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(1)I\) in indonesischen Sprachen* Von Hans Kähleb, Hamburg Ausdrueksformen des Denkens kann man durch die sprachpsycho¬ logische oder durch die morphologische Analyse erschheßen

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(1)

I\)

in indonesischen Sprachen*

Von Hans Kähleb, Hamburg

Ausdrueksformen des Denkens kann man durch die sprachpsycho¬

logische oder durch die morphologische Analyse erschheßen. Denn jede

Sprache ist der Ausdruck einer bestimmten geistigen Haltung und sozi¬

alen Organisation, die mit der ahgemeinen Beschaffenheit der betreffen¬

den Gruppe oder Vöhcerschaft zusammenhängt. Ich möchte hier kurz

emige Ergebnisse sprachpsychologischer und morphologisch-syntakti¬

scher Untersuchungen über Sprachen des indonesischen Raumes mit-

teUen. Dabei ist es unvermeidhch, daß sich die ersteren gelegenthch mit

Ergebnissen überschneiden, die R. Bbandstettbb in seinen bekannten

Monographien publiziert hat, welche unter dem Titel Wir Menschen der

indonesischen Erde zusammengefaßt sind.

Ausgangspunkt für die zusammenhängende Rede in Sätzen ist das

Wort. Ein großer Teü der Dingwörter, die relativ unveränderhche Sümes-

eindrücke aus der Umwelt unabhängig vom Zeitfaktor bezeichnen, weisen

auf das konkrete,eideti8che Denken der Indonesier. — Lebewesen und

Dinge werden oft nach einem hervorragenden Merkmal benannt. Eigen¬

namen von Personen haben, soweit es sich nicht um arabische oder (wie

vor ahem auf Java) um Sanskrit-Namen bzw. solche mit Sanskrit-Ele¬

menten handelt, häufig konkrete Bedeutung, z. B. neu javanisches si

Burik der Pockennarbige, si Gundul der Kahle. Dm-ch das vorgefügte si

ist angedeutet, daß es sich um eine Person handelt. — Bisweüen tragen

Personen die Namen von Dörfern, Flüssen, Bergen oder Pflanzen (bei

den Toradjas von Celebes)^, oder sie werden benannt nach der letzten

Handlung der Mutter vor der Geburt (auf Halmahera) 2.

Minangkabau' „Krebs, Landkrabbe" ist „die auf Händen und Füßen

1 Nach einem anläßlich des 12. Orientalistenkongresses im Juli 1952 in

Borm gehaltenen Vortrag. .. An Transkriptionszeichen sind hier verwendet:

3 für den Murmelvokal (Papa<); eü für das „lange Papat" ; ,j für den Velar-

nasal; < (nach O. Dempwolff) für den weichen, ' für den festen Vokalem¬

und absatz. Diphthonge sind durch emen Bogen unter beiden Vokalen be¬

zeichnet.

* Nach J. H. F. Kohlbruoge, Naamgeving in Insulinde. Bijdr. 52, S.

140/78.

3 QueUen: J. H. van dek Toorn, Minangkabaicsch-Maleisch-Nederlandsch Woordenboek, und id. Minangkabausche Spraakkunst.

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462 Hans Kahler

Kriechende" {si rayka'); Simalur^ „Katze" ist „die Segehide" {maeal

< * 11umIaealznTJAN.^ lajay Segel), ,, Raubvogel" ist „der Schwebende"

{maear) < *ljum/aear} zu UAN. lajay Schweben); Enggano' ,,Eisch" ist

„der zu Angelnde" (e'aiyo zu UAN. kaviljyn; Sunda* „Vieh" ist ,,das Kriechende" (nu k/umjaranday), ein „Insekt, das rückwärts im Sande gräbt und so eine kleine Grube über sich entstehen läßt" wird durch undur-undur

wiedergegeben, das eine Iteration von undur zu UAN. '■undul ,,nach hinten

gehen" darsteUt; Bare'e^ ,, Pferd" ist ,, Ovalgesicht" (to lodjolia); UAN.

k/um/an ,, Motte" ist eigenthch ,,die Fressende" (zu UAN. kan).

