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Über den Umgang mit Quellen: al-Kōm al-Ahmar/ Šārūna

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ÜBER DEN UMGANG MIT QUELLEN:

AL­KOM AL­AHMAR/§ÄRÖNA Wolfgang Schenkel

1. DIE TÜBINGER "ENTDECKUNG" DES KÖM AL­AHMAR

Im F r ü h j a h r 1981 habe ich zusammen mit FAROUK GOMAÄ und anderen Mitarbeitern auf Kosten und f ü r die Zwecke des Tübinger Atlas des Vorderen Orients (TAVO) in Mittelägypten zwischen Sama­

lü{ im Süden und dem öabal Abu Sir im Norden eine zweimonatige Geländebegehung ("Survey") d u r c h g e f ü h r t . [1] Unter den ca. 170 Ortslagen, die wir bei dieser Gelegenheit besuchten, befand sich auch die Ortslage, die in der ägyptologischen Literatur heute als Köm al­ahmar Sawäris g e f ü h r t wird, besser a b e r , wie unten noch zu e r l ä u t e r n , als Köm al­ahmar/§ärüna bezeichnet werden sollte. Hier h a t t e , der internationalen Ägyptologie noch u n b e k a n n t , in den Jah­

ren seit 1976 ­ im Gefolge der Aktivitäten einheimischer Grabräu­

b e r ­ die ägyptische Altertümerverwaltung "Notgrabungen" durch­

g e f ü h r t , die erkennen ließen, daß der Ort wissenschaftlich sehr viel ergiebiger ist, als dies seine Behandlung in der

ägyptologischen Literatur ahnen ließ. [2]

Inzwischen hat die ägyptische Altertümerverwaltung dem Ägypto­

logischen Institut der Universität Tübingen eine Grabungskonzession erteilt, so daß mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemein­

schaft 1984 die Dokumentations­ und Freilegungsarbeit aufgenommen werden konnte. [3]

2. ÜBER DIE VERBORGENHEIT ÄGYPTENS IN DER ÄGYPTOLOGIE 2 . 1 DIE ERFORSCHUNGSGESCHICHTE DES KÖM AL­AHMAR

Die Erforschungsgeschichte ­ wenn man die wenigen am KÖm al­

ahmar d u r c h g e f ü h r t e n Arbeiten etwas großtönend einmal so bezeich­

nen darf ­ zeigt im kleinen die allgemeine Entwicklung des Ganges

1] S. demnächst FAROUK GOMAÄ / WOLFGANG SCHENKEL, Mittel­

ägypten zwischen Samalut und dem Gabal Abu Sir, Beiträge zur historischen Topographie der pharaonischen Zeit (in Vorberei­

tung) .

2] S. FAROUK GOMAÄ, Bemerkungen zur Nekropole von el­Kom el­Ahmar Safaris, in: WdO 14, 1984, S. 135­146.

3] S. JÜRGEN BRINKS / JOHANNA DITTMAR / FAROUK GOMAÄ / PETER JÜRGENS / WOLFGANG SCHENKEL, al­Kom al­ahmar/Sa­

runa 1984, in: GM 79, 1984, S. 73­84; JÜRGEN BRINKS / FAROUK GOMAÄ / ANDREA ISRAEL / PETER JÜRGENS / WOLFGANG SCHENKEL, al­Kom al­ahmar/Saruna 1985. in: GM 86, 1985, S. 55­68.

Originalveröffentlichung in: Jan Assmann, Günter Burkard und Vivian Davies (Hg.), Problems and Priorities in Egyptian Archaeology (Studies in Egyptology), London und New York 1987, S. 149-173

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d e r ägyptologischen Feldforschung: Nach einer ersten E r k u n d u n g des Geländes in der Frühzeit der Ägyptologie, in der ersten Hälfte des 19. J a h r h u n d e r t s , wird der Platz häufiger besucht und be­

schrieben in den Jahren zwischen 1890 und dem Ersten Weltkrieg, in der Phase also, in der Ägyptenreisen zu einem gewöhnlichen Vergnügen gewisser gesellschaftlicher Kreise geworden waren, in der Phase aber zugleich, in der die archäologische E r f o r s c h u n g Alt­

ä g y p t e n s einen ersten Gipfelpunkt erreichte. In der Zwischen­

kriegszeit findet der Platz verschiedentlich I n t e r e s s e , ohne daß sich d a r a u s eine intensivere Beschäftigung mit ihm ergeben hätte. Sieht man von einer mehr zufälligen Nachricht aus d e r Mitte der 60er J a h r e ab, so kamen die Dinge e r s t von 1976 an wieder in Bewe­

g u n g , jetzt bezeichnenderweise aber nicht mehr d u r c h Impulse der internationalen F a c h v e r t r e t e r der ägyptologischen Wissenschaft, son­

dern infolge von Problemen der einheimischen Altertümer­Admini­

stration .

Der e r s t e , dessen Arbeiten am Köm al­ahmar in die Annalen der Ägyptologie eingegangen sind, war NESTOR L'HÖTE. Er besuchte den Ort ­ JEANNE VANDIER D'ABBADIE zufolge ­ wohl im Dezem­

b e r des J a h r e s 1838 und registrierte die beiden Denkmäler, die bis in jüngste Zeit die Beschäftigung mit dem Köm al­ahmar b e h e r r ­ schen: das Felsgrab eines Ppy-'nfy (jetzt Grab V 23) und einen Tempel, dessen Spuren in n e u e r e r Zeit verlorengegangen und auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht sicher wiedergefunden sind. Die Ergebnisse seiner Untersuchungen sind n u r auszugsweise veröffentlicht, aber immer wieder in seinen in der Bibliotheque na­

tionale in Paris aufbewahrten handschriftlichen Aufzeichnungen nachgelesen worden und können auch heute noch dort studiert wer­

den. [4]

Die Hauptphase der E r f o r s c h u n g des Platzes begann mit einem kurzen Besuch von CHARLES EDWIN WILBOUR am 26. März 1890, dem eine ganze Reihe von Kurzbesuchen folgte: 1894 (oder davor) GEORGES DARESSY, Juni 1894 J . ( d . i . GEORGE?) WILLOUGHBY FRÄSER, 1896 die Damen MARY BRODRICK und ALICE ANDERSON MORTON. WILBOUR läßt sich außer dem Grab des Ppy-'nt} auch noch die Stelle zeigen, an der der von L'HÖTE beschriebene Tempel s t a n d , dessen Steine zwischenzeitlich in das Wasserpumpwerk von Särüna v e r b a u t worden waren. [5] F e r n e r sah er "in the canal a h u n d r e d y a r d s north of the bridge [ d . h . wohl d e r nördlich der 'Izba gelegenen Brücke]" einen Sandsteinblock mit der Kartusche Ptolemaios' I . [ 6 ] DARESSY kopiert Texte aus einem Grab der

4] NESTOR L'HÖTE, Lettres ecrites d'Egypte en 1838 et 1839 ....

Paris 1840, S. 31­35; JEANNE VANDIER D'ABBADIE, NESTOR L'HÖTE <1804­1842>, Choix de documents conserves ä la Biblio­

theque nationale et aux Archives du Musee du Louvre, Leiden

1963, S. 20­22; Tf. VII IX; Bibliotheque nationale Paris, N . A . F . 20396, f . 210­214; sowie diverse Abklatsche u n t e r N . A . F . 20409 und 20413 (nicht auch 20414, wie bei VANDIER D'ABBADIE, op.cit., S. 20, Anm. 2 zusätzlich angegeben).

5] JEAN CAPART ( H g . ) , Travels in Egypt [Dec. 1880 to May 1891], Letters of CH. E. WILBOUR, Brooklyn 1936, S. 566.

6] Loc.cit.

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al-Köm al­ahmar 151

ptolemäisch­römischen Zeit sowie ein Fragment aus einem Tempel Ptolemaios' I . , dessen Identität ungeklärt i s t [ 7 ] ; da er bei den Grundmauern eines Tempels gelegen haben soll, d ü r f t e es sich aber kaum um den Streufund WILBOURs handeln als vielmehr um einen Block aus dem Tempel, dessen Relikte der gleich a n z u f ü h r e n d e TADEUSZ SMOLENSKI f a n d . FRÄSER kopiert nach eigener Aussage im Grab des Ppy-'nh,[8] ihm kommen jedoch bei der Veröffentli­

chung BRODRICK/MORTON zuvor, die einen mehrstündigen ("a few hours") Aufenthalt am Ort auf das Studium dieses Grabes verwandt hatten. [9] Auch letztere kennen übrigens ­ wie WILBOUR ­ den handschriftlichen Nachlaß von L'HÖTE.

Am Ende dieses Hauptabschnitts der Erforschungsgeschichte ste­

hen die Untersuchungen von BERNHARD PYNE GRENFELL und ARTHUR SURRIDGE HUNT sowie die von TADEUSZ SAMUEL

[THADEE] SMOLENSKI, die sich im Gegensatz zu ihren unmittelba­

ren Vorgängern längere Zeit am Ort aufhalten k o n n t e n . ­

GRENFELL/HUNT arbeiteten am Köm al­ahmar im Februar 1903, als sie im A u f t r a g des Egypt Exploration Fund von al­Hiba aus drei Wochen lang das Ostufer südlich bis in die Gegend von aS­§aiJ}

Fadl explorierten. Sie berichten ü b e r die Entdeckung von zwei Grä­

b e r n , die sie anhand d e r Keramik in die 3. Dynastie datieren, einer Grabstele eines Bbi aus der 6. Dynastie sowie u n b e d e u t e n d e r Klein­

f u n d e aus Gräbern s p ä t e r e r Zeit. [10] An welcher Stelle genau diese Funde gemacht wurden, läßt sich derzeit nicht feststellen (die Grä­

ber d e r 3. Dynastie b e f a n d | n sich "within a few y a r d s of the culti­

vated l a n d " ) . [ l l ] ­ SMOLENSKI, d e r im Sinne und auf Kosten des Großhändlers und damaligen österreichisch­ungarischen Gesandten in Kairo FÜLÖP [PHILIPP] BACK Museumsstücke f ü r das National­

museum in Budapest s u c h t e , v e r f ü g t e sich in den letzten Dezember­

tagen des J a h r e s 1906 nach KÖm al­ahmar, um Anfang März 1907 seine Aktivitäten in das fündigere öamhüd auf der anderen Seite des Niltals zu verlegen. [12] Während seines Aufenthaltes am Kom

7] G. DARESSY, in: RecTrav 16, 1894, 44f. (XCVIII).

