Wertstoffpotential in deutschen Klärschlammaschen
Christian Adam und Oliver Krüger
1. Phosphor – Bedarf, Produktion und Quellen ...998 2. Kritische Rohstoffe ...999 3. Klärschlamm – derzeitige Verwendung ...1000 4. Monoverbrennung von Klärschlamm und
Stand der Ascheverwertung ...1001 5. Zusammensetzung und Wertstoffpotential
von Klärschlammaschen ...1003 6. Verfahren zur Phosphorrückgewinnung aus Klärschlammaschen ....1005 6.1. Nasschemische Verfahren zur Phosphorrückgewinnung
aus Klärschlammaschen ...1006 6.2. Thermochemische Verfahren zur Phosphorrückgewinnung
aus Klärschlammaschen ...1008 7. Zusammenfassung ...1012 8. Referenzen ...1012 Weltweit fallen in den entwickelten Märkten jährlich etwa 30 Mio. t (Trockenmasse) Klärschlamm an, davon 10 Mio. t in Europa und etwa 2 Mio. t in Deutschland [1]. Et
was mehr als die Hälfte des in Deutschland anfallenden Klärschlamms wird thermisch verwertet und etwa 44 % der thermischen Verwertung wird in Monoverbrennungsan
lagen durchgeführt. Die aus der Monoverbrennung resultierende Klärschlammasche, insbesondere aus dem kommunalen Bereich, enthält im Durchschnitt 6 % Phosphor, welcher grundsätzlich zurückgewonnen und der landwirtschaftlichen Nahrungsmittel
produktion zugeführt werden könnte. Dies ist insbesondere im Hinblick auf die sich in Zukunft vermutlich verschärfende Versorgungslage des Phosphors interessant. Im Zuge einer Phos phorrückgewinnung könnten darüber hinaus weitere Technologie
metalle aus Klär schlamm bzw. Klärschlammaschen zurückgewonnen werden. Um das Wertstoffpotential deutscher Klärschlammaschen und die Wirtschaftlichkeit möglicher Rückgewinnungsverfahren bewerten zu können, müssen Wertstoffgehalte, Massenströ
me sowie mögliche saisonale Schwankungen möglichst genau bestimmt werden. Dazu führt die BAM im Auftrag des Umweltbundesamtes ein Forschungsprogramm zum Monitoring deutscher Klärschlammaschen durch (UFOPLAN 2011; FKZ 3711 33 321;
Finanzierung durch Bundesmittel). Neben ersten Ergebnissen dieses Projekts geben wir einen Überblick über nasschemische und thermochemische Verfahren zur Phos
phorrückgewinnung aus Klärschlammaschen.
1. Phosphor – Bedarf, Produktion und Quellen
Phosphor ist für alle Lebewesen essentiell. Er ist insbesondere für den Energiestoffwech
sel (ATP, ADP), das Speichern und Auslesen von Erbinformationen (DNA, RNA) sowie den Knochenbau unverzichtbar. Phosphor wird dem Boden durch Pflanzenwachstum entzogen und muss diesem zum Erhalt der Ertragfähigkeit wieder zugeführt werden.
Das geschieht entweder durch Wirtschaftsdünger wie z.B. Gülle oder mineralischen Dünger. In Deutschland werden jährlich etwa 125.000 t Phosphor in Form von Mi
neraldünger ausgebracht [2]. Mineralischer Phosphordünger wird aus Rohphosphat hergestellt, welches eine endliche Ressource darstellt. Bei einer Weltjahresproduktion von 191 Mio. t und geschätzten Reserven von 71 Mrd. t ergibt sich zwar eine statische Reichweite von 370 Jahren [3]. Die Produktion ist jedoch in wenigen Ländern kon
zentriert (China, Marokko, USA), die entweder einen hohen Eigenbedarf haben oder politisch instabil sind (Bild 1). Das führt zu einer vollständigen Importabhängigkeit der EU vom Weltmarkt, da sie über keine nennenswerten Vorkommen verfügt. In den Jahren 2007/2008 konnte ein dramatischer Preisanstieg um bis zu 800 % am Weltmarkt beobachtet werden (siehe Bild 2). Die Preise gingen im Jahr 2009 wieder zurück, liegen aber bis heute deutlich über den Preisen vor dem Jahr 2007. Die zukünftige Preisent
wicklung hängt von vielen Faktoren ab und ist nicht eindeutig voraussehbar. Allerdings gilt als gesichert, dass Höhe und Stabilität der Preise nicht mehr auf das Niveau vor 2007 zurückkehren werden.
Russische Föderation 6 %
Übrige Länder 19 % China
37 % USA 14 %
Marokko und West Sahara 14 %
Brasilien 3 %
Tunesien 3 % Ägypten 3 %
Bild 1: Rohphosphatproduktion 2011 (insgesamt 191 Mio. t)
Quelle: Mineral Commodity Summaries, U.S. Geological Survey (2012)
Darüber hinaus enthält Rohphosphat Schadstoffe wie As, Cd, Cr, Pb, Hg und U, die über den Dünger in die Nahrungskette gelangen können [4]. Insbesondere Cd und U (bis zu 1.000 ppm) liegen in bedeutenden Konzentration vor [5]. Daher werden alternative Phosphorquellen gesucht, die die Importabhängigkeit von Rohphosphat und den Eintrag von Schadstoffen in die Nahrungskette verringern können.
Bild 2: Entwicklung des Rohphosphatpreises
2. Kritische Rohstoffe
Die Europäische Union hat 41 Rohstoffe auf ihre wirtschaftliche Bedeutung und ihr Versorgungsrisiko untersucht und klassifiziert [6]. Ein Index größer 5 für die wirt
schaftliche Bedeutung wird dabei als kritisch eingestuft. Berücksichtigt werden hierbei Ersetzbarkeit des Rohstoffs sowie Recyclingraten. Ein Versorgungsrisiko größer 1 kennzeichnet, dass die Produktion des Rohstoffs in nur wenigen Ländern und/oder Pro
duzenten konzentriert ist. Dabei werden auch politische Instabilitäten berücksichtigt.
Nach diesen Kritierien wurden 14 Rohstoffe als für die EU kritisch eingestuft (Bild 3).
Ebenso wie für Phosphor, besteht auch für diese Materialien eine hohe Importabhän
gigkeit. Daher erscheint es sinnvoll, nach alternativen Quellen für diese Rohstoffe zu suchen und mögliche Rückgewinnungspotentiale zu erfassen. Klärschlammaschen sind in dieser Hinsicht noch nicht umfassend untersucht worden.