Im Mentawai* ist das Wort für „Mann, Gatte" gleichbedeutend mit

„der Echte, der Wahre" (si manteu). In manchen indonesischen Sprachen

wird der Ausdruck ,, Mensch" wiedergegeben durch das Wort für „Pfahl,

Stehen": im Neu javanischen ist z. B. tijar} (UAN. tijay Pfahl) in der

Respektssprache (Kromo) die Entsprechung für woy ,, Mensch" der Fa-

mihärsprache (Ngoko); UAN. diyi' ,, Person, Selbst" findet sich im Bugi (Celebes) als aßiri „Pfahl"; UAN. 'uyay „Mensch" kommt im Ngadju- Dajak (Borneo) in der Form oway für ,, Pfahl" vor; UAN. batay ,,(Baum-)

Stamm" erscheint im Bare'e (Celebes) als wata „(Baum-)Stamm" und

,, Körper, Mensch"; Buh (Halmahera) smat bedeutet sowohl „Mensch"

als auch ,, Stamm"^.

Metaphern werden vorwiegend durch Iteration, d. h. voUständige

Wiederholung des Grundwortes, gebUdet. Durch die Wiederholung deutet

man an, daß statt der einfachen eine ähnhche VorsteUung zu gelten hat.

(Grundvorstehung und neuer Begriff verhalten sich etwa wie Körper

und Schatten.) Die Ähnlichkeit besteht entweder im Aussehen (z.B.

Tobabatak* bonay Garn, Faden, bonay-bonay eine wohlriechende kleine

^ Neich eigenen Aufzeichnungen imd ntich einer bisher unveröffentlichten Grammatik der Simalur-Sprache.

2 UAN. = uraustronesisch (nach O. Dempwolff, Vergleichende Lautlehre

des Austronesischen Wortschatzes, Bd. III : Austronesisches Wörterverzeichnis.

Berlin 1938).

' Siehe H. Kähler, Grammatischer Abriß des Enggano. Z. f. Egb.-Spr. Bd.

XXX. 1940.

* Quellen: S. Coolsma, Soendaneesch-Hollandsch Woordenboek. 1913; H.

J. OosTiNG, Soendasche Grammatica. 1884; J. Kats, Spraakkunst en Taal-

eigen van h.et Soendaasch. 2 Teile.

' Quellen: N. Adriani, Bare'e-Nederlandsch Woordenboek. Leiden 1928;

Spraakkunst der Bare'e-Taal. Verh. Kon. Bat. Gen., Deel LXX.

• Quellen: N. Adriani, Spraakkunstige Schets der Taal der Mentawai-

Eilanden. Bijdr. 84, S. 1/117; M. Morris, Die Mentawai-Sprache. Berlin 1900;

E. Loeb, Mentawai Myths. Bijdr. 85, S. 66/244.

' Siehe N. Adbiani und A. C. Kbüyt, De Bare'e-Sprekende Toradja'a van

Midden-Celebes. Bd. III, S. 307, Anm. 2.

8 Quellen: H. N. van der Tuuk, Tobasche Spraakkunst. Amsterdam 1867.

2 Teüe; J. Wabnbck, Tobabataksch-Deutsches Wörterbuch. Batavia 1906.

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Pflanze, deren Holz weißUch ist wie Garn; malaüsch rumah Haus, rumah-

rumah Puppenliaus), oder im Zweck (z. B. Tobabatak gfod;«Elefant, ga-

dja-gadja Schiebkarre: beide dienen als Transportmittel), oder es handelt

sich umÄhnlichkeit bzw. Gleichheit des Materials (z. B. Tobaba¬

tak hamhir) Ziege, hambirj-hamhir) Tasche aus ZiegenfeU).

Andere Ausdrücke, die sowohl Ding- als auch Tätigkeitswörter um¬

fassen, sind Lautnachahmungen, so z. B. Sunda gagak Rabe, 9mbe

Ziege, sit-intjuwiy Vogelart, kukurujuk krähen; neujavaniscy ddrkuku

Art Wüdtaube, yejoy = mejoy miauen; Ngadju-Dajak^ mejmä meckern,

mum-mum undeuthch sprechen, hihi kichern.

Hierher gehören auch die sogenaimten Verbalinterjektionen, die

entweder zur anschauhchen Untermalung eines geräuschverursachenden,

aber auch eines geräuschlosen Vorgangs dienen, oder die, wie etwa im

Sunda, Vorgangswörter als Prädikat ersetzen, z. B. Ngadju-Dajak

ka-p hawoi kuman schmatzend frißt das Schwein; Sunda: blug Idbuh kana

taneuh plumps fiel (er) vornüber auf die Erde, reup peutiy die Nacht brach

herein.

