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Globalbudget ist ein Irrweg – der Schweizer Pilotversuch zeigt es

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Academic year: 2022

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Schweizerische Ärztezeitung

SÄZ – BMS Bulletin des médecins suisses – Bollettino dei medici svizzeri – Gasetta dals medis svizzers

Offizielles Organ der FMH und der FMH Services www.saez.ch

24 1 4. 6 . 2 01 7

753 Editorial

Globalbudget ist ein Irrweg – der Schweizer Pilotversuch zeigt es

763 SAMW/SGAIM smarter medicine:

die «Top-9-Liste» der SGI

792 «Zu guter Letzt»

von Jean Martin

Die (guten) Veränderungen in Medizin und Politik

785 Tribüne

Soziales Elend nach Stopp

oder Verweigerung von

IV-Renten

(2)

INHALTSVERZEICHNIS 751

Redaktion

Dr. med. et lic. phil. Bruno Kesseli, Mitglied FMH (Chefredaktor);

Dipl.-Biol. Tanja Kühnle (Managing Editor);

Isabel Zwyssig, M.A. (koordinierende Redaktorin);

Dr. med. Werner Bauer, Mitglied FMH; Prof. Dr. med. Samia Hurst;

Dr. med. Jean Martin, Mitglied FMH; Anna Sax, lic. oec. publ., MHA;

Dr. med. Jürg Schlup, Präsident FMH; Prof. Dr. med. Hans Stalder, Mitglied FMH; Dr. med. Erhard Taverna, Mitglied FMH;

lic. phil. Jacqueline Wettstein, Leitung Kommunikation der FMH

Redaktion Ethik

PD Dr. theol. Christina Aus der Au; Prof. Dr. med. Lazare Benaroyo, Mitglied FMH; PD Dr. phil., dipl. biol. Rouven Porz

Redaktion Medizingeschichte

Prof. Dr. med. et lic. phil. Iris Ritzmann; PD Dr. rer. soc. Eberhard Wolff Redaktion Ökonomie

Anna Sax, lic. oec. publ., MHA Redaktion Recht

Hanspeter Kuhn, Leiter Rechtsdienst der FMH

FMH

EDITORIAL: Jürg Unger-Köppel

753 Globalbudget ist ein Irrweg – der Schweizer Pilotversuch zeigt es  RECHT: Valérie Rothhardt

754 Jahresbericht 2016: Aussergerichtliche FMH-Gut achterstelle  SAQM: Nadja Jenni, Esther Kraft

759 Online-Plattform «Qualitätsinitiativen SAQM» – neu konzipiert  760 Personalien

Weitere Organisationen und Institutionen

SAMW: Trägerschaft «smarter medicine»

762 Breite Unterstützung für die Kampagne smarter medicine SAMW/SGAIM: Trägerschaft «smarter medicine»

763 smarter medicine: die «Top-9-Liste» der SGI Die Empfehlungen der Schweizerischen Gesellschaft für Intensivmedizin (SGI) sollen dazu beitragen, dass neue Massnahmen vorgeschlagen und umgesetzt werden, die eine ständige Entwicklung hin zu

« Smarter Intensive Care Medicine» ermöglichen.

CURSUS ROMAND DE MÉDECINE DE FAMILLE: François Pilet, Bernard Giorgis 765 Praxisassistenz

Briefe / Mitteilungen

767 Briefe an die SÄZ

768 Facharztprüfungen / Mitteilungen

FMH Services

774 Stellen und Praxen (nicht online)

(3)

INHALTSVERZEICHNIS 752

HUGUENIN

Impressum

Schweizerische Ärztezeitung Offizielles Organ der FMH und der FMH Services Redaktionsadresse: Elisa Jaun, Redaktionsassistentin SÄZ, EMH Schweizerischer Ärzteverlag AG, Farnsburgerstrasse 8, 4132 Muttenz, Tel. +41 (0)61 467 85 72,

Fax +41 (0)61 467 85 56,

redaktion.saez@emh.ch, www.saez.ch Verlag: EMH Schweizerischer Ärzte- verlag AG, Farnsburgerstrasse 8, 4132 Muttenz, Tel. +41 (0)61 467 85 55, Fax +41 (0)61 467 85 56, www.emh.ch Marketing EMH / Inserate:

Dr. phil. II Karin Würz, Leiterin Marketing und Kommunikation,

«Stellenmarkt/Immobilien/Diverses»:

Matteo Domeniconi, Inserateannahme Stellenmarkt, Tel. +41 (0)61 467 86 08, Fax +41 (0)61 467 85 56,

stellenmarkt@emh.ch

«Stellenvermittlung»: FMH Consulting Services, Stellenvermittlung, Postfach 246, 6208 Oberkirch, Tel. +41 (0)41 925 00 77, Fax +41 (0)41 921 05 86, mail@fmhjob.ch, www.fmhjob.ch Abonnemente FMH-Mitglieder:

FMH Verbindung der Schweizer Ärztinnen und Ärzte, Elfenstrasse 18, 3000 Bern 15, Tel. +41 (0)31 359 11 11, Fax +41 (0)31 359 11 12, dlm@fmh.ch Andere Abonnemente: EMH Schweize- rischer Ärzteverlag AG, Abonnemente,

Abonnementspreise: Jahresabonne- ment CHF 320.– zzgl. Porto.

ISSN: Printversion: 0036-7486 / elektronische Ausgabe: 1424-4004 Erscheint jeden Mittwoch

© FMH

Die Schweizerische Ärztezeitung ist aktuell eine Open-Access-Publikation.

FMH hat daher EMH bis auf Widerruf ermächtigt, allen Nutzern auf der Basis der Creative-Commons-Lizenz

«Namens nennung – Nicht kommer- ziell – Keine Bearbeitung 4.0 inter- national» das zeitlich unbeschränkte Recht zu gewähren, das Werk zu ver- vielfältigen und zu verbreiten und öffentlich zugänglich zu machen.

ausdrück licher vorgängiger Erlaubnis von EMH und auf der Basis einer schriftlichen Vereinbarung zulässig.

Hinweis: Alle in dieser Zeitschrift pu- blizierten Angaben wurden mit der grössten Sorgfalt überprüft. Die ange- gebenen Dosierungen, Indikationen und Applikationsformen, vor allem von Neuzulassungen, sollten in jedem Fall mit den Beipackzetteln der verwende- ten Medikamente verglichen werden.

Herstellung: Schwabe AG, Muttenz, www.schwabe.ch

Tribüne

STANDPUNKT: Doris Brühlmeier-Rosenthal

785 Soziales Elend nach Stopp oder Verweigerung von IV-Renten Als praktizierende Psychiaterin gelangte die Autorin in den letzten Jahren zur Gewissheit, dass die systematische

«härtere Gangart» der IV bei psychisch-psychosomatisch Kranken und Schmerzpatienten unter medizinischen und ökonomischen Gesichtspunkten kontraproduktiv ist. Eine von ihr durch- geführte «Nachzählung» erhärtete ihren Verdacht.

STANDPUNKT: Willy Oggier

788 Kostenexplosions-Klagen gibt es schon lange

Horizonte

BUCHBESPRECHUNGEN: Erhard Taverna, Isabel Zwyssig, Thomas J. Strasmann 790 Zur Geschichte der Chirurgie und den Tiefen des Ichs

Zu guter Letzt

Jean Martin

792 Die (guten) Veränderungen in Medizin und Politik Unser Autor denkt darüber nach, wie sich mit der Wahl des neuen Präsidenten Emmanuel Macron die politischen Geschicke ändern – und welche Auswirkungen dies auf die Medizin und unser Verständnis davon hat.

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Globalbudget ist ein Irrweg – der Schweizer Pilotversuch zeigt es

Jürg Unger-Köppel

Dr. med., Mitglied des FMH-Zentralvorstandes, Departementsverantwortlicher Stationäre Versorgung und Tarife

Wenn sich die Tarifpartner nicht einigen, greift die Politik ein. Als neue düstere Wolke am Horizont droht das Globalbudget. Um ihre Positionen zu rechtfertigen, schauen Befürworter und Gegner nach Deutschland, Kanada und in andere Länder. Aber besser wäre, die Re- sultate des Pilotversuchs eines ambulanten Global- budgets, der in der Schweiz bereits seit 2004 durchge- führt wird, zur Kenntnis zu nehmen. Denn er zeigt die Auswirkungen innerhalb des schweizerischen Gesund- heitswesens auf:

In der ambulanten institutionellen Psychiatrie für Kin- der und Erwachsene gilt seit Einführung des TARMED im Jahr 2004 ein faktisches Globalbudget, weil die mit TARMED im reinen Zeittarif erzielbaren Einnah- men nur 40–70% der Kosten decken und der Rest durch den Kanton bezahlt werden muss. Da der Ta- rif auf den Kosten einer Einzelpraxis von 1997 ohne IT und Unterstützung durch eine MPA basiert, sind die steigenden Kosten für die IT, die steigenden Löhne und der ganze administrative und führungsmässige Überbau nicht gedeckt. Die Anstellungsverträge set- zen die Stunden der Mitarbeitenden pro Woche fest.

