• Keine Ergebnisse gefunden

2. Abgrenzung der Lizenzierung

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "2. Abgrenzung der Lizenzierung "

Copied!
21
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Cornelius Herstatt1, Sabine Walch23

Lizensierung als Instrument des

Internationalen Technologiemarketings

Discussion-Paper 99-02 Stuttgart, Januar 1999

ISSN: 1433-531X

1 Prof. Herstatt ist Leiter des Arbeitsbereichs Technologie- und Innovationsmanagement an der Techni- schen Universität Hamburg-Harburg. Zuvor war er Leiter Lizenzstrategie bei der Wärtsilä NSD Switzer- land Corp. mit Sitz in Winterthur, einem führenden Hersteller von Dieselmotoren für Marine- und Kraft- werksinstallationen. Er ist ferner Dozent an der Universität Zürich sowie Hochschule St. Gallen.

2 Sabiene Walch studiert Betriebswirtschaftslehre an der Universität Hohenheim; ihre Diplomarbeit ver- fasste sie zum Thema Qualifizierung von Lizenznehmern am Beispiel der Wärtsilä NSD Corp., die von Prof. Herstatt betreut wurde.

(2)

1. Problemstellung

Lizenzierung ist eine Form des Markteintritts im Rahmen der Internationalisierung von Unternehmen. Lizenzverhältnisse dienen dem Transfer von Technologie und dem Vertrieb von Produkten. Ihr Einsatz ist besonders dann geeignet, wenn FDI (Financial Direct In- vestments) nicht erlaubt, zu risikobehaftet oder nicht profitabel sind und wenn der Export z.B. aufgrund von Transportkosten oder der Verderblichkeit der Waren nicht vorteilhaft ist. Im Jahr 1994 belief sich der Wert sämtlicher weltweiter Lizenzzahlungen auf US$ 41 Milliarden.4 Während der Jahre 1991 bis 1994 stiegen die Lizenzzahlungen um jährlich 10,1 %, die Wachstumsrate für Zahlungsströme aus FDI betrug im gleichen Zeitraum 12,7 %, die des Export lediglich um 3,8 %.

Aus Sicht des einzelnen Unternehmens, das die Lizenzierung betreibt, stellt sich die Frage, welche Vorgehensweise gewählt werden soll, um die durch das Eingehen von Lizenzver- hältnissen erwünschten Ziele zu erreichen, und mit welchen Instrumenten der Zielerrei- chungsgrad im dynamischen Ablauf überprüft werden kann. Hierbei stellen sich insbeson- dere folgende Einzelfragen:

1. Warum soll ein Unternehmen die Vergabe einer Lizenz anstreben (Motivation)?

2. Welche Technologie wird lizenziert und was sollte unter strategischen Gesichtspunkten nicht lizenziert werden ? (z.B. um die Gefahr des Verlustes einer Kernkompetenz zu vermeiden)

3. An wen wird eine Lizenz vergeben ?, (Auswahlkriterien hinsichtlich der Ziele einer Lizenzierung für eine Entscheidung über die Lizenezvergabe)

4. Wie sollte ein für beide Seiten möglichst optimales Lizenzverhältnis ausgestaltet wer- den?

5. Wann ist der vorteilhafteste Zeitpunkt für eine Lizenzierung?

6. Welches sind mögliche Konsequenzen, die sich aus dem Eingehen von Lizenzverhält- nissen ergeben können (z.B. Abhängigkeit in bestimmten Territorien)?

4 vgl. hierzu und zum folgenden UNCTAD (1996), S. 5

(3)

2. Abgrenzung der Lizenzierung

Neben der Lizenzierung sind auch das Franchising und das Joint Venture weitere Koope- rationsmöglichkeiten – als Zwischenform von Markt und Hierarchie -, um geschützte oder ungeschützte Rechte an andere zur Nutzung zu überlassen.

Das Franchising ist eher in der Konsumgüter- als in der Investitionsgüterindustrie verbreitet, da es sich um ein Vertriebskonzept für standardisierte und eher wenig erklärungsbedürftige Güter handelt. Bei dieser Form der Vertragskooperation überläßt der Franchisegeber dem Franchise- nehmer gegen eine Gebühr ein von ihm entwickeltes Geschäftskonzept mit bestimmten Kontroll- und Identifikationsvorschriften.5 Anders als das Franchising und die Lizenzierung, die zu den Vertragskooperationen zählen, ist das Joint Venture eine Form der Kapitalkooperation. Ein Joint Venture ist die Bildung eines Gemeinschaftsunternehmens durch rechtlich unabhängige Beteilig- te zum Zwecke der Realisierung eines spezifischen Projektes. Die Beteiligten bringen in das neu gegründete Unternehmen Kapital und Technologie ein, wobei die jeweiligen Anteile zum Grün- dungszeitpunkt festzulegen sind.6 Vorteile des Joint Venture sind das gemeinsame Tragen des Risikos und somit das Verhindern von einseitiger Ausnutzung sowie ein intensiver Technologie- und Know-how-Transfer bei gleichzeitiger Senkung der Transaktionskosten durch Internalisie- rung positiver externer Effekte.7

Die Lizenzierung ist in die Klasse der internationalen Technologieverträge einzuordnen und somit eine Subkategorie der Markteintritts- und –bearbeitungsvarianten. Beurteilt nach der Intensität der Kapital- und Managementleistungen im Ausland steht sie zwischen dem Export - die Marktbearbeitungsstrategie mit dem geringsten direkten Engagement im aus- ländischen Markt - und den Direktinvestitionen in Form von Tochtergesellschaften im Ausland - die Marktbearbeitungsform mit den höchsten Kapital- und Managementleistun- gen -. Wie bei der Direktinvestition und im Gegensatz zum Export findet die Leistungser- stellung bei der Lizenzierung im Ausland statt, aber im Unterschied zur Direktinvestition - jedoch wie beim Export - ohne Kapitalbeteiligung des Lizenzgebers.8

5 vgl. White (1997), S. 7

6 demnach kann zwischen dem Equity-Joint Venture, bei dem alle Parteien Anteile in gleicher Höhe halten, und dem New Style Joint Venture, bei dem ein kleineres Unternehmen mit technologischem Spezialwissen mit einem großen, kapitalkräftigen Unternehmen zusammenarbeitet, unterschieden werden, vgl. Strautmann (1993), S. 29

7 ders., S. 27 ff.

8 vgl. Berndt / Sander (1997), S. 513 f.

