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Die thermische Abfallbehandlung im Energiemarktdesign der Zukunft

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Die thermische Abfallbehandlung im Energiemarktdesign der Zukunft

Martin Treder

1. Einleitung ...93

2. Begriffsverwirrungen ...94

3. Stoffstromspezifische Betrachtung ...100

3.1. Bioabfälle ...101

3.2. Kunststoffabfälle ...104

4. Energienutzung ...110

4.1. Vorteilhaftigkeit der TAB-Energie ...112

4.2. Energieproduktion aus TAB ...115

4.3. Energiemarktdesign der Zukunft für TAB ...121

5. Fazit ...122

6. Quellen ...124

1. Einleitung

Die Thermische Abfallbehandlung (TAB) in Deutschland hat mit den rund hundert Anlagen (Müllverbrennungsanlagen (MVA) und Ersatzbrennstoffkraftwerke (EBS- KW)) und einer Kapazität von rund 25 Mio. Tonnen. Im internationalen Vergleich eine herausragende Stellung bzgl. Umweltverträglichkeit, Energieeffizienz, Wirtschaftlichkeit und sozialer Verantwortung. Die ITAD vertritt etwa 80 TAB (davon alle MVA) mit einer Gesamtkapazität von rund 23 Mio. Tonnen.

ITAD bekennt sich ausdrücklich zu einem hochwertigen und transparenten Recycling (werkstoffliche Verwertung). Des Weiteren sind aber auch eine effiziente und umwelt- verträgliche Mitverbrennung von qualitätsgeprüften Sekundärbrennstoffen (SBS) in Zement- und Kohlekraftwerken mit entsprechender vorgeschalteten Sortier- und Aufbereitungsanlagen sowie die Deponierung für inerte und schadstoffhaltige Abfälle als weitere unverzichtbare Standbeine einer modernen Abfallwirtschaft erforderlich.

Somit tritt ITAD für eine nachhaltige Abfallwirtschaft ein.

Einhergehend mit dem steigendem Konkurrenzdruck bei den Markteilnehmer (sinken- de Abfallmengen, geringere Energieerlöse für Energieproduzenten aber gleichzeitige Verteuerung von Energie bei Energieverbrauchern, Internationalisierung, schärfere

(2)

Umweltauflagen, usw.) sinkt scheinbar auch die Bereitschaft, sich mit wissenschaft- lich nachvollziehbaren und transparenten Fakten zu beschäftigen. Dies gilt für viele Unternehmen der Abfallwirtschaft, aber zunehmend auch für Behörden und Politik.

Man gewinnt den Eindruck, dass sich die Prioritäten derzeit verschieben:

• Von der Chemie zur Alchemie und

• von Qualität zu Quantität beim Recycling.

Aus Sicht der Öffentlichkeit, Recyclingverbände und Betreiber von TAB spielen hier insbesondere zwei Stoffströme – Kunststoffe und Bioabfälle – derzeit eine wesentliche Rolle, auf die noch näher eingegangen wird.

Die ITAD versucht durch Aufklärungsarbeit mehr Sachlichkeit in die Diskussion um eine zukunftsfähige Abfallwirtschaft in Deutschland einzubringen. Recyclinglügen und Ökomärchen bringen uns langfristig nicht weiter und diskreditiert die Abfallwirtschaft als Branche. Letztendlich sollte es allen Bereichen der Abfallwirtschaft darum gehen, die Ressource Abfall bestmöglich zu nutzen. Hierbei ergänzen sich hochwertiges Re- cycling und die energetische Verwertung.

2. Begriffsverwirrungen

In der Abfallwirtschaft hat sich leider noch keine einheitliche Begriffsbestimmung für die wesentlichen Fachbegriffe durchgesetzt, wie z.B. Siedlungsabfall, Ersatzbrennstoff (EBS), Thermische Abfallbehandlungsanlagen, Mechanische Behandlungsanlagen und viele andere. Dies liegt sicherlich an recht unterschiedlichen Umständen, wie z.B.:

• Gesetzgebung (EU und national, Bund und Länder, Abfall-, Umwelt-, Berg-, Ener- gie-, Klima- und Stoffrecht, usw.),

• Föderalismus (Zuständigkeiten),

• Vermischung von Markt und Regulierung,

• Keine eigene wissenschaftliche Disziplin,

• Viele Schnittstellen zu anderen Bereichen (Produktionswirtschaft, Energieerzeu- gung, usw.),

• Inhomogene Struktur der Marktteilnehmer,

• Unterschiedlichste Behandlungsverfahren (stofflich und thermisch, usw.).

Dieses wissenschaftliche Defizit ist eine wesentliche Ursache für Missverständnisse, gewolltes Vergleichen von Äpfeln mit Birnen, Polemik und letztendlich für Fehlent- scheidungen.

Bei der energetischen Entsorgung kann man zahlreiche Unterscheidungen auf unter- schiedlichen Ebenen treffen. Hauptsächlich unterscheidet man nach Art des Abfalls (z.B. Klärschlamm- oder Biomasseverbrennung) oder nach Art der eingesetzten Technik (z.B. Wirbelschicht- oder Rostfeuerung).

(3)

Beispielsweise wird in Baden-Württemberg (BW) auf der Internetseite themenpark- umwelt.baden-wuerttemberg [6] zwischen drei Anlagentypen unterscheiden:

• Verbrennungsanlagen für EBS

Mit dem Hauptzweck der Energiebereitstellung aus heizwertreichen Abfällen her- gestellte Brennstoffe.

• Mitverbrennungsanlagen

Kohlekraft- oder Zementwerke, die konventionelle Brennstoffe durch Abfälle sub- stituieren.

• Müllheizkraftwerke

Mit dem Hauptzweck der thermischen Behandlung von Restabfällen. Restabfälle aus Haushaltungen sind im abfallrechtlichen Sinne jedoch immer, d.h. auch in Anlagen mit Verwerterstatus, Abfälle zur Beseitigung.

In den DESTATIS Berichten Abfallentsorgung wird folgende Definition [3] verwendet:

• Thermische Abfallbehandlungsanlagen

Anlagen zur teilweisen oder vollständigen Beseitigung von festen, flüssigen oder gasförmigen Stoffen oder Gegenständen durch Verbrennen (z.B. Abfallverbren- nungsanlagen), Anlagen zur thermischen Zersetzung brennbarer fester oder flüs- siger Stoffe unter Sauerstoffmangel (Pyrolyseanlagen) sowie Anlagen zur Rückge- winnung von einzelnen Bestandteilen aus festen Stoffen durch Verbrennen (z.B.

Anlagen zur Veraschung von Leiterplatinen). Hauptzweck der thermischen Ab- fallbehandlungsanlage ist die Beseitigung des Schadstoffpotentials des Abfalls.

• Feuerungsanlagen

Einrichtungen zur Erzeugung von Wärme durch Verbrennung von festen, flüssigen oder gasförmigen Brennstoffen. Sie dienen zur Dampferzeugung oder Erwärmung von Wasser oder sonstigen Wärmeträgermedien. Zweck des Einsatzes von Abfällen in einer Feuerungsanlage ist deren Verwertung als Brennstoff oder zu anderen Zwecken.

Bemerkenswert an diesen Abgrenzungen ist z.B. die strikte Unterscheidung

• zwischen MVA und EBS-Kraftwerken (EBS-KW),

• nach dem Hauptzweck,

• nach dem Heizwert.

Restabfälle aus Haushaltungen müssen von den öffentlich-rechtlichen Entsorgungs- trägern (örE) auch verwertet werden (§ 17 und 20 KrWG). Darüber hinaus gibt es keine Nachweispflichten der Anlagenbetreiber, zwischen Abfällen zur Verwertung und Beseitigung zu unterscheiden, wenn die Anlage den R 1 Kennwert erreicht. Sie können alle Abfälle zur Verwertung annehmen, da die alte Heizwertklausel nicht mehr existiert (lediglich die Gleichwertigkeit zwischen stofflicher und energetischer Verwertung wird über eine heizwertbezogenen (11.000 kJ/kg) Aussage konkretisiert).

