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Akuter Husten: Meist sind Viren die Auslöser Optionen für eine symptomatische Therapie gemäss DGP-Leitlinie

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Academic year: 2022

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Die S2k-Leitlinie der DGP wurde für Pneumologen verfasst, liefert aber auch dem Allgemeinarzt einen guten Überblick über Pathophysiologie und Klassifizierung des Hustens, die Differenzialdiagnose und die Therapieoptionen. Die Leit-

linie enthält 48 im Konsensusverfahren abgestimmte Emp- fehlungen und 16 Statements (1). Thematisch werden so- wohl der akute als auch der chronische Husten abgedeckt.

Der Artikel fasst die wichtigsten Inhalte der Leitlinie zu- sammen, wobei der Fokus auf dem Erkältungshusten liegt.

Akut – subakut – chronisch

Die Klassifizierung des Hustens nach seiner Dauer erfolgt im Einklang mit internationalen Leitlinien und erlaubt Rückschlüsse auf die Ursache (Tabelle 1).

Als akut gilt der Husten, wenn die Symptome bis zu 2 Wo- chen andauern. Häufigste Ursache sind Infektionen der oberen Atemwege, in der Regel viral bedingt, die spontan wieder abklingen. Meistens werden die Infekte durch Rhinoviren (30–50%), ausserdem durch Corona-, Para- influenza-, Influenza-, Adeno-, Entero- und Metapneumo- viren sowie RSV (respiratory syncytial virus) ausgelöst.

Bakterielle Infekte verursachen im Vergleich zu viralen Ent- zündungen viel seltener akuten Husten.

Ausgelöst werden kann ein akuter Husten aber auch durch eine Allergie, zum Beispiel bei Patienten mit allergischer Rhinokonjunktivitis, durch ein Asthma bronchiale, eine Aspiration (v. a. bei Kleinkindern) oder durch inhalative Intoxikation (Unfälle, Brände). Zu den selteneren Ursachen zählen Lungenembolie, Pneumothorax und kardiale Er- krankungen mit akuter Lungenstauung.

Wenn mehrmals im Jahr Episoden akuten Hustens (< 2 Wo- chen) auftreten, wird von einem rezidivierenden akuten Husten gesprochen. Als subakut wird Husten mit einer Dauer von 2 bis 8 Wochen bezeichnet. Auch hiervon sind vor allem Patienten mit (viralen) Erkältungsinfekten be-

Akuter Husten: Meist sind Viren die Auslöser

Optionen für eine symptomatische Therapie gemäss DGP-Leitlinie

Akuter Husten zählt zu den häufigsten Gründen für einen Arztbesuch. Meistens, vor allem in der kalten Jahreszeit, steckt ein viraler Erkältungshusten dahinter. Zwar heilt eine akute Bronchitis auch ohne Therapie, aber mit einer symptomatischen Behandlung können Erkrankungsdauer und Intensität des Hustens verringert werden. In der im April 2019 aktualisierten Hustenleitlinie der Deutschen Gesell- schaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) zur Diagnostik und Therapie von erwachsenen Patienten wird bei akutem Husten zur symptomatischen Therapie geraten. Nach evidenzbasierten Kriterien kommen dafür chemische Expektoranzien – neu aufgenommen wurde Ambroxol –, mehrere Phytopräparate und Antitussiva infrage. Mit der Therapie sollte nach sorgfältiger Anamnese frühzeitig begonnen werden, eine weiterführende Diagnostik ist beim Erkältungshusten nicht erforderlich.

Kai-Michael Beeh

� Als akut gilt Husten, wenn die Symptome bis zu 2 Wochen andauern. Häufigste Ursache sind in der Regel virale Infektio- nen der oberen Atemwege, die spontan wieder abklingen.

Bei mehrmaligen Episoden akuten Hustens (< 2 Wochen) pro Jahr wird von einem rezidivierenden akuten Husten gespro- chen. Husten mit einer Dauer von 2 bis 8 Wochen wird als subakut, länger als 8 Wochen andauernder Husten als chro- nisch bezeichnet.