(4)

Bei den internationalen Technologieverträgen lassen sich insgesamt fünf verschiedene Va- rianten von Verträgen unterscheiden. Erstens ist dies der Lizenzvertrag, der einen Lizenz- nehmer befugt, das Recht eines anderen zu nutzen. Dieses Recht kann ein Recht des Kun- sturheber- oder des Literatururhebergesetzes sein oder ein Recht des gewerblichen Rechts- schutzes (Patent, Gebrauchsmuster, Warenzeichen und Geschmacksmuster).9 Im Unter- schied zum Lizenzvertrag beinhaltet der Know-how-Vertrag die Erlaubnis zur Benutzung technischer Kenntnisse und Erfahrungen, denen kein Schutzrecht zugrunde liegt. Am häu- figsten sind gemischte Verträge, in denen technisches Know-how und die dazugehörigen Schutzrechte gemeinsam lizenziert werden.10 Die technische Beratung, Schulung und der Support bei Projekten ist Gegenstand technischer Hilfsverträge, wohingegen bei reinen Beratungsverträgen die beratende Seite nicht in die praktische Anwendung involviert ist.11 Übermittelt eine Mutterunternehmung ihrer Tochterfirma mehr Know-how und Anweisun- gen als üblich, so werden zwischen den beiden Gesellschaften Regieverträge zur Absiche- rung der Know-how-Übertragung geschlossen.12

Überschußtechnologie

Nutzt ein Unternehmen eine selbst entwickelte Technologie nicht oder nicht mehr aus, so spricht man von einer Überschuß- bzw. spin-off-Technologie. Ein Hauptmotiv für den Verkauf einer spin-off-Technologie im In- und Ausland ist die Erzielung von Zusatzge- winnen. Ein zusätzlicher positiver Nebeneffekt dieser Strategie kann das Erreichen einer Reputation eines technologischen Marktführers sein, die sich auch auf die selbst produzier- ten Güter des Unternehmens auswirkt.13

Technologiegewinnung und –sicherung

Häufig werden Technologien ins Ausland vergeben, um selbst Zugang zu einer fremden Technologie zu erhalten (cross-licensing). Diese cross-licensing-Abkommen bieten beiden Seiten Vorteile, nämlich jeweils den Zugang zu einer begehrenswerten Technologie. Durch zusätzliche Vereinbarung von sog. grant-back-Klauseln sichern sich die Unternehmen den Rückfluß von Verbesserungen an der lizenzierten Technologie und profitieren dadurch von

9 vgl. Perlitz (1995), S. 123

10 vgl. Fischer (1994), S. 236

11 vgl. Perlitz (1995), S. 124

12 ebenda

13 vgl. Kriependorf (1989), Sp. 1324 ff.

(5)

der Kreativität ihres Lizenzpartners.14 Manchmal werden Technologien auch vergeben, um Gerichtsprozesse zu vermeiden. Dies kann z.B. dann wichtig sein, wenn ein Unternehmen eine ähnliche Technologie wie ein Konkurrenzunternehmen entwickelt hat, oder um eine marktbeherrschende Stellung zu vermeiden (Anti-Trust-Überlegungen).15

Viele Unternehmen verfügen nicht über die erforderliche Ausstattung an Arbeitsfaktoren, um eigene Technologien über Exporte auszunutzen oder sie über Direktinvestitionen selbst im Ausland zu produzieren. In diesem Fall ist der Verkauf einer Technologie ins Ausland eine Möglichkeit, diese dennoch gewinnbringend auszunutzen. Ein anderer Grund kann die strategische Schlechterstellung eines Konkurrenten sein bzw. die Möglichkeit, ohne eigene Kapitalbeteiligung im Wettbewerb mit einem Konkurrenten zu stehen (über das lizenzierte Unternehmen). Neben diesen unternehmensinternen Restriktionen beeinflussen auch un- ternehmensexterne Restriktionen die Entscheidung zur Technologievergabe. Vor allem in Entwicklungsländern bestehen verstärkt staatliche Restriktionen oder Importkontrollen, die einem Unternehmen das Bearbeiten des ausländischen Marktes erschweren bzw. ihm den Zugang zum Markt unmöglich machen, so daß eine Lizenzierung die einzige Möglichkeit darstellt, dennoch auf diesem Markt zu operieren. Ein weiteres Motiv aus wettbewerbli- chen Überlegungen ist die Aussicht auf bessere Marktduchdringung, da der ausländische Lizenznehmer den Markt schneller und besser abdecken kann. Wenn der ausländische Markt zu klein für profitable Direktinvestitionen ist, kann dies ebenfalls zum Abschluß eines internationalen Technologievertrages führen.

3. Die Lizenzierung – Definition, Ziele, Probleme, Dimensionen und Elemente

Eine Lizenz ist "das einer Unternehmung vertraglich gegen Entgelt oder andere Kompensa- tionsleistung beschränkt übertragene Recht (Nutzungsrecht) an einer rechtlich geschützten oder rechtlich ungeschützten Erfindung"16. Wie aus der Definition bereits ersichtlich, wird die Überlassung des Nutzungsrechtes durch den Lizenzvertrag geregelt. Konkret beziehen sich Lizenzverträge auf sowohl gewerbliche Schutzrechte (Patente, Gebrauchsmuster, Wa- renzeichen, Geschmacksmuster) als auch auf ungeschütztes Wissen (Übertragung von

14 vgl. Kriependorf (1989), Sp. 1324 ff.

15 vgl. hierzu und zum folgenden Perlitz (1995), S. 126 ff.