8] J . WILLOUGHBY FRÄSER, The Tomb of Pepi-ankh XHUA, in:

PSBA 21, 1899, S. 143.

9] M. BRODRICK / A. ANDERSON MORTON, The Tomb of Pepi- ankh (Khua), near Sharona, in: PSBA 21, 1899, S. 26­33; Zitat S. 26.

10] BERNARD P. GRENFELL / ARTHUR S. HUNT, Excavations at Hibeh, Cynopolis and Oxyrhynchus, in: Egypt Exploration

Fund, Archaeological Report 1902-1903, London o . J . , S. 4 (zum Gesamtunternehmen s . S. 3). Im Feldtagebuch, das heute im Ashmolean Museum, Oxford, aufbewahrt wird, findet sich u n t e r der Überschrift "Kom el Ahmar. Feb 18­24" lediglich eine rasch hingeworfene Aufstellung der Fundobjekte im Umfang von einer Doppelseite (nach freundlicher A u s k u n f t von REVEL A. COLES).

11] GRENFELL/HUNT, Excavations ( s . Anm. 10), S. 4.

12] Zu den allgemeinen Zusammenhängen s. VILMOS WESSETZKY, Les reliefs de Charouna et l'expedition de Philippe Back, in:

Bulletin du Musee hongrois des beaux-arts 30, 1967, S. 3­6 {=Studia Aegyptiaca 6, 1981, S. 107­110); i d . , Reliefs aus dem Tempel Ptolemaios' I. in Kom el Ahmar-Sharuna in der Budape-

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152 W. Schenkel

al-ahmar fö r d e r t e er eine Reihe von Relief blocken aus einem Tempel Ptolemaios' I. zutage, die später in die österreichischen bzw. unga­

rischen Museen von Wien, Krakau und Budapest wanderten[13]­ es könnte sich hierbei um den Tempel handeln, bei dem DARESSY die Kartusche Ptolemaios' I. f abschrieb (s. oben). Im nahegelegenen Dorf Sarüna sah SMOLENSKI Steinblöcke, auf denen sich u . a . der Name Ptolemaios' II. f a n d . [14] Mutmaßlich stammen auch diese Blöcke vom Kom al­ahmar. F e r n e r ist ein Ölpressenunterteil zu nen­

n e n , ü b e r dessen Standort unten Überlegungen anzustellen sein werden[15] ( s . unten § 3 . 2 ) . Einheimische sollen nach seinem Be­

richt Goldmünzen und ­ beim Kanalaushub ­ koptische Skulpturen g e f u n d e n haben. [16] In der Nekropole kopierte er einzelnes aus dem Grab des P p y ­ ' n h (Grab V 23) [17] und machte auch sonst eini­

ge weniger bedeutende Entdeckungen in Gräbern nördlich und west­

lich des genannten Grabes. [18] Ganz f r o h wird man mit den Ergeb­

nissen seiner Arbeit nicht. Abgesehen vom Grabe des Ppy-'nh (Grab V 23) läßt sich keiner der von ihm u n t e r s u c h t e n Fundorte lokalisieren. Die Beschäftigung mit dem Grab, ü b e r die man anhand des heutigen Befundes urteilen k a n n , ist in Anbetracht der Ver­

weildauer als oberflächlich einzuschätzen; die Ergebnisse sind mager im Vergleich zu den Aufzeichnungen der beiden Damen BRODRICK und MORTON, die sich n u r einige Stunden lang am OrJ: aufhalten konnten. Von f r ü h e r e n Arbeiten am Ort scheint SMOLENSKI nichts bekannt gewesen zu sein. Weder weiß er etwas von dem von

L'HÖTE beschriebenen Tempel ­ was im Zusammenhang mit den von ihm entdeckten Reliefblöcken möglicherweise von Belang gewesen wäre ­ noch weiß er von der Arbeit seiner Vorgänger

ster und Wiener Ägyptischen Sammlung, in: MDAIK 33, 1977, S. 133­141 (=Studia Aegyptiaca 6, 1981, S. 178­202); i d . , Archivarbeit in der ägyptologischen Forschung, in: Akten des Ersten Internationalen Ägyptologen-Kongresses, Berlin 1979,

S. 679­682. ­ Zur Chronologie der Ereignisse s . G. MASPERO, [Nachruf auf] THADEE SMOLENSKI (1884-1909), in: ASAE 10, 1910, S. 94; J . PILECKI, TADEUSZ SAMUEL SMOLENSKI, Pionier de V egyptologie polonaise (1884-1909), in: Folia orientalia 2,

1960, S. 242­244; VILMOS WESSETZKY, in: Akten ( s . oben), S. 680 (das Datum "Anfang März" nach THADEE SMOLENSKI, Austro-wegierskie wykopaliska vv Görnym Egipcie, 1907 roku

(Recherches executees dans la Haute Egypte par la mission au- stro-hongroise en 1907, in: Bulletin international de l'Academie des sciences de Cracovie, Classe de philologie, 1907, Nr. 6­7,

S. 105; AHMED BEY KAMAL, in: ASAE 9, 1908, S. 9; die An­

gabe "debut de f e v r i e r " bei MASPERO, in: ASAE 10, 1910,

S. 94, d ü r f t e als weniger v e r t r a u e n s w ü r d i g einzuschätzen sein).

­ Zur ursprünglichen Zielsetzung einer Bereicherung eines unga­

rischen Museums und nicht _ wie später geschehen ­ österrei­

chisch­ungarischer Museen s . THADEE SMOLENSKI, Le Tombeau d'un prince de la VIe dynastie ä Charouna, in: ASAE 8, 1907,

S. 149; i d . , Austro-wegierskie wykopaliska (s. oben), S. 104;

AHMED BEY KAMAL, in: ASAE 9, 1908, S. 8; [MASPERO, i n : ] Rapport sur la marche du Service des Antiquites de 1899 ä 1910, Kairo 1912, S. 235f.

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al-Köm al­ahmar 153

BRODRICK/MORTON im Grab des Ppy-'nh, die ein Jahrzehnt f r ü h e r publiziert worden waren. Man t r i f f t diese Feststellung mit Bedau­

e r n , weil diesem "ersten polnischen Ägyptologen" hohe Qualitäten zugesprochen wurden ­ nicht n u r von national­polnischer Seite. Er stand 1907 allenfalls am Anfang einer ägyptologischen Karriere, die sich nach dem Urteil d e r e r , die ihn gekannt oder sich eingehend mit ihm beschäftigt haben, wohl blendend hätte entwickeln müssen, wäre ihm ein längeres Leben vergönnt gewesen und wäre er bei der Ägyptologie geblieben ­ welch letzteres man bei der Vielfalt seiner Interessen nicht als sicher betrachten k a n n .

Was in den Jahrzehnten nach SMOLENSKI geschieht, ist herzlich wenig: Am 10. November 1925 v e r b r i n g t WALTER WRESZINSKI auf seiner "photographischen Expedition" ein paar Nachmittags­ und Abendstunden am Köm al­ahmar und macht Aufnahmen im Grab des Ppy-'nh (Grab V 23). [19] Um dieselbe Zeit, im F e b r u a r 1924 bzw.

am 14." März 1927, besuchen MARCELLE WERBROUCK bzw. JEAN CAPART den Ort f ü r einige Stunden, auf der Suche nach einem Grabungsplatz f ü r die Fondation Reine Elisabeth. [20] WERBROUCK räumt als V e r s u c h s g r a b u n g ein paar Gräber in der Nekropole aus, ohne d u r c h die Funde befriedigt zu sein: "quelques debris de pote­

ries puis des squelettes, alignes ä meme le sol, dont les linges et les os ­ au contact de la t e r r e humide en cet endroit ­ s'etaient completement desagreges en se reduisaient en poussiere au contact des doigts."[21] CAPART machten die ­ auch von WERBROUCK erwähnten ­ Wespen im Grab des Ppy-'nh den s t ä r k s t e n Eindruck, das fortan f ü r ihn "la tombe aux guepes" hieß. [22] Er verabschie­

dete sich vom Köm al­ahmar mit romantischen Gefühlen, die eines auf dem Kapitol über den Untergang Roms sinnierenden GIBBON würdig gewesen wären: "Nous quittons la colline de Kom el Ahmar, ou nous ne pouvons nous a r r e t e r que quelques minutes, avec un sentiment e t r a n g e . En vingt endroits d'Egypte on retourne le sol,

13] THADEE SMOLENSKI, Les vestiges d'un temple ptolemaique ä Kom­el­ahmar, pres de Charouna, in: ASAE 9, 1908, S. 3­6;

vgl. WESSETZKY, Les reliefs ( s . Anm. 12); i d . , Reliefs ( s . Anm. 12); i d . , Archivarbeit ( s . Anm. 12); vgl. auch MICHEL DEWACHTER, in: H. DE MEULENAERE / L. LIMME ( H g . ) , Artibus Aegypti, Brüssel 1983, S. 45, Anm. 3.

­ S. weiter unten § 3.2.

14] THADEE SMOLENSKI, Nouveaux vestiges du temple de Kom­el­

ahmar pres de Charouna, in: ASAE 10, 1910, S. 26.

15] Loc.cit.. S. 27.

16] SMOLENSKI, loc.cit. (Anm. 13), S.3.

17] SMOLENSKI, Le tombeau (s. Anm. 12), S. 149­153.

18] THADEE SMOLENSKI, Le nom geographique ^ ou JSS, , in:

ASAE 9, 1908, S. 94. ­ S. weiter unten § 4 . 2 ; s . auch i d . , Austro­w^gierskie wykopaliska ( s . Anm. 12), S. 104.

19] WALTER WRESZINSKI, Bericht über die photogr[aphische] Ex­

pedition von Kairo bis Wadi Haifa, Halle 1927, S. 26­28.