500 450 400 350 300 250 200 150 100 50 0
US-Dollar pro Tonne Rohphosphat
1997-09-271998-11-011999-12-062001-01-092002-02-132003-03-202004-04-232005-05-282006-07-022007-08-062008-09-092009-10-142010-11-182011-12-232013-01-26 (World Bank 2012; Morocco, 70 % BPL, contract, f.a.s. Casablanca)
3. Klärschlamm – derzeitige Verwendung
Bild 4 zeigt die Entwicklung der Klärschlammverwertung bzw. entsorgung in Deutsch
land. Entsprechend dem Deponierungsverbot für unbehandelte Abfälle wird seit 2006 kein Klärschlamm mehr direkt deponiert. Zur Zeit wird etwa die Hälfte (53 %) des an
fallenden Klärschlamms thermisch verwertet, die andere Hälfte im Landschaftsbau und als Dünger in der Landwirtschaft eingesetzt. Dem direkten Einsatz von Klärschlamm als Dünger stehen seine hohen Schadstoffgehalte entgegen. Er enthält organische [7]
und anorganische Kontaminanten [8]. In der aktuellen Diskussion stehen die Emerging Pollutants of Concern, insbesondere Antibiotika [9]. Derartige Schadstoffe werden – im Gegensatz zu Schwermetallen – bisher von der Dünge mittelverordnung nicht reguliert. Zunehmende Besorgnis über die aufgrund ihrer diffusen Verteilung und der hohen Anzahl verschiedener Verbindungen kaum zu kontrollieren den Schadstoffe hat bereits zu einem merklichen Rückgang der landwirt schaft lichen Klär schlammnutzung zugunsten der Verbrennung geführt.
Die Verbrennung findet entweder in Kraftwerken, Zementwerken oder Abfallverbren
nungsanlagen – gemeinsam mit anderen Brennstoffen – oder eigens dafür vorgesehe
nen Monoverbrennungsanlagen statt. Im Jahr 2009 wurden 23 % des Klärschlamms (442.055 t) in Monoverbrennungsanlagen, 23 % (452.335 t) in Kraftwerken, 5 % (102.803 t) in Zementwerken und 2 % (30.841 t) in Abfallverbrennungsanlagen umgesetzt [10].
Der Verbleib der Verbrennungsprodukte des Klärschlamms ist für die vier genannten thermischen Verwertungswege sehr unterschiedlich zu bewerten. Da in den Mono
verbrennungsanlagen ausschließlich Klärschlamm verbrannt wird, verbleiben in den Klärschlammaschen im Wesentlichen auch nur die anorganischen Inhaltstoffe des Klärschlamms (und ggf. der Additive, die der Verbrennung zugeführt werden). Somit liegt der aktuell diskutierte Wertstoff Phosphor mit bis zu 10 % relativ konzentriert in
5 6 7 8 9
1 2 3 4
5Versorgungsrisiko
Wirtschaftliche Bedeutung Seltene Erden
Platingruppenmetalle
Sb GeMg
Ga
Be In
CaF 2 Co Ta
Graphit W Nb
Bild 3:
Kritische Rohstoffe
Quelle: European Commission, Critical Raw Materials for the EU – Report of the Adhoc Working Group on Defining Critical Raw Materials. European Com
mission (EC), 2010
den Klärschlammaschen vor. Im Falle der Mitverbrennung in Kohlekraftwerken wird die aus der Verbrennung resultierende Klärschlammasche mit der Asche der Kohle vermischt, was z.B. bezüglich der Phosphorkonzentration zu einer deutlichen Verdün
nung führt. Für Technologien zur Phosphorrückgewinnung ist diese Mischasche auf
grund der geringen PKonzentrationen unattraktiv. Darüber hinaus können durch die mitverbrannten Brennstoffe zusätzliche Schadstoffe in die Asche eingetragen werden, die ein Recycling erschweren oder sogar unmöglich machen können. In den Zement
werken wird die Klärschlammasche in den Klinker eingebunden und landet später z.B.
in Form von Beton in Bauwerken. Eine Rückgewinnung von enthaltenen Wertstoffen ist anschließend praktisch nicht mehr möglich. Auch im Falle der Mitverbrennung in Abfallverbrennungsanlagen wird die Klärschlammasche mit den Reststoffen der Abfallverbrennung (Rostasche, Kesselasche, Filterstaub etc.) vermischt ausgetragen und zumindest einem angestrebten Phosphorrecycling faktisch entzogen.
4. Monoverbrennung von Klärschlamm und Stand der Ascheverwertung
Ab einem Trockenrückstand von etwa 45 % brennt Klärschlamm selbstgängig. Aus diesem Grund wird der Klärschlamm vor der Monoverbrennung in der Regel einer Entwässerung und einer (Teil)Trocknung unterzogen. Die in Deutschland mit Abstand Bild 4: Verwertungs bzw. Entsorgungswege für Klärschlamm in Deutschland
1983 1987 1991 1995 1996 1998 2001 2003 2004 2006 2008 2009 2010
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100
Landschaftsbau und Dünger Dünger Landschaftsbau
Verbrennung Deponie Zwischenlagerung
Verwendung
%
Jahr
am häufigsten eingesetzte Technologie zur Klärschlammverbrennung ist die stationäre Wirbelschicht (19 von 26 Anlagen, siehe Tabelle 1). Des Weiteren kommen vereinzelt zirkulierende Wirbelschicht, Etagenofen, Etagenwirbler, Rostfeuerung und Drehrohr
ofen zum Einsatz. Alternativ zur Verbrennung werden in wenigen Fällen auch Pyrolyse und Vergasung eingesetzt. Weitergehende Informationen zu den thermischen Aggre
gaten können dem Merkblatt DWAM 386 Thermische Behandlung von Klärschlämmen – Monoverbrennung entnommen werden [11]. Bei der Verbrennung des Klärschlamms ist gemäß § 4 der 17. BImSchV eine Mindesttemperatur von 850 °C vorgeschrieben, sodass bei geeigneter Betriebsführung eine vollständige Mineralisierung der Organik inklusive der organischen Schadstoffe erzielt werden kann und sollte.
In Deutschland werden derzeit 20 Monoverbrennungsanlagen (inkl. 2 Vergasungs
anlagen und einer Kombination aus Pyrolyse und Verbrennung) für kommunale Klärschlämme betrieben, sowie 6 betriebliche Klärschlammverbrennungsanlagen. Die Kapazitäten und Standorte der Anlagen sind in Bild 5 aufgeführt. Nach Erhebungen von Lehrmann (2011) [10] werden derzeit jährlich etwa 500.000 Tonnen kommunaler Klärschlamm in Monoverbrennungsanlagen zu etwa 250.000 t Klärschlammasche umgesetzt.