Vereinzelt dienen auch Eigennamen von Personen, die wegen be¬

stimmter Charakterzüge oder Taten ahgemein bekannt geworden sind, zur

Bezeichnung eben dieser Eigenschaft. Solche Eigennamen werden bis¬

weilen auch als Grundwörter für verbale bzw. andere Ableitungen ver¬

wendet, z. B. Sunda: Rudin „ursprünghch der Eigenname eines Ein¬

wohners von Sukabumi, der nach Bandung floh, nachdem er seinen Be¬

sitz durch Spiel und Opiumrauchen verbraucht hatte", dann auch: „in

Armut verfallen, mittellos sein"; Ngadju-Dajak: Baga „Name einer in

der Vorzeit lebenden sehr unzüchtigen Prau, die das balak (Instrument

zur Selbstschändung) erfunden hat", dient als Grundwort für Weiter¬

bildungen wie: baga-baga = babaga wie Baga, d. h. unsitthch sein, und

ka/baga Unsitthchkeit ; Tontemboan': Agu männlicher Eigenname,

kajagu eine Eigenschaft von Agu (z. B. diebisch, faul sein) in besonderem Maße besitzen.

Unmoderne Wörter werden durch neue ersetzt, die zum Teü Lehn¬

wörter aus Fremdsprachen, zum Teü Lehngut aus benachbarten Dialek¬

ten sind. Sunda tanday ,,Herr" istz. B. ersetzt durch das malaüsche dju-

ragan, sabuk „Leibriemen" durch das aus dem Niederländischen band

„Band" entlehnte ban ; neujavanisches tahsan ,, Fundament" durch das

1 Quellen: P. Jansz, Javaansch-Nederlandsch Woordenboek; Th. Pigeaud,

Javaans-Nederlands Handwoordenboek. Batavia 1938; J. Kats und M. Kobs-

BiN, Spraakkunst en Taaleigen van het Javaansch. Deel 1—3.

2 Quellen: A. Hardeland, Dajacksoh-Deutsches Wörterbuch; Versu/ch

einer Qram/rthatik der Dajackschen Sprache.

^ Nach J. A. T. Schwarz, Tontemboanseh-Nederlandsch Woordenboek.

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464 Hans Kähleb

aus dem Niederländischen fundament entlehnte panddmen. Lehnwörter

für neue, bisher unbekannte VorsteUungen und Begriffe aus Fremd¬

sprachen werden dabei weitgehend mundgerecht gemacht, d. h. den für

die entlehnende Sprache geltenden Strukturgesetzen angepaßt.^ Das

führt bisweUen so weit, daß das ursprünghche Wort kaum wiederzuer-

keimen ist, so z. B. in der Bahasa Indonesia bei arben „Erdbeere(n)", das auf niederländisches aardbeien zurückgeht.

Die Bahasa Indonesia, die ,, indonesische Sprache", d. h. die offizieUe

Sprache in der Republik Indonesien, ist ein neuzeithches Beispiel für die

bewußte Modernisierung einer indonesischen Sprache. Sie basiert in

ihrer Grammatik (abgesehen von einigen HoUandismen) auf dem Hoch-

malaüschen, aber in ihrep Wortschatz dringt immer mehr Lehngut aus

dem Niederländischen imd damit z. B. auch aus dem Lateinischen und

Griechischen ein, u. zw. in erster Linie für wissenschaftliche und tech¬

nische Ausdrücke [z. B. tumor Geschwulst, Hlmu fisilc Physik (-Wissen¬

schaft), wo Hlmu Lehnwort aus dem Arabischen ist]. Die Massenüber¬

nahme von Lehngut ist dadurch bedingt, daß man auch sprachhch den

Anschluß an westhche Wissenschaft und Technik erstreben wih und muß,

vor ahem, weü man die Bahasa Indonesia zur Sprache des modemen

Unterrichts in der Republik machen wih. Es besteht aherdings die Ge¬

fahr, daß die breite Masse des Volkes und der Kreis der IntehektueUen

auf diese Weise zwei ihrem Wortschatz nach weit voneinander entfernte

Sprachen haben werden. Erst die folgenden Generationen werden den

jetzt klaffenden Gegensatz ,,alte und neue Generation" auch auf sprach¬

lichem Gebiet überbrücken und beseitigen können.