� Die medikamentöse symptomatische Therapie bei Husten stützt sich gemäss Leitlinie auf 2 Prinzipien: «protussiv» (ex- pektorationsfördernd) und «antitussiv», d. h. hustendämp- fend. In der Praxis werden beide Therapieprinzipien oft paral- lel eingesetzt.

� Die Förderung der Expektoration ist das zentrale Prinzip bei Erkrankungen mit Sekretretention. Domäne der antitussiven Therapie sind Patienten mit unproduktivem Husten oder mit nur geringer Sekretbildung.

� Bessert sich ein Husten nicht, müssen Grunderkrankungen ausgeschlossen werden, die mit einem chronischen Husten einhergehen.

MERKSÄTZE

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troffen, bei denen der Infekt nur verzögert abklingt. Dies ist zum Beispiel häufig bei einer Infektion mit Adenoviren, Mykoplasmen oder auch Bordetella pertussis der Fall.

Von einem chronischen Husten spricht man ab einer Dauer von 8 Wochen. Für eine anhaltende Hustensymptomatik kommt ein ganzes Spektrum an Krankheiten infrage – ne- ben Erkrankungen der Atemwege inklusive Lungentumo- ren und obstruktivem Schlafapnoesyndrom auch extrapul- monale Ursachen wie gastroösophagealer Reflux, kardiale Erkrankungen oder medikamentös ausgelöster Husten (Tabelle 1).

Bei Erkältungshusten keine weitere Diagnostik erforderlich

Laut Leitlinie kann bei Hustenpatienten bis zum Beginn der Stufendiagnostik 8 Wochen gewartet werden, sofern eine für einen akuten Atemwegsinfekt typische Anamnese und ein passender körperlicher Untersuchungsbefund festge- stellt worden sind und keine Alarmzeichen vorliegen. Dazu zählen zum Beispiel Hämoptoe, Ruhedyspnoe, Heiserkeit, Fieber ≥ 38,5 °C oder anamnestisch bekannte Malignome.

Bei solchen Alarmzeichen sollte sofort eine weiterführende Diagnostik beginnen (Abbildung). Auch bei Hinweisen auf einen bakteriellen Infekt kann gegebenenfalls eine weiter- führende Diagnostik erfolgen, um einen unnötigen Einsatz von Antibiotika zu vermeiden.

Pathophysiologie des Hustens

Der Hustenreiz wird über vagale sensible Afferenzen ver- mittelt. Überall im Epithel des Atemtrakts befinden sich auf Nervenendigungen sogenannte Hustenrezeptoren, die durch mechanische und chemische Reize sowie durch frei- gesetzte Entzündungsmediatoren (Bradykinin, Prosta- glandine) aktiviert werden können. Reizsignale werden über A- und C-Fasern zum Hirnstamm übertragen und ge- langen schliesslich zum Hustenzentrum in der Medulla oblongata. Hier wird der Hustenreflex ausgelöst. Sowohl zentrale Prozesse (z. B. neuronale Veränderungen) als auch periphere Prozesse (z. B. entzündliche Veränderungen) kön- nen zu einer Hypersensitivität des Hustenreflexes beitragen – nach heutigem Wissensstand die Ursache für einen chro- nischen idiopathischen Husten. Auch entzündliche Erkran- kungen der oberen Atemwege (Rhinitis, Rhinosinusitis) können Husten verursachen. Ursächlich wird hier eine Ak- tivierung sensibler trigeminaler Nervenfasern durch Ent- zündungsmediatoren angenommen, die sekundär in einer Herabsetzung der zentralen Hustenschwelle resultiert.