(4)

Eine Zusammenfassung der Daten aus DESTATIS ergibt folgende Tabelle:

Input Anlagenarten

Anzahl

Millionen Tonnen

(Abfalleinsatz 2012) davon Anteil davon gef.

insg.

Ausland Ausland Abfälle %

Abfallverbrennungsanlagen 94 20,223 0,654 3,2 Klärschlammverbrennungsanlagen 22 2,024 0,053 2,6 Sonderabfallverbrennungsanlagen 34 1,317 0,208 15,8 Sonstige Anlagen zur therm Abfallbehandlung

20 0,622 0,085 13,7 (Pyrolyse, usw.)

Summe Therm. Abfallbehandlungsanlagen 170 24,2 1,0 4,1 2,450

EBS-Kraftwerke 60 5,351 0,232 4,3

Biomassekraftwerke 133 8,266 0,507 6,1

andere Kraftwerk (z.B. Kohlekraftwerk) 35 2,095 0,096 4,6 Heizwerk (Wärmeerzeugung) 375 1,258 0,027 2,1

Mitverbrennung 93 3,803 0,235 6,2

(Zement-, Kalk-, Ziegel- oder Stahlwerk)

Summe Feuerungsanlagen 696 20,8 1,1 5,3 0,297 Summe Thermik 866 45,0 2,1 4,7 2,747 Quelle: DESTATIS, Fachserie 19 Reihe 1, 29.07.2014

Tabelle 1: Aufstellung der thermischen Abfallanlagen in Deutschland

Diese Einteilung in gute (Feuerungsanlagen = Verwertungsanlagen) und schlechte (Ther- mische Abfallbehandlungsanlagen = Beseitigungsanlagen) ist nicht mehr zeitgerecht und widerspricht auch dem KrWG. Fast alle klassischen MVAn erreichen mittlerweile den R 1 Status und unterscheiden i.d.R. nicht mehr zwischen Verwertung und Beseitigung, viele Anlagen sind sogar energieeffizienter als Feuerungsanlagen.

Auch die Dreiteilung aus BW widerspricht den Angaben der bundesweiten Abfall- erhebung. Denn nach DESTATIS hat BW als einziges Bundesland bei den Berichten ab Berichtsjahr 2012 alle MVA als Verwertungsanlagen eingestuft, wie folgende Tabelle 2 zeigt:

Tabelle 2: Aufkommen an Haushaltsabfällen in Deutschland [Ausschnitt aus DESTATIS]

Aufkommen an davon beim Erstempfänger Bundesland Haushaltsabfällen beseitigt verwertet

1.000 t kg/Einw. 1.000 t

Deutschland 36.721,8 456 11.781,5 24.940,4

Baden -Württemberg 4.703,2 445 7,6 4.695,6

Bayern 5.893,9 471 2.013,3 3.880,3

Berlin 1.393,0 413 452,5 940,5

Quelle: DESTATIS, Fachserie 19 Reihe 1, 29.07.2014, Tab. 23.1.2 Nach Ländern

(5)

In der Quelle wird ausgeführt: Ab Berichtsjahr 2012 veränderte Einstufung aller Haus- müllverbrennungsanlagen als Anlagen zur thermischen Verwertung. In allen anderen Bundesländern gehören MVA nach Destatis zu den Beseitigungsanlagen, von daher ist diese Statistik nur von begrenzter Aussagekraft. In den aktuellen Abfallbilanzen 2013 der Länder (z.B. Berlin und Rheinland-Pfalz) werden Restabfälle in MVA als Verwertungsmaßnahme ausgewiesen.

Erschreckend ist der hohe Anteil mit scheinbar völlig unzureichenden Abgasbehand- lungsanlagen bei den Feuerungsanlagen. Auch bei den Beseitigungsanlagen haben beispielsweise nur 2/3 einen Anlagenpart zur Entfernung von Dioxinen (PCDD), wie folgende Tabelle zeigt:

Anlagenart Anlagen mit Abgasreinigung ohne

Abgas-

Staubab- Entfernung Ent- Entfernung sonstige reinigung scheidung saurer Gase stickung PCDD Verfahren

Therm. Abfallbe-

170 151 143 120 116 53 6

handlungsanlagen

Feuerungsanlagen 696 566 127 109 68 117 79 Summe 866 717 270 229 184 170 85 Therm. Abfallbe-

handlungsanlagen % 100 88,8 84,1 70,6 68,2 31,2 3,5 Feuerungsanlagen % 100 81,3 18,2 15,7 9,8 16,8 11,4 Quelle: DESTATIS, Fachserie 19 Reihe 1, 29.07.2014

Tabelle 3: Art der Abgasreinigung in deutschen Anlagen

Die Menge der verbrannten Abfälle lag im Jahr 2012 bei 45,0 Mio. Tonnen. Wo- bei die Verbrennung in thermischen Behandlungsanlagen um 1,2 Prozent von 24,5 Mio. Tonnen auf 24,2 Mio. Tonnen leicht abnahm. Die Verbrennung in Feue- rungsanlagen hat im Jahr 2012 hingegen erneut um 2,4 Prozent zugenommen von 20,3 Mio. Tonnen auf 20,8 Mio. Tonnen. Eine Aufteilung nach Bundesländern ist Bild 1 zu entnehmen.

Neben der überarbeitungsbedürftigen Klassifizierung der thermischen Abfallbe- handlung spielt die Abfallarten- und -mengenstatistik eine entscheidende Rolle, um abfallwirtschaftliche Maßnahmen beurteilen zu können. Zum einen sollte deutschlandweit ein harmonisiertes Verfahren implementiert werden, in dem die erfassten Abfallarten einer einheitlichen Klassifikation unterliegen. Zum anderen sollte sich die Erhebung auf sämtliche anfallende Abfälle beziehen. Derzeit ist die Datenlage der Abfälle aus Produktion und Gewerbe, welche einen wesentlichen Teil des gesamten Abfallvolumens ausmachen, unzureichend abbildbar. Vergleichbares gilt für Sekundärabfälle aus Aufbereitungs- und Sortieranlagen. Somit verwundert die Diskussion um Überkapazitäten nicht, die u.a. seitens des BDE forciert wurde[9], wenn man gewichtige Abfallströme nicht betrachtet.

(6)

Thermische Abfallbehandlung Mio. Tonnen

Berlin

Nordrhein-W estfale

n

Sachsen-Anhalt

Thüringe n 12.000

10.000

8.000

6.000

4.000

2.000

0

Sachsen

Bayern Hessen

Schleswig-Holstein Baden-Württember

g

Niedersachse n

Hambur g Brandenburg

Rheinland-Pfalz

Mecklenburg-V

orpommern

BerlinSachse n 3.442

3.368

2.059

927 1.267 1.240

1.015

1 933 259 527

0 0

7.792 3.333

1.880 93

2.285 1.622

1.463

1.182317 6711.228

50 672 264 3.495

1.252 816

Beseitigung Verwertung

Bild 1: Thermische Abfallbehandlung nach Bundesländern

Quelle: eigene Darstellung, DESTATIS, Fachserie 19 Reihe 1, 29.07.2014

Darüber hinaus zeigt sich, dass es auch innerhalb der Bundesländer regional unter- schiedliche Kriterien bei der Abfallerhebung gibt. In Bild 2 wurden exemplarisch die Daten für NRW (Stand 2011) ausgewertet. [8] Abfälle aus anderen Herkunftsbereichen und hausmüllähnliche Gewerbeabfälle (insg. 3,6 Mio. Tonnen) wurden addiert und auf das Prokopf-Aufkommen umgerechnet.

Auffällig sind die sehr signifikanten Unterschiede, so wurden im Kreis Coesfeld nur drei und im Hochsauerlandkreis 927 kg/E ausgewiesen – annähernd gleiche Brutto- wertschöpfung mit 51.072 bzw. 51.990 EUR/E in 2011.

Auch die Abfallzusammensetzung ist in Deutschland nicht bekannt. Es gibt zahlreiche Einzelanalysen aus verschieden örE, die man zusammentragen sollte und bewerten könnte. Dies sollte die Grundlage für das Gesetzgebungsverfahren sein, bisher ist es eher ein Stochern im Nebel – siehe Diskussionen um die Wertstofftonne, LVP, Recy- clinganteil Gewerbeabfälle.

