Stellungnahme der
Deutschen Gesellschaft für Medizinische Physik e. V. (DGMP) zur Einrichtung von Master-Studiengängen in
Medizinischer Physik / Biomedizinischer Physik
8. Mai 2006Seit Jahren macht die Deutsche Gesellschaft für Medizinische Physik (DGMP) auf wissenschaftlicher, fach- licher und politischer Ebene, auf die anhaltend dramatische Entwicklung in der Medizinischen Physik auf- merksam1 und fordert gezielte Aktionen zur Verbesserung der Ausbildungssituation. Der Rückgang an wis- senschaftlichem Nachwuchs in allen Fachrichtungen der Medizinischen Physik ist deshalb so folgenschwer, da dieser zeitgleich zusammentrifft mit dem wachsenden Bedarf an Medizinphysikern im Bereich der Kran- kenversorgung, in der Forschung und nicht zuletzt in der medizintechnischen Industrie2. Einschneidend ist der Mangel an qualifizierten Medizinphysikern in der Fachrichtung Strahlenphysik, da es hier immer schwie- riger wird, die Auflagen der Strahlenschutzgesetzgebung in der medizinischen Anwendung ionisierender Strahlung, etwa in der Versorgung von Tumorpatienten in der Strahlentherapie, zu erfüllen.
Als ein Schlüsseldefizit der gegenwärtigen Situation wurde stets das Fehlen strukturierter Ausbildungsgänge in Medizinischer Physik an den Hochschulen in Deutschland erkannt3,4,5. Die DGMP hat frühzeitig auf der Grundlage internationaler Empfehlungen wie der WHO6 der European Federation of Organisations for Me- dical Physics (EFOMP)7 Weiter- und Fortbildungsrichtlinien erarbeitet, um entsprechend den hohen An- forderungen für in der Krankenversorgung tätige Berufsgruppen wenigstens einheitliche Qualitätsstandards sicherzustellen. Fehlende Studiengänge in Medizinischer Physik und unzureichende Ausbildungsstrukturen an den Hochschulen setzen jedoch immer noch enge Grenzen, um den wachsenden Bedarf an Medizinphysi- kern in der Krankenversorgung, im akademischen Bereich sowie in der medizintechnischen Industrie sicher zu stellen.
Deshalb begrüsst es die DGMP grundsätzlich, im Zuge des Bologna-Prozesses und der Modularisierung des Hochschulstudiums Master-Studiengänge einzurichten, die mit einem Master in Medizinischer Physik / Biomedizinischer Physik bzw. Master in Medical Physics / Biomedical Physics abschliessen sollen. Die Vergabe dieser Abschlüsse sollte jedoch unbedingt an Voraussetzungen gebunden sein, welche die nationalen und internationalen Qualitätsstandards an einen Studiengang in Medizinischer Physik erfüllen.
Um der Gefahr eines Angebots von Masterprogrammen vorzubeugen, die nicht den besonderen Anforderun- gen und der Vermittlung der berufsspezifischen Schlüsselqualifikationen für Medizinphysiker Rechnung tragen, empfiehlt die DGMP, folgende Kernforderungen zu berücksichtigen:
• Als Zugangsqualifikation soll ein abgeschlossenes Bachelor-Studium in einer physikalischen oder physikalisch-technischen Fachrichtung mit Mindestanforderungen an die Ausbildungsinhalte nach- gewiesen werden, wie sie beispielsweise von der Konferenz der Fachbereiche Physik (KFP)8 emp- fohlen werden.
1 Gemeinsame Stellungnahmen von DGMP mit den wissenschaftlichen Fachgesellschaften DEGRO, DRG und DGN
2 Bundesministerium für Bildung und Forschung, Studie zur Lage der Medizintechnik In Deutschland, 2005
3 Staatliche Anerkennung der Weiterbildung in Medizinischer Physik. Empfehlungen der Strahlenschutzkommission, verabschiedet in der 101. Sitzung am 13./14. Dezember 1990. Bundesanzeiger, Jahrg. 43, Nr. 55, S. 1957 - 1958, 20.3.91.
4 Empfehlung der Strahlenschutzkommission "Bedarf an Medizinphysik-Experten im Strahlenschutz", 2003
5 Voten des Bundesgesundheitsrates. Bundesgesundheitsblatt 29 Nr. 8, S. 251 (1986).
6 Education and Training of Medical Physicists. WHO-Report RHL/72.2, Rev.1, 1972.
7 European Federation of Organisations for Medical Physics, Policy Document 10 [Physica Medica XVII (2001) 97- 101] & Policy Document 12, Physica Medica [wird in Kürze veröffentlicht]
8 Empfehlungen der Konferenz der Fachbereiche Physik (KFP) zu Bachelor- und Master-Studiengängen in Physik, 2005
• Der zeitliche Umfang des Masterstudiums soll in der Regel 2 Jahren betragen, entsprechend 120 ECTS-Punkten. Es wird das 3+2-Jahre Modell von Bachelor-Masterstudiengängen favorisiert. Das Curriculum eines Masterstudiengangs Medizinische Physik soll sich an den Empfehlungen nationa- ler und internationaler wissenschaftlicher Fachgesellschaften (z.B. DGMP, EFOMP, AAPM, IPEM etc.) orientieren.
• Das im Rahmen der Masterarbeit durchzuführende selbständige Forschungsprojekt soll mindestens 30 ECTS-Punkte umfassen.
• Die fachliche Verantwortung für den Studiengang muss in den Händen eines qualifizierten Hochschullehrers im Fach Medizinische Physik mit Schwerpunkt in der Fachrichtung liegen, auf die das Masterprogramm ausgerichtet ist.
• Eine Durchführung des Masterprogramms von qualifizierten Lehrkräften mit einschlägiger Lehrerfahrung muss sichergestellt sein.
Die DGMP unterstützt jede Initiative von Hochschulen in Deutschland zur Einrichtung von Masterstudiengängen in Medizinischer Physik, die mit diesen Richtlinien konform gehen und die den Teilnehmern eine uneingeschränkte akademische und berufliche Perspektive im Bereich der Medizinischen Physik bieten.
Unabhängig von diesen Empfehlungen unterstützt die DGMP die Einführung anderer Masterstudiengänge auf Grenzgebieten zwischen Naturwissenschaften, Technik und Medizin, die teilweise auch Lehrstoff aus medizinphysikalischen Fachrichtungen enthalten, jedoch nicht zu Abschlüssen Master in Medizinischer Phy- sik / Biomedizinscher Physik führen.
Heidelberg, den 8. Mai 2006
Prof. Dr. Klemens Zink Prof. Dr. Dr. Wolfhard Semmler
Hochschulausschuss der DGMP Präsident der DGMP