Anzahl Kapazität Anteil t TM/a % Anlagen insgesamt 26 818.325 100,0 kommunal 20 575.500 70,3 betrieblich 6 242.825 29,7 Wirbelschicht 19 662.725 81,0 Rostfeuerung 2 58.000 7,1 Etagenwirbler 1 52.500 7,1 Etagenofen 1 32.500 4,0 Drehrohr (Pyrobuster) 1 6.400 0,8 Wirbelschichtvergaser 2 6.200 0,8
Tabelle 1:
Anlagetypen und Kapazitäten der Klärschlammverbrennungs
anlagen in Deutschland
Eine Umfrage des DWA Fachausschusses AK3 für das Jahr 2010 [10] ergab, dass der Hauptverwertungsweg für deutsche Klärschlammaschen nach wie vor mit 46 % die Übertagedeponierung ist. Des Weiteren wurden etwa 13 % der Aschen unter Tage deponiert (Bergbauversatz). Etwa 16 % der Klärschlammaschen wurden in der Bau
stoffindustrie verwertet. Die Anwendungen reichen hier von Schlackesteinen für die Uferbefestigung bis zur Beimischung der Aschen in Asphaltwerken. In den genannten Fällen wird das eigentliche Wertstoffpotential der Aschen nicht genutzt. Weitere 18 % der Aschen wurden im Bereich Rekultivierung/Landschaftsbau verwertet. Inwieweit der in den Aschen enthaltene Phosphoranteil bei diesem Verwertungsweg stofflich genutzt wird ist nicht bekannt. Nach DWAUmfrage wurden im Jahr 2010 etwa 7 % der Aschen (etwa 23.000 t) in der Landwirtschaft stofflich genutzt.
5. Zusammensetzung und Wertstoffpotential von Klärschlammaschen
Am oben erwähnten Monitoringprojekt für deutsche Klärschlammaschen nehmen 24 von 26 Betreibern der in Tabelle 1 aufgeführten Monover brennungs anlagen teil. Damit ist die BAM in der Lage, über 95 % des jährlichen Aufkommens an Klärschlammaschen in Deutschland zu beproben, zu analysieren und nahzu vollständige Massenbilanzen für Wertstoffe aufzustellen. Bisher wurden 26 Proben aus 9 Anlagen untersucht. Das Material wurde mit HClO4/HNO3/HF in der Mikrowelle aufgeschlossen (in Anlehnung an DIN ISO 11466 [12]) und die Elementgehalte mit ICPOES und ICPMS (DIN EN ISO 11885 [13]; DIN EN ISO 172942 [14]) bestimmt. Die Gehalte der Hauptelemente sind in Tabelle 2 angegeben. Die starken Unterschiede im Phosphorgehalt rühren da
her, dass sowohl industrielle als auch kommunale Klärschlämme untersucht wurden, letztere weisen naturgemäß höhere Phosphorgehalte auf. Der Mittelwert von 4,9 % P spiegelt nicht den Mittelwert aller deutschen Klärschlammaschen wider, da bisher erst 9 Anlagen erfasst wurden. Bei den untersuchten Klärschlammaschen aus 9 Anlagen Bild 5: Standorte und Kapazitäten der Monoverbrennungsanlagen für Klärschlämme
in Deutschland
SCHLESWIG-
HOLSTEIN MECKLENBURG -
VORPOMMERN
NIEDERSACHSEN BREMEN
HAMBURG
BRANDENBURG BERLIN
SACHSEN - ANHALT
THÜRINGEN NORDRHEIN-
WESTFALEN
HESSEN
SACHSEN
BAYERN
BADEN - WÜRTTEMBERG RHEINLAND -
PFALZ
Usedom Rügen Fehmarn
Sylt
Helgoland
Ostfriesische Inseln Nordfries
ische Inseln
NIEDERLANDE
BELGIEN
LUX.
FRANKREICH
SCHWEIZ ÖSTERREICH
TSCHECHISCHE REPUBLIK
POLEN DÄNEMARK
Berlin Ruhleben 36.000 t TM/a Hamburg
Straubing 3.000 t TM/a Burghausen (Wacker Chemie) 4.125 t TM/a Gendorf (Infraserv) 6.200 t TM/a
München 22.000 t TM/a Altenstadt
55.000 t TM/a Neu- Ulm
10.000 t TM/a Balingen
1.200 t TM/a Stuttgart
40.000 t TM/a Dinkelsbühl
6.400 t TM/a Karlsruhe 20.000 t TM/a Mannheim 5.000 t TM/a Frankenthal (BASF) 110.000 t TM/a
Frankfurt a. M.
52.500 t TM/a
Frankfurt-Höchst 80.000 t TM/a Bonn 8.000 t TM/a Düren 10.000 t TM/a Leverkusen (ChemPark 32.500 t TM/a Wuppertal 32.000 t TM/a Elverlingsen 56.000 t TM/a Bottrop 44.000 t TM/a Herne 22.200 t TM/a
L ünen 95.000 t TM/a Marl10.000 t TM/a
Bitterfeld Wolfen 15.200 t TM/a 42.000 t TM/a
M )
L
-
kommunal betrieblich
waren überproportional viele betriebliche Anlagen mit geringen PGehalten vertre
ten, was zu diesem recht niedrigen Wert führt. Die Gehalte an Eisen bzw. Alumini
um spiegeln teilweise die Vorbehandlung des Abwassers in der Kläranlage wieder. Je nachdem, ob Phosphor mit Aluminium
sulfat oder Eisenchlorid ausgefällt wird [15], findet sich entsprechend mehr des jeweiligen Metalls im Klärschlamm. Da
rüber hinaus werden die Elementgehalte von den jeweiligen Hintergrundbelastun
gen der zugeführten Abwässer bestimmt.
Tabelle 2: Hauptelementgehalte in ausgewähl
ten deutschen Klärschlammaschen
Min Max
%
Al 4,4 0,7 7,7 Ca 18 7,4 35 Fe 7,9 4,5 18 Mg 2,1 1,4 3,9 Na 0,6 0,2 1,9 P 4,9 1,5 10 S 1,5 0,5 3,3 Si 12 5,9 19 Ti 0,5 0,1 1,5
Bild 6 zeigt das aktuelle Rückgewinnungspotential von Phosphor aus Klärschlamma
schen unter Berücksichtigung der aktuellen Entsorgungswege. Aschen aus der Mit
verbrennung sind wie oben bereits angedeutet für die Phosphorrückgewinnung nicht attraktiv, da der Phosphorgehalt in der Asche durch die mitverbannten phosphorarmen Brennstoffe deutlich reduziert wird. Darüber hinaus können weitere Schwermetalle in die Asche eingetragen werden, was ein Recycling ebenfalls erschwert. Geht man von einem mittleren Phosphorgehalt von 6 % aus, so ergibt sich ein Potential von etwa 15.000 t Phosphor pro Jahr aus den Aschen der Monoverbrennung, welcher dazu ge
nutzt werden könnte, konventionelle Phosphordünger zu substituieren. Legt man den Verbrauch an Phosphor in mineralischen Düngern des Wirtschaftsjahres 2010/11 von knapp 125.000 t/a zugrunde, so ergibt sich rechnerisch ein Substitutionspotential von 12 %. Hierbei muss wie oben bereits erwähnt berücksichtigt werden, dass ein kleiner Anteil der heute anfallenden Klärschlammaschen bereits als Düngemittelrohstoff in den Handel gelangt. Dennoch ist das angegebene Substitutions potential von relevanter Größenordnung.