(6)

Know-how oder technischen Geheimverfahren). Die häufigste Erscheinungsform ist der gemischte Lizenzvertrag, bei dem technisches Know-how und die dazugehörigen Schutz- rechte überlassen werden.17 Die konkrete Ausgestaltung des Lizenzvertrages ist von zent- raler Bedeutung für den Erfolg der Lizenzierung. Sie muß individuell an die technischen und wirtschaftlichen Gegebenheiten angepaßt werden Rechtlich gesehen ist der Lizenzver- trag ein atypischer Vertrag mit Elementen des Kaufs, der Pacht und der Gesellschaft, der nach Fischer18 12 Bausteine umfasst (Abb. 1)

Abb. 1: Bausteine eines Lizenzvertrags

Präambel

Präambel VertragsgegenstandVertragsgegenstand

örtliches Vertragsgebiet örtliches Vertragsgebiet

Benutzungsrecht

Benutzungsrecht ErfahrungsübermittlungErfahrungsübermittlung

Verbesserungen

Verbesserungen SchutzrechteSchutzrechte

Form und Höhe der Lizenzgebühren

Form und Höhe

der Lizenzgebühren Abrechnung und Zahlung Abrechnung und

Zahlung Gewährleistung

und Haftung Gewährleistung

und Haftung Meistbegünstigung Meistbegünstigung

Vertragsdauer

Vertragsdauer anwendbares Recht, Gerichtsstand anwendbares Recht,

Gerichtsstand

Vorteile der Lizenzierung

Die Lizenzaktivität kann sich sowohl auf die Lizenzvergabe als auch auf die Lizenznahme in Konkurrenz oder Ergänzung zur eigenen Forschung und Entwicklung erstrecken. Li- zenzvergabe und Lizenznahme dienen der Erreichung unterschiedlicher Ziele, beide For- men sind mit Vor- und Nachteilen verbunden. Die Ziele der Lizenzierung hängen zudem

16 Mordhorst (1994), S. 14

17 vgl. zu den verschiedenen Erscheinungsformen des Lizenzvertrages die Ausführungen in II.2, wobei dort der Lizenzvertrag neben dem Know-how-Vertrag als Unterform von Technologieverträgen angeführt wird, und in III.6.2

18 vgl. Fischer (1994), S. 241 ff.

(7)

maßgeblich von der Größe der Unternehmung, der Branche, dem Lizenzgegenstand, dem zeitlichen Horizont, der geographischen Lage, der Wettbewerbssituation und dem Techno- logie- und Marketingpotential der Unternehmung ab.19 Die Ziele bzw. Vorteile der Lizen- zierung, getrennt nach Lizenzvergabe und Lizenznahme, sind in Abb. 2 aufgelistet.

Abb.2: Ziele und Vorteile von Lizenznahme und Lizenzvergabe

- Kennenlernen des relevanten Marktes ohne eigenes Risiko

- kontrollierte Diffusion der Innovation durch tion der Lizenznehmer

- Abbau von Kapazitätsengpässen bei zu großer Markt- nachfrage bzw. Freisetzung von Kapazitäten für profi- tablere Aktivitäten

- Verhinderung von Anfechtungen des Schutzrechtes aufgrund Monopolstellung

- schnelle Erschließung eines Marktes durch Nutzung bestehender Fertigungsanlagen- und Vertriebswege - Erzeugung eines hohen Bekanntheitsgrades durch gleichzeitige Bearbeitung vieler Märkte

- Verwertung von spin-off-Technologien

- erwirtschaftete Deckungsbeiträge bringen Liquidität bzw. können in weitere FuE-Tätigkeit investiert werden

- sinnvolle und qualitativ hochwertige Erweiterung Produktpalette

- bessere Auslastung der Vertriebskanäle durch schnel- leren Markteintritt aufgrund Zeitersparnis bei der Ent- wicklung

- Beschaffung einer nicht vorhandenen Technik - Konzentration der Innovationstätigkeit auf Fähigkeiten des Unternehmens, in schwächeren Be- reichen wird zugekauft

Wettbewerbliche Ziele

Absatzwirtschaftliche / marktorientierte

Finanzwirtschaftliche Ziele - angemessene Erträge kurz nach der Lizenznahme

- Ersparnis von hohen Investitionen in FuE- / effizientere Allokation der FuE-Ressourcen

- effizientere Produktion der Güter durch Moderni- sierung wichtiger technischer Prozesse

- Legalisierung der Imitation, d.h. des Ausschließ- lichtkeitsrechtes, Zugang zu bisher verschlossenen Märkten durch Nutzung des Know-hows

Produktionswirtschaftliche Ziele

Schutzrechtspolitische Ziele

- Überwindung von protektionistischen Vorschriften ausländischen Märkten

- Importsubstitution, internationale

Volkswirtschaftliche Ziele

Lizenznahme Lizenzvergabe

Quelle: in Anlehnung an Mordhorst (1994), S. 69 ff.

Mögliche Problemfelder und Nachteile bei Lizenznahme und –vergabe

Wenn die Lizenzierung auch beiden Seiten viele Vorteile bietet, so müssen vor Eintritt in die Vertragsverhandlungen sowohl der Lizenznehmer als auch der Lizenzgeber sich über die möglichen bestehenden Nachteile bewußt sein. Für den Lizenznehmer20 besteht die

19 vgl. Mordhorst (1994), S. 64

20 vgl. zu den Nachteilen für Lizenznehmer Mordhorst (1994), S. 75 ff.

(8)

größte Gefahr darin, ohne eigene FuE durch die Lizenznahme vom Lizenzgeber technisch abhängig zu werden. Ist eine Lizenznahme dringend erforderlich, so muß der Lizenzneh- mer u.U. langwierige Vertragsverhandlungen oder aber strenge Restriktionen wie z.B. Ab- satzmarkt-, Preis- und Mengenvorgaben in Kauf nehmen. Während der Implementierungs- phase stellt sich dem Lizenznehmer die Aufgabe, eine nicht selbst entwickelte Technik ohne entsprechendes Hintergrundwissen an die eigene Produktion anzupassen, was zudem mit der Gefahr des NIH-Syndromes21 – der Nicht-Akzeptanz von Seiten der Mitarbeiter - verbunden ist. Langfristig ist zu beachten, daß durch die vertragliche Bindung an den Li- zenzgeber Nachteile durch vereinbarte Rückgewährklauseln (Weiterentwicklungen gelan- gen an den Konkurrenten, Verpflichtungen gegenüber dem Lizenzgeber bestehen auch noch, wenn neue Techniken am Markt angeboten werden) entstehen können, im ungüns- tigsten Falle wird der Lizenznehmer gar als Imitator abgestempelt.

Für den Lizenzgeber22 besteht bei der Lizenzvergabe generell das Risiko, das Wachstum eines potentiellen Konkurrenten zu unterstützen, ohne dies effektiv verhindern zu können, und somit den eigenen Wettbewerbsvorteil zu verlieren bzw. Schwierigkeiten bei der Rea- lisierung einer eigenständigen internationalen Strategie zu haben. Während der gesamten Zeit der Vertragsdauer besteht die latente Gefahr, daß der Lizenznehmer geheimes Know- how preisgibt oder nicht-lizenzierte Weiterentwicklungen der Technik weitergibt. Bei ei- nem Vertragsbruch des Lizenznehmers ist schlimmstenfalls das gesamte Know-how samt zugehöriger Technik am Markt frei erhältlich. Für den Lizenzgeber ist aufgrund der hohen Kosten die Überwachung des Lizenznehmers und der Qualitätsstandards mit erheblichem Aufwand verbunden. Durch Auswahl eines "schlechten" Lizenznehmers können Ansehen und Ruf des Innovators für immer beschädigt werden. Außerdem ist davon auszugehen, daß die kumulierten Lizenzgebühren – falls sie wie erwartet eingehen – im Normalfall nicht die Kosten der Entwicklung des Lizenzgegenstandes decken.