(7)

Aufgrund der uneinheitlichen Erfassungs- und Bewertungsmethodik bei der Bilan- zierung von Abfällen stellt die Beurteilung von abfallwirtschaftlichen Maßnahmen eine große Herausforderung dar. Eine seriöse statistische Analyse erscheint nach derzeitigem Stand aufgrund der Datenqualität kaum angebracht. Da wundert man sich (oder auch nicht), wie Aussagen zu 25 Prozent Überkapazität zustande kommen.

Prognosen in der Abfallwirtschaft sind nun umso schwieriger zu beurteilen, da sie i.W. auf einer zuvor bestimmten Basis beruhen. Wenn die Basis nicht valide ist, wie soll es dann die Prognose sein? Ein Klassiker ist der prognostizierte Entsorgungs- notstand:

Trotz Ausgleichsmaßnahmen werden die Behandlungskapazitäten in MVA und MBA/

MBS für Primär und Sekundärabfälle in Deutschland ab dem 01.06.2005 um rund 4,5 bis 6,5 Mio. Tonnen geringer sein als die zu behandelnden Abfälle; das entspricht immerhin fast 20 Prozent der erforderlichen Größenordnung – im ungünstigsten, aber nicht unrealistischem Fall klettert die fehlende Behandlungskapazität in 2006 auf 7,4 Mio. Tonnen. [1]

 Kreis Coesfeld  Rhein-Erft-Kreis  Ennepe-Ruhr-Kreis  Stadt Oberhausen  Stadt Solingen  Stadt Remscheid  Kreis Steinfurt  Stadt Bielefeld  Rhein-Kreis Neuss  StädteRegion Aachen  Stadt Duisburg  Kreis Recklinghausen  Stadt Möchengladbach  Kreis Heinsberg Kreis Warendorf Stadt Leverkusen Stadt Wuppertal Kreis Gütersloh NRW Durchschnitt Kreis Minden-Lübbecke Stadt Düsseldorf Rhein-Sieg-Kreis Stadt Gelsenkirchen Märkischer Kreis Kreis Euskirchen

Kreis Siegen-Wittgenstein

Kreis Mettmann Stadt Dortmund

Berg. Abfallwirtschaftsverband Kreis Paderborn Hochsauerlandkreis

Kreis Wesel Stadt Bochum Kreis Düren

Stadt Bonn Kreis Lipp

e

Stadt Aachen Kreis Viersen Kreis Olpe Stadt Henne Stadt Hamm Stadt Münster Stadt Essen Kreis Kleve Kreis Borken

Stadt BottropKreis Herford Stadt Köln Kreis Soest Stadt Krefeld Kreis Höxter Stadt Hagen Stadt Mühlheim

Kreis Unna

1.000 900 800 700 600 500 400 300 200 100 0

Gewerbeabfallaufkommen kg/E*a

Bild 2: Gewerbeabfallaufkommen in NRW

Quelle: eigene Darstellung, Daten MKULNV

(8)

3. Stoffstromspezifische Betrachtung

Die genaue Kenntnis von Stoffströmen und Behandlungsverfahren ist die Grundlage für die Energiebereitstellung aus TAB – weniger Abfall, weniger klimafreundliche Energie – bei gleichbleibender Effizienz, dies ist aber glücklicherweise nicht der Fall.

Dieser Zusammenhang kommt in der aktuellen Diskussion zum Thema Recycling häufig viel zu kurz.

In der Abfallwirtschaft werden derzeit insb. Kunststoffe (aus LVP, Wertstofftonne und Gewerbeabfällen) und Bioabfälle (insb. Biogut aus der Biotonne) bzw. deren Erst-Zugriff und Entsorgung intensiv und zugleich kontrovers diskutiert.

Weniger im Focus sind derzeit Metalle (aus LVP-Fraktion, Wertstofftonne, Sperrmüll und Rohschlacke), Bauabfälle sowie Altholz. Unproblematisch sind derzeit die Wert- stofffraktionen PPK und Glas, die bereits eine hohe Erfassungs- und Verwertungsquote aufweisen (dies liegt vielleicht auch an den positiven Marktwerten).

Sicherlich kann auch in Deutschland noch eine erhebliche Menge an Wertstoffen separat erfasst und hochwertig verwertet werden. Im EU-Vergleich hat Deutschland jedoch eine Spitzenposition (soweit man den Statistiken vertrauen kann, insb. bei weniger entwickelten Abfallwirtschaftssystemen anderer EU-Staaten) erreicht. Es zeigt sich, dass thermische Abfallbehandlung nicht im Widerspruch zum Recycling steht, sondern dass effiziente TAB ein Recycling ermöglicht bzw. sogar fördert (Bild 3). In EU-Ländern mit einen hohen Recycling- und Kompostierungsanteil liegt in der Regel auch der Anteil der Verbrennung hoch, wie die Zahlen von Eurostat belegen. [4]

Recycling Kompostierung

Deponierung Verbrennung

20 80 60 40

20 100

80 60 40

20 0

Deutschland Slowenien Irland Island Estland Schweden Ver. Königreich EU28 Italien Frankreich Tschech. Republik Ungarn LitauenBelgien Schweiz Dänemark Luxemburg Österreich Norwegen Niederlande Bulgarien Finnland Spanien Griechenland Kroatien Polen Zypern Slowakei Ehem. Jugos. Republik Serbien

Lettland Portugal Malta Rumänien Bosnien u. Herzegowina Türkei

Anteil

%

Bild 3: Abfallentsorgungswege in der EU+ im Jahr 2012

Quelle: eigene Darstellung, Daten Eurostat

(9)

An dieser Stelle werden zwei Stoffströme – Bioabfall und Kunststoffe – exemplarisch betrachtet. Warum Bio und Kunststoffe?:

• Beides sind Massenströme, deren separate Erfassung durch rechtliche Vorgaben gesteigert werden sollen.

• Beide Stoffströme sind in mehr oder weniger großen Anteilen noch im Restabfall, der derzeit thermisch behandelt wird, enthalten.

• Bei der Betrachtung der Bioabfälle soll gezeigt werden, dass die Bilanzgrenze eine wesentliche Rolle bei der Beurteilung der Umweltrelevanz spielt.

• Bei der Betrachtung der Kunststoffabfälle gewinnt man in der öffentlichen Diskussi- on häufig den Eindruck, dass man mit dem Kunststoffrecycling einen wesentlichen Beitrag zum Ressourcenschutz leistet – dies soll hinterfragt werden.

3.1. Bioabfälle

Bioabfall wird als Grüngut – als sortenreine Garten- und Parkabfälle separat im Bring- oder Holsystem erfasst – und Biogut – als der in einem zusätzlichen Behälter per Holsystem erfasste Bioabfall – verstanden.

Bild 4: Definition von Bioabfall

Die derzeitige Erfassung von Bioabfall stellt sich bundesweit sehr heterogen dar und in den einzelnen Bundesländern gibt es auch nochmals gravierende Unterschiede. Auch in einzelnen Kreisen gibt es Kommunen mit und ohne Biotonne, je nachdem, wie die Landesabfallgesetze die Zuständigkeit (Kreis oder Kommune) der Sammlung festlegt.

Bioabfall

Grüngut Biogut Gewerblicher

Bioabfall Garten- und

Parkabfall Küchenabfälle Landschafts-

pflegeabfall Lebensmittel-

abfälle

Küchen- und Lebensmittel-

abfälle von Großanfallstellen biotonnen-

gängiger Gartenabfall

biogene Abfälle aus Produktion und

Verarbeitung

Bring- und

Holsysteme Biotonne spez. Bring- bzw.

Holsysteme

(10)

Bild 5: Getrennt erfasste Bioabfallmengen der Bundesländer

Quelle: uec, Verpflichtende Umsetzung der Getrenntsammlung von Bioabfällen, Entwurf Juli 2014

Im bundesdurchschnitt wurden lt. uec 4,6 Mio. Tonnen Grüngut (56 kg/E*a) und 4,2 Mio. Tonnen Biogut (51 kg/E*a) in 2010 gesammelt. Wobei in 76 Landkreisen keine Biotonne eingeführt war und somit unter Berücksichtigung des nicht flächendeckenden Angebots etwa 40 Mio. Einwohner keine Biotonne zur Verfügung steht (Stand 2010).