Bei der Übernahme von Lehngut, aber auch bei ahgemein-indonesischen

Wörtern innerhalb der Einzelsprachen, tritt oft Bedeutungswandel

auf, der sich am häufigsten als Bedeutungserweiterung manifestiert.

Bei ihr wird der ursprünghch vorwiegend auf bestimmte konkrete Vor¬

steUungen begrenzte Anwendungsbereich nach dem Prinzip der Ähnhchkeit

auf analoge Vorstehungen des Abstrakten oder Psychischen bzw. auf

andere konkrete Dinge übertragen. (Man kennt nämhch im aUgemeinen

nur die VorsteUungswelt des sinnhch Wahrnehmbaren, in die dann auch

ahes das einbezogen wird, was außerhalb dieser Welt des Seins und Han¬

delns hegt). Dabei wird bisweilen die ursprünghche Bedeutung vöhig

verdrängt. Die Ähnlichkeit karm manifest oder komphzierter Natur sein.

Das mögen folgende Beispiele zeigen: mahal bedeutet im Malaiischen

,, teuer, selten sein", im Ngadju-Dajak ,, selten, mühsam sein" ; malaiisches radjin „fleißig sein" bedeutet im Ngadju-Dajak ,, gern, wilhg, mit Freude" ;

malaüsches mdmjbuka „öffnen" ist gleich Ngadju-Dajak mamjbuka ,,be-

1 Siehe die Ausfiihrungen bei E. M. Uhlenbeck, De Structuur van het

Javaanse Morpheem. Verh. Kon. Bat. Gen., Deel LXXVIII 1949, S. 71/79.

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kanntmachen, verkünden"; malaüsches tanduk „Horn, mit den Hörnern

stoßen" ist gleich Ngadju-Dajak tandok „Horn; das Stoßen mit den Hör¬

nern", aber auch ,,das Geschröpftwerden (mit Ziegenhörnern); Macht,

Ansehen" ; malaiisches pipi „Wange" bedeutet im Ngadju-Dajak „Wange,

Backe, Ufer an der Mündung emes Flusses"; malaüsches dasar „Fu߬

boden, Basis" bedeutet im Sunda „Boden, Natur, Charakter"; Sunda

'paok ist „Raubvogel", aber auch „Dieb, der bei Tage stiehlt" ; Tobabatak hole ist „bataksches Ruder", aber auch „inneres Flügelpaar bei Insekten", gamat ist „Pflanze, die zum Färben dient", und „Lüge".

Bedeutungsein engung ist weit seltener anzutreffen. Bei ihr wird aus

einem weiteren Begriffsirüialt ein Merkmal herausgegriffen, das dann

ausschheßheh die neue Bedeutung ergibt. Im Tobabatak ist hadja em

,,Baum, aus dessen Saft man eine schwarze Farbe bereitet"; badja ist

daim aber auch nur dieser schwarze Saft selbst. Im Tontemboan bedeu¬

tet saZam „Mohammedaner, Islam"; ma/sdlam hat die Bedeutung „Mo¬

hammedaner sein" und ,,sich irgendeiner Sache enthalten" (ursprünghch

ist damit die Enthaltung der Mohammedaner vom Genuß starker Ge¬

tränke und Schweinefleischs, vermuthch auch das Fasten gemeint). Das

arabische Wort sunna bedeutet wörthch „Weg, Weise, das Betragen";

die sunna gibt Mohammeds Handlungsweise in Form der Überheferung

{hadith) wieder. Das auf dieses sunna zurückgehende malaiische Wort

sunat hat in Indonesien vorwiegend die Bedeutung ,, beschneiden" an¬

genommen.^ — Vereinzelt ergibt sich eine speziehe Bedeutung daraus,

daß etwa Ausrufe, die bei bestimmten Situationen gebraucht werden,

Bezeichnimg für diese Haltung selbst werden. So ist z. B. der erste Teü

des mohammedanischen Glaubensbekenntnisses in Indonesien im aU¬

gemeinen bereits stark profaniert. Man hört ihn oft in verstümmelter

oder verkürzter Form als Ausruf des Staunens oder im Falle von Gefahr.

Deshalb haben die nicht-mohammedanischen Toradjas (Celebes), die in

der Nähe des Strandes ansässig sind, sogar ein neues Verb daraus gebü¬

det, nämhch: molilala=ilala sagen = sich wundem*.