Symptomatische Therapie

Ob ein produktiver Husten oder ein trockener (Reiz-)Hus- ten vorliegt, rückt beim Hustenmanagement in den Hinter- grund. Die Grenzen sind fliessend, heisst es in der Leitlinie, Wahrnehmung und Bewertung der Sputummenge zudem Tabelle 1:

Klinische Klassifizierung und Ursachen des Hustens

Akut (< 2 Wochen) Subakut (2 bis 8 Wochen) Chronisch (> 8 Wochen) Erkrankungen der Atemwege

s obere Atemwege – (virale) Erkältungsinfekte – allergische Rhinokonjunkti-

vitis s Asthma

s Aspiration: oft Kinder 1 bis 3 Jahre

s inhalative Intoxikation: Un- fälle, Brände

Erkrankungen der Lungen/

der Pleura s Lungenembolie s Pneumothorax Extrapulmonale Ursachen s kardiale Erkrankungen mit

akuter Lungenstauung

Erkrankungen der Atemwege s postvirale Rhinosinusitis

s postinfektiöser Husten mit vorüberge- hender bronchialer Hyperreagibilität s Pertussis, Adenoviren- oder Mykoplas-

meninfekt

Erkrankungen der Lungen/der Pleura s Pneumonie

s Pleuritis

Erkrankungen der Atemwege/der Lungen s Erkrankungen der oberen Atemwege s chronische nicht obstruktive Bronchitis, COPD s eosinophile Erkrankungen: Asthma, NAEB s Lungentumoren

s obstruktives Schlafapnoesyndrom s Infektionen, z. B. Tuberkulose s diffuse Lungenparenchymerkrankung Systemerkrankung/Lungenbeteiligung s inhalative Ereignisse (Aspiration, RADS) s Bronchiektasen, Bronchomalazie s zystische Fibrose

s seltene lokalisierte Erkrankungen des Tracheo- bronchialsystems

Extrapulmonale Ursachen

s gastroösophageale Refluxkrankheit

s medikamentös ausgelöster Husten: z. B. ACE- Hemmer

s kardiale Erkrankungen – alle mit Lungenstauung – Endokarditis

Chronischer idiopathischer Husten nach (1)

COPD: chronisch obstruktive Lungenkrankheit (chronic obstructive pulmonary disease), RADS: «reactive airways dysfunction syndrome», ACE: «angiotensin- converting enzyme», NAEB: nicht asthmatische eosinophile Bronchitis

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äusserst subjektiv. Häufig werde ein Reizhusten vom Pati- enten als «Verschleimung» wahrgenommen – eine Folge der Hypersensitivität der Hustenrezeptoren. Eine strikte Unter- scheidung der beiden Hustenformen sei letztlich auch the- rapeutisch wenig bedeutsam, so die Autoren. Lediglich die angewandten Techniken der physiotherapeutischen Atem- therapie unterscheiden sich bei produktivem und nicht pro- duktivem Husten. Die meisten Patienten, die wegen Husten den Arzt konsultieren, leiden unter Husten mit geringen Sekretmengen (bei akuten Atemwegsinfektionen) bezie- hungsweise unter einem unproduktiven Reizhusten (z. B.

bei Asthma oder Lungenparenchymerkrankungen).

Bei eindeutigen Hinweisen für einen Erkältungshusten be- ziehungsweise nach Abklärung der Hustenursache, um ge- gebenenfalls kausal behandeln zu können, ist eine sympto- matische Therapie empfehlenswert. Husten ist bei viralen Atemwegsinfekten häufig das am meisten störende und auch das am längsten anhaltende Symptom. Ein akuter Virusinfekt des Atemtrakts mit Husten dauert durch- schnittlich 2 Wochen. Viele Patienten leiden erheblich unter Husten, vor allem unter nächtlichem Husten, und haben eine deutlich eingeschränkte Lebensqualität. Medikamen- tös kann die Symptomatik gemildert und die Hustendauer verringert werden. Für mehrere Phytotherapeutika, Dex- tromethorphan und Ambroxol konnte in randomisierten

kontrollierten Studien (RCT) bei Patienten mit akuter Bronchitis eine Verkürzung der Dauer und/oder die Sen- kung der Intensität des Hustens belegt werden.

Häufig werden Patienten mit akutem Husten aufgrund ei- nes Erkältungsinfekts nach wie vor mit Antibiotika behan- delt, obwohl diese Behandlung nicht zielführend ist. Auch Husten mit grünlich verfärbtem Auswurf ist kein eindeuti- ges Kriterium für einen bakteriellen Superinfekt. Antibio- tika sollten bei Erkältungshusten nur nach strengen Krite- rien eingesetzt werden. Etwas grosszügiger können Antibiotikaverordnungen nach Ansicht der Leitlinienauto- ren bei Älteren und Risikopatienten mit Komorbiditäten erfolgen.