Wie viel Wahrheit verträgt die Abfallwirtschaft? Mit dieser Frage betrat die ITAD mit der ICU Studie Erweiterte Bewertung der Bioabfallsammlung [5] ein schwieriges Terrain.

Sobald die ITAD auch nur annähernd kritische Fragen zur Bioabfallverwertung stellt, kommt von einigen Seiten reflexartig die Behauptung: Die wollen doch nur ihre Anlagen füllen! Dennoch wurde der Spagat gewagt, die Bioabfallverwertung auch mal von einer anderen Seite zu beleuchten und dies scheinbar mit Erfolg, wie die Diskussionen zeigen.

Mit der Einführung der Biotonne wird zweifelsohne dem Hausabfall Biogut entzogen.

Es finden jedoch auch weitere Umlenkungen der Stoffströme statt. In ländlichen und vorstädtischen Bereichen setzt sich nach Einführung der Biotonne die erfasste Biogut- menge wie folgt zusammen – gilt als grober Richtwert, in anderen Studien wird der Anteil aus dem Restabfall teilweise noch niedriger bewertet, etwa 25 Prozent:

1/3 aus dem Restabfall,

1/3 Grüngut (vormals separat über Grüngutsammlung erfasst),

1/3 aus der Eigenkompostierung.

140 120 100 80 60 40 20

Einwohnerspezifische Menge kg/E*a

Saarland

Hamburg Sachsen

Sachsen-Anhalt 0

160

Bayern Berlin

Thüringe n

Nordrhein-W estfale

n

Niedersachse n Brandenbur

g

Bremen

Baden-Württember g

Rheinland-Pfalz Mecklenburg-

Vorpommern

Schleswig-Holstein

Hessen

Biogut

Biogut (deutschlandweites Mittel) - 51 kg/E*a Grüngut (privaten und kommunalen Ursprungs)

Biogut und Grüngut (deutschlandweites Mittel) - 107 kg/E*a 21 33 40 50 51

72

86 90 96 104

120 128 133 138 144 146

5 16 38 32 23

43 52 19 45 37 80 48 84 89 85 72

16 17 2 18 29 28 33 72 51 66 41 80 49 50 60 73

(11)

Die positiven oder auch negativen Auswirkungen in den ökologischen Wirkungsbe- reichen hängen einerseits vom Konzept der Bioabfall-Verwertung ab, andererseits aber auch maßgeblich von der Qualität des bestehendem Entsorgungssystems (z.B. MVA), in die das Biogut in nicht getrennt gesammelter Form gelangt.

Vorhandene Kompostierungsanlagen werden derzeit häufig mit einer vorgeschalteten Vergärungsstufe nachgerüstet oder durch inzwischen vollständig neu gebaute Vergä- rungsanlagen ersetzt. Dadurch wird zweifelsohne eine Umweltverbesserung gegenüber dem Vorzustand Kompostierung erreicht. Es ist aber lt. ICU nicht zu erkennen, dass die neuen oder nachgerüsteten Vergärungen leistungsfähige Komponenten z.B. zur Methan- reduzierung enthalten oder sogar die von der TA-Luft geforderten 50 mg TOC/m³ Abluft erfüllen.

ICU nutzt die Grunddaten der häufig zitierten ifeu-Studie zu Bioabfällen Optimierung der Verwertung organischer Abfälle (UBA Texte 31/2012), bewertet diese aber anders.

Im ifeu-Gutachten selbst wird die Kernaussage auch relativiert:

Im Einzelfall unter bestimmten Voraussetzungen kann auch ein bestehendes und opti- mal ausgerichtetes Restabfallbehandlungssystem aus ökologischer Sicht eine mögliche Alternative darstellen.

Nach den Ergebnissen von ICU liegt aus Sicht der Klimarelevanz momentan folgende Rangfolge beim Biogutsystem vor:

Bild 6: Klimarelevanz verschiedener Bioabfallbehandlungssysteme

Quelle: eigene Darstellung, Daten aus der ICU-Studie

Somit fällt die Treibhausgas (THG)-Bilanz nach Einführung der zusätzlichen Biogut- erfassung häufig schlechter aus als vor der erweiterten Getrenntsammlung, da z.B.

Material der MVA entzogen wird und nicht optimierte Vergärungsanlagen gelangen.

Vergärungs- anlage IST-Stand

Kompos- tierung Klimarelevanz

kg CO2eq/t 50

-50

-100

-150

-200

Thermische Abfall- behandlung Vergärung

Stand-der- Technik

Grüngut Kompos- tierung 0

Eigenkom- postierung

(12)

Ohne die Bewertung beider Entsorgungsalternativen (Bilanzgrenzen) kann keine begründete Entscheidung getroffen werden.

Die ITAD will mit den ermittelten Ergebnissen die bestehende Biogutsammlung nicht in Frage stellen, insbesondere weil sie dort von den Bürgern i.d.R. vollkommen zufrieden akzeptiert wird und bestehende Anlagen vorhanden sind. Die Studie stellt jedoch ein wertvolles, erweitertes Bewertungssystem für die Prüfung der Biotonneneinführung bzw. Ausweitung der Getrennterfassung zur Verfügung.

In der Studie von uec wird angegeben, dass von den Küchenabfällen (Gesamtanfall 81 kg/E*a) etwa 45 kg/E*a in der Restabfalltonne landen (14 kg/E*a Biotonne, 13 kg/E*a Eigenkompostierung, 10 kg/E*a Sonstiges (Kanalisation, Tierverfütterung, usw.)) zzgl.

14 kg/E*a an Gartenabfall (Gesamtanfall 177 kg/E*a). Somit sind im Hausabfall noch 59 kg/E*a an Bioabfall enthalten, wogegen 47 kg/E*a über die Biotonne (14 kg/E*a Küchenabfälle und 33 kg/E*a Gartenabfälle) erfasst werden. Daraus könnte man fol- gendes Szenarium entwickeln (Annahme):

• Steigerung der Anschlussquote von 50 auf 100 Prozent bei der Biotonne.

• Die Erfassungsmenge bei den Neuanschlüssen liegt bei Küchenabfällen auch bei 14 kg/E*a plus 7 kg/E*a an Gartenabfällen.

Somit würde dem Hausabfall (Anfall 14 Mio. Tonnen in 2012 (Destatis), davon etwa 11 Mio. Tonnen in MVA und 3 Mio. Tonnen in MBA) max. 1,7 Mio. t/a an Bio- abfall (21 kg/E*a) entzogen. Dies ist eine optimistische Betrachtung, da bei einer Verdichtung des Anschlussgrades die Qualität und Quantität sicherlich nicht linear konstant bleibt.

Erste Abschätzungen zeigen, dass die MBA Betreiber (in vielen Gebieten ohne Bio- tonne erfolgt die Entsorgung über eine MBA) prozentual stärker vom Rückgang der Restabfallmengen betroffen sind, als dies in Gebieten mit MVA Anschluss der Fall ist.

Bezogen auf die thermisch zu behandelnde Abfallmenge würde dies vermutlich zu einer Reduktion zwischen 0,5 und max. 1,0 Mio. Tonnen führen. Somit würde der biogene Anteil im Hausabfall sinken, wenn nicht auch gleichzeitig fossile stämmige Wertstoffe (z.B. Kunststoffe) dem Hausabfall entzogen würde.

3.2. Kunststoffabfälle

Die ITAD hat bei Consultic eine Studie beauftragt, den Stoffstrom Kunststoff (KS) einer genaueren Betrachtung zu unterziehen. [2] Die vorläufigen Ergebnisse aus 2013 dieser Studie werden im Folgenden vorgestellt.

Aus etwa 5 Prozent des Mineralölverbrauchs in Deutschland werden etwa 19,8 Mio.

Tonnen Kunststoffrohprodukte hergestellt. Als Abfall fallen jedoch nur etwa 5,68 Mio.

Tonnen an, wie folgendes Bild zeigt.