Die Anzahl der Stunden, die den Pa tienten zur Verfü- gung gestellt werden können, wird demnach durch die

Summe der Pensen der angestellten klinisch tätigen Mitarbeitenden bestimmt. Weil die Kosten für die Mit- arbeitenden aus den TARMED-Einnahmen aber nicht gedeckt werden können, braucht es für jede einzelne Stunde einen ergänzenden kantonalen Beitrag, der meist in Form der Gemeinwirtschaftlichen Leistungen (GWL) ausbezahlt wird. Da die GWL durch die Kantone beschränkt werden, kann sich das Angebot der in- stitutionellen ambulanten Psychiatrie nicht an den Be- dürfnissen der Patienten ausrichten. Vielmehr sind die Institutionen gezwungen, mit diesem faktischen Glo- balbudget das zu tun, was möglich ist: Zuerst müssen

die Notfälle und die Patienten in Krisen versorgt wer- den. Längerfristige, erfolgsversprechende Behandlun- gen (die Psychiatrie erzielt eine durchschnittliche Er- folgsrate von 70%) können viel zu wenige angeboten werden oder nur nach langen Wartefristen. Die Mitar- beitenden fühlen sich hilflos, weil sie die Probleme der Patienten sehen, aber keine zeitlichen Ressourcen ha- ben, um Hilfe anzubieten. Und Kinder wie Erwachsene, die eine gute Chance auf eine Heilung oder zumindest auf eine Linderung ihres psychischen Leidens hätten, bleiben unbehandelt oder ungenügend behandelt, weil die Kapazitäten in den psychiatrischen Praxen zu klein sind.

Alle predigen «ambulant vor stationär». In der Psychia- trie liegen zwischen ambulant und stationär die Tages- kliniken, die gemäss KVG als ambulante Einrich tungen gelten. Sie verkürzen oder vermeiden teurere statio- näre Behandlungen. Auch die Tageskliniken benötigen GWL, um kostendeckend zu arbeiten. Weil diese in den Kantonen gekürzt werden, wurden bereits erste Tages- kliniken geschlossen und die Patienten wieder ver- mehrt hospitalisiert. Dies ist teurer und verschlechtert die langfristige Prognose der betroffenen Patienten.

Der seit 2004 laufende Pilotversuch mit dem fakti- schen Globalbudget der ambulanten institutionellen Psychiatrie in der Schweiz ist eine Misserfolgsge- schichte. Diese Idee stellt einen Irrweg dar!

Aktuell steht das Globalbudget im ambulanten Bereich auf der politischen Agenda. Für die Tarife ist es wichtig, dass die Tarifpartner weiterhin gemeinsam Lösungen erarbeiten und nicht als «Tarifgegner» in Graben- kämpfe verfallen. So kann das Globalbudget als unge- eignetes Instrument im Bereich der stationären und der ambulanten Versorgung vermieden werden. Dies wäre gut für die Patienten.

Wegen des Globalbudgets werden Notfälle und Krisen zuerst behandelt. Für längerfristige Behandlungen gibt’s lange Wartefristen.

Das faktische Globalbudget in der ambulanten institutionellen Psychiatrie in der Schweiz ist eine Misserfolgsgeschichte.

FMH Editorial 753

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Jahresbericht 2016

Aussergerichtliche FMH-Gut achterstelle

Valérie Rothhardt

Rechtsanwältin, Leiterin der Gutachterstelle

Ein nützliches und effizientes Instrument

Die aussergerichtliche FMH-Gutachterstelle beauftragt auf Antrag eines in der Schweiz behandelten Patienten einen oder mehrere Gutachter1, um festzustellen, ob der Arzt in der Privatpraxis oder im Spital einen Dia- gnose- oder einen Behandlungsfehler begangen hat.

Die Gutachter werden von der betreffenden medizi- nischen Fachgesellschaft vorgeschlagen, sodass unab- hängige und kompetente Gutachter gefunden werden können. Das Honorar des Gutachters wird von den Haftpflichtversicherern (welche Mitglied des Schwei- zerischen Versicherungsverband SVV sind) der Ärzte oder Spitäler übernommen. Der Patient muss lediglich eine Verwaltungsgebühr von Fr. 1000.– zuzüglich MwSt. entrichten.

Die Gutachterstelle ist ein nützliches und effizientes Instrument für Patienten und Ärzte. Sie ermöglicht den Patienten die kostengünstige Klärung der Frage, ob sie Opfer eines ärztlichen Fehlers geworden sind und sie gibt dem Arzt bzw. seinem Haftpflichtversiche- rer eine zuverlässige Grundlage, um den Fall ausserge- richtlich zu erledigen.

Die aussergerichtliche FMH-Gutachterstelle hat im Jahr 2016 insgesamt 54 Gutachten erstellt. In 17 Fällen wurden ein oder mehrere Diagnose- oder Behand- lungsfehler bejaht; in 37 Fällen konnte kein Fehler fest- gestellt werden.

Verfahren

Die wichtigsten Schritte des Verfahren entnehmen Sie aus der links unten stehenden Grafik.

Die FMH-Gutachterstelle ist nicht für alle Streitigkei- ten zuständig. Sie gibt ein Gutachten nur dann in Auf- trag, wenn der Patient einen Gesundheitsschaden er- litten hat und zwischen den Beteiligten keine Einigung erzielt werden konnte. Unsere Gutachterstelle tritt nicht auf den Fall ein, wenn ein ausschliesslich ästheti- scher Schaden geltend gemacht wird. Auch darf der vermeintliche Fehler nicht Gegenstand eines bereits erlassenen Gerichtsentscheids oder eines laufenden Verfahrens sein.

Infolge des Beschlusses der Ärztekammer der FMH vom 28. Oktober 2015 wurde die vom Patienten zu ent- richtende Bearbeitungsgebühr erhöht. Diese belief sich seit dem 1. Februar 2002 auf Fr. 600.– und beträgt nun Fr. 1000.–. Die erhöhte Gebühr muss seit dem 1. Mai 2016 entrichtet werden.

Statistik der aussergerichtlichen Gutachterstelle

Tabelle 1: Detaillierte Statistik, 2016.

Erstellte Gutachten

Fehler bejaht

Fehler verneint

Fehler unbestimmt Deutsch-

schweiz

und Tessin 26 9 17 0

West-

schweiz 28 8 20 0

Ganze Schweiz

54 (100%)

17 (31,5%)

37

(68,5%) 0

Tabelle 2: Kausalität, 2016.

Fehler bejaht

Kausalität bejaht

Kausalität verneint

Kausalität unbestimmt Deutsch-

schweiz

und Tessin 9 4 5 0

West-

schweiz 8 4 4 0

Ganze Schweiz

17 (100%)

8 (47%)

9

(53%) 0

1 Zur besseren Lesbarkeit wird in diesem Dokument die männliche Form von Personen verwendet, gemeint sind aber stets beide Geschlechter.

Antrag

•Nur durch den Patienten oder seine Rechtsnachfolger

•Im Falle vermuteter Diagnose-/und oder Behandlungsfehler mit Gesundheitsschaden

•Muss begründet und dokumentiert sein

Gutachter- vorschlag

•Durch den Delegierten der betreffenden Fachgesellschaft

•Gewährleistet die Unabhängigkeit und Kompetenz der Gutachter

•Ablehnungsverfahren

Auftrag

•Durch die Gutachterstelle

•Festlegung einer Frist von 3 Monaten

Jur.

Lesen

•Durch eine der Rechtsanwältinnen des FMH-Rechtsdienstes

•Gewährleistet ein klares, vollständiges und schlüssiges Gutachten

Zustellung Gutachtens des

•Durch die Gutachterstelle

•Mögliche Ergänzungsfragen, wenn das Gutachten offensichtlich lückenhaft ist

FMH Recht 754

(6)

Tabelle 3: Nichteintreten, 2016.

Nichteintreten Deutschschweiz und Tessin 8

Westschweiz 8

Ganze Schweiz 16

Tabelle 4: Gesamtstatistik, 1982–2016.