Die Lizenzvergabe birgt wie jede andere wirtschaftliche Tätigkeit Risiken in sich, und spe- ziell bei der Lizenzierung ins Ausland entstehen durch die größere räumliche Entfernung zusätzliche Probleme. Es sind sowohl betriebswirtschaftliche, rechtliche wie auch politi- sche Aspekte zu beachten.23 Für Lizenzverträge, insbesondere internationale Abkommen,

21 Not Invented Here

22 vgl. zu den Nachteilen für den Lizenzgeber Mordhorst (1994), S. 87 ff.

23 vgl. Berndt / Sander (1997), S. 521

(9)

besteht kein in sich abgeschlossenes Lizenzrecht, sondern es sind eine Vielzahl von juristi- schen Normen aus unterschiedlichen Rechtsgebieten zu beachten (z.B. BGB, GWB, EG- Vertrag, deutsche und europäische Schutzrechte), was die Beurteilung der rechtlichen Zu- lässigkeit eines Vertrages erschwert.24 Politische Probleme bei der internationalen Lizenz- vergabe erstrecken sich im wesentlichen auf Risiken bezüglich des Transfers von Lizenz- zahlungen, Risiken aus politischer Instabilität des Lizenznehmerlandes sowie aus Enteig- nungsrisiken, insbesondere in Ländern der Dritten Welt.25

Abb.3 Betriebswirtschaftliche Problembereiche einer Internationalisierung durch Lizenzvergabe

Betriebswirtschaftliche Problembereiche einer internationales Lizenzvergabe

Kalkulierbare Wagnisse

wirtschaftliche Risiken

‰Delkredere-Risiko

‰Fabrikationsrisiko

‰Risiko aus Produkt- haftpflicht

Geldwertrisiken

‰Inflationsrisiko

‰Wechselkursrisiko

Allgemeine Unternehmerwagnisse

‰Risiko der schlechten Partnerwahl

‰Risiko unzureichender Vertragsgestaltung

‰Qualitätsrisiko

‰Risiko der Konkurrenzierung durch Lizenznehmer

‰Risiko unkontrollierbaren Know-how- Abflusses

Quelle: in Anlehnung an Berndt. / Sander (1997), S. 522

Die betriebswirtschaftlichen Problembereiche teilen Berndt / Sander26 in kalkulierbare und allgemeine Unternehmerwagnisse ein, wobei hier ausschließlich die letzteren betrachtet werden.

Strategien der unternehmerischen Lizenzpolitik

Es ist davon auszugehen, daß eine Unternehmung mit der Lizenzierung nicht nur ein ein- zelnes Ziel, sondern die Realisierung eines ganzes Zielbündels anstrebt. Die Art und Wei- se, wie der Prozeß der Zielerreichung konkret gestaltet wird, drückt sich in der Lizenzpoli-

24 ders., S. 529, Mordhorst, C. F. (1994), S. 23

25 vgl. Berndt / Sander (1997), S. 529 ff.

(10)

tik aus. Sie beeinhaltet "die Bestimmung des Zeitpunktes der Einräumung und des Gegens- tandes der Lizenz, die Suche und Auswahl eines kompetenten, interessierten und hinsicht- lich seiner Ziele und Mittel geeigneten Lizenznehmers bzw. –gebers sowie die Lizenzver- tragsverhandlungen"27. Während des Entscheidungsprozesses vor Abschluß eines Lizenz- vertrages sollten Techniker, Kaufleute und Vertragsrechtler eng zusammenarbeiten.28 Die erste und endgültige Entscheidung über den Abschluß eines Lizenzvertrages muß jedoch auf strategischer Managementebene getroffen werden, da sie eine Grundsatzentscheidung über die unternehmerische Konzeption darstellt.29 Die Lizenzstrategie kann demnach als der Prozeß der Zielbildung bezüglich der Lizenzierung verstanden werden, der ein präzi- ses, strukturiertes und realisierbares System von Handlungsnormen festlegt.30 Die Lizenz- politik als Operationalisierung der Ziele einer Lizenzierung leitet sich somit unmittelbar aus der Lizenzstrategie ab. Zu den Handlungsformen der Lizenzpolitik zählen sowohl die aktive als auch die passive Lizenzpolitik. Unter aktiver Lizenzpolitik ist die Vergabe eines Lizenzvertrages zu verstehen, die passive Lizenzpolitik bedeutet den Erwerb einer Li- zenz.31 Auch die passive Lizenzpolitik beruht auf strategischen Entscheidungen; die Rolle des Initiators oder des Promotors eines Lizenzabkommens kann jeweils sowohl dem Li- zenzgeber als auch dem Lizenznehmer zukommen.32

Neben der Erschließung neuer nationaler Märkte als Maßnahme der Absatzpolitik ist auch der Schritt in ausländische Märkte mit lizenzpolitischen Überlegungen verbunden. Im Hin- blick auf die Internationalisierung einer Unternehmung ist die internationale Lizenzpolitik

"die Summe aller unternehmenspolitischen Entscheidungen über die Einbeziehung (aus- ländischer) Dritter in die grenzüberschreitende Vermarktung technologieintensiver Pro- dukte, Verfahren, Anlagen und/oder Dienstleistungen ..."33 (aktive Lizenzpolitik) "... oder in den Planungs- und Gestaltungsprozeß zur Erweiterung/Erneuerung der eigenen Palette von Produkten und/oder Dienstleistungen unter Ausschluß oder Entlastung der eigenen FuE"34 (passive Lizenzpolitik). In der Reihe unternehmerischer Strategien steht die Lizen-

26 ders., (1997), S. 522 ff.

27 Lorch (1993), S. 1330 f.

28 vgl. Fischer (1994), S. 238

29 vgl. Mordhorst (1993), S. 111, ebenda

30 vgl. Mordhorst (1993), S. 64

31 vgl. Fischer (1994), S. 238 ff.

