• Keine Ergebnisse gefunden

Graphentheoretische Aspekte zur Abgrenzung von Landschaftseinheiten mittels Fernerkundungsdaten

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Graphentheoretische Aspekte zur Abgrenzung von Landschaftseinheiten mittels Fernerkundungsdaten"

Copied!
6
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Landschaftseinheiten mittels Fernerkundungsdaten

Georg KAISER, Thomas BAUER und Werner SCHNEIDER

Zusammenfassung

Die Graphentheorie liefert mathematische Modelle, die topologische Relationen von Objek- ten abbilden. Die in diesem Beitrag vorgestellte Methode basiert auf kombinatorischen Kar- ten, die im Gegensatz zu dualen Graphen die Darstellung der Topologie von Flächennetzen als Modell der Landschaft in einer einzigen Datenstruktur erlauben. Die Knoten und Kanten können in der weiteren Folge mit zusätzlichen Parametern versehen werden und bieten da- mit eine große Flexibilität bei der Formulierung von Regeln zur Abgrenzung von Land- schaftseinheiten. Die Zusammenfassung von Segmenten (Landschaftselementen) zu diesen Landschaftseinheiten wird als Metasegmentierung bezeichnet.

1 Einleitung

Fernerkundungsdaten spielen naturgemäß in der Betrachtung von Landschaftseinheiten eine sehr große Rolle, vor allem in Bezug auf großflächige Landschaftsanalysen. Die potenziel- len Einsatzmöglichkeiten der Graphentheorie auf diesem Gebiet wurden bereits in ver- schiedenen Beiträgen aufgezeigt (z. B.: STEINWENDNER et al. 2002, SHARIFF et al. 1998).

Besonders im Bereich der Landschaftsökologie bieten Verfahren dieser Art eine Reihe von Vorteilen, da Topologie und Formparameter von Landschaftselementen eine wesentliche Rolle bei der Bewertung von Landschaften spielen.

Im Rahmen des vom FWF geförderten Projektes Hierarchies of Plane Graphs for the Ac- quisition, Analysis and Visualization of Geographic Information wurden neue Ansätze zur Segmentierung bzw. Metasegmentierung auf Basis der Graphentheorie entwickelt. Eine Methode, die auf so genannten kombinatorischen Karten beruht, wird in diesem Beitrag nä- her erläutert. Neben der Segmentierung der Fernerkundungsdaten zur Abgrenzung von Landschaftselementen wird auch der Prozess der Metasegmentierung zur Abgrenzung von übergeordneten Landschaftseinheiten beschrieben.

2 Wissensbasierte Analyse von Fernerkundungsdaten in der Landschaftsökologie

In den letzten Jahren wurden verstärkt Verfahren zur automatisierten und wissensbasierten Analyse von Fernerkundungs-Bilddaten entwickelt. Mithilfe von wissensbasierten Sys- temen besteht die Möglichkeit, das Wissen von ExpertInnen aus dem Gebiet der Bild- analyse und Landschaftsökologie in einer Weise zu speichern, dass es in der weiteren Folge in die Auswertung der Daten einfließen kann. Es hat sich oftmals gezeigt, dass die Bild-

(2)

analyse in Bezug auf landschaftsökologische Fragestellungen sehr stark mit ökologischem Wissen und Information aus anderen Quellen verknüpft ist bzw. von diesen abhängt. Daher ist ein integrierter Ansatz für die Verarbeitung notwendig (SCHNEIDER 2002).

Die Kombination einer wissensbasierten Analyse mit einem objektorientierten Ansatz eig- net sich für die Landschaftsanalyse besonders. Objekte, die mithilfe einer Bildsegmentie- rung gewonnen werden, entsprechen in der „realen“ Welt homogenen Bereichen mit spe- zieller ökologischer Relevanz. Sie führen somit zu einem besseren Verständnis von land- schaftsökologischen Zusammenhängen. Diese Objekte werden in der weiteren Folge als Landschaftselemente im Sinne von „land units“ (ZONNEFELD 1995) bezeichnet.