Ganze Schweiz

Erstellte Gutachten

Fehler bejaht

Fehler verneint

Fehler unbestimmt 1982–2016 3698

(100%)

1265 (34,2%)

2335 (63,1%)

98 (2,7%) 2007–2016 665

(100%) 288

(43,3%) 369

(55,5%) 9 (1,3%)

Zuordnung von multidisziplinären Gutachten

Bei multidisziplinären Gutachten wird der Fall dem am stärksten betroffenen Fachgebiet zugeordnet. Auf diese Weise bringt die Statistik das für den Patienten massgebende Ergebnis zum Ausdruck.

Beispiel: Einsatz eines Hauptgutachters, der Facharzt für Gynäkologie ist, und eines Nebengutachters, der Facharzt für Anästhesiologie ist.

– Wird ein Fehler nur in der Gynäkologie bejaht, so wird das Gutachten dem Fachgebiet «Gynäkologie»

zugeordnet.

– Wird ein Fehler nur in der Anästhesiologie bejaht, so wird das Gutachten ausschliesslich dem Fachge- biet «Anästhesiologie» zugeordnet.

Tabelle 5: Ergebnisse nach Fachgebieten, Jahr 2016 und Jahre 1982–2016.

Erstellte Gutachten

Fehler bejaht Fehler verneint Fehler unbestimmt 2016 1982–

2016

2016 1982–

2016

2016 1982–

2016

2016 1982–

2016 Allgemeine Innere Medizin

(inkl. Hausarztmedizin) 3 486 2 174 1 298 0 14

Anästhesiologie 2 125 2 41 0 81 0 3

Chirurgie 4 855 0 300 4 528 0 27

Dermatologie 0 30 0 9 0 19 0 2

Gastroenterologie 0 17 0 4 0 13 0 0

Gynäkologie und Geburtshilfe 6 473 2 180 4 285 0 8

Handchirurgie 1 62 0 21 1 39 0 2

Herz- und thorakale Gefässchirurgie 0 28 0 9 0 18 0 1

Kardiologie 2 25 0 12 2 12 0 1

Kieferchirurgie 1 25 0 3 1 22 0 0

Kinderchirurgie 1 15 1 5 0 10 0 0

Kinderpsychiatrie 0 1 0 0 0 1 0 0

Nephrologie 0 2 0 0 0 2 0 0

Neurochirurgie 5 110 1 34 4 74 0 2

Neurologie 1 27 1 8 0 18 0 1

Onkologie 0 9 0 4 0 5 0 0

Ophthalmologie 2 147 0 44 2 97 0 6

Orthopädische Chirurgie 20 734 8 278 12 441 0 15

Oto-Rhino-Laryngologie HNO 1 124 0 30 1 90 0 4

Pädiatrie 0 72 0 30 0 39 0 3

Pathologie 0 6 0 4 0 2 0 0

Pharmakologie 0 2 0 2 0 0 0 0

Physikalische Medizin und Rehabilitation 0 13 0 3 0 9 0 1

Plastische- und

Wiederherstellungschirurgie 1 131 0 28 1 101 0 2

Pneumologie 0 3 0 2 0 1 0 0

Psychiatrie 2 19 0 7 2 12 0 0

Radiologie 1 57 0 14 1 40 0 3

Radio-Onkologie 0 1 0 1 0 0 0 0

Rheumatologie 0 18 0 6 0 12 0 0

Urologie 1 81 0 12 1 66 0 3

Total 2016, 1982–2016 54 3698 17 1265 37 2335 0 98

FMH Recht 755

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– Wird ein Fehler in beiden Fachgebieten bejaht, er- scheint das Gutachten in der Statistik unter «Gynä- kologie».

Analyse der Statistik und Vergleich zu den letzten Jahren

Erstellte Gutachten im Jahr 2016: 54

– Davon Behandlungen durch Ärzte in der Privatpra- xis: 22 (40,7%)

– Davon reine Spitalbehandlungen: 25 (46,3%) – Davon Behandlungen in beiden Institutionen: 7 (13%) – Davon fachübergreifende Gutachterteams: 11 Somit liegt die Gutachtenanzahl leicht unter dem Durchschnitt von 66 der fünf letzten Jahre (2011–2015).

Fehleranerkennungsquote im Jahr 2016: 31,5%

– Im Jahr 2015: 43,3%

– In den letzten zehn Jahren (2006–2015): zwischen 34,9% und 50,6%

– In den letzten fünf Jahren (2011–2015): zwischen 38%

und 46,9%

Die Fehleranerkennungsquote lag somit im Jahr 2016 unter den Werten der Vorjahre.

Begrenzte Aussagekraft der Statistik

Keine Repräsentativität auf Schweizer Ebene Diese Zahlen spiegeln lediglich die Tätigkeit der FMH- Gutachterstelle im Jahr 2016 wider. Unsere Gutachter- stelle hat kein Monopol für das Erstellen von Gutach- ten, die Patienten geben regelmässig private Gutachten in Auftrag und die Spitäler bearbeiten jedes Jahr selbst mehrere bei ihnen anhängig gemachte Schadenersatz- ansprüche. Aufgrund der geringen Datenbasis und der fehlenden Vergleichswerte wäre es also nicht zulässig, auf der Grundlage dieser Statistik Hochrechnungen betreffend die Fehlerhäufigkeit in den verschiedenen Fachgebieten oder allgemein in der Schweizer Medizin anzustellen.

Nur teilweise Spiegelung der geleisteten Arbeit der Gutachterstelle

Die Statistik gibt nur die Ergebnisse der – im Jahr 2016 – erstellten 54 Gutachten wieder, nicht aber den hohen Verwaltungsaufwand, den unsere Gutachterstelle be- treibt. Die Gutachterstelle analysiert die neuen An- fragen – im Jahr 2016 waren es mehr als 120 – anhand des Reglements und fordert bei Bedarf die fehlenden Unterlagen an. Selbst dann, wenn eine Fragestellung nicht in ihren Zuständigkeitsbereich fällt, bemüht sie

sich, den Patienten nützliche Hinweise für das weitere Vorgehen zu geben. So mancher Antrag bleibt ergeb- nislos, weil dieser nicht vollständig eingeht oder weil die betreffende medizinische Fachgesellschaft der An- sicht ist, dass keine Anhaltspunkte für einen Diagnose- oder Behandlungsfehler vorliegen.

Kausalität zwischen Fehler und Gesund- heitsschaden

Wird ein Diagnose- oder Behandlungsfehler festge- stellt, ist das Gutachten noch nicht abgeschlossen. Als Nächstes muss abgeklärt werden, ob der Fehler die Ur- sache des vom Patienten geltend gemachten Gesund- heitsschadens ist.

Gemäss dem schweizerischen Haftpflichtrecht müssen die folgenden Voraussetzungen erfüllt sein, damit der Patient Schadenersatz erhält:

– Vorliegen eines Fehlers (Verletzung der Sorgfalts- pflicht durch den Arzt),

– Eintritt eines finanziellen Schadens, welcher aus einem Gesundheitsschaden resultiert, und

– Kausalität zwischen Fehler und Schaden.

Bei der Beurteilung eines Kausalzusammenhangs muss der Gutachter feststellen, wie sich der Gesundheitszu- stand des Patienten ohne den Fehler darstellen würde.

Hätte der Patient den gleichen Gesundheitszustand (d.h. wäre derselbe Gesundheitsschaden auch ohne Fehler eingetreten), ist der Fehler nicht kausal. Der Gut- achter äussert sich zur Kausalität nur in medizinischer, nicht aber in rechtlicher Hinsicht.

Oft ist es schwierig, den Einfluss einer einzigen Ur- sache – im vorliegenden Fall eines Diagnose- oder Behandlungsfehlers – auf das unbefriedigende Gesamt- ergebnis zu bestimmen. Häufig wird ein Gesundheits- schaden auch durch andere Ursachen herbeigeführt, wie etwa eine ungünstige Heilung, Vorerkrankungen, koexistierende Erkrankungen oder die Lebensweise.

Aufklärung und Kommunikation zwischen Arzt und Patient

Die Frage nach der genügenden Aufklärung allein kann nicht Gegenstand eines FMH-Gutachtens sein. Sie kann aber zusätzlich zum vermuteten Diagnose- und/oder Behandlungsfehler gestellt werden.

Die Aufklärungspflicht ergibt sich aus dem Behand- lungsvertrag und dem kantonalen Gesundheits-recht.