Monoverbrennung etwa 500.000 t/a
250.000 t Klärschlammasche etwa 15.000 t P/a Klärschlamm-
anfall aus kommunalen
Kläranlagen (D) etwa 2 Mio t TS/a
Landwirtschaft + Landschaftsbau + Zwischenlagerung etwa 0,94 Mio t TS (47 %)
etwa 28.200 t P/a
Thermische Entsorgung
etwa 1,06 Mio t TS (53 %) etwa 31.800 t P/a etwa 60.000 t P/a
Mitverbrennung in Kraftwerken Abfallverbrennungsanlagen Zementwerken etwa 560.000 t/a
Bild 6: Rückgewinnungspotential von Phosphor aus Klärschlammaschen
Tabelle 3 zeigt die Gehalte an Spuren
elementen in den bisher untersuchten Proben. Seltenerdmetalle liegen in den Klärschlammaschen in bestimmbarer Größenordnung vor. Lanthan, Cer und Neodym sind mit mittleren Gehalten von 27, 47 und 15 mg/kg vertreten. Die ermittelten Werte decken sich recht gut mit Ergebnissen aus Japan [16]. Des Weiteren sind in den Klärschlammaschen relevante Gehalte an Silber, Gallium, Niob, Antimon, Vanadium und Wolfram enthalten. Die Asche einer Klärschlamm
ver brennungs anlage liegt mit einem Sil
bergehalt von > 130 mg/kg überraschend deutlich über dem Durchschnitt. Ein Silbergehalt dieser Größenordnung wurde in allen bisher unter suchten Proben dieser Anlage bestimmt, womit ein Ausreißer auszuschließen ist. Es ist zu vermuten, dass der Eintrag an Silber in dem Einzugs
gebiet dieser Anlage nicht ausschließlich aus Funktionstextilien kommt, sondern andere Quellen hat (Fotochemie). In diesem Falle wäre bei Verfügbarkeit ei
ner entsprechenden Technologie z.B. ein gekoppeltes Rückgewinnungs ver fahren für Phosphor und Silber denkbar. Im Ver
gleich zu Rohphosphaten mit Urangehal
ten von oftmals über 200 mg/kg liegen die Tabelle 3: Spurenelementgehalte in ausge
wählten deutschen Klärschlamma
schen
Min Max
mg/kg
Sc 6,0 3,1 10,9 Y 8,2 3,5 17,7 La 26,7 14,1 77,4 Ce 46,6 21,2 67,7 Pr 4,3 2,3 8,5 Nd 14,8 8,3 25,8 Sm 2,5 1,5 3,6 Eu 0,5 0,2 1,0 Gd 2,7 1,7 4,9 Tb 0,3 0,2 0,5 Dy 1,7 1,1 2,6 Ho 0,3 0,2 0,5 Er 0,9 0,6 1,6 Tm 0,1 0,1 0,2 Yb 0,9 0,6 1,5 Lu 0,1 0,1 0,2 REE 116,6 58,7 224,5 Ag 29,7 2,0 133 Nb 18,3 8,8 45,5 Ga 22 5,20 46,3 Sb 16,3 1,0 55,0 V 134 18,3 1069 W 64,2 23,2 179 U 3,8 1,1 22,8
Gehalte in Klärschlammaschen relativ niedrig mit durchschnittlich 4 mg/kg. Dies ist für die Verwendung von Klärschlammaschen als Ausgangsstoff für Phosphordüngemittel ein deutlich positiver Aspekt. Die Gehalte der seltenen Erden sind gering und vermutlich nicht wirtschaftlich zurück zu gewinnen. Dennoch ist denkbar, dass im Rahmen eines Verfahrens zur Phosphorrückgewinnung auch diese Wertstoffe in Nebenfraktionen aufkonzentriert und damit zugänglich für ein Recycling gemacht werden.
6. Verfahren zur Phosphorrückgewinnung aus Klärschlammaschen
Wie oben gezeigt stellt die Klärschlammasche einen bedeutenden Phosphorträger dar, mit PKonzentrationen, die bereits im Bereich von marktgängigen Düngemitteln liegen.
Allerdings müssen noch die Schwermetalle entfernt und die Pflanzenverfügbarkeit verbessert werden. Mit dieser Zielstellung wurden in den vergangenen Jahren einige Verfahren entwickelt, die sich grundsätzlich in zwei Hauptkategorien einteilen lassen:
1. Nasschemische Verfahren zur Extraktion von Phosphaten aus Klärschlammaschen 2. Thermochemische Verfahren zur Entfernung von Schwermetallen und zur Um
wandlung der Phosphorverbindungen
Im Folgenden werden die derzeit als erfolgversprechend angesehenen Verfahren, für die bereits die großtechnische Umsetzung diskutiert wurde oder die bereits großtechnisch erprobt sind, kurz vorgestellt. Im aktuell laufenden EUFP7Projekt PREX (www.P
REX.eu) werden einige der aufgeführten Verfahren vergleichend untersucht.
6.1. Nasschemische Verfahren zur Phosphorrückgewinnung aus Klärschlammaschen
Die in den Klärschlammaschen vorliegenden Phosphorverbindungen Whitlockit Ca3(PO4)2 und Aluminiumphosphat AlPO4 [17] weisen eine sehr geringe Wasserlös
lichkeit auf, was eine Elution mit Wasser verhindert. In Laugen (z.B. NaOH) lösen sich die Aluminiumphosphate auf und der im Rahmen von Untersuchungen an deutschen Klärschlammaschen enthaltene Phosphor geht zu maximal 30 % in Lösung [18]. Vor
teil bei der alkalischen Extraktion ist, dass die Schwermetalle nicht simultan mit dem Phosphor in Lösung gehen, sondern als Hydroxidschlamm durch eine Feststoffab
trennung vom gelösten Phosphat separiert werden können. Allerdings sind maximale Ausbeuten von 30 % für eine technische Anwendung zu gering. Klärschlammaschen aus Japan unterscheiden sich offensichtlich hinsichtlich der Phosphorrücklösung im alkalischen Milieu. Auf einer kommunalen Kläranlage in der japanischen Stadt Gifu werden in einer großtechnischen Anlage zur Phosphatrücklösung mit Natronlauge etwa 75 % des Phosphors aus den Klärschlammaschen zurück gewonnen. Vermutlich sind der im Vergleich zu deutschen Klärschlammaschen geringe Calciumgehalt, sowie der hohe Gehalt an Aluminiumphosphaten (PFällung mit Aluminiumsalzen) hierfür verantwortlich [19].
