der beiden Planeten- bahnradien. Aus der Differenz und dem Quotienten lassen sich dann die Bahnradien selbst ermitteln.
Aufgabe 9: Berechne den Abstand der Sonne, also den Radius der Erdbahn um die Sonne.
Erdbahnradius = ……… m ≈ ……… Lichtminuten
Da diese Strecke für die weiteren Messungen verwendet wird – insbesondere für die trigonomet- rische Positionsbestimmung von Sternen – führt man sie als Masseinheit ein. Man nennt sie eine
„Astronomische Einheit“. Ihr genauer Wert beträgt:
1 Astronomische Einheit (1 AE) = 149.6 Millionen Kilometer
Die Messung des Sonnenradius
Erstaunlicherweise erscheint die Sonne am Himmel recht genau gleich gross wie der Mond. Man kann sich davon bei jeder Sonnenfinsternis überzeugen Das Bild zeigt die totale Sonnenfinsternis von 1999.
Der Erdbahn- und auch der Mondbahnradius sind bekannt.
Der Durchmesser des Mondes ist ebenfalls bekannt. So kann der Sonnendurchmesser bestimmt werden.
Aufgabe 10: Berechne den Durchmesser der Sonne!
Sonnendruchmesser = ……… m ≈ ……… Erddurchmesser
Bestimmung der Sonnenmasse
Aufgabe 11: Wir kennen von der Erde den Bahnradius und die Umlaufszeit. Bestimme nun mit dem 3. Keplerschen Gesetz die Masse der Sonne.
Sonnenmasse = ……… kg ≈ ……… Erdmassen
4. Die Vermessung der Planeten
Nun haben wir alle grundlegenden Grössen in unserem zusammengetragen. Es lassen sich nun alle Planeten vermessen. Das Vorgehen ist wie folgt:
Bestimmung der grossen Bahnhalbachse
Gemessen wird: die siderische Umlaufszeit T des Planeten Berechnet wird: die grosse Bahnhalbachse a des Planeten Formel: a32 G M2
T 4
= ⋅
⋅ π (M: Sonnenmasse)
Bestimmung des Planetenradius
Gemessen wird: der Sehwinkel σ und Planetenabstand s berechnet wird: der Planetenradius R
Formel: ………
Bestimmung der Planetenmasse
Gemessen wird: der Abstand r und die Umlaufszeit T eines Mondes, berechnet wird: die Planetenmasse M
Formel: a32 G M2 T 4
= ⋅
⋅ π (M: Planetenmasse)
Aufgabe 12: Bestimme den Bahnradius eines Planten deiner Wahl. Schau dazu seine Umlaufzeit in der Formelsammlung nach.
Aufgabe 13: Stelle eine Formel für den Planetenradius auf und fülle die entsprechende Lücke im Text oben aus.
5. Der Planetoidengürtel
Alle Planetenbahnen müssen dem Gravitationsgesetz gehorchen. Die Bahnen haben zusätzlich einige sehr bemerkenswerte, nicht zwingende Eigenschaften:
Eigenschaften der Planetenbahnen:
Die Planetenbahnen sind fast kreisförmig.
Sie liegen annähernd in der gleichen Ebene.
Sie werden von den Planeten in der gleichen Richtung durchlaufen.
Die Bahnradien erfüllen näherungsweise die Titius-Bodesche Regel.
Wir betrachten die (geometrische) Folge 0, 3, 6, 12, 24, 48, 96 usw., in der nach der 3 jede Zahl das Doppelte der vorangegangenen ist. Zu dieser Folge wird jeweils die Zahl 4 addiert. Dies ergibt den Bahnradius in 0.1 Astronomischen Einheiten. Diese Regel, die Titius-Bodesche Regel, kommt in der Tabelle zum Ausdruck. Wie man sieht, besteht zwischen Mars und Jupiter eine deutliche „Lücke“.
Es war daher naheliegend, in dieser Lücke nach einem weiteren Planeten Ausschau zu halten.
In der Neujahrsnacht des Jahres 1801 entdeckte der Italiener Piazzi ein kleines Himmelsobjekt, das er bis
zum 11. Februar Nacht für Nacht beobachten konnte. Dann machte schlechtes Wetter weitere Messungen unmöglich, und das Objekt ging wieder verloren. Durch Zufall gelangten Piazzis Beobachtungsdaten in die Hände des damals erst 24jährigen Mathematikers Carl Friedrich Gauss.
Dieser hatte eine mathematische Methode entwickelt, die aus wenigen Positionsbeobachtungen die gesamte Bewegung zu errechnen gestattet. Gauss ermittelte die Bahn, und schon in der ersten Nacht, in der der Himmelskörper nach seinen Angaben gesucht wurde, fand man ihn genau an der vorhergesagten Stelle. Der kleine Planet erhielt den Namen „Ceres“. In den nächsten Jahren wurden noch viele kleine Planeten zwischen Mars und Jupiter gefunden. Man nennt sie heute Planetoiden. Im Planetoidengürtel sind derzeit mehr als 600.000 solcher Objekte erfasst.
Planet Berechnete
Entfernung Tatsächliche Entfernung
Merkur 0 4 · 0.1AE 3.9 · 0.1AE
Venus 3 7 · 0.1AE 7.2 · 0.1AE
Erde 6 10 · 0.1AE 10.0 · 0.1AE
Mars 12 16 · 0.1AE 15.2 · 0.1AE
— 24 28 · 0.1AE —
Jupiter 48 52 · 0.1AE 52.0 · 0.1AE
Saturn 96 100 · 0.1AE 95.4 · 0.1AE
Uranus 192 196 · 0.1AE 191.8 · 0.1AE