Eine klare, umfassende und gut dokumentierte Aufklä- rung ist wichtig. Dies einerseits aus psychologischer Sicht, damit der Patient die Auswirkungen der Behand- lung richtig versteht und Entscheidungen in voller

FMH Recht 756

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Kenntnis der Sachlage treffen kann. Andererseits auch aus rechtlicher Sicht, denn wenn der Arzt seine Aufklä- rungspflicht verletzt hat, indem er den Patienten nicht oder nur unvollständig aufgeklärt hat, haftet er, wenn sich ein Risiko verwirklicht. Dies gilt auch dann, wenn der Arzt die Behandlung sorgfältig durchgeführt hat.

Aus diesem Grund muss der Arzt belegen können, wie er den Patienten aufgeklärt hat und dass er seiner Auf- klärungspflicht nachgekommen ist.

Im Jahr 2016 eruierten die Gutachter in sieben Fällen, in denen kein Diagnose- oder Behandlungsfehler be- gangen wurde, eine ungenügende Aufklärung.

Qualitätssicherung

Die Qualität der Gutachten ist wesentlich. Die folgen- den Massnahmen gewährleisten die Qualität:

– Die medizinischen Fachgesellschaften schlagen für jeden Fall einen oder mehrere Gutachter vor. Falls erforderlich wird ein Gutachterteam aus verschie- denen Disziplinen zusammengestellt. Dadurch sind die Unbefangenheit und die Kompetenz der Gut- achter gewährleistet. Diese werden am Ende des Ablehnungsverfahrens beauftragt. Grundsätzlich wird das Gutachten in der Sprache des Patienten er- stellt (Deutsch, Französisch oder Italienisch).

– Die Gutachter arbeiten mit einem seit Jahren be- währten Schema. Dieses hilft ihnen, das Gutachten zu strukturieren und auf alle relevanten Aspekte einzugehen. Somit verfügen die Parteien über ein Gutachten, welches ihnen ermöglicht, ihre Streitig- keit so gut wie möglich beizulegen.

– Die zuständige Rechtsanwältin des FMH-Rechts- dienstes liest den Gutachtensentwurf. Dieses Quali- tätsinstrument ist seit 2014 obligatorisch. Es bringt die Sicht von Nichtmedizinern ein und unterstützt die Gutachter beim Verfassen des Gutachtens.

Referate

Die Rechtsanwältinnen des FMH-Rechtsdienstes refe- rieren regelmässig an Veranstaltungen, welche die Ausbildung medizinischer Gutachter oder das Haft- pflichtrecht allgemein betreffen. 2016 referierten sie im Rahmen der interdisziplinären Plattform für Versi- cherungsmedizin Swiss Insurance Medicine (SIM) in Basel, an der Universität St. Gallen, am Institut für Rechtsmedizin der Universität Basel und an der Uni- versität von Neuenburg. Die Krankengeschichte als Beweismittel war ebenfalls Gegenstand einer Konfe- renz an der IFAS, der Fachmesse für den Gesundheits- markt in Zürich.

Dauer des Verfahrens

Grundsätzlich ist das Gutachten ungefähr 14 bis 18 Mo- naten nach dem Einreichen des vollständigen Antrags fertig. Es kommt jedoch vor, dass eine Begutachtung vor Ablauf eines Jahres abgeschlossen wird. Das ist zweifellos eine lange Wartezeit, vor allem für die be- troffenen Patienten und Ärzte, die eine möglichst ra- sche Erledigung des jeweiligen Falls wünschen. Die lange Verfahrensdauer lässt sich unter anderem mit den folgenden Gründen erklären:

– Das Verfahren ist reglementiert, transparent und alle Beteiligten werden einbezogen. Dies benötigt Zeit. Je nach Fall dauert nur schon die Suche nach kompetenten Gutachtern mehrere Monate. Das ist vor allem dann der Fall, wenn der vorgeschlagene Gutachter von einer der Parteien abgelehnt wird.

– Das Zusammentragen der medizinischen Unterla- gen, die für die Erstellung des Gutachtens benötigt werden, ist häufig mit Schwierigkeiten verbunden.

Hinzu kommt, dass nur wenige Anträge von Anfang an vollständig sind.

– Die berufliche Belastung vieler Gutachter ist derart hoch, dass sie die benötigte Zeit für die Ausarbei- tung eines Gutachtens kaum finden können; oft wird dafür ein Teil der Freizeit geopfert.

– Hinzu kommen der Zeitaufwand des Rechtsdienstes der FMH für das juristische Lesen der Gutachtens- entwürfe und gegebenenfalls die Zeit, die der Gut- achter benötigt, um sein Gutachten zu über arbeiten.

– Sind mehrere Gutachter beauftragt, benötigt jeder Verfahrensschritt mehr Zeit, begonnen bei der An- hörung und Untersuchung des Patienten bis zur Schlussredaktion des Gutachtens.

Die nachfolgende Grafik zeigt, wie viele Personen und Institutionen am Verfahren vor der FMH-Gutachter- stelle beteiligt sind:

FMH Recht 757

(9)

Die aussergerichtliche Gutachterstelle ist nur eine von vielen Anbietern medizinischer Gutachten. Über- nimmt sie einen Fall zur Begutachtung, muss das Ver- fahren nach ihrem Reglement durchgeführt und für alle Parteien nach denselben Massstäben erledigt wer- den können.

Neues Instrument: das Feedback-Formu- lar betreffend den weiteren Verlauf

Nachdem das Gutachten erstellt ist, hat die Gutachter- stelle mit dem weiteren Verfahrensverlauf nichts mehr zu tun. Sie erfährt daher nicht, ob die Parteien das Er- gebnis des Gutachtens akzeptiert haben, ob sie sich gütlich geeinigt haben oder ob der Patient sich für eine gerichtliche Klärung entschieden hat.

Um diese Fragen zu beantworten und die praktischen Folgen der Gutachten zu evaluieren, hat unsere Gut- achterstelle 2016 ein internes Instrument eingeführt:

das «Feedback-Formular»; es wird nach Zustellung des endgültigen Gutachtens systematisch an die Patienten und Haftpflichtversicherer verschickt.

Erfreulicherweise ist die Rücklaufquote hoch.

Wissenschaftlicher Beirat

Der wissenschaftliche Beirat überwacht im Auftrag des FMH-Zentralvorstands die Tätigkeit der Gutachter- stelle. Er hat keine Entscheidungskompetenz, sondern entlastet den Zentralvorstand von seiner Aufsichts- pflicht und unterstützt die Gutachterstelle bei der Lösung allfälliger Schwierigkeiten in einem Dossier.

Im Berichtsjahr hat sich der wissenschaftliche Beirat zweimal zu einer Sitzung getroffen und stichproben- weise acht Gutachtendossiers und zwei Nichteintre- tensentscheide geprüft.

Die Mitglieder des wissenschaftlichen Beirats sind Dr. med. Andreas Rindlisbacher (Ärztevertreter), Präsi- dent; Dr. med. Jürg Knessl (Patientenvertreter) und Rechtsanwalt Massimo Pergolis (Vertreter der Versi- cherer).

Personelles

– Fachspezialisten: Herr Sébastian Lerch und Frau Marcella Manzo

Sie betreuen die Dossiers aus der Westschweiz bzw.

aus der Deutschschweiz und dem Tessin und sind die primären Ansprechpartner für Personen, die sich an die Gutachterstelle wenden. Sie verwalten die Dossiers von der ersten Anfrage bis zum Ver- sand des Gutachtens und leisten viel Koordina- tions- und Beratungsarbeit.

– Rechtsanwältinnen: Frau Dr. iur. Caroline Hartmann, stv. Leiterin der Gutachterstelle und Frau Valérie Rothhardt, Leiterin der Gutachterstelle

Sie führen die Gutachterstelle, beaufsichtigen die Fälle aus der Deutschschweiz und dem Tessin bzw.

aus der Westschweiz, sind für das juristische Lesen der Gutachten zuständig und stehen den Gutach- tern als Ansprechpersonen zur Verfügung.

Dank

Zahlreiche Akteure wirken am guten Funktionieren der aussergerichtlichen Gutachterstelle mit. Die Mitarbei- ter danken den medizinischen Fachgesellschaften und ihren Delegierten für die wertvolle Unterstützung und den Gutachtern für ihre Verfügbarkeit und ihre grossar- tige Arbeit. Ebenfalls danken wir den behandelnden Ärzten sowie den Spitalleitungen, die auf Anfrage der Patienten bei den Begutachtungen mitgewirkt haben.

Als Leiterin der aussergerichtlichen Gutachterstelle danke ich ausserdem herzlich Herrn Lerch, Frau Manzo und Frau Hartmann für ihre Professionalität, ihren Einsatz und ihre Motivation.