20] Rapports de Mlle Werbrouck, in: CdE 1, 1925, S. 32­34; JEAN CAPART, Impressions de voyage, in: CdE 3, 1927, S. 116­118.

21] WERBROUCK, loc.cit., S. 33f.

22] CAPART, loc.cit., S. 117.

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dans l'espoir de faire sortir de nouveaux t r e s o r s , et pendant ce temps de precieux documents d ' a r t et d'histoire sont aneanti p a r l'ignorance et la cupidite de p a u v r e s g e n s " . [ 2 3 ] Für die Wissen­

s c h a f t wäre es in d e r Tat noch schöner gewesen, er hätte zum Spa­

ten g e g r i f f e n .

F ü r das nächste halbe J a h r h u n d e r t bis zur eingangs geschilder­

ten Aktivität d e r einheimischen Grabräuber im J a h r e 1976, die ü b e r die anschließenden Aktivitäten der ägyptischenAltertümerverwaltung die aktuellen Arbeiten des Ägyptologischen Instituts Tübingen zur Folge h a t t e , ist n u r noch ein wissenschaftliches Ereignis zu vermel­

den: eine erfolglose Begehung des Geländes d u r c h VILMOS WESSETZKY, der 1963 in Begleitung d e r Herren DR. SETTGAST, DR. STADELMANN und DR. HAJNÖCZI die Stelle der SMOLENSKI­

schen Relieffunde wiederzufinden suchte. [24]

2.2 WIE HEISST DER ORT ?

Allgemeiner Konsens h e r r s c h t e und h e r r s c h t d a r ü b e r , daß die Einheimischen mit der Ortslage das Toponym al­K5m al­ahmar v e r ­ binden. Die auswärtigen Besucher verwenden diese Bezeichnung u n u n t e r b r o c h e n seit L'HÖTE und bis zum heutigen Tag. Den Zu­

satz "Sawäris" ­ "Köm el­Ahmar Suares" findet man zuerst 1899 bei BRODRICK/MORTON, [25] d a n n , in d e r heute üblichen Form

­ "al­Köm al­ahmar Sawäris" ­ in Band IV der Topographical Biblio­

g r a p h y von PÖRTER/MOSS aus dem J a h r e 1934. [26] Er wurde 1947 von GARDINER autoritativ bekräftigt[27] und e r f r e u t sich seither zunehmender Beliebtheit. [28] Als Exote u n t e r den Formen kann man noch diejenige von DIMITRI MEEKS a n f ü h r e n , d e r den Ort "Köm el Ahmar ei­Sawäris" n e n n t . [29] Es handelt sich jedoch bei der Na­

mensform mit Zusatz um ein rein literarisches Produkt. Wie man sich vor Ort leicht vergewissern kann, gibt es seit Menschengedenken, mithin auch f ü r den gesamten Zeitraum, in dem man den Ausdruck in der Literatur findet, keinen "Korn al­ahmar Sawäris". Was es

23] CAPART, loc.cit., S. 118.

24] WESSETZKY, Reliefs (s. oben Anm.12), S. 135; i d . , Archivar­

beit ( s . oben Anm. 12), S. 681.

25] BRODRICK/MORTON, loc.cit. (Anm. 9), S. 26.

26] PM IV, S. 125.

27] AEO II, S. 106*.

28] HERMANN KEES, in: MIO 6, 1958, S. 173; PIERRE MONTET, Geographie de l'Egypte ancienne, II, 1961, S. 174; JACQUES VANDIER, Le Papyrus Jumilhac, [1961], S. 43; VANDIER D'ABBADIE, op.cit. (Anm. 4), S. 20; WOLFGANG HELCK, Die altägyptischen Gaue, 1974, S. 117; KAROLA ZIBELIUS, Ägypti­

sche Siedlungen nach Texten des Alten Reiches. 1978, S. 153;

FAROUK GOMAÄ, in: LÄ s . v . Hutbenu (1980); i d . , in: LA s . v . Hut­nesut (1980); DIETER KESSLER, in: LÄ s . v . Scha­

runa (1984); GOMAÄ, loc.cit. (Anm. 2)^ S. 135.

29] DIMITRI MEEKS, in: EDWARD LIPINSKI, State and Temple Economy in the Ancient Near East, Leuven 1979, II, S. 679;

auch S. 41 (und möglicherweise ö f t e r ) .

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al-Köm al­ahmar 155

tatsächlich gibt bzw. gab ­ bis 1930 sogar offiziell ­ ist die Be­

zeichnung der dort gelegenen 'Izba als " Izbat Sawäris" ­ "die 'Izba des [Herrn] Sawäris" ­ nach dem ehemaligen Besitzer, einem Herrn Sawäris (* Z<* (3c< gij j ? ) . Heute heißt die 'Izba wieder und n u r noch 'Izbat al­Köm al­ahmar oder 'Izbat Särüna. Sawäris war also nie ein Zusatz zu al­Köm al­ahmar, sondern ein Substitut f ü r dieses in der Bezeichnung der 'Izba." Wie es zu der hybriden Bezeichnung

"al­Köm al­ahmar Sawäris" kam, läßt sich mutmaßen: Der Name der 'Izba wurde wohl von den Einheimischen als "lIzbat al­KSm al­ahmar [bzw. heute/alternativ] Sawäris" e r k l ä r t , dabei aber das "zwischen den Zeilen stehende" "bzw. heute/alternativ" nicht v e r s t a n d e n , so daß die alte u n d die neue Bestimmung zu '"Izba" ­ "al­Köm al­ah­

mar" und "Sawäris" ­ in Sequenz a u f t r a t e n .

2.3 WO LIEGT DER ORT ? (Hierzu Abb. 1)

Über die Lage des Ortes ­ Himmelsrichtung und Distanz bezüg­

lich a n d e r e r , g r ö ß e r e r und b e k a n n t e r e r Orte ­ gehen die Meinungen der Gelehrten auseinander.

Was die Himmelsrichtung angeht, so lokalisiert die Mehrzahl den Ort südlich von Särüna[30] (was gut stimmt), einige südöstlich von Särüna[31] (was allenfalls noch a n g e h t ) , aber ausgerechnet ein Rei­

s e h a n d b u c h , d e r sonst so vortreffliche Baedeker von 1928, östlich von S ä r ü n a . [32] CAPART bezieht sich auf aS­Saih. Fadl u n d hält d a f ü r , daß der Köm al­ahmar östlich davon liegt. [33] Tatsächlich ist die Richtung ziemlich gut Norden. Möglicherweise hängt die tenden­

ziell mehr östliche Lokalisierung damit zusammen, daß der ­ zum mindesten heute ­ beste Zugang zum Köm al­ahmar sowohl von Sä­

rüna aus als auch von aS­Saih Fadl aus ü b e r Wüstenpisten f ü h r t , die man, von den am Nilufer liegenden Orten ausgehend, in östli­

cher Richtung erreicht. Die längste Wegstrecke legt man dann frei­

lich doch auf diesen Pisten in hauptsächlich südlicher bzw. nördli­

cher Richtung zurück. Es könnte aber auch eine Rolle spielen, daß der Ort vom Nil so weit abliegt (ca. 0,3 ­ 1,3 km, s . Genaueres u n t e n ) , daß man den Nil nicht mehr sieht und so die Lage f ü r öst­

licher hält als die der mehr oder weniger direkt am Nil gelegenen Orte Särüna und aS­Saih. Fadl.

30] So: L'HÖTE, Lettres ( s . Anm. 4), S. 31; WILBOUR, loc .cit.

(Anm. 5 ) ; DARESSY, loc.cit. (Anm. 7), S. 44; GRENFELL/

HUNT, Excavations ( s . Anm. 10); WRESZINSKI, op.cit.

(Anm. 19), S. 26; PM IV, S. 125; GARDINER, AEO II, S. 107*;

so auch der Guide bleu von 1956: Egypte, Le Nil egyptien et soudanais du Delta ä Khartoum, Les Guides bleus, Paris 1956, S. 263.

31] So: L'HÖTE, Ms. N.A.F. 20396, f . 211; HERMANN KEES: in:

ZÄS 58, 1923, S. 99; i d . , in: MIO 6, 1958, S. 108.

32] KARL BAEDEKER, Ägypten und der Sudan, 8. A u f l . , Leipzig 1928, S. 211.

33] CAPART, loc.cit. (Anm. 20), S. 116.

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156 W. S c h e n k e l

Magäga

fv^x Gabal^S%.

Qarära '^K

Q al-Hutaim

°cI g r a t Tilb

Särüna

[O Izbat Särüna

(cIzbat al-Köm al-ahmar]

lemaliger Nilarm

Jf al-Garäbi

9 cIzbat Awläd as-Saih

Bani Mazär

I

^ a l - Q a i s

Bani Samit

as-Saih Fadl

\ \ A r a b Hamäda

at-Tamarkiya

5 Km

A b b . 1 Das O s t u f e r d e s Nils z w i s c h e n Sabal Qarära u n d aS-Saih

Fadl mit der a r c h ä o l o g i s c h e n Region al-Köm a l - a h m a r / S ä r ü n a ('Izbat Särüna) im Mittelpunkt.

(9)

al-Kom al-ahmar 157

Mehr noch divergieren die E n t f e r n u n g s a n g a b e n . Die Distanz zu Sä r ü n a wird mit ( c a . ) 1,5 km, [34] 2,5 km[35] bis zu 5 km[36]

angegeben. [37] Tatsächlich b e t r ä g t sie in der Luftlinie etwas u n t e r 3 km, im Gelände wohl etwas mehr als 3 km. ­ Die Distanz zu aS­

§aih Fadl reicht von "quelques lieues"[38] (ä ca. 2,5 km), sagen wir "ein Dutzend km", bis um die 20 km ("une vingtaine de ki­

lometres").[39] In der Luftlinie b e t r ä g t sie etwas u n t e r 9 km, im Gelände vielleicht 10 km oder etwas mehr. Bei der längeren Weg­

strecke sind mutmaßlich Umwege in der Wüste östlich aS­Saih Fadl mit eingerechnet ­ es handelt sich um dieselbe Autorität, die den Köm al­ahmar östlich aS­Saih Fadl lokalisiert.