(13)

Bild 7: Kunststofffluss in Deutschland 2013

Quelle: eigene Darstellung, Daten Consultic

Obwohl die Produktion und somit die Verarbeitung entsprechend angestiegen ist (Anstieg etwa vier Prozent/a), blieb der KS-Abfall hier annähernd konstant – die Post- Consumer Abfälle stiegen dagegen von 1994 bis 2013 um über 100 Prozent.

Kunststoff- verbrauch des

Endver- brauchers 9,69 Mio. t

Abfall 5,68 Mio. t Kunststoff-

produktion (Rohstoff) 19,8 Mio. t

Kunststoff- verbrauch gesamt 16,10 Mio. t Export –12,2 Mio. t

Import +8,5 Mio. t

Sonstige (z.B. Kleber, Fasern, Lacke usw.)

4,34 Mio. t

Beseitigung 0,044 Mio. t (~ 1%)

Verwertung 5,635 Mio. t (~ 99%) Kunststoff zur

Verarbeitung 11,76 Mio. t

Export

Import etwa 5 % des

Mineralöls

0 1.000 2.000 3.000 4.000 5.000 6.000

1994 1997 1999 2001 2003 2005 2007 2009 2011 2013 Herkunft KS-Abfälle

kt

Prod./Verarbeiter Post-Consumer

Bild 8:

Entwicklung der Kunststoff- abfälle in Deutschland

Quelle: eigene Darstellung, Daten Consultic

Die Kunststoffabfälle werden fast vollständig verwertet. Hier gilt, die Verbrennung in R 1 Anlagen (MVA) wird als Verwertung gemäß KrWG gezählt (s. Diskussion um Begriffe).

Aus der Aufbereitung der M(B)A werden über eine Mio. Tonnen Deponat nach entspre- chender Behandlung noch deponiert. Geht man davon aus, dass sich im Deponat noch etwa fünf Prozent an KS befindet, werden alleine hier noch etwa 0,05 Mio. Tonnen deponiert (hier schätzt der Autor die Menge anders ein, als die vorläufigen Consultic Zahlen). Dies entspricht einer thermischen Kapazität (Heizwert KS etwa 40 MJ/kg im Vergleich zum durchschnittlichen Heizwert von etwa 10 MJ/kg in der MVA) in der Größenordnung einer mittleren MVA (200.000 Tonnen Jahresdurchsatz). Der KS Anteil bei der MVA scheint hingegen mit über 10 Prozent zu hoch zu sein. Hier sind weitere Analysen notwendig.

(14)

Im folgenden Bild 10 ist der absolute und prozentuale Verbleib der KS Abfälle darge- stellt. Hier sieht man die historische Entwicklung der Entsorgungswege der gesamten KS-Abfälle.

energetisch 3,26 Mio. t (57 %)

stofflich 2,37 Mio. t (42 %)

werkstofflich 2,32 Mio. t (41 %)

rohstofflich 0,05 Mio. t (1 %) MVA

2,03 Mio. t (35 %)

EBS/Sonstiges 1,23 Mio. t (22 %)

Verwertung 5,64 Mio. t (99 %)

Beseitigung / Deponie 0,04 Mio. t (~1 %) Kunststoffabfälle insgesamt 2013

5,68 Mio. t (100 %)

Produktions- und Verarbeitungs

-abfälle

~0,93 Mio. t (39 %)

PET-Flaschen (Pfand)

~0,4 Mio. t (17%) (Kapazität 0,28 Mio. t)

Gewerbl. Rücknah -mesysteme (RIGK, Rewindo, PDR, usw.) und andere (Recyclinghöfe, usw.)

~0,59 Mio. t (27 %) erscheint zu

niedrig erscheint zu

hoch (>10 %)

Duale Systeme (Verkaufsverpa-

ckungen)

~0,4 Mio. t (17 %)

1/3 Regranulat, 2/3 Holz, Beton

Bild 9: Wege der Verwertung von Kunststoffen in Deutschland

Quelle: eigene Darstellung, Daten Consultic, Baum, Destatis, usw.

0 500 1.000 1.500 2.000 2.500

1994 1997 1999 2001 2003 2005 2007 2009 2011 2013 absoluter Verbleib der KS-Abfälle

kt

werk- und rohstofflich

MVA EBS Beseitigung 0 10 20 30 40 50 60

1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014 prozentualer Verbleib der KS-Abfälle

%

werk- und rohstofflich

MVA EBS Beseitigung

Bild 10: Entwicklung der Entsorgungsverfahren für Kunststoffe in Deutschland

Quelle: eigene Darstellung, Daten Consultic

Besonders bemerkenswert ist, dass der werk- und rohstoffliche Anteil an der Entsor- gung, prozentual im gesamten Betrachtungszeitraum annähernd kontinuierlich leicht gesunken ist (absolut gestiegen).

(15)
(16)
(17)

Einige Verbände und Fachleute sehen die niedrigen Verbrennungspreise bei MVAn als den Grund für das mangelhafte Recycling an. Dieser monokausale Zusammenhang lässt sich aus den Daten nicht belegen. Angesichts der oben dargestellten Entwicklung zeigt sich, dass das werkstoffliche Recycling in 2003 bis 2007 konstant blieb, obwohl doch die Verbrennungspreise in MVAn drastisch höher waren als heute. Berück- sichtigt man weitere Effekte, wie Exporte, Anhaftungen und Art der werkstofflichen Verwertung, ergibt sich noch ein enormer Handlungsbedarf, um das hochwertige KS-Recycling zu erhöhen, wie folgendes Bild zeigt.

stofflich 2,37 Mio. t (42 %)

werkstofflich 2,32 Mio. t (41 %)

Verwertung 5,64 Mio. t (99 %) Kunststoffabfälle insgesamt 2013

5,68 Mio. t (100 %)

Verbleib in D 1,03 Mio. t (18 %)

Export

~1,29 Mio. t (23 %) 1,51 Mio. t

in 2012 (Green- fence)

Störstoffe DKR: max 10 %, bvse: Wasser bis 15 %

~ 0,15 Mio. t

Recyclat in D (incl. Füllstoffe)

~ 0,88 Mio. t (15 %) inkl. etwa 0,93

Mio. t Produktions-

abfälle

Recyclat Import

~ 0,38 Mio. t Holz- und Betonersatz

min. 0,3 - 0,4 Mio. t

Recyclat (ohne Füllstoffe) max. 0,6 Mio. t (11 %)

Recyclat Export

?? Mio. t

Verarbeitung in D

?? Mio. t

Bild 11:

Bereinigte Kunststoffverwertung in Deutschland

Quelle: eigene Darstellung, Daten Consultic, Baum, usw.

Somit werden in Deutschland nur max. 600.000 Tonnen Kunststoffabfälle hochwertig werkstofflich recycelt – dies entspricht etwa 7,5 kg/E*a. Mehr als die doppelte Menge wird exportiert, überwiegend nach Asien.

Bezogen auf den Heizwert (KS etwa 40 MJ/kg im Vergleich zum durchschnittlichen Heizwert von etwa 10 MJ/kg in der MVA) entspricht der geminderte Export von 2012 im Vergleich zu 2013 (etwa 0,2 Mio. Tonnen) einer theoretischen thermischen Kapazität einer MVA in der Größenordnung von 700 bis 800.000 Tonnen.

(18)

Häufig wird auch suggeriert, dass das KS-Recycling bei ausreichender Sortierqualität kaum Hemmnissen unterliegt. Es werden einige Aspekte außer Acht gelassen, wie:

• Mit mechanischen Verfahren ist eine Schadstoffentfrachtung kaum möglich, weil die Schadstoffe meist (chemisch) eingebunden sind, vergleichbares gilt für Füllstoffe und Additive,

• KS sind nicht beliebig oft stofflich gleichwertig recyclebar,

• Zunehmende Komplexität und Verbundstoffe bei den Produkten,

• Exportabhängigkeit beim Recycling,

• Kaskadensortierung verbessert nicht per se die Qualität,

• Vorsortierungspflicht (z.B. bei Gewerbeabfällen) verunreinigt das noch sortierbare Wertstoffgemisch,

• Derzeit sind wenige pull-Effekte aus der kunststoffverarbeitenden Industrie erkenn- bar, um ausreichend Recyclingkunststoffe nachzufragen.

