Fallbesprechung Gruppe 7, Fall 10
Fallbeschreibung
- Saugferkeldurchfall als wiederkehrendes Betriebsproblem - AB nützen nicht mehr
- 2 Wochen alte Saugferkel in Sektion:
> Makroskopische Befunde:
● Guter Pflege- und Nährzustand, DüDa und DiDa normal, Jejunum: mit viel gelbem flüssigen Kot gefüllt
● Anus: Wund und mit Kot verschmiert (normaler Kot Saugferkel: gut geformt und hellbraun)
● Ggr. vergrößerte Mesenteriallymphknoten, hellbraun bis braune Farbe
> Mikroskopische Befunde:
● Zottenatrophie, aber Enterozyten an Zottenspitzen hochprismatisch (Differenzierung der Kryptenzellen ist intakt)
● Zotten-Krypten-Verhältnis verschoben zu Gunsten der Kryptenzellen
● DiDa unverändert Sofortmassnahmen
1. Stabilisierung: Rehydratation + Elektrolytversorgung sicherstellen, Azidose korrigieren 2. Hygiene und Isolation der Betroffenen + Quarantäne der Neuzugänge
Welche Differenzialdiagnosen konnten sie aufgrund der klinischen Erscheinungen einschliessen/ ausschliessen?
- Siehe Tabelle Seite 2
DD Eingrenzung 1. Rota Viren 2. Isospora
3. Bakterielle Sekundärinfektion 4. Coronaviren (PEDV/TGEV)
Welche Proben haben sie erhoben? Priorisiert - Kotproben von akut kranken Tieren
- Histologie von akut verendeten / Euthanasierten Tieren - evtl. Blut von akut kranken Tieren
Welche Untersuchungen haben sie veranlasst?
1. Sofort vor Ort Rota Schnelltest Serovar A
2. Kotproben für Rota & Corona PCR & Parasitologie
3. Immunhistologie des Darmepithel für Coronaviren & Rotaviren 4. Kotprobe Kultivieren für E.coli, Clostridium - PCR für Toxingene
Ergebnisse der Untersuchungen (Bezug auf virologische Eigenschaften) - Parasitologie: Negativ, keine Endoparasiten nachweisbar
- Bakteriologie: E.Coli Serovar O139:K82 nachweisbar - häufig EDEC, selten ETEC
- Virologie: Rota Schnelltest negativ / RT-qPCR auf Corona und Rota - Rota positiv, Corona negativ
Testprinzipien Schnelltest
Der ROTA Strip basiert auf einem immunchromatischen Sandwich-Prinzip. Die im Kot enthaltenen Rotavirus Antigene reagieren mit mobilen, an rote Latexpartikel gebundenen, monoklonalen Anti-Rotavirus-Antikörpern. Diese Ag-AK-Komplexe durchfliessen die Membran und werden an membranfixierte Anti-Rv-mAKs gebunden unter Ausbildung einer roten Test-Linie. Diese Testmethode gewährleistet eine hohe Spezifität.
Wenn typische Klinik bei negativem Testergebnis besteht, sind zusätzliche Tests mit anderen Methoden empfohlen. Ein negatives Testergebnis schließt zu keiner Zeit die Möglichkeit einer vorliegenden Infektion mit Rotaviren aus. Eine sensitivere RT-qPCR ist angezeigt.
Real-time RT-PCR
1. Reverse Transkription des Rotavirus (RNA-Virus)
2. PCR: Transkription nachweisen und auch quantifizieren (“real-time”) mit:
a) SYBR Greeen (fluoreszierend) b) FRET Sonde (fluoreszierend) 3. Messung des Fluoreszenzsignals
→ Fluoreszenzintensität korreliert mit der Menge der PCR-Produkten
→ Ct-Wert (Critical threshold) definiert den Zyklus, bei welchem die Hintergrundfluoreszenz überschritten wird (Je niedriger der Ct-Wert, desto höher war die Ausgangskontamination)
Wie lautet ihre begründete Diagnose?