BisweUen kommt es vor, daß fremde Völkerschaften oder Dinge nach

oft gebrauchten Redewendungen oder nach einer zufälhgen Äußerhchkeit

benannt werden. In Süd-Celebes werden Franzosen z. B. im Makassar als

didot) bezeichnet nach dem von ihnen so häufig gebrauchten Ausdruck

dis done l^. In Zentral- Celebes werden die Dialekte und Sprachen der ver-

1 Herr Dr. Roemee machte mich freundhcherweise darauf aufmerlisam,

daß das entsprechende sünnet auch im Türkischen „Beschneidung" bedeutet.

Diese Bedeutungsmodifizierung ist also lücht auf Indonesien beschränkt.

^ Nach N. Adbiani und A. C. Kbuyt, De Bare'e-Sprekende Toradja's van

Midden-Celebes, Bd. I, S. 325.

3 ib. Bd. III, S. 2.

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456 Hans Kähueb

schiedenen Stämme nach der von ihnen gebrauchten Negation benannt.

Denn „nein" ist ein oft gebrauchtes Wort, und die Negationen sind in

diesem Gebiet sehr verschieden voneinander^. Im Mori (Celebes) wird

die Zigarette mit horosee bezeichnet, das die entstellte Aussprache des

enghschen Wortes horse ,, Pferd" ist. Man nannte die Zigarette nach der

auf der Packung abgebildeten Marke, die ein Pferd darstellte^.

Bisweüen wird ein Importartikel nach dem Lande seiner Herkunft

benannt, so z. B. im Tobabatak, wo siam ,, eingesalzener Fisch" bedeutet,

weil solche aus Siam eingeführt wurden.

Wenn man sich nicht mehr des Ursprungs eines Lehnwortes bewußt

ist, büdet man nach Analogie und durch Reinterpretation bisweüen

Grundwörter, die etymologisch-sprachvergleichend nicht bestehen: das

malaüsch-arabische Wort für ,, Stern" lautet z. B. nudjum (im Arabi¬

schen Plural zu nadjm) ; bei den Ngadju-Dajak hat nun tudjum die Be¬

deutung ,, Vorhersagen, Prophezeien (aus den Sternen)". Man hat hier

die Form tudjum gebildet, weil n bei der Pränasaherung die Entspre¬

chung für anlautendes t des Wortstammes ist. (Bei der Pränasalierung

werden bestimmte anlautende Konsonanten durch homorgane Nasale

ersetzt). Ngadju-Dajak tayoi ,, schwimmen" ist eine reinterpretierte

Form zu UAN. larjuj, das im Ngadju-Dajak über *nayuj zu *nayoi ge¬

worden ist (mit Assimüation des anlautenden l an den folgenden Velar¬

nasal y) ; dann hat man auch hier n- als Pränasalierung von anlautendem

t angesehen und so einen Wortstamm tayoi gebüdet. Im Sunda ist der

Stamm riksa, in yalriksa „genau prüfen, sorgen für", neben pariksa ent¬

standen, weü man die erste Silbe pa des Sanskritwortes pariksä ,, Prü¬

fung", auf das beide zurückgehen, als Präfix ansah, das Nomina büdet'.

Es handelt sich dabei also oft um komphzierte volkstümhche Etymolo¬

gien*.

In anderen Fähen sind Lehnwörter durch Mischung lauthch entsteht.

So darf man z. B. nach J. Gonda* annehmen, daß sutra des Literatur-

Javanischen, das neben suta ,,Sohn, Kind" (< Sanskrit suta- Sohn) vor¬

kommt, das eingefügte r dem Einfluß des Synonyms putra < Sanskrit

putra- ,,Sohn," das jetzt Wort des Kromo inggil (Respektssprache) ist,

zu verdanken hat.

Durch das Eindringen von Lehngut für Vorstehungen, für die in der

entlehnenden Sprache bereits eigene Wörter vorhanden sind, entstehen

Synonyma. Sie werden nebeneinander gebraucht, bis sich eventuell das

1 Nach N. Adriani mid A. C. Kbuyt, De Bare'e-Sprekende Toradja's van

Midden-Celebes, Bd. III, S. 2

2 Nach S. J. Esser, Klank- en Vormleer van het Morisch. Bd. I, S. 70.

3 Nach J. Gonda, Sanskrit in Indonesia. Nagpur 1952. S. 290.

* ibid. S. 284. » ibid. S. 281.