BRODRICK/MORTON halten d a f ü r , daß d e r Köm al­ahmar auf halbem Wege zwischen Särüna und aS­Saih Fadl liegt. [40] Tatsäch­

lich ist die Distanz zu aä­Saih Fadl ­ wie a u s g e f ü h r t ­ etwa das Dreifache der Distanz zu Särüna oder sogar mehr. Andere Ge­

währsleute dagegen haben richtig beobachtet, daß der Köm al­ahmar auf halbem Wege zwischen Särüna u n d al­öaräbi' liegt. [41]

Auch die Entfernungen zwischen einzelnen markanten Punkten am Köm al­ahmar selbst werden unterschiedlich beurteilt, so die Distanz zwischen dem Nil und dem altbekannten Grab des Ppy­'nfr (Grab V 23). Während BRODRICK/MORTON das Grab eine 3/4 Meile vom Nil e n t f e r n t ansiedeln und damit die tatsächliche Distanz von g u t 1 1/4 km in der Luftlinie und einer in etwa gleich großen Wegstrek­

ke r e c h t g u t t r e f f e n , [42] hält WILBOUR d a f ü r , daß die E n t f e r n u n g bis zum Grab 2 Meilen b e t r ä g t ­ von der Landestelle am Nil aus

g e r e c h n e t , wie man zugunsten WILBOURs den Bericht interpretieren darf ­ , f a s t das Dreifache also der realen E n t f e r n u n g . [43]

2.4 WAS IST DER KÖM AL­AHMAR ? (Hierzu Abb. 2)

Welche Geländerhebung der Kö"m al­aljmar eigentlich sei ­ auch d a r ü b e r konnte man und kann man unterschiedlicher Meinung sein.

Die Mehrzahl der Verfasser verwendet das Toponym unspezifisch f ü r die archäologische Region bei der 'Izbat al­Köm al­ahmar. Genauer

34] So: Guide bleu 1956 (s. Anm. 30), S. 263.

35] So: L'HÖTE, Lettres (s. oben Anm. 4), S. 31; i d . , Ms. N.A.F.

20396, f . 211 (an beiden Stellen: "une demi­lieue"); WILBOUR, loc.cit. (Anm. 5) ("a mile and a half").

36] So: GRENFELL/HUNT, loc.cit. (Anm. 10) ("3 miles") und da­

nach wohl ("5 km") GARDINER, AEO II, S. 107*; KEES, in:

MIO 6, 1958, S. 108.

37] WRESZINSKI, op.cit. (Anm. 19), S. 26, spricht von 1 Stunde E n t f e r n u n g , was f ü r seine Esels­ und Kamelreise g u t geschätzt sein d ü r f t e .

38] So: L'HÖTE, Lettres (s. oben Anm. 4), S. 31.

39] So: CAPART, loc.cit. (Anm. 20), S. 116.

40] BRODRICK/MORTON, loc.cit. (Anm. 9), S. 26.

41] So: SMOLENSKI, Le tombeau ( s . Anm. 12), S. 149; GOMAA, loc.cit. (Anm. 2), S. 135.

42] BRODRICK/MORTON, loc.cit. (Anm. 9), S. 26.

43] WILBOUR, loc.cit. (Anm. 5 ) .

(10)

158 W. Schenkel

besehen b e s t e h t diese aus (mindestens) drei Teilen:

- dem nahe beim Nil gelegenen Hügel, auf dem die 'Izba liegt

­ einem aus mehreren Erhebungen bestehenden Korn­Bereich am Wüstenrand und

­ dem Nekropolenhügel in der Wüste

Diejenigen Autoritäten, die sich mit dem Siedlungsbereich beschäf­

tigt haben, halten offensichtlich den mittleren, den wüstennahen Köm­Bereich f ü r den Köm al­ahmar; dies wird im einzelnen e r s t u n t e n im Zusammenhang mit der Analyse des archäologischen Befun­

des gezeigt werden können ( s . unten § 3 . 2 ) . Gelegentlich wird das Toponym f ü r die 'Izba b e n u t z t , wobei man allerdings ­ zum minde­

sten im ersten der a n z u f ü h r e n d e n Fälle ­ unterstellen k a n n , daß damit keine Aussage ü b e r die Lage des Köm al­ahmar gemacht wer­

den soll, sondern vielmehr n u r die 'Izba als die zum Köm al­ahmar gehörige bezeichnet werden soll: So sprechen in dieser mißver­

ständlichen Weise BRODRICK/MORTON von "a small village called Köm al­Ahmar Suares"[44] u n d GRENFELL/HUNT von "Köm el Ah­

mar, the site of an old town close to the river now marked by a mill and an Arab ezbeh".[45] Gänzlich haltlos ist aber die Identifi­

zierung des Kom al­ahmar mit dem Nekropolen­Hügel, die sich bei C AP ART findet [46] und auf die man vielleicht auch den Baedeker von 1928 festnageln k a n n . [47] CAPART, der von aS­Saih Fadl aus d u r c h die Wüste angereist sein d ü r f t e , somit direkt aus der Wüste in die Nekropole kam, scheint d e r ganze restliche Teil verborgen geblieben zu sein ­ was man s e h r mit Nachsicht beurteilen muß:

Auch den Tübingern blieb bei den ersten Tagesbesuchen der ganze restliche Bereich v e r b o r g e n . Sie "entdeckten" ihn e r s t u n t e r den g ü n s t i g e r e n Bedingungen eines mehrwöchigen Aufenthalts.

2.5 DER "TEMPEL VON SÄRÜNA": EINE SEHENSWÜRDIGKEIT L'HÖTE sah 1838 (?) einen Tempel bzw. Reste eines solchen.

WILBOUR konnte sich 1890 noch die Stelle zeigen lassen, an der er gestanden h a t t e . Vom Bau selbst war, wie WILBOUR berichtet, nichts mehr vorhanden. DARESSY berichtet von einem Tempel, des­

sen Identität unklar ist. SMOLENSKI zog 1907 aus einem Haus relie­

fierte Tempelblöcke h e r a u s , die in Museen in Budapest, Wien und Krakau geliefert wurden. Die Spur des Fundortes hat sich verlo­

r e n . Dennoch weist der Baedeker in der berühmten 8. Auflage von 1928 auf die "Reste eines von Ptolemäus' I. erbauten Tempels" hin, die sich südlich ( ! ) des Grabes des Ppy-'nh (Grab V 23) befän­

den. [48] Zunächst muß man schon einmal die Angabe der Himmels­

r i c h t u n g anzweifeln: Im .selben Atemzug werden in dieser Richtung

"Felsengräber der Spätzeit" lokalisiert. Diese sind aber bekannt und

44] BRODRICK/MORTON, loc.cit. (Anm. 9), S. 26.

45] GRENFELL/HUNT, Excavations ( s . Anm. 10), S. 4.

46] CAPART, loc.cit. (Anm. 20), S. 116.

47] BAEDEKER, op.cit. (Anm. 32), S. 211.

48] BAEDEKER, op.cit. (Anm. 32), S. 211.

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al-Köm al-ahmar 159

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160 W. Schenkel

liegen etwa in nördlicher (nordwestlicher bis nordöstlicher) Rich­

t u n g . Sei dem wie ihm wolle: Weder südlich noch nördlich d ü r f t e jemand in den 20er Jahren die Reste eines Tempels gesehen haben, mutmaßlich sah er ihn in ASAE 9. Wie es zu der Angabe "südlich"

kam, bleibt aber dann einstweilen immer noch eine offene Frage.

Der Tempel scheint in R e i s e f ü h r e r n , soweit sie sich f ü r die entlege­

ne Provinz interessieren, geradezu u n a u s r o t t b a r zu sein: 1956 dient der Guide bleu mit einem Hinweis auf "ruines d'un temple construit sous Ptolemee I",[49] 1962 e r f ä h r t der Reisende bei EMMA

BRUNNER­TRAUT / VERA HELL immer noch, wie 1928 im Baedeker, von den "Resten eines ptolemäischen Tempels". [50] Ganz offensicht­

lich war keiner der Reiseführer­Bearbeiter vor Ort, und mutmaßlich rechnete wohl auch keiner e r n s t h a f t mit der Möglichkeit, daß jemand auf den Gedanken käme, dem F ü h r e r folgend, den "Tempel von §ä­

r ü n a " a u f z u s u c h e n . Die Wahrscheinlichkeit, daß dies jemand täte, war in der Tat gering. Für den Reisenden, der ­ "see Egypt from an arm­chair" ­ im Zug oder per Schiff Mittelägypten durcheilt, bietet der F ü h r e r den "geistigen H i n t e r g r u n d " , und mehr sucht er auch nicht.

Daß die Reste eines ptolemäischen Tempels auch in der im enger­

en Sinne wissenschaftlichen Literatur als tatsächlich vorhanden an­

gesehen w u r d e n , sei n u r am Rande bemerkt. [51] Immerhin darf der Schreibtisch­Wissenschaftler, anders als der Verfasser eines Reise­

f ü h r e r s , zu seiner Entschuldigung v o r b r i n g e n , daß der negative Erfolg der WESSETZKYschen Geländebegehung von 1963 e r s t 1977 der breiten wissenschaftlichen Öffentlichkeit bekanntgemacht wurde.

2.6 DIE "ENTDECKUNG" ÄGYPTENS

Im allgemeinen steht der Europäer vor Ägypten wie Kolumbus vor Amerika: Er meint, das Land zu entdecken. Dabei haben ­ wie die Indianer Amerikas ­ die einheimischen Ägypter immer schon ihr Land g e k a n n t . Daß man nicht ganz leicht überall hinkommt, ist eine relative Beobachtung: Mein U r g r o ß v a t e r , vorderpfälzischer Bauer, meinte, er wäre auch g e r n e einmal nach Paris gereist ­ wenn dies n u r nicht so abgelegen wäre. Der Köm al­ahmar bei Särüna lag im­

mer schon in der bewohnten Welt. Man hätte ihn die längste Zeit ü b e r ohne weiteres besuchen und sogar dort längere Zeit sich auf­

halten können, wenn man sich n u r die Zeit genommen und die nöti­

ge Anpassungfähigkeit f ü r das Leben in dieser Region mitgebracht h ä t t e .