Die Anstrengungen für ein hochwertiges Recycling in der EU müssen erhöht werden, dies insb. in Zusammenarbeit der Produzenten, Verarbeiter und Recycler. Solange noch über 10 Mio. Tonnen KS in der EU deponiert werden, sind einseitige Restriktionen gegen die TAB nicht besonders hilfreich.

4. Energienutzung

Alle TAB nutzen die aus dem Abfall umgewandelte Energie in Form von Prozessdampf, Fernwärme bzw. Strom. Bei der umweltfreundlichen Entsorgung entsteht praktisch als Abfallprodukt die Sowieso-Energie. Jede zusätzlich nutzbare kWh aus der thermischen Abfallentsorgung substituiert an anderer Stelle fossile Energieträger. Aufgrund der hohen Betriebsstunden wird i.d.R. etwa 8.000 h/a Strom in das Netz eingespeist. Damit kann man TAB als Grundlastkraftwerke ansehen, soweit sie Strom ins Netz einspeisen.

Grundlast Braunkohle-KW, hohe Fixkosten, geringe stark teilweise Steinkohle-KW variable Kosten KWK-fähig

klimabelastend Mittellast GuD geringere Fixkosten, KWK-fähig,aber brennstoff-

(Gas, Steinkohle) steigende variable Kosten nicht gesichert abhängig Spitzenlast Gasturbinen geringe Fixkosten, nicht klima-

(Speicher, Lastflexibilität) hohe variable Kosten geeignet freundlich Tabelle 4: Grundlast, Mittellast und Spitzenlast – Anlagen und Charakterisierung

Es gibt jedoch einige gravierende Unterschiede z.B. zu den Braunkohle-Kraftwerken. So sind die variablen Grenzkosten bei TAB sogar negativ. Wenn keine Stromeinspeisung möglich ist, muss Energie aufgewendet werden, um Energie zu vernichten (geschlos- sener Wasser-Dampfkreislauf).

(19)

Die niedrigen Grenzkosten sind volkswirtschaftlich vorteilhaft für den Strommarkt.

Dieser positive Preiseffekt für den Stromkunden wird vermutlich sogar zunehmen, wenn man sich die Stromgestehungskosten aus fossilen Energieträgern anschaut.

12

10

8 6

4 2

0

Braunkohle Steinkohle Erdgas

bis zu + 58 %

bis zu + 28 %

bis zu + 22 %

Stromgestehungskosten umfassen Kapitel- und Betriebskosten einer Anlage sowie Brennstoffkosten. Strom aus knappen fossilen Energieträgern wird in Zukunft stets teurer.

2013bis 2015

2030

2013bis 2015

2030

2013bis 2015

2030 Stromentstehungskosten

Cent/kWh

Bild 12: Stromgestehungskosten aus fossilen Energieträgern

Quelle: Agentur für Erneuerbare Energien KOSTEN UND PREISE FÜR STROM, Nov. 2014

bis zu - 22 %

bis zu - 33 %

bis zu - 29 % 25

20

15

10

5

0 Biogas Wind

Offshore

Wind Onshore

Photovoltaik 2010bis

2015 2010

2015bis

2010bis 2015

2013bis 2015 2030bis

2035

2030bis 2035

2030bis 2035

2030bis 2035 Stromgestehungskosten umfassen Kapitel- und

Betriebskosten einer Anlage sowie gegebenenfalls Brennstoffkosten. Durch Effizienzsteigerungen und Massenproduktion können Erneuerbare-Energien- Anlagen Strom in Zukunft günstiger produzieren.

Stromentstehungskosten Cent/kWh

Bild 13: Stromgestehungskosten aus erneuerbaren Energieträgern

Quelle: Agentur für Erneuerbare Energien KOSTEN UND PREISE FÜR STROM, Nov. 2014

(20)

Bioabfall wird beim neuen Energiemarktdesign als eine wichtige Komponente be- trachtet, um den fluktuierenden Strom aus Sonne und Wind zu glätten. Im Auftrag der Biogasbranche wurde untersucht [7], welche Kosten bei Biogasanlagen entstehen, wenn diese flexibel auf den Zappelstrom reagieren. Je nach techn. Ausstattung, Fahrweise und Ausbauszenarium ergeben sich Zusatzkosten (neben der EEG Vergütung) zwischen 92 und 2.191 Mio. EUR bzw. zwischen 19 und 52 EUR/MWh. Der durch das EEG aus- gelöste Impuls im Bereich Biomasse hat zu weitreichenden ökonomischen Effekten in anderen Sektoren (Holz- und Papierindustrie, Landwirtschaft, Entsorgungswirtschaft) geführt. Durch das EEG wird der Gebührenhaushalt der örE bei den Bioabfallbehand- lungskosten (wenn Vergärung) um 30 bis 35 EUR/t entlastet (ist somit konkurrenzfähig zur Kompostierung). Spannend wird es die Biomassestoffströme zu beobachten, wenn die EEG Vergütung zunehmend ab 2020 ausläuft.

Den TAB wird der biogene Anteil im Abfall entzogen, sodass die klimaneutrale Energiebereitstellung aus Abfall sinkt (hier erfolgt keine Vergütung nach EEG, Wett- bewerbsnachteil). Wie bereits oben ausgeführt, werden somit ökologische Nachteile der Biogasverstromung (Tabelle 5, 6 und 7) durch EEG Umlagen finanziert. Durch die Novellierung des EEG im August 2014 wurden massive Kürzungen beim Biogas vorgenommen.

4.1. Vorteilhaftigkeit der TAB-Energie

Neben der ökonomischen Vorteilhaftigkeit gibt es zahlreiche weitere positive Aspekte dieser Energienutzung:

• TAB sind EEG Anlagen, da der biogene Abfallanteil i.d.R. knapp über 50 Prozent liegt – erhalten aber keine Vergütung. Eine Teilnahme am Herkunftsnachweisregister (HkNR) ist somit möglich (Aufstieg in den Olymp der Energiewirtschaft), s. Kap. 4.3.

• TAB sind i.d.R. hocheffiziente KWK-Anlagen nach dem KWK-Gesetz.

• Fernwärme aus TAB gilt als Erneuerbare Energien bzw. als Ersatzmaßnahme nach dem EEWärmeG.

• Unterschiedliche Ansätze zeigen die geringe Umweltrelevanz, wie z.B.:

* der Primärenergiefaktor bei Fernwärme wird mit null angesetzt (AGFW FW 309 Teil 1, Mai 2010),

* der CO2 Emissionsfaktor bei Fernwärme wird mit null bewertet (AGFW FW 309 Teil 6, Mai 2014 – Entwurf),

* im Leitfaden Stromkennzeichnung (bdew) wird der TAB-Strom als CO2-neutral bewertet.

Die Schadenkosten des biogenen Anteils des Abfalls wurden im Auftrag des UBA mit anderen Energieerzeugern verglichen, wie folgende Tabelle zeigt:

(21)

Einige der hier vorgenommen Ansätze müssen noch weiter ausgearbeitet bzw. hinter- fragt werden (z.B. Aktualisierung der Werte, die Höhe der Schadenkosten bei fossilen Anteilen – vermutlich identisch mit den biogenen Anteilen), warum so hohe NOx Schadenkosten, Bewertung des fossilen Anteils bzgl. Treibhausgase (THG).

Dass diese Folgekosten nicht von den jeweiligen Stromerzeugern, sondern der Allge- meinheit übernommen werden, stellt einen mehr oder weniger großen Wettbewerbs- vorteil für den jeweiligen Energieträger dar. Darum werden die Umweltkosten teilweise über die Stromsteuer und über die CO2-Emissionsrechte an die Stromverbraucher weitergegeben, d.h. internalisiert. Der nicht internalisierte Teil der Umweltkosten sind die externen Kosten.

Das UBA ermittelt jährlich die Emissionsbilanz der Erneuerbaren Energien [10].

Die Ergebnisse aus 2013 zeigen, dass die dadurch eingesparten THG-Emissionen (146 Mio. Tonnen CO2eq) zur Erreichung der Klimaschutzziele wesentlich beitragen.