32 vgl. Mordhorst (1993), S. 111

33 Kriependorf (1989), S. 1324

34 ebenda

(11)

zierung zwischen der Exportlösung und Direktinvestitionen im Ausland.35 Für die Lizen- zierungsstrategie identifiziert Mordhorst fünf strategische Bereiche36, zwischen denen ständige Wechselwirkungen bestehen (siehe Abb.4).

Abb.4: Interdependenzen der Strategiedimensionen

Was?

Art des Wissens Was?

Art des Wissens

Wann?

Zeitliche Dimension Wann?

Zeitliche Dimension

Wer?

Zahl der Lizenznehmer Wer?

Zahl der Lizenznehmer Wofür?

Art und Höhe der Kompensation Wofür?

Art und Höhe der Kompensation Wieviel?

Umfang des Wissens Wieviel?

Umfang des Wissens

Quelle: Mordhorst (1994), S. 116

Umfang des übertragenen Wissens

Wenn der Lizenzvertrag sich lediglich auf die Nutzung eines einzigen Schutzrechtes bzw.

eines spezifisch abgegrenzten Know-how-Bereiches erstreckt, spricht man von einer Ein- zellizenz. Umfaßt der Lizenzvertrag jedoch eine ganze Gruppe von Schutzrechten bzw. ein Bündel von Know-how, so nennt sich diese Form der Lizenzierung Paketlizenz.

35 vgl. hierzu die Ausführungen in Kapitel II, insb. in Abschnitt II.2

36 ebenda

(12)

Art des übertragenen Wissens

Technisches Wissen kann in die Klassen 'geschützte Erfindungen' und 'nichtgeschützte Kenntnisse' eingeteilt werden. Nach dieser Klassifizierung lassen sich auch Lizenzen auf- teilen.

Bei der Lizenzierung von ausschließlich einem bzw. mehreren Schutzrechten handelt es sich um eine Patentlizenz oder auch Schutzrechtslizenz. Die beiden Begriffe sind Synony- me und beinhalten nicht nur die Lizenzierung von Patenten, sondern auch diejenige von anderen staatlichen Schutzrechten wie Gebrauchs- oder Geschmacksmuster und Warenzei- chen. Lizenzen der Klasse 'nichtgeschützte Kenntnisse' umfassen den Know-how-Transfer und somit die Übertragung von rechtlich ungeschütztem Wissen. Mitunter werden diese Verträge anstatt 'Lizenzvertrag' auch als 'Know-how-Vertrag' bezeichnet.37 Know-how- Lizenzen beschränken sich nach § 21 I GBW auf geheimes technisches Wissen. Die dritte Art von Lizenzverträgen ist die der gemischten Lizenz, sie beinhaltet sowohl die Nutzung von einem oder mehreren Schutzrechten als auch den Transfer von rechtlich ungeschütz- tem Know-how. Dies ist die häufigste Art von Lizenzen, da es meist nicht ausreicht, ledig- lich die Schutzrechte ohne zugehöriges Know-how zu lizenzieren oder umgekehrt.38

Exklusivitätsgrad der Lizenz

Der Exklusivitätsgrad der Lizenz ist durch die Zahl der Lizenznehmer bestimmt. Bei der Exklusivlizenz erhält lediglich ein einziger Lizenznehmer den Lizenzgegenstand zur Ver- fügung; selbst der Lizenzgeber ist im Zielmarkt von der Benutzung ausgeschlossen. Der Lizenzgeber kann auch eine Erlaubnis zur Unterlizenzierung erteilen.39 Im Unterschied dazu darf bei der alleinigen Lizenz allein der Lizenzgeber neben dem Lizenznehmer den Lizenzgegenstand nutzen. Dafür verpflichtet sich der Lizenzgeber, keine weiteren Lizen- zen zu erteilen.40 Die nicht-exklusive oder auch einfache Lizenz ermöglicht dem Lizenzge- ber, neben dem ersten Lizenznehmer noch weiteren Partnern Lizenzen für die Nutzung im

37 vgl. hierzu die Klassifikationen von Technologieverträgen nach Perlitz in Abschnitt II.3.2

38 vgl. Fischer (1994), S. 236

39 vgl. Kriependorf (1989), Sp. 1333

40 ebenda

(13)

Zielmarkt zu überlassen. Der Lizenzgeber selbst kann die Erfindung selbst nutzen und die Erteilung von Unterlizenzen untersagen.41

Kompensationsregelung

Kernstück des Lizenzvertrages ist die Vereinbarung einer adäquaten Gegenleistung für das lizenzierte Know-how bzw. Schutzrecht. Der wirtschaftliche Erfolg einer Lizenzierung hängt maßgeblich von der Wahl einer geeigneten Kompensationsform ab, da diese – neben dem finanziellen Aspekt – das Verhalten von Lizenznehmer und Lizenzgeber beeinflußt.

Dies ist vor allem für die Erreichung der Zielsetzungen des Lizenzgebers von sehr großer Wichtigkeit. Alle Kompensationsformen können je nach Zielsetzung faktisch unbegrenzt kombiniert werden. Mordhorst spricht deshalb auch "statt von einer Kompensationsleis- tung von einem Kompensationspaket"42. Weihermüller nennt sieben Varianten des Lizenz- entgelts, nämlich laufende Gebühren (royalties), die umsatz- und stückbezogen, input- bezogen oder gewinnbezogen sein können, Pauschalgebühren (worunter z.B. auch die Ab- schlagszahlung fällt), Einnahmen aus dem Verkauf von Komponenten und Zubehör an den Lizenznehmer, Gebühren für Unterstützung und Service (Support), Rücklieferungen an den Lizenzgeber zu Sonderkonditionen, gegenseitiger Lizenzaustausch (cross-licensing) und Gebühren in Form von Kapitalbeteiligung.43 Grundsätzlich lassen sich die Entgeltleis- tungen nach monetärer und nicht-monetärer Kompensation unterscheiden. Gebühren in monetärer Form sind in den meisten Verträgen üblich, sie bestehen entweder aus direkten Übertragungen in Geld oder aber aus indirekten Zahlungen durch spätere Rückflüsse.44 Die einfachste Art des monetären Lizenzentgelts ist die Pauschallizenz, bei der eine einmalige fixe Zahlung (lump sum) anfällt. Variable Lizenzentgelte beziehen sich im wesentlichen entweder auf die produzierte Menge (Stücklizenzgebühr), auf den Umsatz (Gebühr in Höhe eines Prozentsatzes vom Umsatz) oder auf den Gewinn aus der Lizenzproduktion. Häufig bietet sich die Kombination beider Zahlungsformen an, nämlich die Vereinbarung eines einmaligen Fixbetrages bei Vertragsabschluß (initial lump sum oder down payment / anre- chenbare Abschlagszahlung) und einer laufenden Lizenzgebühr. Die nicht-monetären Kompensation kann entweder aus der Übertragung von Wissen (gegenseitig oder als Rückgewährverpflichtung) oder von Sachgütern als Gegenleistung bestehen.