Merkwürdiger ist das folgende: Auch einheimische Ägypter, die in die europäisch­geprägte Ägyptologie einstiegen, scheinen zum guten Teil ihre Herkunft abzustreifen: Sie verbinden das Landleben vielleicht noch mit Kindheitserinnerungen, sie können vielleicht noch in ihrem Dorf in nostalgischer Rückwendung leben wollen, aber sie

49] Guide bleu 1956 (s. Anm. 30), S. 263.

50] EMMA BRUNNER­TRAUT / VERA HELL, Ägypten, Studienreise­

führer mit Landeskunde, Stuttgart 1962, S. 409 [3. A u f l . , S t u t t g a r t usw. 1978, S. 496].

51] So noch FAROUK GOMAÄ, in: LA, s . v . Hut­nesut.

(13)

al-Köm al­ahmar

t 161

scheinen n u r ausnahmsweise dazu fähig zu sein, beides zu v e r b i n ­ den: die Umgebung i h r e r Kindheit mit den Augen des Ägyptologen zu sehen. Die papierne Wissenschaft ist eines ­ der aktuelle Sta­

tus ­ , das Landleben ein anderes ­ die Geborgenheit des jugendli­

chen Lebens.

Europäische Gelehrte saßen sinnend über Landkarten, um histo­

rische Orte zu lokalisieren. Daß sie nicht vor Ort gingen, mag man ihnen nachsehen. Ägyptische Ägyptologen mußten die Landschaft gekannt haben, und dennoch kam ihnen nicht bei, daß sie den Schlüssel zu so manchen Lokalisierungsfragen n u r hätten umdrehen müssen: Die bedeutenden Orte des historischen Mittelägypten - Spr-mrw, S3k3, Hardai, um n u r diese zu nennen, wurden auf der Landkarte hin und h e r geschoben. Ein Mann wie AHMAD BADAWI, g e b ü r t i g aus Abu Gir§, und aus diesem Grund von HERMANN KEES mit einem Artikel ü b e r die Lokalisierungsprobleme der Region be­

dacht, mußte die Köms in seiner näheren Heimat gekannt haben, u n d dennoch lag der einfache Schluß offenbar außerhalb der Mög­

lichkeiten, daß solche Köms mit den bedeutenden historischen Orten identifiziert werden könnten. [52]

Ägypten hat eine blühende Administration. Mit dieser kommt der Ausländer, zumal in i h r e r Gestalt als Polizei, allenthalben in Berüh­

r u n g , b e s o n d e r s , wenn er sich außerhalb der Touristenzentren bewegt. Man wird bei solchen Gelegenheiten auf zahlreichen Polizei­

stationen empfangen u n d genießt jede erdenkliche Art von Schutz.

­ Es gibt nichts, was nicht verwaltet wird. Und so werden auch die antiken Hinterlassenschaften in einem Umfang und Ausmaß verwal­

t e t , wie man sich dies vom häuslichen Schreibtisch aus g a r nicht vorstellen k a n n . Es ist unglaublich, an wievielen Stellen man, wenn man die Provinz intensiv b e r e i s t , auf Ghafire der Altertümer­

verwaltung stößt und wieviele Geländestücke im Kataster als Besitz dieser Verwaltungsabteilung r e g i s t r i e r t sind. So wird auch der Köm al­ahmar bei Särüna verwaltet. In den Katastern sind beträchtliche Geländestücke als Antikengelände ausgewiesen, auch solche, f ü r die noch kaum ein Nicht­Ägypter sich als Ägyptologe je interessiert haben d ü r f t e , die aber der Administration offenbar als antikenver­

dächtig aufgefallen sind.

Wie schön wäre es f ü r die Wissenschaft, wenn all dies bekannt wäre! Praktisch ist es a b e r so, daß Administration und universitäre Wissenschaft g e t r e n n t e Wege gehen: Die Administration weiß nicht, was die Wissenschaft tut und will, und die Wissenschaft weiß nicht, was die Administration alles weiß. Zwar kann man mit Zeit und Ge­

duld praktisch alles e r f a h r e n . Aber wieviel effektiver wäre e s , wenn die Administration ihr Wissen preisgäbe, z.B. in einem Atlas der Antikengelände oder einem Katalog der geschützten Objekte. [53]

Eigentlich sollten hier die ägyptischen Vertreter der universitären

52] HERMANN KEES, Der Gau von Kynopolis und seine Gottheit, in:

MIO 6, 1958, S. 157­175. ­ Zur Sachfrage demnächst:

GOMAÄ/SCHENKEL, op .cit. (Anm. 1).

53] In f r ü h e r e n Zeiten gab es bereits sehr gute Ansätze hierzu, so in unserem Bereich bei SOBHI EFFENDI ARIF, Rapport sur deux ans passes au district Minieh-Assiout, in: ASAE 6, 1905,

S. 168­175.

(14)

162 W. Schenkel

Wissenschaft aktiv w e r d e n : Fü r sie sind die Barrieren am niedrig­

s t e n , nicht zuletzt die sprachlichen, an denen die Kommunikation d e r N i c h t ­ Ä g y p t e r mit der einheimischen Administration allzu oft Einbußen erleidet, wenn nicht g a r s c h e i t e r t . NB: Ich s p r e c h e aus E r f a h r u n g . Ich habe in Ägypten sowohl mit rein europäischen Teams gearbeitet wie in Teams, in denen als gleichberechtigtes Mitglied ein g e b o r e n e r Ä g y p t e r mitwirkte.

3. DIE HAUPTSTADT DES 18. OBERÄGYPTISCHEN GAUES

3.1 DIE IDENTIFIZIERUNG DER GAU­HAUPT STADT MIT DEM KÖM AL­AHMAR

Am Köm a l ­ a h m a r / S ä r ü n a lag die H a u p t s t a d t des 18. o b e r ä g y p ­ tischen Gaues. Das ist b e k a n n t , b r a u c h t hier also nicht eigentlich mehr nachgewiesen zu werden. [54] Es d ü r f t e jedoch nützlich sein, die Frage d e r Identifizierung d u r c h Einbeziehung des n e u e r d i n g s bekanntgewordenen Quellenmaterials zu aktualisieren.

Die Lokalisierung d e r Gau­Hauptstadt am Köm al­ahmar e r g i b t sich a u s der Kombination von zweierlei Beobachtungen:

1. Die Gräber in d e r Nekropole des Köm al­ahmar a u s der Zeit des Alten Reiches, d e r Zeit also, in d e r die Gaue mehr oder weniger administrative Realität waren, [55] nennen mit Angabe des Kultor­

t e s , abgesehen von dem überregional v e r b r e i t e t e n "Osiris, Herrn von Busiris" bzw. "Chontamenti, Herrn von Abydos", zwei Göt­

t e r mit drei Kultorten:

­ Nemti von Hwt-nzM>[56]

­ Anubis von #w£­fomv[57]

­ Anubis von Hwt-rd-bn\» [sie!] [58]

F ü r die ptolemäische Zeit, in d e r die Gaue Bezugsgrößen d e r Kulttopographie darstellen, sind mit Angabe des Kultortes be­

zeugt:

(immer noch:)

­ Nemti von Hwt-nsM>[59]

(sowie n e u : )

54] S. etwa WOLFGANG HELCK, Die altägyptischen Gaue, Wiesbaden 1974, S. 116­118 u n d die dort angegebene ältere

S e k u n d ä r l i t e r a t u r .

55] Vgl. WOLFGANG SCHENKEL, in: GOMAÄ/SCHENKEL, op.cit.

(Anm. 1), § 2.

56] Gräber P 9, R 10, U 12 (letzteres: WdO 14, 138f.).

57] Gräber P 9, R 10, T 12; Stele eines Bbi (Egypt Exploration Fund, Archaeological Report 1902-03, Frontispiz u n d S. 4).

58] Grab Q 10 ('Inp.w tat.i'Qg J V ^ s [lies O f ü r O ] ) , U 12

('Inp.-w n b

Qä=> ^ / . . ;

WdO 14, 138f. [das fragliche Zeichen v e r b e s s e r u n g s b e d ü r f t i g ] ) .

59] Grab G 12.

(15)

a l - Kö m a l ­ a h m a r 163

­ O s i r i s v o n HM>t-nsw[60] u n d

­ I s i s , d i e H e r r i n v o n Hwt-...( ßjF] ) [ 6 1 ]

F e r n e r i s t Hwt-nsw g e n a n n t a u f d e n B l ö c k e n a u s d e m O s i r i s ­ T e m p e l d e r Z e i t P t o l e m a i o s ' I . [ 6 2 ]