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neue Wort völlig durchsetzt, so daß das eigene Wort dafür archaisiert

und schheßhch ganz aus der Sprache verschwindet. So erhielt z. B. um

1860 das Kahaian-Wort anjam „Ansicht, Meinung" Bürgerrecht neben

dem Pulopetak-(d. h. Ngadju-Dajak-)Wort ayaP-. Die Sprache der

Kendajan-Dajak in West Borneo wird immer mehr mit malaüschem

Sprachgut durchsetzt^. Eine ähnhche Entwicklung ist für die zahhei¬

chen anderen indonesischen Dialekte und Sprachen wahrscheinlich, da

die Verbreitung der Bahasa Indonesia weiter zunehmen dürfte.

Synonyma können auch deshalb vorhanden sein, weil das eine Wort

mehr von Männern, das andere mehr von Frauen verwendet wird, so

z. B. im Ngadju-Dajak, wo ka/djoho „Hochmut, Trotz" von Männern,

das gleichbedeutende ka/budjok von Frauen gebraucht wird. Einer von

beiden Ausdrücken pflegt dann meistens Lehngut aus emer benachbarten

Sprache oder aus einem Nachbardialekt zu sein.i

Schließhch hat das Verbot, bei bestimmten Anlässen (wie z. B. Tod,

Jagd, Suche nach Kampfer usw.) gewisse Wörter der Umgangssprache

zu gebrauchen, in zahlreichen Sprachen von Indonesien zum Bestehen

von sogenannten Sondersprachen geführt, so etwa die Sasahara der

Sangiresen' oder die verschiedenen Sondersprachen der Tobabatak*. Diese

nicht ganz treffend als Sondersprachen bezeichneten Idiome unter¬

scheiden sich meistens nur durch einen bestimmten Wortschatz, und nur

ganz vereinzelt in ihren Formantien von der Umgangssprache. Das Ver¬

bot, gewisse Ausdrücke bei bestimmten Anlässen zu verwenden, beruht

im aUgemeinen auf der VorsteUung, daß man Wort und Benanntes (Vor¬

stellung) identifiziert. Wenn man daher eine Person oder ein Lebewesen

nennt, meint man, sie herbeizurufen. Daraus erklärt sich die Abneigung,

Personen oder schädliche Tiere beim Namen zu neimen, und der Namens¬

wechsel (z. B. bei Krankheit, TodesfäUen usw.). In einigen TeUen des

Archipels gibt man Kindern erst spät einen Namen, oder man spricht

ihn nicht aus, weil man die Geister irreführen und die Kinder vor Krank¬

heit bewahren will*. Bei einigen Völkerschaften güt ein Kind erst dann

als selbständiges Wesen, wenn es einen Namen erhalten hat.*

Besonders sei noch daraufhingewiesen, daß auch die Umwelt, Inder

ein Volk wohnt, Einfluß auf die sprachliche Ausdrucksweise hat. Da z.B.

die Ngadju-Dajak auf Borneo ein VoUt sind, das vor allem auf die zahl-

A. Hareland, Versuch einer Orammatik der Dajackschen Sprache, S. 62.

2 Siehe P. D. Dunselman, Bijdrage tot de Kennis van de Taal en Adat der

Kendajan Dajaks van West-Borneo. Bijdr. 105, S. 60/105, 147/218, und Bijdr.

106, S. 321/373 und Bijdr. 108, S. 62/68.

3 Siehe N. Adriani, Sangireesche Spraakkunst. Leiden 1893, S. 53/65.

4 Siehe H. N. van der Tuük, Tobasche Spraakkunst. Amsterdam 1867.

s Siehe J. H. F. Kohlbbuggb, Naamgeving in Insulinde. Bijdr. 52, S.

140/78.

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458 Hans Kähleb

reichen Flüsse als Verkehrsmittel angewiesen ist, projiziert man die Was¬

ser- auf die Landverhältnisse. Das äußert sich z. B., wenn man im Nga¬

dju-Dajak sagt: „er hegt tief im Wasser" für ,,er ist schwerbeladen mit

Schulden" (iä sarat awi utay), oder hajsauh ,,vor Anker liegen", aber auch „festgeraten sein" (zu Lande, z. B. im Gestrüpp).