Eine symptomatische Therapie kommt ausser bei Atem- wegsinfekten auch bei chronisch refraktärem und chro- nisch idiopathischem Husten infrage, wenn die gezielte Therapie erst verzögert den Husten lindert oder auf Husten nur einen unzureichenden Effekt hat.

Zwei Wirkprinzipien

Die medikamentöse symptomatische Therapie bei Husten stützt sich laut Leitlinie auf 2 Prinzipien:

s «protussiv», d. h. expektorationsfördernd: Expektoran- zien (z. B. Ambroxol, N-Acetylcystein, verschiedene Phytopharmaka) erhöhen das Sekretvolumen, verrin- Patient mit

akutem Husten

Anamnese, körperliche Untersuchung

Alarmzeichen bedrohliche

Befunde

Infekt?

Hinweis auf bak- teriellen Infekt?

sofortige weiter- führende Dia- gnostik/Therapie

Exazerbation chronischer Er- krankungen (Asthma, COPD,

Bronchiektasie)

ggf. weiterfüh- rende Diagnos- tik/Therapie ja

ja ja

ja

nein nein

Alarmzeichen

s Hämoptoe (z. B. Lungenembolie) s Ruhedyspnoe

s Heiserkeit

s Verdacht auf Pneumonie

s Verdacht auf Tbc s Fieber ≥ 38,5 °C s Zyanose

s akute Herzinsuffizienz

s Raucher ≥ 35 Packungsjahre) s akute Intoxikation durch

inhalative Noxen – akute virale Bronchitis

– Rhinosinusitis (viral, allergisch) – Pharyngolaryngitis

– Erkältungsinfekt 1

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Abbildung: Algorithmus akuter Husten inklusive Alarmzeichen (COPD: chronisch obstruktive Lungenerkrankung, Tbc: Tuberkulose)

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gern die Viskosität des Sekrets und fördern damit die bronchiale Reinigung. Sie erleichtern dadurch das Ab- husten und können die Beschwerden subjektiv bessern.

Die Elimination des Sekrets entlastet die Hustenrezepto- ren und lindert dadurch den Hustenreiz.

s «antitussiv», d. h. hustendämpfend: Zur Stillung des Hustenreizes gibt es eine ganze Reihe von Medikamen- ten. Diese können einen hustenstillenden Effekt entwe- der über eine Beeinflussung peripherer Hustenrezepto- ren oder über eine zentralnervöse Dämpfung des Hustenreflexes erzielen.

In der Praxis werden beide Therapieprinzipien oft parallel eingesetzt, abhängig auch von den Grunderkrankungen der Patienten. Die Förderung der Expektoration ist das zentrale Prinzip bei Erkrankungen mit Sekretretention, zum Beispiel bei chronischer hypersekretorischer Bronchitis, höhergradi- ger chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD)

oder Bronchiektasen. Antitussiva sollten bei Patienten mit diesen Erkrankungen nur zurückhaltend eingesetzt werden, zum Beispiel zur Dämpfung eines nächtlichen Hustens in Kombination mit Expektoranzien tagsüber. Domäne der antitussiven Therapie sind Patienten mit unproduktivem Husten oder mit nur geringer Sekretbildung, zum Beispiel bei akuten Atemwegserkrankungen oder Lungenparen- chymerkrankungen.

Expektoranzien bei akuter Bronchitis

Am häufigsten werden Expektoranzien bei der akuten vira- len Bronchitis eingesetzt, obwohl meist keine Sekretreten- tion vorliegt. In präklinischen Studien zeigten jedoch viele Expektoranzien, darunter Phytotherapeutika oder die in Deutschland gebräuchlichsten chemisch definierten Einzel- substanzen Ambroxol und N-Acetylcystein, zusätzliche antientzündliche oder antioxidative Effekte, die die klinisch beobachtete Wirkung erklären könnten.