A l l e d i e g e n a n n t e n O r t e , m i t A u s n a h m e v o n Hwt-rd-bn-w, s i n d a u s d e n G a u v e r z e i c h n i s s e n a l s N a m e n d e r H a u p t s t a d t d e s 1 8 . o b e r ä g y p t i s c h e n G a u e s b e z e u g t o d e r i n m o d e r n e r Z e i t d a m i t i n V e r b i n d u n g g e b r a c h t w o r d e n . [ 6 3 ] Im a l l g e m e i n e n w i r d i h r N a m e a l s Hwt-nz-w a n g e g e b e n , s o a u f d e r B a r k e n s t a t i o n S e s o s t r i s ' I . i n K a r n a k , d i e d i e f ü r I d e n t i f i k a t i o n s f r a g e n b e s o n d e r s w i c h t i g e n V e r h ä l t n i s s e d e s A R w i e d e r g i b t , f e r n e r i n d e r R e g e l i n d e n t r a ­ d i t i o n e l l e n G a u l i s t e n d e r s p ä t e n T e m p e l . A u s n a h m s w e i s e w i r d i n d e n s p ä t e n L i s t e n d i e H a u p t s t a d t a b e r a u c h Hwt-bnw g e n a n n t . fi?l i s t t e i l s a l s b l o ß e S c h r e i b V a r i a n t e v o n Hwt-nsM>, t e i l s a l s e i n a n d e r e r O r t b e t r a c h t e t w o r d e n . D a ß a m Korn a l ­ a h m a r n u r i n V e r b i n d u n g m i t I s i s v o r k o m m t ( z w e i m a l ) , d e r O r t s n a m e Hwt-nsw j e d o c h a u f d e m s e l b e n D e n k m a l a n d e r s g e s c h r i e b e n w i r d ( e b e n f a l l s z w e i m a l ) , s p r i c h t f ü r d i e N i c h t ­ I d e n t i t ä t d e r O r t e . Wie i m m e r m a n d e n O r t s n a m e n f£j[| b e u r t e i l e n m a g , a u f j e d e n F a l l i s t ffwt­

ns\*> d e r g e w ö h n l i c h e N a m e d e r H a u p t s t a d t d e s 1 8 . o b e r ä g y p ­ t i s c h e n G a u e s . A l s A l t e r n a t i v b e z e i c h n u n g m u ß f ü r d i e s p ä t e Z e i t Hwt-bnw e r n s t h a f t i n E r w ä g u n g g e z o g e n w e r d e n , w a s s e h r g u t d a z u p a ß t , d a ß im A R d i e G ö t t e r v o n H-wt-nzw u n d H-wt-bnw i n

e t w a g l e i c h g e w i c h t i g n e b e n e i n a n d e r s t e h e n . E s k ö n n t e s i c h a l s o u m z w e i e n g b e n a c h b a r t e O r t e h a n d e l n , d e n e n i n g l e i c h e r W e i s e d i e N e k r o p o l e v o n a l ­ K o m a l ­ a h m a r z u g e h ö r t u n d d i e i n d e r s p ä ­ t e n Z e i t i n k u l t t o p o g r a p h i s c h e r H i n s i c h t a l s H a u p t s t a d t d e s 1 8 . o b e r ä g y p t i s c h e n G a u e s i n e i n e m A u s t a u s c h v e r h ä l t n i s z u e i n a n d e r s t ü n d e n .

2 . E s d ü r f t e im w e i t e n U m k r e i s d e s KBm a l ­ a h m a r k e i n a n d e r e s a n t i ­ k e s S i e d l u n g s g e l ä n d e g e b e n , d a s f ü r d i e I d e n t i f i k a t i o n m i t d e r H a u p t s t a d t d e s 1 8 . o b e r ä g y p t i s c h e n G a u e s , Hwt-nzw, i n F r a g e k ä m e . A u f d e m O s t u f e r , w o d e r G a u g a n z o d e r z u m m i n d e s t e n s c h w e r p u n k t m ä ß i g l a g , g i b t e s n a c h A u s w e i s d e r T ü b i n g e r G e ­ l ä n d e b e g e h u n g [ 6 4 ] k e i n e i n B e t r a c h t k o m m e n d e S t e l l e im B e r e i c h n ö r d l i c h b i s Q a r a r a u n d s ü d l i c h b i s T i h n a a l ­ G a b a l . A u f d e m f l u ß n a h e n W e s t u f e r l i e g t d e r e i n z i g e b e d e u t e n d e Köm b e i a l ­ Q a i s . D a s a b e r i s t S3-k3, d i e H a u p t s t a d t d e s 1 7 . o b e r ä g y p t i s c h e n G a u ­ e s .

E s i s t s o m i t p r a k t i s c h s i c h e r , d a ß d i e H a u p t s t a d t d e s 1 8 . o b e r ­ ä g y p t i s c h e n G a u e s a m Kom a l ­ a h m a r l a g , z u m i n d e s t d a s s t a n d a r d m ä ­ ß i g i n d i e s e r F u n k t i o n g e n a n n t e Hwt-nzw. A b e r a u c h Hwt-bnw,

d a s a l t e r n a t i v a l s N a m e d e r H a u p t s t a d t g e n a n n t w i r d u n d d a s i n

6 0 ] G r a b R 22 (RecTrav 1 6 , 4 4 ) . 6 1 ] G r a b R 22 (RecTrav 1 6 , 4 5 ) . 6 2 ] MDAIK 3 3 , 1 3 8 f . ( B l o c k I V ; X I ) .

6 3 ] S . H E L C K , op .cit. ( A n m . 5 4 ) u n d d i e d o r t a n g e g e b e n e ä l t e r e S e k u n d ä r l i t e r a t u r .

6 4 ] S . G O M A Ä / S C H E N K E L , op.cit. ( A n m . 1 ) .

(16)

164 W. Schenkel

den Gräbern gleichgewichtig neben Hwt-nzw s t e h t , muß wohl hier gelegen haben. Wie man die beiden Orte nebeneinander am Köm al­

ahmar u n t e r b r i n g e n kann, davon soll jetzt die Rede sein.

Offen bleibt die Frage der Lokalisierung des Hwt-rd-bn-w [ s i e ! ] ; ob es mit dem späteren, bislang unlokalisierten ffwt­rdw etwas zu tun h a t , mag dahingestellt bleiben.

3.2 DER ARCHÄOLOGISCHE BEFUND (Hierzu Abb. 2)

Die Gau­Hauptstadt muß zwischen dem alten Nilarm beim ehemali­

gen Wasserpumpwerk von Särüna im Westen und der Nekropole im Osten gelegen haben: In diesem Bereich heben sich heute einige Hügel aus i h r e r Umgebung h e r a u s , die als Siedlungs­Köms in Be­

tracht kommen.

a) Der 'Izba­Hügel

Im Westen, in einer E n t f e r n u n g zum Nil von ca. 300 m, steigt aus dem Fruchtland ein flacher Hügel a u f , auf dem sich heute eine kleine Ansiedlung befindet, die sich, wie man dies auch anderswo beobachten k a n n , aus einem Landgut, einer 'Izba, zu einem Dorf hin zu entwickeln begonnen hat ­ die oben bereits genannte 'Izbat al­Köm al­ahmar, f r ü h e r 'Izbat Sawäris. Daß es sich bei dem Hügel um einen Siedlungs­Köm handelt, läßt sich leicht festmachen: an der Keramik, an Ölpressenunterteilen und an Relieffragmenten, die aus einem Tempel stammen müssen (dazu gleich mehr). Man darf vermu­

t e n , daß u n t e r dem Köm eine Sand­öazira liegt.

Im einzelnen ist der derzeitige Befund der folgende:

­ Am Ost­Rand des 'Izba­Hügels zeichnet sich im Gelände ein win­

kelförmiger Damm ab. Das von diesem Winkel eingeschlossene Gelände liegt auf einem verhältnismäßig tiefen Niveau, praktisch auf dem Niveau des heutigen Ackergeländes. Es ist von Osten h e r bis an die Testschnitte bei R­S 14­15 bereits u n t e r den Pflug genommen. Im Zuge der Neulanderschließung waren von den Einheimischen reliefierte Kalksteinfragmente herausgezogen worden, die wir 1984 eingesammelt haben. Das genauere Studium s t e h t noch a u s . Angaben, aus denen die Identität des Bauwerks/

der Bauwerke h e r v o r g e h t , fehlen. Mit Sicherheit handelt es sich jedoch um einen bzw. mehrere Tempel. Die tiefe Lage des Ge­

ländes könnte damit zusammenhängen, daß eine Wohnsiedlung schneller in die Höhe wächst als ein Tempel (vgl. z . B . I d f u : Tempel und westlich benachbarter Köm). Die Einbeziehung der östlichen Restfläche war offensichtlich ein Ziel f ü r die nähere Z u k u n f t . Nachdem die Interessen der Ägyptologen an diesem Gebiet angemeldet wurden, stellte sich h e r a u s , daß das interes­

sierende Gelände der Altertümerverwaltung gehört ( K a t a s t e r ! ) , somit unrechtmäßig bestellt wird.

Bei Buchstabe (§) wurde 1985 das Unterteil einer späten Ölmühle zutage g e f ö r d e r t . Insgesamt sind derzeit drei solche Objekte im Umkreis d e r 'Izba bekannt (Buchstaben (S) , (B) , © ) , ein viertes

(17)

al-Kom al-ahmar 165

soll nach Auskunft eines Ghafirs bei © gelegen haben (ein f ü n f ­ tes nach Auskunft eines anderen Einheimischen im wüstennahen Hügel­Bereich, (s. unten b ) ) .

­ In den Planquadraten L­M 10­11 wurde MR­Keramik g e f u n d e n . b) Der wüstennahe Hügel­Bereich

Im Osten, am Wüstenrand, liegt eine Reihe von Hügeln, von de­

nen nach dem Oberflächenbefund (Keramik) einer als Siedlungs­Kom bestimmt werden k a n n , der als "Köm I" bezeichnete Hügel. Bei den übrigen Hügeln dagegen gibt es keinerlei Anhaltspunkte f ü r die Existenz einer Siedlung. Soweit positiv bestimmbar, handelt es sich um Friedhöfe aus nach­pharaonischer Zeit: "Köm V" und "Köm VI"

aus koptischer Zeit, "KTSm IV" aus islamischer Zeit. Das Siedlungs­

gelände kann allerdings nicht auf "Köm I" b e s c h r ä n k t gewesen sein.

Im Bereich, der mit dem Buchstaben © gekennzeichnet ist, befinden sich am Rand eines Feldes Werksteine, die aus einem Tempel stam­

men müssen. Sie d ü r f t e n aus dem Ackergelände herausgezogen wor­

den sein, das somit antikes Siedlungsgelände überzogen h a t . Welche Bereiche des wüstennahen Hügelbereichs einmal besiedelt waren, läßt sich derzeit nicht genauer bestimmen. Auf keinen Fall aber war der gesamte Bereich besiedelt.

'Izba­Hügel und "Köm I" sind heute d u r c h einen Damm v e r b u n ­ den, d e r zur Zeit, als das Ackerland jährlich überflutet wurde, eine ganzjährig passierbare Verbindung g a r a n t i e r t e . Er könnte im Kern antik sein.