Insgesamt wurden 105,4 Mio. Tonnen CO2eq im Stromsektor vermieden und im Wär- mebereich 35,6 Mio. Tonnen. Die spezifischen THG-Emissionen der verschiedenen Strom- und Wärmeerzeugungstechnologien unterscheiden sich teilweise erheblich.

Zur Verdeutlichung hat der Autor einen Effizienzfaktor eingeführt (vermiedene/ver- ursachte Emissionen).

Tabelle 5: Umweltkosten der Energieerzeugung

Umweltkosten Schäden durch Schäden durch

Cent/kWh SO2 NOx Staub Luftschadstoffe Treibhausgase Summe

(Summe mit NMVOC)

Wasserkraft 0,00 0,01 0,12 0,14 0,04 0,18 Windenergie 0,03 0,03 0,10 0,17 0,09 0,26 Photovoltaik 0,21 0,16 0,24 0,62 0,56 1,18 Festbrennstoffe 0,23 1,33 0,14 1,73 0,14 1,87 Strom Biogas 0,27 3,07 0,07 3,41 1,93 5,34 Biogener Anteil Abfall 0,11 1,93 0,02 2,06 0,48 2,54

Braunkohle 0,88 1,07 0,12 2,07 8,68 10,75

Steinkohle 0,60 0,83 0,12 1,55 7,38 8,93

Erdgas 0,02 0,78 0,21 1,02 3,90 4,92

Feste Biomasse (Scheitholz) 0,03 0,58 0,99 1,62 0,10 1,72 Feste Biomasse H(K)W 0,12 1,34 0,06 1,53 0,07 1,60 Biogas 0,16 1,84 0,04 1,99 0,53 2,52 Wärme Solarthermie 0,13 0,11 0,30 0,54 0,55 1,09 Biogener Anteil Abfall 0,01 0,29 0,01 0,31 0,03 0,34

Heizöl (HH) 0,40 0,34 0,06 0,80 2,52 3,32

Erdgas (HH) 0,01 0,22 0,02 0,26 2,02 2,28

Fernwärme (HH) 0,31 0,47 0,09 0,88 2,60 3,48 Quelle: Fraunhofer isi: Ermittlung vermiedener Umweltschäden, Juni 2012

(22)

Die höchsten Effizienzfaktoren ergeben sich durch die Nutzung von Wasserkraft, gefolgt vom biogenen Anteil im Abfall. Da bei der Verstromung (inkl. Vorketten) von Biogas zunächst erhebliche THG-Emissionen entstehen, liegt die Effizienz (wie auch bei fl. und fester Biomasse) relativ niedrig. Bei den MVA ergibt sich bei einem angenommenen elekt. Nutzungsgrad von 11 Prozent ein Netto – Vermeidungsfaktor von 806 g/kWh (bei Biogas z.B. nur von 394 g/kWh). Im Wärmebereich fällt die THG-Einsparung signifi- kant geringer aus, da hier bereits klimafreundlichere Energieträger substituiert werden.

Emissionen Mio. t CO2eq Effizienz- Stromerzeugung verursachte vermiedene netto faktor Windenergie (onshore) 0,445 39,821 39,376 89

Wasserkraft 0,056 17,012 16,956 304

Photovoltaik 1,711 23,588 21,877 14

feste Biomasse 0,319 10,21 9,891 32

Biogas 11,487 22,184 10,697 2

fl. Biomasse 0,319 0,363 0,044 1

biog. Abfall 0,027 4,269 4,242 158

Klärgas 0,035 1,089 1,054 31

Deponiegas 0,012 0,379 0,367 32

Summe/Durchschnitt 14,4 118,9 104,5 8 Quelle: eigene Darstellung, Daten UBA

Tabelle 6: Durch Bruttostromerzeugung verursachte und vermiedene CO2eq-Emissionen

Emissionen Mio. t CO2eq Effizienz- Wärmeerzeugung

faktor verursachte vermiedene netto

feste Biomasse (Industrie) 1,032 6,616 5,584 6 feste Biomasse (Heizwerke) 0,582 2,289 1,707 4 feste Biomasse (HH Pellets) 0,314 3,306 2,992 11 feste Biomasse (HH Scheitholz) 0,178 4,888 4,71 27 feste Biomasse (Einzelfeuerung) 0,666 12,48 11,814 19

Biogas 1,255 3,536 2,281 3

flüssige Biomasse 0,047 0,133 0,086 3

biog. Abfall 0,086 2,971 2,885 35

Klärgas 0,023 0,486 0,463 21

Deponiegas 0,001 0,028 0,027 28

Solarthermie 0,167 1,966 1,799 12

oberfl. Goethermie 1,822 2,587 0,765 1

Summe/Durchschnitt 6,2 41,3 35,1 7 Quelle: eigene Darstellung, Daten UBA

Tabelle 7: Durch Wärmeverbrauch verursachte und vermiedene CO2eq-Emissionen

(23)

Die Spannbreite ist im Wärmebereich relativ gering im Vergleich zur Stromproduktion.

Die mit Abstand höchste Effizienz ergibt sich bei biogenen Abfallanteil. Bei der MVA wird hier angenommen, dass die Wärme in ein Fernwärmesystem eingespeist wird und die Wärmemenge ab der Hausübergabestation berechnet wird (Verlust somit etwa 10 Prozent). Die effizienteste Nutzung aus THG-Sicht liegt bei einem Scheitholzkessel mit einem Netto - Vermeidungsfaktor von 325 g/kWh, der biogene Abfallanteil liegt bei 296 g/kWh (bei Biogas z.B. nur von 198 g/kWh).

Abfall kann man wie andere Erneuerbare Energieträger als Einheimische Energie be- trachten, so liegt der Energiegehalt des in deutschen TAB verbrannten Abfalls in 2012 bei fast 1/4 des aus Russland importierten Gases.

4.2. Energieproduktion aus TAB

Mit der Umsetzung der TASi wurden noch nach 2005 etwa 9 Mio. Tonnen an Kapazi- täten hinzugebaut, wenn man die MBA mit hinzurechnet. Die MBA ist im eigentlichen Sinne keine Endbehandlungsanlage sondern eine Splittinganlage (Deponie-, Wertstoff- und EBS-Fraktion). Die MBA hat somit den Bau von EBS-KW begünstigt.

1990 2006 2007

25 35 30

20 15 10 5

Entsorgungskapazität Mio. t/a

0

2000 2001 2002 2003 2004 2005 2008 2009 2010 2011 2012 2013 vor… … nach der AbfAbIV

MVA M(B)A/MBS/MPS EBS-Kraftwerke

∑ 15

∑ 22

31 ∑ 31

5,6 6,0

0,7 1,0 1,0 1,2 1,9 4,6

6,1 6,1 6,1 6,1 6,1 6,1 0,8

0,4 0,6

2,3 4,1 5,0 5,0 5,2 5,4

17,8 17,4

14,6 14,8 14,8 15,0 15,6 17,1 18,7 19,5 19,5 19,6 19,6 19,6 0,6

Bild 14: Entwicklung der Entsorgungskapazitäten in Deutschland

Quelle: Prognos , IFAT Mai 2014

Bedingt durch die gute Konjunktur, Umrüstungen von MBA (nur noch Biologie-Teil), Stilllegungen (s.u.) und auch den Importen von Siedlungsabfällen z.B. aus England und Italien (Marktteilnehmer berichten, dass es sich dieses Jahr wohl um eine Mio.

Tonnen in MVA handelt) ist die Auslastung der TAB bundesweit seit Monaten sehr gut.

Die Zubaurate an zusätzlichen Entsorgungsanlagen war in den einzelnen Bundeslän- dern von 2001 bis 2013 sehr unterschiedlich.