Empfehlung an die Patienten

Wenden Sie sich telefonisch an die aussergerichtliche Gutachterstelle der FMH, bevor Sie den definitiven An- trag auf Begutachtung einreichen. Diese Vorbespre- chungen benötigen zwar Zeit, aber sie tragen dazu bei, viele Fragen im vornherein zu klären, damit das Ver- fahren möglichst optimal und schnell gestaltet wer- den kann.

Der für das Dossier zuständige Mitarbeiter wird insbe- sondere die folgenden Elemente mit Ihnen besprechen:

– Welche/r Arzt/Ärzte hat/hätten ausgehend von den Voruntersuchungen und Behandlungen einen Feh- ler begehen können?

– Welche Dokumente brauchen Sie?

– Worin besteht der Gesundheitsschaden?

– usw.

Bildnachweise

© FMH

Korrespondenz:

Aussergerichtliche Gutach- terstelle der FMH Postfach 65 CH-3000 Bern 15

Adresse, Vorlagen

Wir verfügen über Vorlagen, um die Einreichung eines Antrags auf Begutachtung zu vereinfachen.

Diese bekommen Sie hier:

Aussergerichtliche Gutachterstelle der FMH Postfach 65, 3000 Bern 15

Tel.: 031 359 12 10, vormittags von 8 bis 12 Uhr Fax: 031 359 12 12

www.fmh.ch → Services → Gutachterstelle

FMH Recht 758

(10)

Online-Plattform «Qualitätsinitiativen SAQM» – neu konzipiert

Nadja Jennia, Esther Kraftb

a M. Sc., Wissenschaftliche Mitarbeiterin FMH/SIWF; b Lic. rer. oec., Abteilungsleiterin DDQ

Ziel der Qualitätsarbeit ist es, auf Basis vorhandener Ressourcen, die Qualität der Pa- tientenversorgung zu optimieren und Massnahmen der Qualitätssicherung zu imple- mentieren. Qualität im Gesundheitswesen ist eine herausfordernde und sich immer im Wandel befindliche Materie. Entsprechend hat sich die FMH zum Ziel gesetzt, die be- stehende Online-Plattform der Qualitätsinitiativen neu zu konzipieren, zu erweitern und auszubauen. Aktivitäten im Qualitätsmanagement verhelfen nicht nur zur Verbes- serung der Patientensicherheit, sondern sie nützen dem gesamten Gesundheitswesen.

Von allen Seiten ertönt der Ruf nach mehr Transparenz in der medizinischen Qualität. Die Qualität auf einem hohen Niveau zu halten, verlangt von der Ärzteschaft und allen weiteren Akteuren im Gesundheitswesen einen grossen Einsatz. Entsprechend zahlreich sind die Initiativen zur Qualitätssicherung. Seit 2007 dokumen- tiert die FMH/SAQM Qualitätsaktivitäten auf ihrer Web- site (www.fmh.ch → Qualität → Qualitätsinitiativen).

Die Verbindung der Schweizer Ärztinnen und Ärzte hat damit eine Plattform für Wissensvermittlung und Ver- netzung von Qualitätsbestrebungen in der Schweiz geschaffen, welche die Bandbreite der medizinischen Qualitätssicherung und -entwicklung in der Schweiz aufzeigt. Die Online-Plattform wird nun neu konzipiert und aktualisiert. Neben den ärztlichen Berufsgruppen wird neu auch den nicht-ärztlichen Berufsgruppen/Or- ganisationen Raum geboten, um ihre Bestrebungen in der Qualität zu dokumentieren und zu veröffentlichen.

Aufgenommen werden Qualitätsinitiativen, bei denen es sich um eine Massnahme zur Sicherung und Ver- besserung der ärztlichen und medizinischen Leistung handelt. Zudem sollen die Qualitätsaktivitäten Pro- zesse verbessern und Fehler reduzieren, was sich po- sitiv auf die Patientensicherheit und die Behandlung auswirken kann. Initianten von Q-Initiativen können Einzelpersonen, Netzwerke oder Institutionen sein, die nachweisbar Qualitätsentwicklung betreiben. Die Band-

breite der Q-Initiativen reicht von Kleinprojekten bis hin zu etablierten Qualitätsmanagementsystemen.

Per Suchmaschine mit wenigen Klicks beim gesuchten Projekt

Die Online-Porträts der vorgestellten Qualitätsinitiati- ven enthalten einen Kurzbeschrieb sowie weitere Infor- mationen wie Ablauf, Zeitaufwand, Kosten und Kontakt- daten. Mit einer gezielten Suche nach Fach, Arbeitsbereich und Sparte lassen sich rasch all jene Qualitätsinitiativen finden, die den Bedürfnissen entsprechen.

Aufnahme von neuen Qualitätsinitiativen

Nach wie vor gibt es viele Qualitätsinitiativen, die noch nicht auf der FMH-Website präsent sind und einem breiten Fachpublikum vorgestellt werden sollten. Nut- zen Sie die Gelegenheit und melden Sie Ihre Qualitäts- aktivitäten für die Aufnahme auf der Online-Plattform

«Qualitätsinitiativen SAQM» an.

Alle neuen Q-Initiativen, die bei der Abteilung Daten, Demographie und Qualität DDQ der FMH eingegangen sind, beurteilt der Steuerungsausschuss der SAQM an- hand von Kriterien zu Durchführbarkeit, Übertragbar- keit und zum Nutzen. Unter diesem Link können Sie die Angaben zu Ihrer Qualitätsinitiative direkt eingeben:

http://www.fmh.ch/saqm/_service/qualitaetsinitiativen.

cfm. Weitere Informationen über die Aufnahme von Q-Initiativen finden Sie direkt auf unserer Website.

Korrespondenz:

FMH / SAQM Elfenstrasse 18 Postfach 300 CH-3000 Bern 15 Tel. 031 359 11 11 saqm[at]fmh.ch

Möchten Sie Ihre Qualitätsinitiative auf der Online- Plattform der FMH publizieren?

Hier finden Sie den Link: http://www.fmh.ch/saqm/_service/

qualitaetsinitiativen.cfm

Kontaktieren Sie uns über ddq[at]fmh.ch oder 031 359 11 11, wir informieren Sie gerne detailliert über das weitere Vorgehen.

Nutzen Sie die Gelegenheit und melden Sie Ihre Qualitätsakti- vitäten für die Aufnahme auf der Online-Plattform für Qualitäts- initiativen in der Medizin der SAQM/FMH an!

FMH SAQM 759

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Todesfälle / Décès / Decessi

Jean-Pierre von Wartburg (1931), † 10.4.2017, 3065 Bolligen

Michel Guisan (1933), † 22.4.2017,

Spécialiste en pneumologie et Spécialiste en médecine interne générale, 1012 Lausanne

Jutta Marxer (1927), † 9.5.2017, Fachärztin für Ophthalmologie, 9000 St. Gallen

Heinz-Joachim Raab-Jann (1929), † 22.5.2017, Facharzt für Allgemeine Innere Medizin, 6460 Altdorf UR

André Walther (1949), † 27.5.2017,

Facharzt für Allgemeine Innere Medizin, 3110 Münsingen

Ärztegesellschaft des Kantons Luzern Zur Aufnahme in unsere Gesellschaft Sektion Stadt haben sich gemeldet:

Sebastian Thormann, Facharzt für Ortho­

pädische Chirurgie und Traumatologie des Bewegungsapparates, FMH, ab 01.09.2017:

Medicum Wesemlin, Landschaustrasse 2, 6006 Luzern

Mike Bucher, Facharzt für Pneumologie, ab 1.7.2017: Lungenpraxis Pilatus, Morgarten­

strasse 1, 6003 Luzern

Einsprachen sind innert 20 Tagen nach der Publikation schriftlich und begründet zu richten an: Ärztegesellschaft des Kantons Luzern, Schwanenplatz 7, 6004 Luzern

Preise / Prix / Premi

Gedenkpreis Guido Fanconi und Talentprize / Le Prix Guido Fanconi et le Talentprize

Die Schweizerische Gesellschaft für Pädiatrie verlieh an ihrem Jahreskongress 2017 folgende Preise:

Der Gedenkpreis Guido Fanconi ging an KD Dr. med. Sepp Holtz für seine Pionierarbeit im Bereich der pädiatrischen Weiterbildung, insbesondere für die Entwicklung und Förderung der Praxisassistenz.

Der Talentprize ging an Dr. med. Patrick Forny für seine Arbeit «Novel Mouse Models of Methylmalonic Aciduria Recapitulate Phenotypic Traits with a Genetic Dosage Effect».