Unter Zugabe von Säuren können mehr als 90 % des in der Klärschlammasche gebunde
nen Phosphors in Lösung überführt werden. Bei der sauren Extraktion gehen allerdings auch die Schmermetalle mit in die Lösung über und müssen anschließend von der Phosphorfraktion mittels Fällung (Sulfid/Hydroxid), Nanofiltration, Solventextraktion oder Ionenaustauscher separiert werden. Dennoch konzentrieren sich die in Europa entwickelten Verfahrensansätze aufgrund des höheren Rückgewinnungspotentials auf eine saure Rücklösung. Im Folgenden werden zwei dieser Verfahrensentwicklungen vorgestellt.
Das PASCH-Verfahren der RWTH-Aachen
Im Rahmen der BMBF/BMU Förderinitiative Kreislaufwirtschaft für Pflanzennährstoffe, insbesondere Phosphor wurden von der RWTHAachen im Rahmen des Projekts PASCH gemeinsam mit Projektpartnern umfangreiche Untersuchungen zur Phosphorrück
gewinnung aus Klärschlammaschen vorgenommen. Eines der Hauptergebnisse des Projekts ist das nasschemische PASCHVerfahren, welches im Labor bis Technikums
maßstab getestet wurde. Ein vereinfachtes Schema des PASCHVerfahrens ist in Bild 7
zu finden. Das Verfahren greift auf die saure Elution des Phosphors aus Klärschlamm
asche zurück. In einem Tank wird die Klärschlammasche mit verdünnter Salzsäure (HCl 8%ig, 5 m3 Säure/t Asche) eluiert, wobei Phosphor und Schwermetalle gelöst werden.
Nach Abtrennung des Reststoffes (Hauptbestandteil Sand) werden die Schwermetalle aus der Lösung mittels zweistufiger Solventextraktion in einer MixerSettlerAnlage separiert. Die Schwermetalle werden aus der organischen Phase mit einer ammoni
akalischen Lösung extrahiert. Die organische Phase wird anschließend mit Salzsäure regeneriert und kann erneut zur Extraktion von Schmermetallen eingesetzt werden.
Aus der von den Schmermetallen befreiten phosphatreichen Raffinatlösung wird nun das Phosphat bei pH 3,54 gefällt und separiert. Die Fällung erfolgt mit Branntkalk (CaO) wobei je nach Zusammensetzung der Klärschlammaschen Aluminiumphosphat und Calciumphosphate ausgefällt werden. Es ist möglich, in einer zweistufigen Fällung zunächst Aluminiumphosphat bei pH 2 abzutrennen und anschließend durch weitere Anhebung des pHWerts die Calciumphosphate auszufällen. Hierfür ist allerdings ein zusätzlicher Schritt der Feststoffabtrennung notwendig. Die Pflanzenverfügbarkeit der Fällungsprodukte wurde in Topf und Feldversuchen nachgewiesen. Eine Phosphor
rückgewinnung von etwa 80 % des Zulaufs zur Kläranlage ist mit diesem Verfahren zu erzielen. Eine erste Kostenabschätzung im Rahmen des PASCHProjekts ergab einen Preis von 5,30 EUR/kgP bzw. Kosten von 2,80 EUR/(E•a) [20]. Die Kosten des Verfahrens sind stark von den Betriebskosten (Chemikalienverbrauch) dominiert. Es wird derzeit diskutiert, das PASCHVerfahren an einer kleineren dezentralen Klär
schlammverbrennungsanlage in Form einer Pilotanlage weitergehend zu untersuchen.
Solventextraktion (2 -stufig)
Raffinatlösung P-haltig
Fällung CaO
Ablauf
P-Rohstoff AlP/ CaP Gute Düngewirkung wurde bereits in Umfangreichen Topfversuchen bestätigt etwa 5 m3 HCl (8%ig) 1 t Asche
Rückstand
Regeneration der org. Phase Schwermetall -
konzentrat
Org. Phase Entfernung von
Fe, Pb, Cd,Cu,Zn
Org. Phase Entfernung von
Fe, Pb, Cd,Cu,Zn Aufschluss
Feststoffabtrennung
Bild 7: Schema des PASCHVerfahrens der RWTH Aachen
Das LEACHPHOS-Verfahren der BSH Umweltservice AG Die Schweizer Firma BSH Umweltservice AG testet momentan ein nasschemisches Verfahren zur Phosphorrückgewinnung aus Klärschlammaschen im Pilotmaßstab.
Ein Prozessschema ist in Bild 8 dargestellt. Wie beim PASCHVerfahren wird der Phosphor aus den Klärschlammaschen mit verdünnter Säure eluiert. Neben 7090 % des Phosphors gehen Schwermetalle in unterschiedlichen Anteilen ebenfalls in Lösung (Cd etwa 43 %, Cu etwa 42 %, Pb etwa 46 %, Zn etwa 25 %). Anschließend wird der pHWert der sauren Lösung mit Natronlauge oder Kalkmilch stufenweise angehoben.
Bei pH 38 werden Phosphate nahezu quantitativ gefällt und durch Filtration separiert.
Es ist anzunehmen, dass je nach Zusammensetzung der Ausgangsasche eine Mischung aus Aluminium, Eisen und Calciumphosphaten gefällt wird. Ökotoxikologisch be
denkliche Schwermetalle wie Blei und Cadmium werden nur in sehr geringem Maße mitgefällt. Es ist auch denkbar, dass Schwermetalle vor der Fällung mittels Solvent
extraktion analog zum, bei der BSH etablierten FLURECVerfahren (und wie beim PASCHVerfahren oben), separiert werden. Bei pHWerten > 9 wird anschließend aus dem Filtrat ein Metallhydroxidschlamm gefällt und ebenfalls mittels Filtration abgetrennt. In diesem Schlamm ist ein Großteil der Schmermetalle enthalten. Die Prozesslösung kann in den Vorfluter eingeleitet werden. Das phosphorhaltige Pro
dukt (etwa 18 % P) wird im Rahmen des laufenden EUProjekts PREX in Topf und Feldversuchen eingesetzt und somit hinsichtlich der Pflanzenverfügbarkeit untersucht.
Prinzipschema Phosphorrückgewinnung auf nasschemischem Weg verdünnte Säure
KSA-Extraktion und Filtration
Filtrat/Säurephase
Schwermetall- abtrennung
Phosphorprodukt-
Fällung Phosphor-
Produkt
Abwasserbehandlung
Fliessgewässer Kalkmilch o. ä.