Die Diagnose Rotaviren basiert auf den klinischen Erscheinungen (siehe Tabelle), welche mit dem Resultat der RT-qPCR, welches positiv für Rotaviren ausfiel, übereinstimmen - Falsch negatives Resultat beim Schnelltest möglich, tiefere Sensitivität im vgl. zu PCR
Welche Behandlungsoptionen erwägen sie? wie gehen sie weiter vor? (begründen sie jeweils mit virologischen Grundlagen) - Therapie: siehe Sofortmassnahmen - Rota induziert eine symptomatische Therapie, primäres GIT Virus - Antibiogramm für E.Coli → bei Verschlechterung und/oder Persistenz des DF AB Therapie parallel nötig - Quarantäne Massnahmen: Rein-Raus, Isolation, Umgebungsbehandlung - CAVE: hohe Tenazität - Management Optimierung:
- Stallklima, Wasserversorgung, Hygiene und Kolostrumversorgung (IgA)
- Vakzinierung: Kommerzielle Impfung aktuell nicht zugelassen, Stallspezifische Impfungen der Muttersauen möglich - Impfung gegen Ende der Tragzeit, Boost von IgA im Kolostrum
- Klinik abhängig vom Immunstatus - bei guter IgA Versorgung meist subklinisch
Was wissen sie über das Virus?
- Allgemeine Taxonomie & Infos → siehe Tabelle
- Primäres GIT Virus, keine systemische Invasion, Läsion der infizierten Enterozyten, Zottenatrophie - Zyklus & Genetik
○ Zelleintritt via clathrinabhängige Endozytose
○ partielles Uncoating im Endolysosom → Viruspartikel ins Zytoplasma
○ Transkription der mRNA durch virale Polymerase innerhalb des subviralen Partikels mit Ausschleusung ins Zytoplasma
○ Translation der mRNA-Moleküle im Zytoplasma, RNA-Synthese in Viroplasmen & Verpackung der (ss)+ RNA in subvirale Partikel
○ Zweitstrangsynthese & Reifung der äusseren Virionenstruktur → dsRNA
○ Austritt durch Zelllyse
Quellen und Literatur
Virus-Handbuch für Veterinärmediziner, Mathias Ackermann Vorlesung Xaver Sidler: Durchfallerkrankungen bei Saugferkeln
Vorlesungsunterlagen: FS2020_Katze+Schwein_handout, Claudia Bachofen
Vorlesungsunterlagen: Nematoden_Skript_Final, Frühjahrssemester 2019, P. Deplazes Vorlesungsunterlagen: Skript_NOZ_Protozoologie, Herbstsemester 2019, P. Deplazes Skript Spezielle Molekularbiologie S. 44, M. Hottiger
Impfleitfaden BLV
Vorlesung Virologie mittl_Verdauungstrakt von C.Fraefel im Organblock GIT, Bakteriologie Skript_FS19
FastTest_Rota.pptx
FASTest® ROTA Strip Gebrauchsinformation
Welche Differenzialdiagnosen konnten sie aufgrund der klinischen Erscheinungen einschliessen/ ausschliessen?
Erreger
Rotaviren
● Reoviridae, dsRNA, segmentiert, ikosaedral, unbehüllt (hohe Tenazität), dreischichtig, 7 Antigengruppen (in CH v.a. A)
● Primäres GIT Virus
Parvo Viren
● klein, einzelsträngi ges DNA Virus
● nicht behüllt, ikosahedral
● Vermehrung in S-Phase
Clostridium perfringens
● Gram +, Stäbchen
● Saprophyt, Kommensaler
● Sporenbildner div. Toxovare v.a Typ C massive Klinik, Typ A unklar causa
E. coli
● Gram -, Stäbchen
● Div. Sero- &
Pathovar
● ETEC
(Enterotoxinogener E.Coli)
Salmonellen
● Gram -, Stäbchen, Intrazellulär
● Kommensaler, VBNC Status
S. Enterica spp. enterica - div. Serovare mit unterschiedlicher Pathogenität
Coronaviren (TGEV)
● Fam. Coronaviridae, Subf. Coronavirinae, Genus
Alphacoronavirus
● +ssRNA, nicht segmentiert, behüllt
Coronaviren (PEDV) Epizootische Virusdiarrhöe (EVD)
Kokzidiose:
Isospora suis
● Protozoen
● Oozyste 20 μm
Strongyloides ransomii
● Nematoden
● 5 mm
● Eier 50 μm
Krankheit
Wichtigster Durchfallerreger bei Säuglingen.
Multifaktoriell Causa.