Prix décernés par la Société suisse de pédiatrie à l’occasion du congrès annuel 2017:

Le Prix Guido Fanconi a été décerné au PD Dr Sepp Holtz pour son œuvre de pionnier dans le domaine de la formation pédiatrique, notamment pour le développement de l’assistanat en cabinet.

Le Talentprize a été décerné au Dr Patrick Forny pour ses travaux «Novel Mouse Models of Methylmalonic Aciduria Recapitulate Phenotypic Traits with a Genetic Dosage Effect».

Paul-Morawitz-Preis

Prof. Dr. Thomas F. Lüscher, Zürich, wurde von der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie aufgrund seiner Leistungen als klinischer Forscher, Internist und Kardiologe sowie als Herausgeber wissenschaftlicher Zeitschriften an der diesjährigen Jahrestagung der Gesellschaft mit dem Paul­Morawitz­Preis ausgezeichnet.

FMH Personalien 760

Personalien

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Gründung eines neuen Trägervereins

Breite Unterstützung für die Kampagne smarter medicine

Trägerschaft «smarter medicine»

Mitte Juni ist ein neuer Trägerverein gegründet worden, welcher der vor drei Jah- ren lancierten Kampagne smarter medicine in der Schweiz mehr Schub verleihen möchte. Nebst medizinischen Fach- und Berufsorganisationen unterstützen auch Verbände, welche die Interessen der Patienten und Konsumenten vertreten, die Stossrichtung der Kampagne. Sie möchten gemeinsam die Öffentlichkeit dafür sensibiliseren, dass bei gewissen Behandlungen manchmal weniger Medizin mehr Lebensqualität für die Betroffenen bedeuten kann.

Vor ein paar Jahren wurden in den USA Stimmen laut, welche vor den Auswirkungen der medizinischen Über- versorgung («Overuse») warnten. 2011 lancierten Ärztin- nen und Ärzte die «Choosing Wisely»-Initiative. Ziel die- ser Initiative ist es, nicht nur «kluge Entscheidungen»

herbeizuführen, sondern auch die offene Diskussion zwischen Ärzteschaft, den Patienten und der Öffentlich- keit zu fördern.

Kernstück von «Choosing Wisely» sind sogenannte «Top- 5-Listen» aus jeder klinischen Fachdisziplin. Diese Top- 5-Listen enthalten je fünf medizinische Massnahmen, die in der Regel unnötig sind. Das heisst: Ärzte und Patien te n sollten miteinander darüber reden, ob nicht besser auf eine Behandlung verzichtet werden kann, weil die damit verbundenen Risiken potentiell grösser sind als der Nutzen.

Die Schweizerische Akademie der Medizinischen Wissen- schaften (SAMW) hat die Choosing-Wisely-Initiative in ihrer Roadmap «Nachhaltiges Gesundheitssystem» pro- pagiert. Bei der Schweizerischen Gesellschaft für All- gemeine Innere Medizin (SGAIM) stiess dieses Anliegen ebenfalls auf grosses Interesse. Eine Kommission machte sich in der Folge daran, eine eigene Top-5-Liste für den ambulanten Bereich in der Schweiz auszuarbeiten, und stellte diese 2014 unter dem Namen smarter medicine der Öffentlichkeit vor. Zwei Jahre später erfolgte die Pu- blikation einer Top-5-Liste für den stationären Bereich.

Trotzdem konnte die smarter medicine-Kampagne in der Schweiz – im Gegensatz zu anderen Ländern – noch nicht so recht Fuss fassen und wurde von anderen medizini- schen Fachgesellschaften kaum mitgetragen. Deshalb er- griffen SGAIM und SAMW die Initiative, um eine grös- sere Trägerschaft für die Kampagne in der Schweiz zu bilden. Dabei sollten auch die Patient/innen und Konsu-

ment/innen sowie die anderen Gesundheitsberufe ein- gebunden werden. Der Trägerverein smarter medicine wird nun im Juni 2017 gegründet. Neben SGAIM und SAMW sind auch der Schweizerische Verband der Berufs- organisationen im Gesundheitswesen (SVBG), der Dach- verband der Schweizer Patientenstellen (DVSP) sowie die Konsumentenorganisationen Stiftung für Konsumen- tenschutz (SKS), Fédération Romande des Consomma- teurs (FRC) und Associazione consumatrici et consuma- tori della Svizzera italiana (acsi) als Mitglied dabei.

Der Trägerverein verfolgt folgende Ziele:

– Ausarbeitung und Publikation weiterer Top-5-Listen durch medizinische Fachgesellschaften etc. fördern;

– Die Verbindlichkeit der Empfehlungen erhöhen;

– Andere Gesundheitsberufe (interprofessioneller An- satz) aktiv einbeziehen;

– Patient/innen und Kund/innen für das Anliegen sen- sibilisieren;

– Öffentliche Diskussion über Behandlungsqualität (Über- resp. Unterversorgung) anstossen;

– Thema Behandlungsqualität als Teil der medizini- schen Weiter- und Fortbildung etablieren und veran- kern;

– Unterstützung der Kampagne durch Politik und Be- hörden erreichen.

Den Gründungsmitgliedern des Trägervereins ist es sehr wichtig, dass die Kampagne smarter medicine nicht von der Gesundheitsökonomie vereinnahmt wird. Es geht in erster Linie darum, die Behandlungsqualität nach dem Motto «Weniger Medizin kann mehr sein» zu verbes- sern.

Weitere Informationen zur Kampagne und zur Trägerschaft fin- den Sie unter www.smartermedicine.ch

Korrespondenz:

Bruno Schmucki smarter medicine c/o SGAIM Monbijoustrasse 43 CH-3001 Bern

bruno.schmucki[at]sgaim.ch

WEITERE ORGANISATIONEN UND INSTITUTIONEN SAMW 762

(13)

smarter medicine:

die «Top-9-Liste» der SGI

Trägerschaft «smarter medicine»

Wie ist die Liste «Smarter Intensive Care Medicine» zu verwenden?

Es handelt sich nicht um eine schwarze Liste! Sie zählt keine Massnahmen auf, die aus den Einheiten oder Vergütungskatalogen verbannt werden sollen. Erin- nern wir uns an den Ausgangspunkt der American Board of Internal Medecine (ABIM)-Initiative: Die vor- geschlagenen Massnahmen sollen die Diskussion zwi- schen Ärzten und Patienten fördern, um auf Massnah- men zu verzichten, wenn sie keinen Nutzen bringen.

Diese Liste ist deshalb eine Grundlage zur  weiteren Reflexion, «a cooking book for thinking cooks». Jede andere Verwendung, insbesondere mit dem Ziel der Einschränkung der Versorgung, wäre missbräuchlich:

Rationalisierung darf nicht mit Rationierung ver- wechselt werden! Die Schweizerische Gesellschaft für Intensivmedizin (SGI) und ihre Mitglieder werden auf- merksam sein und nicht zulassen, dass sich eine abweichende Anwendung dieser Massnahmen eta- bliert.

Ist die Top-9-Liste der SGI nicht nur ein Tropfen auf den heissen Stein? Nein, denn auch wenn die unmittel- baren wirtschaftlichen Auswirkungen wahrscheinlich gering sein werden, will die SGI eine Veränderung der Denkweise und der geübten Praxis erreichen. Die SGI wird diese Initiative weiter verfolgen und den Grad der Umsetzung der Massnahmen und ihre Auswirkungen auf die Praxis beurteilen. Auf diese Weise und dank der Weiterentwicklung der Kenntnisse können in Zukunft neue Massnahmen vorgeschlagen und umgesetzt wer- den, die eine ständige Weiterentwicklung zu «Smarter Intensive Care Medicine» ermöglichen.

1. Beschränken Sie die tiefe Sedierung mechanisch beatmeter Patienten, indem diese bis zu einer Tiefe vorgenommen wird, die mit Hilfe validierter Skalen

eingeschätzt wird, und indem ein tägliches Auf­

wachen – sei es auch nur teilweise – ermöglicht wird.

Erwartete positive Wirkungen

– Verringerte Gesamtdauer der mechanischen Beat- mung

– Verringerte Inzidenz von Komplikationen in Ver- bindung mit der mechanischen Beatmung (durch die intensivmedizinische Betreuung bedingte Läh- mungen, Delirium, über das Beatmungsgerät er- worbene Infektionen)

– Erleichterung der frühzeitigen Mobilisierung der Patienten

2. Beschränken Sie die Transfusion von Erythrozyten bei stabilen Patienten ohne Blutungen (Schwelle für Transfusion: Hämoglobinwert von 70 g/l).