Substanzen mit evidenzbasierter Wirkung sollten für die sym- ptomatische Therapie bevorzugt werden, wird in der Leitli- nie betont. Die Empfehlung für Ambroxol basiert auf einer plazebokontrollierten, klinischen Studie mit insgesamt 676 Patienten mit akuter Bronchitis. Die Patienten wurden über einen Zeitraum von 2 Wochen mit verschiedenen Wirkstof- fen oder Plazebo behandelt. In allen 4 Behandlungsgruppen besserte sich die Symptomatik, allerdings war der Rückgang in der Plazebogruppe langsamer und weniger vollständig als in den Verumgruppen. Auf Ambroxol (3-mal täglich 30 mg an den ersten 3 Tagen, danach 2-mal täglich 30 mg) hatten an Visite 2, nach 1-wöchiger Therapie, signifikant mehr Pa- tienten angesprochen als auf Plazebo (89,6 vs. 77,3%; p <

0,05). Auch subjektiv gaben viele Patienten nach Selbstme- dikation eines akuten Hustens, zum Beispiel mit Ambroxol, eine günstige Wirksamkeit an.

Positive Daten zur Wirksamkeit bei Erkältungshusten aus RCT liegen ausserdem für einen in Grossbritannien einge- setzten Hustensirup mit Diphenhydramin, Ammonium- chlorid und Levomenthol sowie für mehrere Phytothera- peutika vor, darunter Präparate aus Efeu, Cineol, Myrtol, Pelargonium sidoides sowie die Kombinationspräparate Efeu und Thymian sowie Primeln und Thymian.

Antitussive Therapie

Hustenstiller können bei Bedarf vorübergehend eingesetzt werden, wenn es keine (Erkältungsinfekt, akute virale Bron- chitis) oder keine schnell und effektiv wirkende kausale The- rapie gibt. Neben Medikamenten, die durch lokale Wirkung die Hustenrezeptoren im Pharynx beeinflussen («Demulzen- zien» = Hustensirups bzw. Lutschtabletten mit pflanzlichen Wirkstoffen wie Spitzwegerich, Isländisch Moos, Eibisch- wurzel), oder schleimhautabschwellenden Pharmaka werden in der Praxis häufig zentral wirkende Antitussiva aus der Gruppe der Opiate eingesetzt, die über eine Bindung an µ-Re- zeptoren im Hirnstamm wirken. Bei quälendem Reizhusten ohne produktive Hustenkomponente können Opiate wie Kodein oder Dihydrokodein gemäss Leitlinie unter Berück- sichtigung der Nebenwirkungen (Atemdepression, Sedie- rung, Obstipation, Suchtpotenz) verordnet werden. Ein- schränkend erwähnen die Autoren, dass Kodein bei akutem Erkältungshusten nicht besser wirksam sei als Plazebo. Eine Tabelle 2:

Die häufigsten hustenauslösenden Medikamente

Medikament Anmerkung

ACE-Inhibitoren

(Klasseneffekt) Sensitivität des Hustenreflexes nimmt zu

Amiodaron verursacht Alveolitis

Betablocker bei Husten als Asthma-

äquivalent Methotrexat, Bleomycin,

Mitomycin C, Busulfan, Checkpoint-Inhibitoren

lungentoxische Chemo- und Immuntherapien

Gliptine

Inhalatives Kortikosteroid (ICS) (Dosieraerosol und Pulver- inhalator oder aus elektri- schen Verneblern)

Nach Einsetzen der ICS-Wirkung bei Asthma kann sich der durch Inhalation ausgelöste Husten bessern. Mancher Patient spricht wegen der protussiven Wirkung des ICS, die eine Deposition ver- hindert, nur auf eine systemische Kortisontherapie an.