41 ebenda

42 Mordhorst (1994), S. 265

43 vgl. Weihermüller (1982), S. 119

(14)

Höhe der Kompensation

Die Kompensationsregelung umfaßt sowohl die Wahl der Kompensationsform als auch die Höhe des Preises. Die Festsetzung des Wertes des Lizenzgegenstandes ist für beide Seiten schwierig einzuschätzen und mit Unsicherheit verbunden. Der Lizenzpreis hängt von ver- schiedenen Einflußgrößen ab. Einerseits wird die Höhe des Preises durch die Kompensati- onsform beeinflußt, andererseits auch vom Wert der lizenzierten Technik und der Zusatz- leistungen. Auch jede Art von Restriktionen (z.B. Exklusivitätsgrad, Territorialgröße, Mengenvorgaben), die entweder auf Seiten des Lizenzgebers oder des Lizenznehmers an- gestrebt werden, spiegeln sich in der Höhe des Lizenzentgelts wieder.45 In den Vertrags- verhandlungen wird somit ein Gleichgewicht zwischen den Wertvorstellungen von Li- zenzgeber und Lizenznehmer angestrebt – und die Lizenzgebühr drückt dieses Gleichgewicht aus.

Zeitliche Dimension

Die zeitliche Dimension beinhaltet zwei Bereiche: den Zeitpunkt und den Zeitraum (die Laufzeit) der Lizenzierung.Der Zeitraum des Vertrages ist i.d.R. an rechtliche Rahmenbe- dingungen wie beispielsweise die Schutzdauer eines Patentes o.ä. gebunden.46 Die Be- stimmung des optimalen Zeitpunktes der Lizenzierung richtet sich nach den Zielen einer Lizenzvergabe oder –nahme, je nachdem empfiehlt sich eine frühe oder späte Lizenzie- rung. 47

Zur Auswahl und Bewertung bestehender Lizenznehmer

Vor der Auswahl eines neuen potentiellen Lizenznehmers ist u.E. die Auditierung ein ge- eignetes Instrument, um Informationen über diesen und dessen wesentliche Eigenschaften zu erhalten.

Die Auditierung entspricht einerseits einem Screening, d.h. der Lizenzgeber beschafft sich selbständig Informationen über den Lizenznehmer, andererseits auch einem Signalling,

44 vgl. Kriependorf (1989), Sp. 1335

45 vgl. Mordhorst (1994), S. 289 ff.

46 ders., S. 264

47 vgl. zu den Zielen der Lizenzierung den Abschnitt III.2, zur Bestimmung des Zeitpunktes der Lizenzierung anhand des dynamischen Modells der Kernkompetenzen den Abschnitt IV.3.4

(15)

beispielsweise durch die Form der Selbstdarstellung des Lizenznehmers während der Au- ditierung, d.h. inwieweit er von sich aus bereit ist, Informationen preiszugeben. Durch Screening und Signalling können dann Rückschlüsse auf die Qualifizierung des Lizenz- nehmers gezogen werden.

Wird die Auditierung als Grundbedingung an den Lizenznehmer gestellt, um erste Ver- tragsverhandlungen aufzunehmen, so lassen sich aus der Bereitschaft des Lizenznehmers, ein solches Verfahren in seinem Unternehmen durchführen zu lassen, ebenfalls Rück- schlüsse auf die Qualifizierung, v.a. im Sinne der Kooperationsbereitschaft, ziehen. Aus den Ergebnissen der Auditierung lassen sich auch Empfehlungen hinsichtlich Verbesse- rungsmöglichkeiten für den Lizenznehmer ableiten. Um die Umsetzung der Empfehlungen zu unterstützen, dienen individuelle Anreiz- und Kontrollsysteme als Instrument.

Die Auditierung wird empfehlenswerterweise mittels einer strukurierten Befragung vor Ort beim (potentiellen) Lizenznehmer durchgeführt. Hinweise für mögliche Inhalte dieser Be- fragung sind exemplarisch in Abbildung 5 zusammengestellt.

(16)

Abb.5 Lizenznehmer-Fragebogen für die Auditierung (Checkliste)

Fragebogen

A. Allgemeine Informationen über LN - Shareholderstruktur

- Finanzierung

- Funktionen/Bereiche/Organisation - Anzahl Mitarbeiter

- Projekte in bearbeiteten Territorien - Marktposition (mittelfristig)

B. Produktbezogene Informationen - Produzierte Lizenzprodukte

- Anwendungen der Produte (Applikationen) - Erfahrungen mit eigenen Produkten im Vergleich zu Wettbewerberprodukten - Marktanteile eigene/fremde Produkte

C. Herstellungsbezogene Informationen - Produktionsprozesse und Ausstattung (Maschinen/Werkzeuge/Prüfeinrichtungen) - Geplante Investitionen

- Durchschnittliches Maschinenalter - Produktionsplanung und -Organisation - Training in der Fertigung

- Herstellkosten

C. (Fortsetzung)

- Produktivitätsvergleiche mit anderen Lizenznehmern

- Produktionkapazitäten - ISO-Zertifizierung

D. Komponentenbeschaffung und Ersatzteilgeschäft

- Produktionsprozesse und Ausstattung - Herstellkosten

- Produktivitätsvergleiche mit anderen Lizenznehmern

- Produktionkapazitäten

Die Auditierung ist nicht nur das Instrument zur Messung des Bedarfs an Anreiz- und Kontrollmechanismen, sondern auch der Kontrollmechanismus selbst, indem diese in re- gelmäßigen Abständen durchgeführt wird. Ein weiteres Beispiel für einen Kontrollmecha- nismus ist die regelmäßige Prüfung des Lizenznehmers durch unabhängige Dritte wie z.B.