Kalkmilch o. ä.
Rückstand/Verwertung Klärschlammasche
(KSA) KSA-Filterkuchen
Bild 8: Schema des LEACHPHOSVerfahrens der BSH Umweltservice AG
6.2. Thermochemische Verfahren zur Phosphorrückgewinnung aus Klärschlammaschen
Die Entwicklungen thermischer Verfahren zur Aufbereitung von Klärschlammaschen wurden im Vergleich zu den nasschemischen Verfahren erst etwas später aufgenommen.
Mittlerweile existieren allerdings sehr erfolgversprechende Verfahren, von denen im Folgenden einige vorgestellt werden.
MEPHREC Verfahren der Ingitec GmbH Beim MephrecVerfahren der Firma Ingitec handelt es sich um eine Schmelzvergasung bei der der Energie und der Phosphorgehalt des Klärschlamms genutzt werden. Im Gegensatz zu den anderen hier dargestellten Verfahren beinhaltet es also die Klär
schlammvergasung und ist nicht auf Monoverbrennungsanlagen für Klärschlämme angewiesen. Entwässerter Klärschlamm (~ 25 % TS) wird mit Zement und anderen Zuschlagstoffen (z.B. Klärschlammasche) zu einem Brikett verpresst und in einen Schachtofen aufgegeben. Bei Temperaturen bis zu 2.000 °C werden unter reduzierenden Bedingungen Schwermetalle verdampft (Cd, Hg, Pb, Zn) oder in eine flüssige Metall
phase (Cr, Cu, Ni) überführt [21]. Der Phosphor gelangt in die Schlacke und weist in seiner Form Ähnlichkeit mit dem Thomasmehl auf (KalksilikoPhosphate). Die Firma Ingitec hat im Jahr 2008 erfolgreich eine Pilotanlage (Bild 9) mit einem Durchsatz von bis zu 300 kg/h in Freiberg/Sachsen betrieben. Der Bau einer Demonstrationsanlage befindet sich in der Planung.
Elektrothermische Produktion von weißem Phosphor aus Klärschlammasche bei Thermphos Bei der Firma Thermphos in Vlissingen (Niederlande) wird Rohphosphat unter Zugabe von Koks bei Temperaturen von 1.500 °C unter stark reduzierenden Bedingungen zu weißem Phosphor umgesetzt. Der Energieaufwand ist mit 13 kWh/kg P recht hoch, es werden allerdings auch hochpreisige Industriechemikalien als Endprodukte her
gestellt. Thermphos testet nun in Kooperation mit dem Betreiber einer der größten Klärschlammverbrennungsanlagen in Europa, der SNB Slibverwerking NoordBrabant (Moerdijk, Niederlande), die großtechnische Option einen Teil des Inputmaterials Roh
phosphat durch Klärschlammaschen zu ersetzen [22]. Derzeit sind 20 % Substitution als zukünftiges Ziel geplant, was bei einem jährlichen Rohphosphateinsatz von 600.000 t einer Verwertung von etwa 120.000 t Klärschlammasche entspräche [23]. Zwischen 2006 und 2010 wurden insgesamt 8.884 t Klärschlammasche der SNB bei Thermphos zu etwa 885 t weißem Phosphor im Rahmen eines Pilotbetriebes verarbeitet. Derzeit verwertet
Bild 9:
Pilotanlage nach dem ME
PHRECVerfahren mit einer Kapazität von bis zu 300 kg/h
Thermphos pro Jahr etwa 15.000 t der bei SNB anfallenden eisenarmen Asche. Mit den Inhaltstoffen der Klärschlammaschen ergeben sich jedoch auch Probleme. Eisen bildet mit dem Phosphor Ferrophosphor (Einsatz in der Stahlindustrie) und mindert so die Ausbeute an weißem Phosphor. Es wurde eine Grenze von 0,2 mol Fe/mol P in Klär
schlammaschen festgelegt, die für den elektrothermischen Prozess nicht überschritten werden sollte. In Klärschlammaschen, die aus der Verbrennung von Klärschlämmen von Kläranlagen mit Eisenfällung stammen, liegt dieser Wert allerdings deutlich höher bei bis zu 1,7 mol Fe/mol P. In Deutschland nutzen die Kläranlagen überwiegend die Option der Phosphorfällung mit Eisensalzen, wodurch die Mehrzahl der resultierenden Klärschlammaschen zunächst für die Verwertung bei Thermphos nicht in Frage kommt.
Um die Konzentration an Eisen in den Klärschlammaschen abzusenken, verbrennt SNB die eisenarmen Klärschlämme in einer gesonderten Verbrennungslinie und kann so die vorgegebene Qualitätsanforderung einhalten. Neben dem Eisen stören allerdings auch die in Klärschlammaschen enthaltenen Schwermetalle Kupfer und Zink. Kupfer wird in der reduzierenden Schmelze in das Metallbad überführt und verunreinigt so den Ferrophosphor. Zink wird unter den reduzierenden Bedingungen als Metall verdampft und findet sich in den Filterstäuben zur Entsorgung wieder. Diese sind aufgrund der hohen Urangehalte problematisch und eine Erhöhung der zu entsorgenden Menge wirkt sich negativ auf die Betriebskosten der Anlage aus.
Für die Herstellung von weißem Phosphor aus Klärschlammaschen bei Thermphos müssten in Deutschland die Kläranlagen auf biologische Phosphorelimination oder auf Fällung mit Aluminiumsalzen umgestellt werden. Eine Nachrüstung bestehender Kläranlagen auf die biologische Phosphorelimination ist in vielen Fällen nicht möglich und kommt eher bei Neubauten von Kläranlagen in Frage. Die Phosphatfällung mit Aluminiumsalzen wäre problemlos einzuführen, geht allerdings mit erhöhten Be
triebskosten einher. Selbst dann ist jedoch je nach Abwasserzusammensetzung nicht garantiert, dass das Fe/PVerhältnis eingehalten werden kann. In den Niederlanden wird dieser Schritt der Umrüstung allerdings in Erwägung gezogen, um den Weg der Herstellung von weißem Phosphor aus Klärschlammaschen in größerem Umfang zu ermöglichen.
Thermochemische Behandlung von Klärschlammaschen mit Chloriden (OUTOTEC GmbH)
Von der BAM – Bundesanstalt für Materialforschung und prüfung wurde bereits im Jahr 2003 ein Prozess zur thermochemischen Behandlung von Klärschlammaschen vorgestellt [24]. Klärschlammaschen werden mit einem Chlordonator wie Magnesium
chlorid vermischt und in einem Drehrohrofen auf etwa 1.000 °C erhitzt. Es entstehen Schwermetallchloride, die aufgrund ihres hohen Dampfdruckes in die Gasphase über
gehen. Gleichzeitig bilden sich neue mineralische Phosphatphasen wie Magnesium und CalciumMagnesiumPhosphate aus, die eine bessere Pflanzenverfügbarkeit aufweisen als die in den Aschen enthalten Aluminium und Calciumphosphate. Dies wurde durch umfangreiche Topf und Feldversuche nachgewiesen [25]. Eine Prinzipskizze des Verfahrens ist mit Massenströmen in Bild 10 dargestellt.