Ausschließen darf man, daß 'Izba­Köm und wüstennaher Hügelbe­

reich jemals einen einheitlichen Groß­Köm gebildet h ä t t e n , der zwi­

schen 'Izba und "Köm I" d u r c h sibah­Arbeiten bis auf den Damm abgegraben worden wäre. Sowohl der Ostrand des 'Izba­Hügels als auch der Westrand von "Köm I" laufen natürlich in die Felder a u s , sind also nicht abgegraben. Zwischen 'Izba u n d Kom liegt zwar durchweg Keramik, diese ist, soweit bis jetzt u n t e r s u c h t , einheitlich koptisch, so daß man mit einer dünnen Besiedlung ü b e r die Köms hinaus in koptischer Zeit rechnen muß, so wie auch heute kleinere Ansiedlungen hier und da in den Feldern liegen u n d ihre Umgebung mit allerlei Abfällen überziehen.

Es ergibt sich somit f ü r die pharaonische Zeit folgendes Disposi­

tiv (von Westen nach Osten):

­ eine flußnahe Siedlung, vermutlich auf einer Sand­Gazira gele­

gen: der Hügel, auf dem die heutige 'Izba s t e h t ;

­ ein Dammweg, der diese Siedlung hochwasserfrei nach Osten a n b i n d e t ;

­ eine am Wüstenrand, vermutlich schon auf dem Wüstenplateau gelegene Siedlung: "Köm I" mit eventuellen zusätzlichen Gelände­

s t ü c k e n , besonders bei Buchstabe (2) ;

­ eine voll in der Wüste gelegene Nekropole (der Bereich der heute bekannten Nekropole des Köm al­ahmar).

Versucht man, diesen Befund mit dem der Textüberlieferung zu vergleichen, so liegt es auf der Hand, einen der beiden Siedlungs­

hügel als Hwf­nzw und den anderen als Hvat-bnw zu identifizieren.

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166 W. Schenkel

Welcher Hügel allerdings welcher Ort sein soll, läßt sich derzeit nicht mit voller Bestimmtheit sagen. Immerhin lassen sich Mutmaßun­

gen anstellen:

a) Allgemeine Erwägungen zur Lage von Hwt-nzw

Für die Identifizierung des 'Izba­Hügels mit dem bedeutenderen Ort, der in d e r Regel als Hauptstadt apostrophiert wird, mit Hwt- nzw also, könnte die v e r k e h r s g ü n s t i g e r e Lage in unmittelbarer Nähe eines Nilarms s p r e c h e n . Dieses Argument d ü r f t e aber als recht schwach einzuschätzen sein, da auch der wüstennahe Siedlungsbe­

reich immer noch viel näher am Nil liegt (Entfernung ca. 1 km) als manch a n d e r e r historisch bedeutsamer Ort auf dem Westufer, z . B . S3-k3 (al­Qais) oder Hmmv/Hermopolis (ASmunain).

Andererseits spricht f ü r die Lokalisierung der Gauhauptstadt im wüstennahen Hügel­Bereich, daß hier die bedeutenderen Siedlungs­

reste gelegen haben müssen. Heute ist dies nicht ohne weiteres e r k e n n b a r . NESTOR L'HÖTE jedoch, zu dessen Zeiten noch mehr zu sehen war, bezeichnet, wie unten im Zusammenhang mit der Lo­

kalisierung des von ihm beschriebenen Tempels noch genauer zu belegen, diesen Bereich als den K5m al­ahmar und beschreibt ihn in seinen Briefen als "des b u t t e s de decombres antiques, nommees Koüm­el­Ahmar (la butte r o u g e ) , ä cause des fragments de poterie qui la r e c o u v r e n t " . [65] Von "buttes de decombres" im Plural kann man, nach dem heutigen Befund zu urteilen, wenn man entweder n u r den 'Izba­Hügel oder den wüstennahen Hügelbereich in Betracht zieht, n u r bei letzterem s p r e c h e n . Leider jedoch ist L'HÖTE in sei­, nem Sprachgebrauch nicht konsistent, so daß das Argument etwas an Ü b e r z e u g u n g s k r a f t verliert. In den unveröffentlichten Manu­

skripten spricht er im Singular von "la butte de decombres qui a donne son nom ä Koüm el ahmar".[66]

b) Erwägungen zur Lage der Tempel von Hwt-nz-w Der Osiris­Tempel f

Die Relief blocke, die SMOLENSKI 1907 a b t r a n s p o r t i e r t h a t , stam­

men, wie sich aus ihnen selbst e r g i b t , aus einem Osiris­Tempel.

Ein solcher Tempel ist aus dem Textmaterial der Nekropole (s. oben § 3.1) f ü r Hwt-nzw zu, erweisen, nicht aber f ü r Hwt- bmv. Angenommen, der SMOLENSKI­Tempel sei mit dein textlich bezeugten identisch, so müßte die Stelle, an der SMOLENSKI sei­

ne Blöcke f a n d , mit hoher Wahrscheinlichkeit in Hwt-nz\*> gelegen haben (reservatio mentalis: der Osiris von Hwf­nzw könnte im Prinzip auch in einem Schwesterort wie Hwt­bmv v e r e h r t worden sein). Fragt sich also: Wo hat SMOLENSKI seine Blöcke g e f u n ­ den? Ganz genau kann man dies derzeit nicht sagen. Sicher aber ist, daß die Stelle im wüstennahen Hügelbereich liegt. In seiner Veröffentlichung der Texte sagt e r , daß er die Steine fand bei einem "monticule appele Kom­el­Ahmar, situe entre [Kursive von W.S.] la ferme qui appartient ä la sucrerie de Cheikh­Fadl [ d . i . 65] L'HÖTE, Lettres (s. Anm. 4), S. 31.

66] L'HÖTE, Ms. N.A.F. 20396, f. 213.

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al-Köm al­ahmar 167

die 'Izbat al­Köm al­ahmar] et la necropole de Charouna". [67]

Dazu paßt sein Bericht vor der Krakauer Akademie, demzufolge die Blöcke gefunden wurden "au pied [Kursive von W.S.] du cimetiere, s u r un plateau appele Kom­el­Ahmar. [68] Bei s t r e n g e r Auslegung kann auch hier n u r der Bereich der wüstennahen Hügel gemeint sein.

Nicht definitiv abzuklären ist der Ort eines Ölpressenunter­

teils, den SMOLENSKI relativ zum Fundort seiner Blöcke be­

stimmt als "tout p r e s de la ligne locale du chemin de f e r , un peu au sud de l'endroit ou j'avais trouve en 1907 les fragments p u ­ blies dans le tome IX des Annales [ d . h . die Tempel­Blöcke]. [69]

Mutmaßlich handelt es sich um das Ölpressenunterteil, das nach Aussage eines Einheimischen bei Buchstabe ® lag, heute aber nicht mehr existiert. Dieses liegt in d e r Tat nahe bei der ehema­

ligen Zuckerrohrbahn, die am östlichen Ufer des Kanals v e r k e h r ­ te. Die Stelle läge zugleich südlicher als der Fundort der Tem­

pelblöcke, wenn man diesen etwa bei Buchstabe (B) ansetzt

­ allerdings nicht südlich des F u n d o r t e s . Definitiv auszuschlie­

ßen ist jedenfalls die Identifikation von SMOLENSKIs Ölpressen­

unterteil mit irgendeinem der derzeit im Gelände r e g i s t r i e r ­ ten. [70]

­ Der Nemti­Tempel

An der mit © bezeichneten Stelle im wüstennahen Hügel­Bereich wurde 1985 ein roh­behauener Falkenkopf g e f u n d e n , den man als Votivgegenstand aus dem Nemti­Tempel interpretieren könnte.

Lag hier also der textlich bezeugte Nemti­Tempel von Hwt-nzw (s. oben § 3.1)? Oder wurde der Kopf, der nicht sehr* schwer ist, n u r hierher verschleppt ?

­ Der L'HÖTE­Tempel

Mit einem der vorgenannten Tempel kann der von L'HÖTE be­

schriebene identisch sein, eher vielleicht mit dem Nemti­Tempel als mit dem Osiris­Tempel, da L'HÖTE im letzteren Fall wohl doch Reste der Reliefs gesehen haben sollte, die später SMOLENSKI f a n d .

Auf jeden Fall darf auch der L'HÖTE­Tempel im wüstennahen Hügelbereich, etwa in der Gegend von Buchstabe © gesucht wer­

den. Daß der Köm al­ahmar, den L'HÖTE angibt, hier lag, wur­

de oben wahrscheinlich gemacht. L'HÖTE f ü h r t aber noch genau­

er a u s , daß 200 m südlich des Tempels ein Bassin lag[71] ­ man könnte dies etwa in der Senke zwischen "Köm II'V'Köm III" u n d

67] SMOLENSKI, loc .cit. (Anm. 13), S. 3.

68] SMOLENSKI, Austro-wegierskie -wykopaliska ( s . Anm. 12),

S. 105 (lediglich um eine Paraphrase dieser Stelle d ü r f t e es sich handeln, wenn PILECKI, loc.cit. [Anm. 12], S. 242, von der Nekropole aus f o r t s c h r e i t e n d , das Gelände als "le plateau voisin de Kom­el­Ahmar" bezeichnet).

69] SMOLENSKI, loc .cit. (Anm. 14), S. 26.

70] BRINKS et alii, in: GM 86 ( s . Anm. 3).

71] L'HÖTE, Ms. N.A.F. 20396, f . 213 u s w . ; ohne Angabe der Him­

melsrichtung: i d . , Lettres (s. Anm. 4), S. 31.

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168 W. Schenkel

"Köm IV" vermuten ­ und daß das bekannte Grab des Ppy-'nh (Grab V 23) wiederum südöstlich dieses Bassins lag. [72]

c) Der 'Izba­Tempel

Getrennt von den Überlegungen zu Hwt-nzw und den Tempeln dieses Ortes sind die 1984 bei der 'Izba g e f u n d e n e n , aus der win­

kelförmigen Umwallung stammenden Relieffragmente zu halten, die ebenfalls aus einem Tempel / aus Tempeln stammen. Welcher Gott / welche Götter hier v e r e h r t wurde(n) ist einstweilen unbekannt. [73]

Ebenso ist u n b e k a n n t , wie der Ort hieß. Immerhin kann man die Vermutung ä u ß e r n , daß es sich bei dem Ort um H-wt-bnw handelt und daß infolgedessen hier der Tempel des Anubis von Hwt-bnw gesucht werden d a r f .