3 Metasegmentierung mittels kombinatorischer Karten

3.1 Kombinatorische Karten

Der in diesem Beitrag vorgestellte Ansatz ist eine neue Methode zur hierarchischen Seg- mentierung von Fernerkundungsbildern mithilfe kombinatorischer Karten (KAISER 2003, BRUN & KROPATSCH 1999). Die Methode folgt dem Ansatz von dualen Graphen, ver- wendet jedoch kombinatorische Karten für die Darstellung der Graphen und bietet eine Rei- he von Vorteilen zur Umsetzung von Segmentierungsalgorithmen. Die resultierenden Gra- phen können mit beliebigen Attributen versehen werden, die entweder aus den Bilddaten oder aus externen Datensätzen (z. B. GIS) gewonnen werden können.

Abbildung 1 zeigt verschiedene Datenstrukturen für die Repräsentierung von flächenhaften Objekten (im konkreten Fall Landschaftselementen) in Geoinformationssystemen. In der Graphenstruktur können Nachbarschaftsbeziehungen zwischen den einzelnen Flächen ex- plizit dargestellt werden: Benachbarte Regionen werden durch Kanten zu einem Region Ad- jacency Graph (RAG) verbunden (Abb. 1c). Der zum RAG duale Kantengraph (nicht dar- gestellt) zur Begrenzung der Regionen erfordert jedoch eine zweite Datenstruktur. Mittels kombinatorischer Karte können die dualen Graphen in einer Datenstruktur implizit reprä- sentiert werden. Dazu werden die Kanten des planaren Graphen in so genannte „darts“ ge- teilt (s. Abb. 1d) und ermöglichen somit eine Orientierung: Jedem „dart“ wird entspre- chend seiner Orientierung jeweils die linke (rechte) Fläche zugeordnet – damit kann der duale Graph (RAG) implizit durch die Permutationen alpha, sigma und phi dargestellt wer- den (BRUN & KROPATSCH 1999).

3.2 Aufbau des Algorithmus

Der schematische Ablauf des Algorithmus ist in Abbildung 2 dargestellt. Nach dem Einle- sen der Bilddaten und der Zusatzinformationen aus GIS-Datenbeständen wird ein Extended Raster Set gebildet. Die Definition der einzulesenden Daten erfolgt in dem Parameterfile Attributes. Das Extended Raster Set kann durch benutzerdefinierte Attribute, die sich aus einer arithmetischen Verknüpfung anderer Attribute ableiten lassen (Math. Expressions), ergänzt werden. Ein Beispiel für einen solchen Ausdruck wäre ein Vegetationsindex. Durch den Segmentierungsalgorithmus wird aus dem Extended Raster Set ein RAG gebildet. Der gleiche Algorithmus wird sowohl zur Abgrenzung von Landschaftselementen, aber auch mit anderen Parametern zur Bildung von Landschaftseinheiten herangezogen. Die Steue- rung des Prozesses erfolgt über die jeweiligen Dateien, welche die entsprechenden Regeln

(3)

beinhalten (Segmentation Rules oder Metaseg. Rules). Das Ergebnis der Segmentierung kann entweder in Form eines attributierten Graphen oder eines Merkmalbildes ausgegeben werden.

Abb. 1: Datenstrukturen in einem GIS

3.3 Segmentierung

Durch den Segmentierungsalgorithmus werden die zu entfernenden Kanten (darts) be- stimmt. Die Menge dieser Kanten bildet den so genannten „Kontraktionskern“, der das Er- gebnis der Segmentierung festlegt. Die Bedingungen für die Segmentierung, die Homoge- nitätskriterien, werden in der Datei Segmentation Rules abgespeichert. Mithilfe eines Bool- schen Ausdrucks werden die Regeln darin verknüpft. Das Ergebnis sind homogene Seg- mente, welche die Landschaftselemente repräsentieren. Ein Beispiel für eine Segmentie- rung ist in Abbildung 3 zu sehen.

3.4 Metasegmentierung

Die selben Segmentierungsmethoden werden in der weiteren Folge zur Abgrenzung von Landschaftseinheiten herangezogen. Dazu müssen allerdings die Kontraktionsregeln ver- ändert und durch eine genaue formale Beschreibung von Landschaftseinheiten und deren Eigenschaften ersetzt werden. Die Steuerung der Metasegmentierung erfolgt über die Meta- seg. Rules, die im Anschluss genauer beschrieben werden. Die Datei Membership Control

(4)

steuert die Berechnung der Zugehörigkeitswerte eines Landschaftselementes zu einer Land- schaftseinheit. Zwei benachbarte Landschaftselemente werden dann zu einer Land- schaftseinheit zusammengefasst, wenn ihre Maxima der Zugehörigkeitswerte auf die selbe Kategorie weisen.