Im Jahr 2004 begann die BAM eine Kooperation mit der österreichischen ASH DEC Umwelt AG, da diese sich ebenfalls mit der chloridischen Schwermetallbeseitigung aus industriellen Rückständen beschäftigte. Im Rahmen des EU FP6 Projekts SUSAN (Sustainable and Safe Reuse of Municipal Sewage Sludge for Nutrient Recovery) wurde die Technologie gemeinsam mit weiteren Projektpartnern aus Finnland, den Niederlanden, Österreich und Deutschland weiterentwickelt und optimiert (www.susan.
bam.de). Die ASH DEC Umwelt AG errichtete im Jahr 2008 die erste Pilotanlage zur thermochemischen Herstellung von Düngemitteln aus Klärschlammasche in Leoben, Österreich (Bild 11). Die Pilotanlage mit einer Kapazität von etwa 7 t pro Tag wurde bereits genutzt, um den Prozess weiter zu optimieren. Der Energiebedarf von etwa 600 kWh/t Asche soll zukünftig durch regenerative Brennstoffe gedeckt werden. Im Rahmen des FP7 EurostarsProjekt SUSYPHOS (Sustainable Symbiotic Phosphorus Fertiliser Production from Two Renewable Raw Materials) wurde für alternative Brennstoffe wie Klärschlammtrockengranulat ein Feststoffbrenner entwickelt. Die Aktivitäten der ASH DEC Umwelt AG werden von der Firma OUTOTEC GmbH intensiv weitergeführt. Derzeit ist die Errichtung einer großtechnischen Anlage mit einem Durchsatz von etwa 30.000 t/a geplant.
1 t Klär- schlamm-Asche
Luftzufuhr
MgCl2/CaCl2 0,2 t
Drehrohrofen
0,16 t Gasaustritt Schwermetall-
chloride
Sekundärrohstoff für P-Dünger 1,04 t 850 bis 1.000 °C
Bild 10:
Prinzipskizze des thermochemi
schen Verfahrens zur Aufberei
tung von Klärschlammaschen im Drehrohrofen
Austrag Kurztrommelofen Abgasreinigung, Sprühkühler Pelletierpresse
Bild 11: Pilotanlage der ASH DEC Umwelt AG mit einer Kapazität von 300 kg/h (Leoben, Österreich)
Aufschluss von Klärschlammaschen in heißen Konverterschlacken
In einem vom BMBF geförderten Forschungsprojekt wird vom FEhS – Institut für BaustoffForschung e.V. und der Arbeitsgemeinschaft Hüttenkalk e.V. mit weiteren Partnern an einer Methode gearbeitet, Klärschlammaschen in heiße Konverterschlacke so einzubringen, dass die im Klärschlamm enthaltenen Phosphate in pflanzenverfüg
bare Silicophosphate ähnlich dem Thomasphosphat überführt werden. Es handelt sich also um ein verfahrenstechnisch recht einfaches und vermutlich kostengünstiges Verfahren welches die in der Schlacke prozessbedingt enthaltene Wärmeenergie ausnutzen soll. Zur heißen LDSchlacke (70 %) wird kalte Klärschlammasche (30 %) durch Einblasen über eine Lanze zugeführt. Die Homogenisierung des Schmelzbades erfolgt durch Schwenken des Konverters und Einblasen von Sauerstoff. Durch den Eintrag von Sauerstoff kommt es zur exothermen Oxidation von Fe und FeO zu Fe2O3, wodurch die Temperaturabsenkung durch die Zugabe der kalten Asche kompensiert wird. Da kein weiterer Energieträger eingesetzt wird, ist die zuzuführende Menge an Klärschlammasche so zu begrenzen, dass die für die gewünschten Reaktionen benö
tigte Temperatur nicht durch Abkühlung unterschritten wird. Vermutlich resultieren aus dieser Limitierung der Zuführung an phosphorhaltiger Klärschlammasche auf etwa 30 % recht geringe Phosphorkonzentrationen im Endprodukt. Im Frühjahr 2010 wurden erste großtechnische Versuche unternommen. Die Produkte wurden von der Arbeitsgemeinschaft Hüttenkalk e.V. eingehend auf ihre Pflanzenverfügbarkeit hin un
tersucht. Die Pfade der in den Klärschlammaschen enthaltenen Schwermetalle müssen noch geklärt werden. Kostenschätzungen liegen für das Verfahren noch nicht vor. Es wird jedoch davon ausgegangen, dass das Verfahren wirtschaftlich betrieben und in die bestehenden Strukturen von Stahlwerken eingegliedert werden kann.
7. Zusammenfassung
In Deutschland fallen jährlich etwa 250.000 t Klärschlammaschen an, welche wirt
schaftlich interessante Wertstoffe enthalten. Das Wertstoffpotential der deutschen Klärschlammaschen wird derzeit an der BAM Bundesanstalt für Materialforschung und prüfung eingehend ermittelt. Phosphor ist unbestritten ein wichtiger Wertstoff der mit Massenanteilen von bis zu 10 % in Klärschlammaschen vertreten ist und zukünftig im Sinne einer Kreislaufwirtschaft zurück gewonnen werden sollte. Es wurden nasschemische und thermochemische Verfahren entwickelt, die kurz vor der großtechnischen Umsetzung stehen.
8. Referenzen
[1] Global Atlas of Excreta, Wastewater Sludge, and Biosolids Management, UNHabitat (2008) [2] Destatis (2011), Mineral fertilizer in Germany 2001/2011, German Federal Statistical Office,
https://www.destatis.de/DE/Publikationen/Thematisch/IndustrieVerarbeitendesGewerbe/
Fachstatistik/DuengemittelversorgungJ.html
[3] Mineral Commodity Summaries, U.S. Geological Survey (2012)
[4] Dissanayake, C.B.; Chandrajith, R.: Phosphate mineral fertilizers, trace metals and human health.