Erwartete positive Wirkungen

– Einsparung von Blutprodukten und Kosten – Verringerung transfusionsbedingter Komplikatio-

nen (Transfusionszwischenfälle, transfusionsasso- ziierte Kreislaufüberlastung [TACO], transfusions- assoziierte Lungeninsuffizienz [TRALI])

3. Bei Patienten mit einem signifikanten Risiko, zu sterben oder schwerwiegende Schäden davonzutra­

gen, sind lebenserhaltende Massnahmen nur dann fortzusetzen, wenn mit dem Patienten – oder den An­

gehörigen, die ihn vertreten – zuvor die Behand­

lungsziele besprochen wurden, und zwar unter Be­

rücksichtigung der Werte und persönlichen Wünsche des Patienten.

Erwartete positive Wirkungen

– Verringerung der Pflegemassnahmen mit unange- messener Dauer und/oder Intensität

– Förderung der Kommunikation sowie der Informa- tion des Patienten und der Angehörigen

– Harmonisierung der Entscheidungsprozesse in der Intensivpflege

4. Verabreichen Sie keine Breitbandantibiotika, ohne zu Beginn die Eignung der Behandlung und jeden Tag die Möglichkeit einer Deeskalation zu prüfen.

Diese Liste ist deshalb eine Grundlage zur  weiteren Reflexion, «a cooking book for thinking cooks».

WEITERE ORGANISATIONEN UND INSTITUTIONEN SAMW/SGAIM 763

(14)

Erwartete positive Wirkungen

– Verringerung des Gesamtverbrauchs an Breit- bandantibiotika

– Verringerung assoziierter Komplikationen (Aller- gien, Nieren- und Leberversagen, Sekundärinfek- tion mit resistenten Keimen)

– Verringerung des Selektionsdrucks und der Resis- tenzentwicklung

5. Führen Sie keine routine­ oder regelmässigen Zu­

satzuntersuchungen durch; Untersuchungen sollten nur mit dem Ziel durchgeführt werden, eine spe­

zielle, für den Patienten relevante Fragestellung auf­

zuklären.

Erwartete positive Wirkungen

– Verringerung der Gesamtzahl der Untersuchungen und der damit verbundenen Kosten

– Verringerung der negativen Begleiterscheinungen (Strahlenbelastung, Anämie)

– Verringerung des Risikos nutzloser und ungeeigne- ter Behandlungen

6. Verabreichen Sie Patienten ohne Ernährungsdefi­

zit in den ersten vier bis sechs Tagen auf der Intensiv­

station keine parenterale Ernährung.

Erwartete positive Wirkungen

– Verringerter Einsatz parenteraler Ernährung und geringere damit einhergehende Kosten

– Verringerung assoziierter Komplikationen (Infek- tionen, Leber- und Stoffwechselkomplikationen) 7. Verabreichen Sie Patienten mit Kreislaufinsuffi­

zienz keine intravenösen Flüssigkeiten, ohne zuvor die Reaktion darauf mit Hilfe eines dynamischen Tests untersucht zu haben.

Erwartete positive Wirkungen

– Verringerte Verabreichung intravenöser Flüssig- keiten und geringere damit einhergehende Kosten – Verringerung assoziierter Komplikationen (Flüssig-

keitsüberladung, Nierenversagen, Stoffwechselkom- p likationen)

8. Verabreichen Sie nicht systematisch eine Ulkus­

prophylaxe, sondern nur nach Abwägung von Nut­

zen und Risiko und bei gleichzeitiger Bevorzugung der enteralen Ernährung.

Erwartete positive Wirkungen

– Verringerung des Medikamentenverbrauchs und der damit verbundenen Kosten

– Verringerung der ausgelösten Komplikationen (in der Intensivstation erworbene Pneumonie)

9. Verwenden Sie keine invasiven Instrumente (Ka­

theter, Sonden, Drains), wenn kein Nutzen für den Patienten zu erwarten ist, und bewerten Sie deren Notwendigkeit immer wieder mit dem Ziel einer möglichst baldigen Entfernung.

Erwartete positive Wirkungen

– Verringerung des Materialverbrauchs und der da- mit verbundenen Kosten

– Verringerung assoziierter Komplikationen (mit dem Einsetzen verbundene Komplikationen, Sekundär- infektionen, Immobilisierung des Patienten)

Korrespondenz:

smarter medicine c/o SGAIM Monbijoustrasse 43 CH-3001 Bern info[at]sgaim.ch

Zur Entstehung dieser Liste

Auch wenn sich die amerikanische Choosing-Wisely- Liste auf wissenschaftliche Grundlagen stützt, die ohne Zweifel solide sind, muss es nicht notwendiger- weise eine signifikante Änderung der Praxis mit sich bringen, wenn sie ausserhalb des Ursprungslandes vorgeschlagen und umgesetzt würde. Eine Analy se ähnlicher Initiativen in anderen Ländern (Australien und Neuseeland, Grossbritannien, Kanada, Frank- reich) zeigt, dass die Anwendung der amerikanischen Vorschläge ausserhalb ihres ursprünglichen Kontex- tes in der Tat nicht ohne weiteres möglich ist.

Die SGI als interprofessionelle Gesellschaft hat das Hauptziel, die Versorgungsqualität der Patienten in akutem kritischem Zustand zu garantieren und wei- terzuentwickeln. Sie hat einen völlig neuartigen An- satz gewählt, der sich nicht darauf beschränkt, ohne Weiteres die amerikanischen Massnahmen zu über- nehmen: Eine Arbeitsgruppe hat in der Literatur in- tensivtherapeutische Massnahmen ermittelt, die nach den Kriterien des American Board of Internal Medicine (ABIM) potenziell ungeeignet sind. Danach wurden die Mitglieder der SGI befragt, um nur die Massnahmen zu berücksichtigen, bei denen Ver- besserungspotenzial bestand und eine wirksame Umsetzung vorstellbar erschien. Aufgrund dieser Be- fragung konnte die endgültige Liste mit neun Mass - nahmen erstellt werden, die auf der Hauptversamm- lung der SGI im Jahr 2016 vorgestellt und verab- schiedet wurde.

Eine ausführliche Literaturliste sowie Empfehlungen von weiteren medizinischen Fachgesellschaften sind unter www.smartermedicine.ch online abrufbar.

WEITERE ORGANISATIONEN UND INSTITUTIONEN SAMW/SGAIM 764

(15)

Finanzierungsart, Stellenwert und Betreuung der Ausbildung von Hausärztinnen und Hausärzten

Praxisassistenz

François Pileta, Bernard Giorgisb

a Dr. med., Cursus Romand de Médecine de Famille, Mitglied FMH; b Dr. med., Cursus Romand de Médecine de Famille, Mitglied FMH

Ansatz

Seit rund zehn Jahren sind sich der medizinische Ver- band und die politischen Verantwortlichen des Ge- sundheitssystems bewusst, dass insbesondere in den Randregionen der Bestand an Hausärztinnen und Hausärzten knapp ist und knapp wird. Um den Nach- wuchs bei den Hausärztinnen und Hausärzten zu för- dern, wurden mit der Unterstützung der Conférence latine des Affaires Sanitaires et Sociales (CLASS) in allen Westschweizer Kantonen entsprechende Pro- gramme geschaffen und von diesen mitfinanziert.

Zudem erteilte die CLASS dem Cursus Romand de Médecine de Famille (CRMF) 2007 den Auftrag, die Nach diplom ausbildung der Hausärztinnen und Haus- ärzte sowie die Praxisassistenz in der Westschweiz zu entwickeln und zu koordinieren.

Das Programm der Praxisassistenz wurde bereits 1998 von der FMH und dem Kollegium für Hausarztmedizin (KHM) lanciert. 2008 wurde die Verantwortung für das Programm CMPR der neu gegründeten Stiftung zur Förderung der Weiterbildung in Hausarztmedizin (WHM) übertragen. Diese Stiftung finanziert – zusätz- lich zu den Praxisassistenz-Stellen, die von den Kanto- nen mitfinanziert werden – in der ganzen Schweiz jedes Jahr rund fünfzig Praxisassistenzen mit.

Mit der Schaffung dieser Stellen wird auf den Befund reagiert, dass die derzeitige Ausbildung im Wesent- lichen spitalzentriert ist. Die spezifische Ausbildung in der ambulanten Medizin unterscheidet sich von der Aneignung von Kompetenzen, die mit dem Spital zu tun haben. Die Praxisassistenz gehört zu den wesentlichen Instrumenten einer Ausbildung im Rahmen einer effizienten und qualitativ hochste- henden ambulanten Medizin.