Abb. 2: Schematischer Ablauf der (Meta-)Segmentierung

4 Regelwerk zur Gliederung von Landschaftseinheiten

Die Abgrenzung von Landschaftseinheiten bzw. Kulturlandschaftstypen ist der letzte Schritt in dem hier vorgestellten Ansatz zur Landschaftsanalyse. Voraussetzung für diesen Prozess, der oben als Metasegmentierung bezeichnet wurde, ist eine möglichst detaillierte Charakterisierung der gewünschten Kategorien. Für diesen Zweck fließen nicht nur Infor- mationen ein, die unmittelbar aus Fernerkundungsdaten gewonnen werden, sondern auch bereits existierende Datenbestände, die wesentliche geoökologische Parameter repräsen- tieren. Dazu zählen z. B. Daten über die Höhenstufe, die Exposition, die Geologie oder das Klima. Die Gliederungsprinzipien für die Landschaftseinheiten orientieren sich an einem Konzept, das im Rahmen des Projektes „Spatial Indices for Land Use Sustainibility“

(SINUS) entwickelt wurde (WRBKA et al. 2002).

Im folgenden Beispiel wird aufgezeigt, wie eine Regel in dem Programm umgesetzt wird.

Ausgangspunkt für die Metasegmentierung bilden die Ergebnisse der vorangegangenen Segmentierung oder bereits existierende Klassifikationen.

In Abbildung 4 links ist ein Ausschnitt aus dem SINUS-Datensatz dargestellt und zeigt die Typengruppe 407 „Randalpine Rodungsinseln mit gemischter Acker-Grünlandnutzung“.

Die Landschaftsstruktur dieser Typengruppe präsentiert sich als grobkörnige Matrix, in der zwei Elemente, nämlich intensiv genutztes Grünland und Ackerflächen, etwa gleich stark vertreten sind (WRBKA et. al. 2002). Neben der Bodenbedeckungsklasse werden zusätzlich die Eigenschaften der Landschaftselemente und die Nachbarschaftsbeziehungen für den Aufbau einer Regel berücksichtigt (Abb. 4 rechts).

(5)

Abb. 3: Landsat TM-Ausschnitt und Segmentierung

Die Regeln werden für jedes Segment abgearbeitet. Im ersten Schritt (POINT) wird über- prüft, ob die entsprechenden Bodenbedeckungen in einer für diese Kategorie charak- teristischen Größe vorhanden sind. Trifft dies zu, so wird dem Segment ein Zu- gehörigkeitswert, der sich z. B. bei der Klasse 3 aus einer Fuzzy-Funktion berechnet, zuge- ordnet. Die als LOCAL bezeichneten Funktionen überprüfen die Nachbarschaften zwischen den Segmenten. Im konkreten Beispiel, ob eine „grobkörnige Matrix“ vorliegt. Die unter ZONAL beschriebenen Funktionen beziehen sich auf die Nachbarschaft 2. Grades. In die- sem Beispiel wird überprüft, ob mindestens ein Segment der Klasse 4 (Wald) als 2. Nach- bar vorkommt. Dies würde die Bedingung erfüllen, dass es sich um eine „Rodungsinsel“

handelt.

Abb. 4: Typengruppe und Landbedeckungen aus SINUS (WRBKA et. al. 2002) und Bei- spiel für ein Regelwerk (Class 1 bis 4 repräsentieren die Bodenbedeckungsklas- sen Grünland, Acker, versiegelte Fläche und Wald)

5 Schlussfolgerung

In diesem Beitrag wurde der Vorteil eines graphentheoretischen Ansatzes zur Landschafts- analyse mit Fernerkundungsdaten vorgestellt. Kombinatorische Karten stellen eine Daten- struktur dar, die besonders die Topologie von Flächennetzen berücksichtigt. Der selbe Seg- mentierungsalgorithmus kann dabei einerseits zur Abgrenzung von Landschaftselementen, andererseits zur Bildung von Landschaftseinheiten herangezogen werden.