Weitere inhalative Medika- mente: ß2-Adrenergika, Ipra- tropium, Tiotropium, Nedo- cromil, DNCG, Pentamidin, Sekretolytika, Zanamivir Systemisch verabreichte Sekretolytika

Interferon alpha 2b und alpha 2a

Fentanyl-i.v.-Applikation bei

Anästhesie i.v. Applikation bei Anästhesie Mycophenolat-Mofetil

nach (1)

ACE: «angiotensin converting enzyme», DNCG: Dinatriumcromoglikat (Cromoglicin- säure)

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Ausnahme unter den Opiaten stellt in dieser Indikation Dex- tromethorphan dar. Die Wirksamkeit von Dextromethor- phan, das zusätzlich einen peripheren Wirkmechanismus hat, konnte in einer klinischen Studie belegt werden. Dextro- methorphan kann auch bei Erkältungshusten für die Dauer von etwa 7 Tagen verordnet werden.

Einigen Nichtopiat-Hustenstillern wird ebenfalls eine zen- trale Wirkung zugeschrieben, darunter pflanzliche Arznei- mittel (Thymian, Efeu, Primel, Eukalyptus, Spitzwegerich, Drosera, Wollblumen) sowie die Wirkstoffe Pentoxyverin, Levodropropizin und Benproperin. Die Evidenzlage zu ih- rer klinischen Wirksamkeit ist uneinheitlich. Auch anti- cholinerg wirksame H1-Antihistaminika der 1. Generation (z. B. Chlorphenamin und Triprolidin [in der Schweiz nicht im Handel], als Bestandteil von Kombinationspräparaten erhältlich) besitzen eine zentrale antitussive Wirkung.

Interessanterweise wirken selbst potente inhalative Korti- kosteroide nur bei der eosinophilen Bronchitis und bei all- ergischem beziehungsweise nicht allergischem Asthma (ein- schliesslich Husten als Asthmaäquivalent) hustenstillend.

Prognose und Verlauf

Nach 4 Wochen sollten Patienten gefragt werden, ob der Husten abgeklungen ist. Persistiert der Husten nach einem akuten Infekt der oberen/unteren Atemwege länger als 2 bis 3 Wochen, kann ein postinfektiöser Husten vorliegen. Auch ein subakuter Husten ist meistens postviraler Genese, hält in der Regel nicht länger als 8 Wochen an und heilt meistens spontan. Neben Adenoviren zählen auch Mycoplasma pneumoniae und Chlamydophila pneumoniae zu den Ursa- chen verzögert verlaufender Bronchitiden. Auch an Keuch- husten sollte bei anhaltendem Husten gedacht werden, ins- besondere bei erwachsenen Patienten, die beim Husten erbrechen. Die Ursache des postinfektiösen Hustens mit persistierender Entzündung oder bronchialer Hyperreagi- bilität ist nach Aussage der Leitlinienautoren nicht eindeu- tig geklärt. Plausibel erscheint es jedoch, dass die durch den jeweiligen Erreger ausgelöste Epithelschädigung zu einer Offenlegung und Reizung von Irritant-Rezeptoren der Bronchialschleimhaut führt. Die persistierende Entzündung des postinfektiösen Hustens spricht gemäss Leitlinie auf inhalative Kortikosteroide an, insbesondere wenn Patienten in dieser Krankheitsphase eine erhöhte Konzentration von FeNO (fraktioniertes exhaliertes Stickstoffmonoxid) in der Atemluft aufweisen.

Atemphysiotherapie

Die Domäne der Atemphysiotherapie ist in erster Linie pro- duktiver Husten mit dem Ziel der Sekretelimination. Aber auch bei unproduktivem Reizhusten kann eine Atemphysio- therapie zur besseren Hustenstillung sinnvoll sein. Im am- bulanten Bereich sollten die Patienten durch auf diese The- rapieform spezialisierte Physiotherapeuten geschult werden.