Fachleute von Zertifizierungsstellen oder durch Ingenieure. Die Ausgestaltung von Anreiz- systemen findet in den Vertragskonditionen ihren Ausdruck. Aufgrund der Schwachstel- lenanalyse des Lizenznehmers (sowohl vor der ersten Lizenzvergabe als auch vor der Ent- scheidung über die Vertragsverlängerung) können die Erwartungen formuliert werden, und abhängig vom Zielerreichungsgrad verändern sich die Variablen in den Vertragskonditio- nen, wie z.B. Preis oder Support. Auch die Verpflichtung zur Produktion einer bestimmten Mindestmenge und damit indirekt zum Erreichen eines bestimmten Marktanteils kann an das Preissystem gekoppelt werden. Bei Nichterreichen der Zielvorgaben treten Sanktions- strafen in Kraft, bei Übererfüllung der Zielvorgaben reduzieren sich die Gebühren. Eine Sanktionsstrafe könnte z.B. die Zahlung eines Geldbetrages bis zur Höhe der eigentlich vereinbarten Mindestmenge sein. Die Ausgestaltung des Preissystems ist aufgrund der Vielzahl an Variablen sehr komplex. Grundsätzlich sind beliebig viele Kombinationsmög- lichkeiten denkbar. Ein Beispiel der Preisgestaltung ist zum einen die Kopplung der Servi- ce- und Supportleistungen, die der Lizenznehmer vom Lizenzgeber erhält, mit den Lizenz- gebühren. Hierbei könnte ein entsprechend aufbereitestes Lizenznehmer-Portfolio ange-

(17)

wandt werden (hierzu Abschnitt VI). In diesem Portfolio sind beispielsweise alle Lizenz- nehmer nach der Anzahl der gebauten Produkte und ihren Betreuungskosten (License Ca- re) eingeordnet. Ein anderes Beispiel ist die vertragliche Fixierung eines Sockelbetrages (lump sum), der auch bei Nichterreichen der Mindestmengen bezahlt werden muß, und der ab Überschreiten der Mindestmenge mit den laufenden Lizenzgebühren verrechnet wird.

Die Lizenzgebühren selbst könnten dann je nach Anzahl der gebauten Produkte gestaffelt werden.

Ein einfaches Beispiel für eine Abhängigkeit zwischen Lizenzgeber und Lizenznehmer wäre, daß der Lizenznehmer sich verpflichtet, in regelmäßigen Abständen zu den Bedin- gungen des Lizenzgebers eine Auditierung durchführen zu lassen; im Gegenzug verpflich- tet sich der Lizenzgeber, dem Lizenznehmer konstruktiven Beratungsservice hinsichtlich Technologie und Organisation zukommen zu lassen oder die Ingenieure der Lizenznehmer kontinuierlich weiterzubilden. Denkbar ist in diesem Zusammenhang auch an eine Ver- pflichtung des Lizenznehmers zur Erreichung eines gewissen Marktanteils, bei gleichzeiti- ger Verpflichtung des Lizenzgebers, einen Teil der direkt an den Lizenzgeber in Auftrag gegebenen Projekten an den Lizenznehmer zur Produktion zu vermitteln. Eine Form der Abhängigkeit, die heute beispielsweise im Motorenbau teilweise praktiziert wird, ist die Zusammenarbeit mit bestimmten, besonders qualifizierten Lizenznehmern auf dem Gebiet der Konstruktion. Hierbei bringt der Lizenznehmer sein Produktions-Know-how, der Li- zenzgeber sein Konstruktionswissen ein, mit dem Ziel, neue Motorentypen zu entwickeln bzw. bestehende Typen zu verbessern. Für diese Zusammenarbeit erhält der Lizenznehmer das Recht – und die Verpflichtung – den konstruierten Motor als erster weltweit zu produ- zieren und zu launchen, verbunden mit niedrigeren Lizenzgebühren.

4. Portfolio zur Lizenznehmerqualifizierung

Das gnerische Phasenschema der strategischen Planung unterscheidet zwischen strategi- scher Analyse, Strategieableitung und Implementierung, teilweise inklusive Controlling.

Strategieableitung bedeutet hierbei die Auswahl geeigneter unternehmerischer Mittel zur Beantwortung der durch die strategische Analyse aufgeworfenen Fragen. 48 Dieses grund-

48 vgl. Strautmann (1993), S. 72

(18)

sätzliche Prinzip kann auch für die Entwicklung einer internationalen Lizenzstrategie ana- log genutzt werden.

Hierzu kann zunächst eine Bedarfserhebung auf der Management-Ebene durchgeführt wer- den; aufgrund der strategischen Analyse der gesammelten Ergebnisse kann dann die Stra- tegie abgeleitet werden, in der die die Abschnitt I aufgeworfenen Fragen zumindest eine grobe Beantwortung finden sollten. Element der Strategie kann die Einführung eines li- zenznehmerweiten Qualifizierungsverfahrens sein. Die Implementierung dieser Verfahrens besteht aus zwei Phasen. In einem ersten Schritt wird eine Auditierungsvorgehensweise – bestehend aus Befragung von Führungskräften des Lizenznehmers und Besichtigung der Produktionsstätten – entwickelt und an einem Pilotfall getestet. Der zweite und umfangrei- chere Schritt besteht dann in der lizenznehmerweiten Implementierung des Verfahrens.

Die Auditierung dient dem Ziel, alle Lizenznehmer nach gleichen Kriterien zu beurteilen.

Mit Hilfe einer übersichtlichen Einordnung der Lizenznehmer können diese dann in ver- schiedene Kategorien eingeteilt werden, z.B. Lizenznehmer, mit denen eine weitere Zu- sammenarbeit sinnvoll ist, deren Optimierungspotential aber durch systematische Maß- nahmen noch weiter ausgeschöpft werden kann, oder Lizenznehmer, mit denen eine nähere Zusammenarbeit oder verstärkter Support nicht erstrebenswert ist.

Die Positionierung der Lizenznehmer bedarf eines geeigneten Modells. Sie kann mit Hilfe einer Umwelt- und einer Unternehmenskomponente abgebildet werden.49 In Anlehnung an das von Strautmann50 entwickelte Portfolio-Modell der Kernkompetenzen, der zwischen der strategischen Relevanz von Kernkompetenzen als Umweltfaktoren und zwischen der relativen Eigenkompetenz als Unternehmenskomponente unterscheidet, lassen sich für die qualifizierte Lizenznehmerbeurteilung ebenfalls zwei Dimensionen ableiten.