(24)

Bild 15: Kapazitätszubau der Bundesländer von 2001 bis 2013

Quelle: eigene Darstellung, Daten aus TrendResearch, Zukunft der MBA im Abfallmarkt Deutschland (unveröffentlicht) 2014

Die Diskussion um Überkapazitäten ist derzeit nicht nachvollziehbar. Selbst die EU Kommission spricht in ihrem Paket zur Kreislaufwirtschaft von einer Überkapazität von 25 Prozent in Deutschland (ohne begründete Angaben). Seit Jahren liegt die Aus- lastung der Anlagen, je nach Berechnungsmethode bei deutlich über 90 Prozent. Diese Freien Kapazitäten sind aber notwendig, um flexibel auf Schwankungen reagieren zu können (z.B. das Hochwasser in Münster 2014 mit dem enormen Anfall an zusätzlichen Sperrmüll – regulär etwa 6.000 t/a, zusätzlich etwa 10.000 Tonnen).

Dennoch wird es in den nächsten Jahren zu Stilllegungen (zumindest einzelner Linien) kommen. Aber auch ganze Anlagen stehen zur Disposition, dies wird insb. kleinere bzw. ältere Anlagen betreffen – MVA Landshut wurde zu einem Biomasse-KW um- gerüstet, das EBS-KW in Essen wurde und die Pyrolyseanlage Burgau wird stillgelegt, wahrscheinlich auch die MVA HH-Stellinger Moor. Entscheidend ist nicht primär das Alter der Anlage/Linie, sondern die Instandhaltungsstrategie. Allerdings stehen der- zeit etwa 3 Mio. Tonnen an Verbrennungskapazitäten zur Verfügung, die bereits über 25 Jahre in Betrieb sind.

Die Energieabgabe bei den ITAD Mitgliedanlagen ist kontinuierlich gestiegen (vor- läufige Zahlen, Quelle ITAD).

0 500.000 1.000.000 1.500.000 2.000.000 2.500.000

Sachsen-AnhaltBrandenburg Niedersachsen Hessen

Rheinland-Pfalz

Mecklenburg-V orpommern

Sachsen

Nordrhein-W estfalen

Schleswig-Holstein Berlin

Thüringen

Baden-Württemberg

Bremen Bayern Hamburg Saarland Kapazitätszubau von 2001 bis 2013

t

MBA MVA EBS-KW

(25)

Bild 17: Entwicklung der Energieeffizienz bei thermischen Abfallbehandlungsanlagen (ITAD Mitglieder)

Die behandelte Abfallmenge ist im Betrachtungszeitraum 2005 bis 2013 zwar um etwa 37 Prozent gestiegen (bedingt auch durch neue Mitglieder), die exportierte Energie konnte jedoch aufgrund von Effizienzsteigerungen deutlich erhöht werden (Wärme Bild 16: Kapazität und Alter von Verbrennungslinien in Deutschland

Quelle: Daten aus TrendResearch, Zukunft der MBA im Abfallmarkt Deutschland (unveröffentlicht) 2014 3.000.000

2.500.000 2.000.000 1.500.000 1.000.000 500.000 Kapazität pro Jahr Tonnen

bis 1980 0

1982 1984 1986 1988 1990 1992 1994 1996 1996 2000 2002 2004 2006 2008 2010 20122014* 35 30 25

15 10 5 0 40

20

Neu installierte Kapazitäten in EBS-Kraftwerken mit Wirbelschichtfeuerung Neu installierte Kapazitäten in EBS-Kraftwerken mit Rostfeuerung Neu installierte Kapazitäten in MVA

Anzahl neu gebauter Linien pro Jahr

Anzahl neu gebauter Linien pro Jahr

0 5 10 15 20 25

beh. Abfallmenge Mio. t Strom exp. TWh Wärme exp. TWh 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013

(26)

plus etwa 49 Prozent, Strom plus etwa 77 Prozent). Vergleichbare Tendenzen sind der Aufstellung der AGEE-Stat zum biogenen Anteil des Abfalls (Ansatz 50 Prozent biogen) zu entnehmen:

8

6

4

2

Bruttostromerzeugung Milliarden Kilowattstunden

2011

1990 1995 2007

0

2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2008 2009 2010 2012 2013 2

1

0 installierte Leistung

Millionen Kilowatt

biogener Anteil des Abfalls

1,5

0,6 0,5

1,2

0,6 0,5 0,6

1,2 1,3 1,4

1,5 1,5

1,8

4,8

1,2 1,4

4,5

2,2 2,3 3,3

3,9

4,7 4,3 4,8 5,0 5,3 0,9 1,0

1,4

2,0 1,8 1,9

installierte Leistung von Abfallverbrennungsanlagen

Bild 18: Entwicklung der installierten Leistung und der Bruttostromerzeugung

Quelle: Musiol, AGEE-Stat:, Zum Stand der Energiewende, VDI Seminar Auswirkungen der Energiewende auf die thermische Abfallbehandlung, Nov. 2014

Endenergieverbrauch Wärme Milliarden Kilowattstunden 12

9

6

3

2011

1990 1995 2007

0

2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2008 2009 2010 2012 2013 biogener Anteil des Abfalls

2 1 5 4 8 7 11 10

8,1 10,8

3,3

6,0 7,2

6,2

7,3

9,0 9,8

6,5 5,6

8,4

2,3 2,3

3,6 3,4

Bild 19: Entwicklung des Endenergieverbrauchs Wärme

Quelle: Musiol, AGEE-Stat:, Zum Stand der Energiewende, VDI Seminar Auswirkungen der Energiewende auf die thermische Abfallbehandlung, Nov. 2014

(27)

Vielen Marktteilnehmern und sogar auch Stromnetzbetreibern ist nicht bekannt, dass TAB zu den Erneuerbaren Energien Anlagen zählen und somit auch eine Vorrangein- speisung im Vergleich zu fossilen Kraftwerken genießen. Für NRW wurde exemplarisch die Generatorleistung anhand der Daten der Bundesnetzagentur dargestellt.

70 60 50 40 30 20 10

installierte Leistung MW

OberhausenMVA 0

Düsseldorf KölnEssen

Bielefeld Ibbenbüren

Hürth Krefeld

WuppertalHerten Schleiden

AhlenHam m Bedburg

Weisweiler Monscha

u Erkelenz

TitzHage n

Lülne n

Bad Mei nberg Brilon

Gangelt HeinsbergMarsberg

EnningerlohBergkame n

Mönchengladbach Paderborn Grubengas Windparks Biomasse

Bild 20: Erneuerbare-Energien-Anlagen in NRW nach installierter Gesamtleistung

Quelle: eigene Darstellung, Daten BNetzA

Generell ist aber der Abfallanteil am Gesamtenergieverbrauch relativ gering (< 4 Pro- zent).

Nach den Prognosen zum Primärenergieverbrauch im Auftrag des BMWi liegt der Anteil des Abfalls in 2011 bei etwa 510 PJ (3,75 Prozent), sinkt dann auf etwa 330 PJ (2020) und bleibt dann annähernd bis 2040 bei 320 PJ (3,43 Prozent) konstant, in 2050 dann etwa 300 PJ (3,59 Prozent). Dies ist eine Reduktion absolut von etwa 40 Prozent, prozentual bleibt der Anteil des Abfalls annähernd konstant.

In einigen Bundesländern und insb. Regional hat die Energie aus TAB jedoch einen be- deutenden Anteil insb. am Wärmemarkt. Gerade im Ausbau der Fernwärme liegt noch ein großes Potenzial bisher nicht genutzte Energie zu erschließen. Der AGFW geht davon aus, dass ein Wärmenetzausbau von rund 38.000 km bundesweit zu CO2 Einsparungen von über 90 Mio. Tonnen führen könnte. Die regionale Wertschöpfung ist gerade bei der Nutzung von TAB-Wärme besonders hoch. Allgemein geht der AGFW davon aus, dass 0,80 von 1,00 EUR den der Kunde für Fernwärme bezahlt, vor Ort bleibt. Zum Vergleich, bei Erdgas und Heizöl liegen diese Werte bei 0,19 beziehungsweise 0,06 EUR.

Abbildung

Tabelle 2:  Aufkommen an Haushaltsabfällen in Deutschland [Ausschnitt aus DESTATIS]
Tabelle 3:  Art der Abgasreinigung in deutschen Anlagen
Tabelle 5:  Umweltkosten der Energieerzeugung
Tabelle 6:  Durch Bruttostromerzeugung verursachte und vermiedene CO 2 eq-Emissionen

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