Weiterführende Diagnostik bei anhaltendem Husten

Bessert sich ein Husten nicht, müssen Grunderkrankungen ausgeschlossen werden, die mit einem chronischen Husten einhergehen. Gegebenenfalls sollten vor der weiteren Dia- gnostik Medikamente probatorisch abgesetzt werden, die

Husten auslösen können (Tabelle 2). Etwa 10 Prozent aller Frauen und 5 Prozent der Männer, die mit einem ACE-Hem- mer (ACE = angiotensin-converting enzyme) behandelt werden, klagen über Husten. ACE-Hemmer blockieren den Abbau von Bradykinin und Substanz P sowie von Prosta- glandinen in der Bronchialschleimhaut und erhöhen da- durch die Sensitivität des Hustenreflexes. Der für eine ACE-Hemmer-Therapie typische trockene Husten kann bereits wenige Tage oder erst Monate nach Beginn der The- rapie auftreten und klingt innerhalb von 4 bis 21 Tagen nach dem Absetzen der Medikamente wieder ab. Falls der chronische Husten spätestens 3 Wochen nach Absetzen nicht sistiert, ist eine weiterführende Diagnostik einzulei- ten.

Durch eine Röntgenthoraxaufnahme und eine Lungenfunk- tionsprüfung können die häufigsten Ursachen eines chroni- schen Hustens abgeklärt werden: COPD, Asthma, Lungen- tumoren, Tuberkulose, Aspiration, Lungenparenchym- erkrankungen. Sind die Befunde nicht richtungsweisend, sollte an eine Erkrankung im Bereich der oberen Atemwege (z. B. Rhinokonjunktivitis), an gastroösophagealen Reflux und an Husten als Asthmaäquivalent gedacht werden. Eine bronchiale Hyperreagibilität kann zum Beispiel per Metha- cholinprovokationstest nachgewiesen werden. Werden sol- che Erkrankungen festgestellt und adäquat behandelt, sollte sich auch der Husten bessern. Ist dies nicht der Fall, wird von einem chronisch refraktären Husten gesprochen. Ursa- che ist auch hier eine erhöhte Sensitivität des Hustenrefle- xes, gehäuft betroffen sind Frauen in mittleren Jahren.

Die chronische Bronchitis, unter der vor allem Raucher leiden, ist eine Ausschlussdiagnose. Bei Nichtrauchern kann die Diagnose gestellt werden, wenn eine Exposition mit Schadstoffen vorliegt, zum Beispiel am Arbeitsplatz. Ist der diagnostische Algorithmus ausgeschöpft und wurde keine Ursache gefunden, spricht man vom chronisch idiopathi- schen Husten (CIC). Bei etwa jedem fünften Patienten mit chronischem Husten, ebenfalls gehäuft Frauen, kann keine eindeutige Ursache gefunden werden. Oft wird von den Betroffenen eine jahrelang zurückliegende Erkältung als Beginn angegeben. Ein CIC sollte differenzialdiagnostisch vom somatischen Hustensyndrom (früher psychogener oder habitueller Husten) und vom Husten-Tic abgegrenzt werden. Jeder Patient, bei dem der Husten trotz aller dia- gnostischen Anstrengungen ungeklärt bleibt, sollte nach Empfehlung der Leitlinie bronchoskopiert werden.

PD Dr. med. habil. Kai-Michael Beeh Institut für Atemwegsforschung GmbH D-65187 Wiesbaden

Interessenlage: Der Autor hat keine Interessenkonflikte deklariert.

Dieser Artikel erschien zuerst online auf dem CME-Portal von «Der Allge- meinarzt». Die leicht bearbeitete Übernahme erfolgt mit freundlicher Ge- nehmigung von Verlag und Autor.

Literatur:

1. Kardos P et al.: DGP-Leitlinie «Diagnostik und Therapie von erwachsenen Patienten mit akutem und chronischem Husten», Update 2019. Pneumo- logie 2019; 73: 143–180.

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Referenzen: 1 www.swissmedicinfo.ch, abgerufen am 04.12.19. | 2 Kemmerich B. et al.: Arzneim.-Forsch. / Drug Res. 57, No. 9, (2007) 607-616. | 3 Kemmerich B. et al.: Arzneim.-Forsch. / Drug Res. 56, No. 9, (2006) 652-660. | 4 Seibel et al.: European Respiratory Journal 48, No. 60, (2016). | 5 Seibel et al.: Phytomedicine 22, No. 13, (2015) 1172-1177.

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