Die Marktattraktivität des Lizenznehmers als Umweltkomponente ergibt sich aus den ge- wichteten Einflußfaktoren

49 vgl. Strautmann (1993), S. 78 ff.

50 vgl. die Ausführungen in Kapitel IV.3.2 bis IV.3.4, ebenda

(19)

• relativer Marktanteil (d.h. Marktanteil von gebauten Produkten im Verhältnis zu Wettbewerberprodukten im abgegrenzten Territorium), und

• Marktwachstumsrate, die sich wiederum aus dem Zugang zu den Abnehmern und aus dem Potential des Territoriums ableiten läßt.

In Summe ergibt dies die strategische Relevanz des Lizenznehmers. Die relative Eigen- kompetenz des Lizenznehmers läßt sich anhand der technischen Kompetenz beurteilen, die sich nach den Fähigkeiten hinsichtlich

• Produktion und

• Qualitätssicherung,

• Änderungswesen (individuelle Anpassung der Konstruktionszeichnungen) und

• Service und Ersatzteilverkauf im Markt

bemißt. Als eine Art dritte Dimension spielen noch weitere allgemeingültige, qualitative Kriterien eine wichtige Rolle:

• Finanzposition (Bonität, Kapitalstruktur, Bilanzergebnis und weitere finanzwirt- schaftliche Kennzahlen) und

• Shareholderstruktur.

Die Verbundenheit zum Lizenzgeber ist somit das komplexe Zusammenspiel der vorge- nannten Einflußfaktoren und stellt die Position des Lizenznehmers hinsichtlich seiner Qua- lifizierung dar.

(20)

Abb.6: Lizenznehmerportfolio

Marktattraktivität des LN

Technische Kompetenz hochmittelgering

hoch mittel

gering

? ?

?

? ?

Im Portfolio lassen sich die Lizenznehmer zu drei Kategorien zusammenfassen:

1. Die "Stars" sind diejenigen Lizenznehmer, deren Marktattraktivität und Technische Kompetenz sehr hoch ausgeprägt sind,

2. Als "Questionmark" lassen sich die Lizenznehmer bezeichnen, die zwar entweder durch hohe Marktattraktivität oder durch hohe Technische Kompetenz ausgezeichnet sind, in der zweiten Dimension jedoch noch erhebliche Schwächen aufweisen. Beson- ders für diese Lizenznehmer werden gezielte Optimierungsmaßnahmen abgeleitet, um sie in Richtung der "Stars" zu bringen.

3. Ein Lizenznehmer, der weder eine besondere Marktattraktivität noch ein Mindestmaß an technischer Kompetenz besitzt, würde als "Dog" möglicherweise nur den weltweit guten Ruf der Lizenzgber-Produkte schädigen. Eine Zusammenarbeit mit einem sol- chen Lizenznehmer ist nicht interessant. Dies bedeutet, daß im Fall einer Neuvergabe einer Lizenz diese abgelehnt wird, im Fall einer anstehenden Vertragsverlängerung sollte diese ebenfalls versagt werden. Besteht ein laufendes Lizenzverhältnis mit einem solchen Lizenznehmer, sollte zumindest der Supportservice gestoppt werden – der Ent- zug einer Lizenz wäre zwar angebracht, ist aber in der Realität aufgrund der entstehen- den Opportunitätskosten, die bei Auflösung eines Vertrages entstehen würden, mögli- cherweise nicht konsequent durchführbar.

(21)

Literaturverzeichnis

Berndt, R. / Sander, M.: Betriebswirtschaftliche, rechtliche und politische Probleme der Internationalisierung durch Lizenzerteilung, in: Handbuch Internat. Management:

Grundlagen – Instrumente – Perspektiven, hrsg. v. Macharzina, K./Oesterle, M.J., Wiesbaden 1997, S. 511-534

Fischer, E. "Lizenzen", in: Management-Enzyklopädie, Bd. 6, 2. Aufl., Landsberg/Lech 1994, S. 236-251

Kriependorf, P.: "Lizenzstrategien, internationale", in: Handwörterbuch Export und In- ternationale Unternehmensführung, hrsg. v. Macharzina, K. / Welge, M., Stuttgart 1989, Sp. 1324-1339

Lorch, K.: "Lizenzpolitik", in: Vahlens großes Wirtschaftslexikon, hrsg. v. Dichtl, E. / Issing, O., München 1993, S. 1330 f.

Mordhorst, C.F.: Ziele und Erfolg unternehmerischer Lizenzstrategien, Wiesbaden 1994 Perlitz, M.: Internationales Management, Stuttgart/Jena 1995

Strautmann, K. P.: Ein Ansatz zur strategischen Kooperationsplanung, München 1993 UNCTAD (Hrsg.): World Investment Report 1996; Investment, Trade and International

Policy Arrangements, New York / Geneva 1996

White, E.P.: Licensing – A Strategy for Profits, hrsg. v. Licensing Executives Society, Inc., USA 1997

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Analog den Markt- und Kreditrisiken m¨ussen operationelle Risiken anhand von Modellen, die durch die Bankaufsicht zu akkreditieren sind, gemessen werden, so dass eine

Die zwei ähnlichsten Cluster werden sukzessive zu einem neuen Cluster zusammengefasst, bis sich alle Objekte in einem Cluster befinden.. Eine Folge dieses Vorgehens ist, dass einmal

Diese können mit einer TURF- Analyse weiter ausgewertet werden, um Pakete von Features zu de- finieren, so dass für möglichst viele mindestens eins darin wichtig ist, oder um aus

In dem Beispiel wären somit von jedem Befragten sieben Paarvergleiche für die Merkmalsaus- prägungen (einer für das Display und jeweils drei für das Betriebssystem und den Preis)

Öfen sowie viele der Einbaugeräte benötigen einen Abluftanschluss. Dieser wird im Stand der Technik durch eine Sammelschiene als variante Blechkonstruktion realisiert, die

Es unterschätzt aber das Argument der Professionalität. Ein Kleiner wird in einem großen Hauptmarkt nicht im- stande sein, wirkliche Stärken zu ent- wickeln und damit an Profil

Dem Planer wird – ausser bei sehr hoher Flächeninanspruchnahme (von mehr als 27 kWh/m 2 GSF eff ) – überlassen, ob er erhöhte Anforderungen durch a)

Wenn die Politik eine wirklich flächendeckende ambulante Versorgung fordert, blendet sie aber auch einen weiteren Fakt aus: Wenn neue Möglichkeiten der Niederlassung geschaffen