Zottenatrophie und Maldigestion = Osmotischer DF Selbstlimitierend Multifaktoriell (inklusive Umgebung und Fütterung (Kolostrum) Verlauf beeinflussbar (Alter,
Immunstatus,Typ, Stallklima, etc)
Postnatale Infektion idR subklinisch
Enterotoxine - Schädigung und Untergang der Enterozyten = Hämorrhagisch- Nekrotisierende Enteritis mit Zottenatrophie DF zuerst wässrig-gelb, danach Blutig Überlebende: Kümmern
Coli Diarrhö:
Enterotoxin - Elektrolytverschiebung (cAMP vermittelt) - Sekretorischer DF (Gelb- Gräulich, wässrig, stinkend) Betrifft vor allem
● Neonate (Kolostrum Defizit),
● Saugferkel (Absinken der Maternalen AK)
● Absetzferkel (Stress, Mast)
Akuter - chronischer Verlauf möglich
Salmonellose: Orale Infektion - Lokale Invasion (LPS Toxin - sekretorischer DF / Abort / Inapparenter Verlauf) - Systemische Invasion v.a bei adaptierten Salmonellen (Perakute, fiebrige
Allgemeinerkrankung mit Pneumonie, etc.)
Wässriger, gelblicher Durchfall und Erbrechen, Dehydratation.
Hohe Letalität der Saugferkel. Adulte Subklinische Träger.
ähnlich TGE Epizootischer DF der Absetzferkel
chronischer katarrhalische Enteritis mit Zottenatrophie → Malabsorption → Osmotischer DF
Darmstadien führen zu Epithelschäden im Düda → Abmagerung, DF, Anämie, Hypoalbuminämie sowie Tod
Argumentation
+ v.a Saugferkel betroffen + Zottenatrophie
- häufig subklinsch - Hauptproble
m beim Muttertier als Teil vom SMEDI
+ Saugferkel DF + Zottenatrophie - Hämorrhagischer
DF
- Pathognomonisch Veränderungen im Düda
in der Sektion
+ Saugferkel DF - kein Epithelschaden,
keine Zottenatrophie in der Sektion - Auch Absetzferkel
betroffen - Darm meist leer da
DF einfach rausläuft (wässrig)
+ DF auslösend - v.a Absetzferkel
betroffen (2-4M) - v.a Inapparente Tiere - Aborte
- Systemische Invasion - Keine Zottenatrophie
+ Histologisch Enterozyten-Verlust, Zottenatrophie + Saugferkel
betroffen - Erbrechen - CH aktuell frei
Einschluss, ähnlich wie TGEV + Fusion der
Darmzotten &
hochgradige, regenerative Zottenatrophie - Absetzferkel
betroffen
+ häufigster Durchfallerreger in 2.-4.
Lebenswoche + ubiquitär,
Prävalenz 80% in CH
+ Saugferkel + Epithelschäden & DF - Abmagerung - Anämie
Diagnostik
Virusausscheidung 1-3 Wochen Material: Kot
● Kommerzielle Schnelltests und ELISA (aber nur Serotyp A erkannt)
● RT-PCR
Bei jungen Föten Scheitel- Steisslänge messen & Virus PCR
Bei älteren Föten ELISA
Kultureller Nachweis Toxingene via PCR
● Tupferprobe Histologisch und makroskopische Befunde sind pathognomonisch
● Sektion Therapie: Antibiogramm (Beta-Laktame) Symptomatisch Management Impfung
Kultureller Nachweis + Toxingene via PCR
● Tupferprobe Therapie:
Symptomatisch Management Impfung
Zu Bekämpfende Tierseuche.
● AK Probe im Blut
● Kulturelle Anreicherung schwierig - 2. Stufig
● Überwachung aller Personen der Lebensmittelindustrie
Zu Überwachende Tierseuche Antigennachweis in Enterozyten
● Immunfluoreszenz
● Immunperoxidase- Technik Viruscharakterisierung
● spezifischer Antiseren,
● Hybridisation mit markierten Gensonden.
● RT-PCR Therapie:
Flüssigkeitsinfusion, evt.
Ausmerzung da TS – Endemierisiko
ähnlich wie TGEV Keine Tierseuche AK / PCR im Kot
Therapie: Fütterung von geeignetem Kolostrum
Oozysten-Nachweis im Kot via Flotation Therapie: Toltrazuril oder Sulfonamiden
Einachweis im Kot oder noch sensitiver Koprokultur L3 Nachweis
Therapie Stallhygiene &
Stalldesinfektion
Muttersauen: Ivermectin 8-16 Tagen vor Abferkeln à galaktogene Übertragung Ferkel: Chemotherapie mit Flubendazol, Oxibendazol, Ivermectin
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