In: Journal of the National Science Foundation of Sri Lanka 37 (2009) pp. 153165
[5] Kratz, S.; Knappe, F.; Rogasik, J.; Schnug, E.: Uranium balances in agroecosystems. In: L.J. de Kok and E. Schnug (Editors), Loads and fate of fertilizerderived uranium, Backhuys Publishers, Leiden, 2008, pp. 179190
[6] European Commission, Critical Raw Materials for the EU – Report of the Adhoc Working Group on Defining Critical Raw Materials. European Commission (EC), 2010
[7] Harrison, E.Z.; Oakes, S.R.; Hysell, M.;Hay, A.: Organic chemicals in sewage sludges, Sci. Total Environ. 367 (2006) pp. 481497
[8] Marani, D.; Braguglia, C.M.; Mininni, G.; Maccioni, F.: Behaviour of Cd, Cr, Mn, Ni, Pb, and Zn in sewage sludge incineration by fluidised bed furnace. Waste Manage. 23 (2003) pp. 117124 [9] Guardia, M.J.L.; Hale, R.C.; Harvey, E.; Bush, E.O.; Mainor, T.M.; Gaylor, M.O.: Organic Conta
minants of Emerging Concern in LandApplied Sewage Sludge (Biosolids). Journal of Residual Science and Technology 1 (2004) pp. 111122
[10] Lehrmann, F.: Anfall und Verwertung von Aschen aus der thermischen Klärschlammverwertung in NRW. BEW Lehrgang, BEW Lehrgang, Duisburg 22.09.2011, 2011
[11] DWA, Merkblatt DWAM 386 Thermische Behandlung von Klärschlämmen Monoverbren
nung, Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e.V., Hennef, 2011 [12] DIN ISO 11466:199706, Bodenbeschaffenheit – Extraktion in Königswasser löslicher Spuren
elemente (Soil quality – Extraction of trace elements soluble in aqua regia), Deutsches Institut für Normung (German Standardization Organization)
[13] DIN EN ISO 11885:200909, Wasserbeschaffenheit – Bestimmung von ausgewählten Elementen durch induktiv gekoppelte PlasmaAtomEmissionsspektrometrie (ICPOES) (Water quality – Determination of selected elements by inductively coupled plasma optical emission spectroscopy (ICPOES)), German Standardization Organization
[14] DIN EN ISO 172942:200502, Wasserbeschaffenheit – Anwendung der induktiv gekoppelten PlasmaMassenspektrometrie (ICPMS) – Teil 2: Bestimmung von 62 Elementen, Deutsche Fassung EN ISO 172942:2004 German Standardization Organization
[15] ElBestawy, E.; Hussein, H.; Baghdadi, H.H.; ElSaka, M.F.: Comparison between biological and chemical treatment of wastewater containing nitrogen and phosphorus. Journal of Industrial Microbiology and Biotechnology 32 (2005) pp. 195203
[16] Zhang, F.S.; Yamasaki, S.; Kimura, K.: Rare earth element content in various waste ashes and the potential risk to Japanese soils. Environment International 27 (2001) pp. 393398
[17] Peplinski, B.; Adam, C.; Michaelis, M.; Kley, G.; Emmerling, F.; Simon, F.G.: Reaction sequences in the thermochemical treatment of sewage sludge ashes revealed by Xray powder diffraction – A contribution to the European project SUSAN, Zeitschrift Fur Kristallographie (2009) pp. 459464
[18] Schaum, C.: Verfahren für eine zukünftige Klärschlammbehandlung – Klärschlammkondi
tionierung und Rückgewinnung von Phosphor aus Klärschlammasche. Schriftenreihe WAR Nr. 185, Technische Universität Darmstadt, 2007
[19] Petzet, S.; Cornel, P.: Precovery from sewage sludge and sewage sludge ashes, 3rd Phosphorus Recycling Symposium. – Technological Perspective of Phosphorus Recovery and Recycling Na
goya, Japan, 2010
[20] Montag, D.: Phosphorrückgewinnung als Baustein einer zukunftsfähigen Klärschlammverwer
tung, Zukunft der landwirtschaftlichen Klärschlammverwertung in SachsenAnhalt. Magde
burg, 2008
[21] Scheidig, K.: Wirtschaftliche und energetische Aspekte des PhosphorRecyclings aus Klär
schlamm. KA – Korrespondenz Abwasser, Abfall 56 (2009) S. 11381146
[22] Schipper, W.; Korving, L.: Fullscale plant test using sewage sludge ash as raw material for phos
phorus production. International Conference on Nutrient Recovery from Waste Water Streams, Vancouver, Kanada, IWA Publishing London (Publisher), 2009, pp. 159167
[23] Petzet, S.; Cornel, P.: Neue Wege des Phosphorrecyclings aus Klärschlammaschen. Korrespon
denz Abwasser, Abfall 57 (2010)
[24] Kley, G.; Köcher, P.; Brenneis, R.: Möglichkeiten zur Gewinnung von PhosphorDüngemitteln aus Klärschlamm, Tiermehl und ähnlichen Aschen durch thermochemische Behandlung.
Tagungsband: Rückgewinnung von Phosphor in der Landwirtschaft und aus Abfällen. (2003) S. 7/17/16
[25] Schick, J.; Kratz, S.; Adam, C.; Hermann, L.; Kley, G.; Schnug, E.: Agronomic potential of P
fertilizers made from sewage sludge ashes – The EUProject SUSAN. EUROSOIL 2008, Wien, Blum, Gerzabek and Vodrazka (Editors), 2008
Die Deutsche Bibliothek – CIP-Einheitsaufnahme Energie aus Abfall – Band 10
Karl J. Thomé-Kozmiensky, Michael Beckmann.
– Neuruppin: TK Verlag Karl Thomé-Kozmiensky, 2013 ISBN 978-3-935317-92-4
ISBN 978-3-935317-92-4 TK Verlag Karl Thomé-Kozmiensky
Copyright: Professor Dr.-Ing. habil. Dr. h. c. Karl J. Thomé-Kozmiensky Alle Rechte vorbehalten
Verlag: TK Verlag Karl Thomé-Kozmiensky • Neuruppin 2013
Redaktion und Lektorat: Professor Dr.-Ing. habil. Dr. h. c. Karl J. Thomé-Kozmiensky, Dr.-Ing. Stephanie Thiel, M.Sc. Elisabeth Thomé-Kozmiensky
Erfassung und Layout: Petra Dittmann, Sandra Peters,
Martina Ringgenberg, Ginette Teske, Ulrike Engelmann, LL. M., Ina Böhme Druck: Mediengruppe Universal Grafische Betriebe München GmbH, München
Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur aus- zugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhand- lungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes.
Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürfen.
Sollte in diesem Werk direkt oder indirekt auf Gesetze, Vorschriften oder Richtlinien, z.B. DIN, VDI, VDE, VGB Bezug genommen oder aus ihnen zitiert worden sein, so kann der Verlag keine Gewähr für Richtigkeit, Vollständigkeit oder Aktualität übernehmen. Es empfiehlt sich, gegebenenfalls für die eigenen Arbeiten die vollständigen Vorschriften oder Richtlinien in der jeweils gültigen Fassung hinzuzuziehen.