Überblick über die Situation

Die meisten Ausbildungsstellen in der Praxisassistenz werden derzeit subventioniert. Die Praxis zeigt, dass es in der Schweiz verschiedene Finanzierungsmodelle gibt. Zwei wichtige Finanzierungsquellen bestehen nebeneinander1:

– Von jedem Kanton entwickelte Programme der Pra- xisassistenz2: Die kantonalen Behörden gewähren eine Finanzierung für eine sechsmonatige Periode

in Vollzeit oder ein Jahr im Rahmen einer 50%- Stelle. Diese kann pro Arzt während seiner gesam- ten Ausbildung nur einmal gewährt werden. Diese Dauer hat zum Ziel, im Rahmen eines beschränkten Budgets allen ein Minimum zu gewährleisten.

– Die Finanzierung gewisser Stellen durch die WHM3, die eine von der FMH stammende Finanzierung auf- teilt.

Die Praktika in den Arztpraxen subventionieren die Kantone derzeit mit einem Anteil von 60 bis 80% des Assistenzarzt-Lohnes. Dies erfolgt unter Berücksich ti- gung der Berufsjahre. Dabei wird von einem Voll zeit- Jahreslohn ausgegangen, der inkl. Sozialaufwand durch- schnittlich 100 000 CHF beträgt. Ein solches Vorgehen impliziert somit, dass die Lernzeit finanziert wird.

Antrag des CRMF

Die Finanzierung der Lernstunden entspricht nicht der tatsächlichen Situation. Auch ein sich in Ausbildung befindender Assistenzarzt leistet eine klinische Arbeit, die den Patientinnen und Patienten in Rechnung ge- stellt werden kann. Der Praktikumsbetreuer hingegen erzeugt während seiner Supervisions- und Unterrichts- tätigkeit keinerlei Umsatz. Andererseits fördert die Tätigkeit in der Arztpraxis die Entwicklung von Ge- meinschaftspraxen und von grösseren medizinischen Zentren. Dank diesen Betrieben lässt sich die ambu- lante Ausbildung der Ärztinnen und Ärzte professio- nell gestalten.

Angesichts dieser Situation schlägt der CRMF vor, auf das Konzept der Subventionierung des Assistenzarzt- Lohnes zu verzichten und es durch die Finanzierung der Arbeit des Praktikumsbetreuers zu ersetzen, die dieser durch die Supervision, das Unterrichten und die Betreuung des Assistenzarztes erbringt. Der CRMF hält einen Pauschalbetrag von 60 000 CHF pro Jahr4 für die Ausbildung eines Assistenzarztes zu 100% für ange- messen, dies insbesondere dann, wenn man die Ent- wicklung der Ausbildung von Hausärzten in Gemein-

1 Beispielsweise stellen gewisse medizinische Zentren auf eigene Kosten Assistenten an oder verlän- gern die Anstellung eines Assistenten nach einer sechsmonatigen subventionierten Assistenz auf eigene Kosten um ein zweites Semester.

2 Für einen Überblick:

http://www.gdk-cds.ch/

index.php?id=1130&L=1 3 Für einen Überblick:

http://www.whm-fmf.ch/

PraxisassistenzWHM/

tabid/511/language/fr-CH/

Default.aspx

4 Die für Supervision aufge- wendete Zeit kann wie folgt aufgeteilt werden:

– durchschnittl. 30 Min. pro halben Arbeitstag für die indirekte Supervision mit dem Dossier;

– durchschnittl. 15 Min. pro halben Arbeitstag für die direkte Supervision (Kon- trolle, Diskussion einer Strategie in Anwesenheit des Patienten, Beibringen von technischen Hand- griffen usw.);

– durchschnittl. 45 Min. pro Woche strukturierter Unterricht zu einem spe- ziellen Thema ausserhalb der Konsultationen.

Der CRMF geht davon aus, dass ein Assistenzarzt mit einem Vollzeitpensum im Schnitt an 9 Halbtagen pro Woche Konsultationen durchführt, dies während 44 Wochen (abzüglich Ferien, Feiertage, auswärti- ger Ausbildungen und anderer unvorhergesehe- ner Abwesenheiten). Die Betreuung und die Super- vision seiner Arbeit kom- men pro Jahr auf rund 60 720 CHF (Waadtländer Tarif) zu stehen. Diese Zahl wird folgendermassen berechnet: 30 + 15 = 45 Min.

× 9 = 405 + 45 Min.

= 450 Min. pro Woche; dies entspricht 7,5 Std. pro Woche. Auf ein Jahr ge- rechnet ergibt dies 7,5 Std.

× 44 Wochen = 330 Std. zu einem Ansatz von 184 CHF/

Std., also 330 Std. × 184 CHF

= 60 720 CHF.

Die Praktika in den Arztpraxen subventio­

nieren die Kantone derzeit mit einem Anteil von 60 bis 80% des Assistenzarzt­Lohnes.

WEITERE ORGANISATIONEN UND INSTITUTIONEN Cursus Romand de Médecine de Famille 765

(16)

schaftspraxen fördert. Dieser Betrag entspricht der Entlöhnung des Praktikumsbetreuers für die Zeit, die er in den sich in Ausbildung befindenden Arzt inves- tiert. Der Lohn des Assistenzarztes würde durch die geleistete Arbeit selber finanziert.

Der CRMF hält es für äusserst wünschenswert, eine Be- treuung der Ausbildung in der Arztpraxis und mit Praktikumsbetreuern durch die universitären Insti- tute der Hausarztmedizin einzuführen. Auf diese Weise liessen sich die Qualität und Kohärenz des Unter- richts und der geleisteten Ausbildung gewährleisten.

Der CRMF schlägt auch vor, auf die Beschränkung der kantonalen Unterstützung auf sechs Monate pro Arzt zu verzichten. Auf diese Weise liesse sich der Anteil der Ausbildung in der Arztpraxis erhöhen, die Spitalzen- triertheit abbauen, und die Kompetenzen in der ambu- lanten Medizin könnten erhöht werden.

Um diese Entwicklung zu unterstützen, schlägt der CRMF schliesslich vor, die kantonalen Budgets nach oben neu zu überprüfen, um dem zusätzlichen Bedarf zu entsprechen. Dieser entsteht durch den für die Aus- bildung in der Arztpraxis aufgewendeten zusätzlichen Zeitaufwand.

Schlussfolgerung

Die gesundheitlichen Bedürfnisse der Bevölkerung und die Entwicklung der Organisation des Gesund- heitssystems haben zur Folge, dass die Ausbildung der Hausärzte angepasst werden muss. Diese muss ver-

mehrt im ambulanten Bereich und insbesondere in den Arztpraxen stattfinden. Dazu schlägt der CRMF vor, den Stellenwert, die Betreuung und die Finanzie- rungsart der Praxisassistenz zu überdenken. Konkret geht es nicht darum, eine private Praxis zu finan- zieren, indem der Lohn des Assistenzarztes subven- tioniert wird, sondern die Unterrichts- und Supervi- sionstätigkeit des Praktikumsleiters angemessen zu entschädigen. Dies bedeutet einen echten Paradig- menwechsel.

Der Antrag bedingt eine Anpassung der kantonalen Reglemente zur Assistenz und der Budgets, um mög- lichst viele Praxisplätze anbieten zu können. Das Vor- gehen sollte auch eine qualitative Verwendung der öffentlichen Gelder für die Ausbildung ermöglichen, indem die universitären Institute der Hausärzte ein- bezogen werden. Eine Qualitätsausbildung der Haus- ärzte führt zwangsläufig zu einer effizienten und quali- tativ hochwertigen Notfallmedizin.

Diese Änderungen können zu einem grösseren Inter- esse für die Hausarztmedizin und einer besseren Quali- tät der Nachdiplomausbildung der künftigen Hausärzte beitragen und somit deren künftige Niederlassung för- dern. Seit 2007 sind 330 der 510 Ärzte, die den CRMF konsultiert haben, frisch diplomiert. Bei den übrigen hat sich die Hälfte 6 Jahre nach dem Medizindiplom und 98% 9 Jahre nach Studienabschluss niedergelassen.

Bildnachweis

© Pojoslaw | Dreamstime.com Korrespondenz:

Cursus Romand de Médecine de Famille

Policlinique médicale universitaire Rue du Bugnon 44 CH-1011 Lausanne bernard.giorgis[at]hospvd.ch françoispilet[at]

vouvry-med.ch

Besonders in Randregionen gibt es immer weniger Hausärzte. Um den Nachwuchs im Bereich Hausarztmedizin zu fördern, wurden in allen Westschweizer Kantonen entsprechende Programme geschaffen.

WEITERE ORGANISATIONEN UND INSTITUTIONEN Cursus Romand de Médecine de Famille 766

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