Der Aufbau des Regelwerkes erlaubt die Einbeziehung von umfangreichem ExpertInnen- wissen in den Auswerteprozess. Neben den Ergebnissen des ersten Segmentierungs- prozesses können im Zuge der Metasegmentierung weitere Parameter aus verschiedenen GIS-Datenbeständen integriert werden. Es hat sich gezeigt, dass gerade für landschafts-

(6)

ökologische Auswertungen ein Verfahren dieser Art die Vorzüge der wissensbasierten Aus- wertung von Fernerkundungsdaten auf Basis von Objekten optimal ausnutzen kann. Die Erstellung eines komplexen Regelsatzes ist derzeit im Aufbau begriffen und bedarf weiterer Forschungen.

Dank

Die Forschungsarbeit ist Teil des Projektes „Hierarchies of Plane Graphs for the Acquisiti- on, Analysis and Visualization of Geographic Information“ und wurde vom Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF) gefördert. Projektnummer: P14662- INF.

Literatur

BRUN, L. & W. KROPATSCH (1999): Dual contraction of combinatorial maps. Technical Report PRIP-TR-54, Pattern Recognition and Image Processing Group (PRIP), Techni- cal University Vienna

KAISER, G. (2003): Metasegmentation of Remote Sensing Images based on Combinatorial Maps. Diplomarbeit am Institut für Vermessung, Fernerkundung und Landinformation, Universität für Bodenkultur, Wien

SCHNEIDER, W. (2002): Knowledge Based Methods of Analysis of Remote Sensed Images for Landscape Ecology. In: PILLMANN W. & K. TOCHTERMANN (Eds.): EnviroInfo, 25- 27. September 2002, Vienna, 1, 538-545

SHARIFF, A., EGENHOFER, M. & D. MARK (1998): Natural-Language Spatial Relations Between Linear and Areal Objects: The Topology and Metric of English-Language Terms. In: International Journal of Geographical Information Science, 12(3), 215-246 STEINWENDNER, J., GRILLMAYER, R. & M. HOLLAUS (2002): Graphentheorie in Ferner-

kundung und Landschaftsanalyse. In: STROBL, J., BLASCHKE, T. & G. GRIESEBNER (Hrsg.): Angewandte Geographische Informationsverarbeitung XIV. Beiträge zum AGIT-Symposium 2002, 534-541. Wichmann Verlag, Heidelberg

WRBKA, T., FINK, M., BEISSMANN, H., SCHNEIDER, W., REITER, K., FUSSENEGGER, K., SUPPAN, F., SCHMITZBERGER, I., PÜHRINGER, M., KISS, A. & B. THURNER (2002):

Kulturlandschaftsgliederung Österreich. Endbericht des gleichnamigen Forschungspro- jektes. Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur

ZONNEVELD, I. (1995): Land Ecologoy: an Introduction to Landscape Ecology as a Base for Land Evaluation, Land Management and Conservation. SPB Academic Publishing, Amsterdam

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Für die Abgrenzung einer Region kamen wir zu folgenden empirischen Anhaltspunkten: Innerer Perimeter: Dieser wird von mindestens durch zwei von außen gegebenen «Fixpunkten»

- Entscheidend ist, dass bei den Menschen deutliche Verbesserungen ankommen - Für Menschen mit Behinderung und. Pflegebedarf im Ergebnis

Haltestelle Radius 300m Radius 500m Bedienungsgebiet Stadtgrenze Fulda.

Die Einnahmen im neuen Jahr betreffen wirtschaftlich das alte Jahr und müssen dort als in der Erfolgsrechnung als Ertrag ge- bucht werden!.

Erhaltungssatzung für das Goethequartier einschließlich der Hafenstraße

Diese Grundlage stellt einen Rahmenplan für die Abwicklung künftiger Baumaßnahmen im Straßenbau dar, mit dessen Hilfe eine vereinfachte und konkrete Bauabwicklung realisiert

Feststellung der Gleichwertigkeit von inländischen Bildungsabschlüssen, soweit nicht nach Ziffer VII Nummer 18 das Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr oder nach

Während die Artenvielfalt bei beiden Szenarien zu zwei Dritteln unverändert bleibt, gilt dies nur für rund ein Drittel der MOTUs (Molecular operational taxonomic units) und weniger