3.3 SCHLUSSFOLGERUNG I: QUELLEN SICHERN!

Man hat am Kom al­ahmar die Chance, durch Grabung die oben angesprochenen Fragen zu klären. Man hat d a r ü b e r hinaus die Chance, eine altägyptische Gauhauptstadt wiedergewinnen zu kön­

n e n . Im einzelnen spricht manches d a f ü r , dies nicht n u r als eine vage Möglichkeit zu b e t r a c h t e n , sondern sofort zuzupacken:

Siedlungsgrabungen sind ein Desiderat der Ägyptologie allge­

mein. Das besondere am Kom al­ahmar ist dies, daß man hier eine Siedlung mittlerer Bedeutung, eine "normale" Pro­

v i n z ( h a u p t ­ ) s t a d t fassen könnte, was s e h r zur A b r u n d u n g des Bildes von der ägyptischen Stadt beitragen k a n n , das sonst mehr auf exzeptionellen Siedlungen, Hauptstädten wie Memphis, Amarna, ( T h e b e n ) , Ramsesstadt, einem Grenzort wie Elephanti­

n e , Sonderfällen wie "Kahun", Dair al­Madina b e r u h t b z w . , so­

weit "Normal"­Städte angegangen wurden (etwa Buto, Sais, Men­

d e s ) , an den speziellen Schwierigkeiten des Deltas leidet.

Das Siedlungsgelände ist infolge des wirtschaftlichen Nachhinkens der Region noch verhätnismäßig wenig g e s t ö r t . Die Expansion der Siedlung und des Ackergeländes ist jedoch im Gange. Man sieht von J a h r zu J a h r den "Fortschritt". Je f r ü h e r man zu­

g r e i f t , desto größer sind die Erfolgsaussichten. Gewiß: Eine ausgedehntere und längerfristige Grabung in den Siedlungsberei­

chen des Kom al­ahmar ist eine Frage des Geldes. Aber zualler­

e r s t doch einmal eine Frage des wissenschaftlichen Interesses und des Wollens.

72] L'HÖTE, Lettres ( s . Anm. 4), S. 31.

73] BRINKS et alii, in: GM 79 ( s . Anm. 3), S. 78f. (zur Re­In­

terpretation des Befundes s . BRINKS et alii, in: GM 86 [s. Anm. 3 ] ) .

(21)

al-Köm al­ahmar 169

4. DIE NEKROPOLE (Hierzu Abb. 3) 4.1 BELEGUNGSSCHICHTEN

Die Nekropole des K5m al­ahmar weist in der Hauptsache zwei Belegungsschichten auf: Gräber d e r 6. Dynastie, die, soweit derzeit e r k e n n b a r , vorzugsweise horizontal in den Berghang getrieben sind, u n d Gräber einer späten, wohl hauptsächlich der ptolemäisch/

römischen Zeit ­ eine genauere zeitliche Abgrenzung ist derzeit nicht möglich ­ , die ü b e r Schächte senkrecht in den Berg gesetzt w u r d e n . An Stellen, an denen sich beide Schichten ü b e r l a g e r n , e n t s t a n d ein Geflecht von Gängen u n d Schächten, das d u r c h Grab­

r ä u b e r g ä n g e zum Labyrinth ausgebaut wurde. Aus anderen Zeiten sind b i s h e r n u r ganz vereinzelt Begräbnisse bekannt geworden:

GRENFELL/HUNT fanden, wie oben (§ 2.1) berichtet, zwei Gräber der 3. Dynastie am Fruchtlandrand unterhalb der Nekropole an der­

zeit nicht genau bestimmbarer Stelle. In der Kampagne 1985 hat das T ü b i n g e r Team mit der Freilegung eines bedeutenden Schachtgra­

b e s , wohl aus der Saiten zeit, in d e r Art der sog. P e r s e r g r ä b e r in Saqqara, begonnen, ü b e r das an dieser Stelle noch nicht im Detail berichtet werden kann (Grab S 14). Was derzeit fast völlig ausfällt, ist die gesamte Zeit zwischen dem Ende des Alten Reiches und der Saitenzeit. Es gibt im Augenblick keine sicheren Hinweise auf Mitt­

leres u n d n u r sehr begrenzte auf Neues Reich. Man wird sehen müssen, wie dieser Befund historisch zu erklären ist ­ oder sich eines anderen belehren lassen müssen!

4.2 DIE AR­NEKROPOLE

Die AR­Nekropole ist derzeit vor allem an drei Zipfeln f a ß b a r :

­ Am bekannten Grab des Ppy-'nh (Grab V 23) am Südrand des Nekropolen ­ Hügels

­ am Grab eines Namensvetters Ppy-'nh (Grab G 7) am Nordrand des Nekropolen­Hügels und

­ an einer ganzen Sequenz von zumeist kleineren Gräbern am West­

r a n d des Nekropolen­Hügels, die u n t e r der Bezeichnung "mittlere Nekropole" zusammengefaßt seien (siehe Taf. 17A und 17B).

Damit ist die AR­Nekropole noch keineswegs e r s c h ö p f t . Es gibt In­

dizien f ü r die Existenz weiterer Gräber aus dieser Zeit. Hier müs­

sen Grabungen Klarheit v e r s c h a f f e n . a) Grab des Ppy-'nh/Hwi (V 23)

Dieses seit der Frühzeit der Ägyptologie bekannte und wenig­

s t e n s partienweise veröffentlichte Grab hat den Charakter einer Residenz­Bestattung. Die Freilegung des Vorhofes im Jahre 1985 hat e r g e b e n , daß die in der unteren Partie aus dem Fels gearbeitete, oben wohl in Werkstein oder Ziegel f o r t g e f ü h r t e Fassade geböscht ist, daß also ein Mastaba­Grab intendiert war. Die Reliefs könnten i h r e r Art und Qualität nach auch aus einer Residenz­Nekropole stammen. Der Grabherr weist sich durch seine Titel als eine

(22)

170 W. Schenkel

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al-Köm al­ahmar 171

bedeutende Persönlichkeit am Ort der Residenz a u s , nicht als Pro­

vinzbeamter. Am interessantesten ist in diesem Zusammenhang eine kryptographische Schreibung des Wesirtitels in der 1985 freigelegten Sargkammer (drei Belege):]^ "*5j> Jj, für^C^fff j^, ^ ( ^ , nicht

^pn, d . h . wohl ein stilisiertes Hinterteil von ? ) . Die Deutung des Titels als des Wesirtitels erscheint sicher; sie ergibt sich aus der Stellung innerhalb der Titulatur (i'r.i­p'.vf h 3 . f i ­ ' . w t3i.ti z3b t3.ti). An keiner anderen Stelle des Grabes und in keiner anderen Schreibung tritt der Wesirtitel sonst auf, nicht also in den (zu­

gänglichen) Kulträumen, sondern n u r in der nach dem Begräbnis verschlossenen Sargkammer, genauer gesagt: n u r in der Sargwan­

n e . Tentative Schlußfolgerung: Es handelt sich bei unserem Ppy- 'nh. um einen abgesetzten Wesir.

b) Andere Gräber

Die weiteren AR­Gräber, derzeit 11 beschriftete und eine Anzahl u n b e s c h r i f t e t e r , stellen u n t e r dem Gesichtspunkt des Genius loci den interessantesten Teil der Nekropole d a r . Hier ruhen oder r u h ­ ten wohl die Mitglieder der bessergestellten Familien der Gauhaupt­

s t a d t . Der lokale Bezug kommt immer wieder d u r c h die Nennung der lokal bedeutsamen Götter zum Ausdruck: Nemti von Hwt- nzw, [74] Anubis von ffvvt­bmv[75] und Hwt­rd­bmv[76] hierzu* ge­

hören vielleicht auch die ohne Angabe eines Kultortes a u f g e f ü h r t e n 'Ig3.i,[77] der Wüstengott, und # q . t [ 7 8 ] die Froschgöttin. Ein Teil der Persönlichkeiten versah Priesterdienste bei einem dieser Lokal­

g ö t t e r : bei Nemti, [79] bei 'Ig3.i[80] bei Hq.t.[81]

Über den Ort hinaus weist bei diesen Gräbern lediglich der ein­

mal belegte ­ sonst n u r noch bei P p y ­ ' n h (Grab V 23) vorhandene ­ Titel eines Vorstehers von Oberägypten. [82]

Die Bestattung erfolgte in Gräbern sehr unterschiedlicher Größe.

Neben Mehrkammeranlagen mit einem Raumprogramm, wie man es in der Residenz und auch bei dem mutmaßlichen Wesir P p y ­ ' n h (V 23) hat (Grab G 7, N 8), finden sich in der Mehrzahl Gräber, die n u r aus einer einzigen Kammer bestehen ( z . B . O 9, P 9). Daneben gibt es einzelne Grabanlagen, bei denen verschiedene Gräber hinterein­

ander in den Berg gestaffelt zu sein scheinen, mutmaßlich Familien­

grabanlagen (so insbesondere Grab S 12). Den familiären Zusammen­

halt betonen Reliefs an der Grabfront (als Beispiel Taf. 18A). Für die s t a r k e soziale Einbindung der Verstorbenen spricht auch, um

74] Grab P 9, R 10, U 12 (letzteres: WdO 14, 138f.); ohne Angabe des Kultortes: Grab G 7, Q 10, f e r n e r häufig als Bestandteil von Personennamen.

75] Grab P 9, R 10, T 12; ohne Angabe des Kultortes (außerhalb der Opferformel): G 7, S 11.

76] Q 10, U 12 (letzteres: WdO 14, 138f, v e r b e s s e r u n g s b e d ü r f t i g ) . 77] G 7.

78] P 9.

79] Grab R 10 (im.f­r3 hm.w-ntr), Q 10 (shd hm.w-ntr).

80] Grab G 7 (ein Sohn'als hm-ntr).

81] Grab P 9 (hm-ntr).

82] Grab S 12."

Referenzen

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