Die enge Naturverbundenheit der Indonesier äußert sich darin, daß

die indonesischen Sprachen für manche Tiere, Pflanzen oder Dinge, auf

die sie angewiesen sind, verschiedene Wörter besitzen entsprechend den

verschiedenen Altersstufen oder den verschiedenen Arten derselben, z. B.

Simda huray Garnele, raroy eine junge Garnele. Dafür fehlen oft eigent¬

liche Oberbegriffe, weil man eben nicht abstrahiert, sondern weil man

sich an konkrete, anschauhche (Einzel-)Bilder und Vorstehungen hält.

Man denkt analytisch und konzentriert die Aufmerksamkeit vorwiegend

auf (besondere) Einzelheiten. So kermt man auch z. B. kein Verb, das

,, tragen" im aUgemeinen bedeutet, sondern indonesische Sprachen be¬

sitzen sehr viele Wörter dafür, von denen jedoch jedes nur eine bestimmte

Art des Tragens wiedergibt, wie ,, auf der Schulter, auf dem Rücken, auf

der Hüfte, auf dem Kopf tragen" usw.

Das konkrete Denken der Indonesier äußert sich ebenfahs bei der

Wiedergabe von Altersstufen der Kinder, bei Zeit- und Maßangaben und

bei der Bezeichnung für psychische Regungen. Altersstufen der Kinder

werden meistens nach deren Bewegungen oder nach sonstigen Verrich¬

tungen benannt, so z. B. im Atjeh: es hegt auf dem Rücken (meulinteuey),

es dreht sich auf die Seite (bale'), es liegt auf Gesicht und Händen (du-

gom), es sitzt (due'), es kriecht (meuaeuj), es steht (doy), es geht (dja'),

es läuft (jste??)^. — Die Bestimmung des Geburtsjahres erfolgt nach

besonders in der Erinnerung haftenden Ereignissen, so z. B. bei den Toba¬

batak nach dem Ausbruch des Krakatau (1883), nach der Ankunft der

Ostindischen Compagnie in den Bataklanden ( um 1860), nach der An¬

kunft des deutschen Missionars Nommensen in SUindung (1864), nach

dem Erscheinen des Haherschen Kometen (1907)*. — Zeit- und Maßan¬

gaben werden, soweit man nicht die arabische (z. B. die Namen der

Wochentage), die indische (z. B. auf Bah) oder die europäische Zeitrech¬

nung oder die europäischen Masse angenommen hat, ebenfahs durch

konkrete Ausdrücke gemacht, z. B. Madura' „eine Betelbissenslänge"

(sa/parmena); Karobatak*" (die Zeit) des StaUens der Ziegen = 15—16

1 Nach C. Snouck Hurgronje, The Achehnese, Bd. I, S. 394.

2 Nach M. JouSTRA, Batakspiegel.

3 Quellen: H. N. Kiliaan, Madoereesch-Nederlandsch Woordenboek. 2

Teile 1904; Madoereesche Spraakkunst. Batavia 1897.

1 Quellen: M. Joustba, Karo-Bataksch Woordenboek. Leiden 1907; Karo-

bataksche Vertellingen. Verh. Kon. Bat. Gen. ; Karo'sehe Taalstudien. Bijdr.

56, S. 508/31 und Bijdr. 59, S. 562/90.

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XJhr" (karay kambit)); Simalur „die Schlafenszeit der Rinder = 19—^21

Uhr" {sa/ineurm' arm' -ana'); Sunda „es rufen die Frösche = gegen 3 Uhr

morgens" (disadaroroykey).—"Psy chische Regungen werden aufgefaßt

als Vitahtätsäußerungen des Herzens (z.B. Sunda panas ati warm ist

das Herz = verbittert, eifersüchtig sein, pdtjah hate zerbrochen ist das

Herz = gebrochenen Herzens, voh Reue sein), selten der Gedanken (z.

B. Sunda pikir geus ipis das Denken ist bereits dünn = kleinmütig, ver¬

zagt sein, wo pikir Lehnwort aus dem Arabischen ist), des Gemüts,

Herzens (TobabatakroÄa), der Leber (Tobabatak ate-ate), der Galle

(Tobabatak pogu), des Bauches (Minangkabau parui')'-, der Einge¬

weide (Enggano ekitai < UAN. tjinjahi').

Aus dem konkreten Denken heraus ist auch zu erklären, daß Raum

und Zeit auf einer Bewußtseinsebene liegen. Das kommt z.B. darin

zum Ausdruck, daß die Demonstrativa ,, dieser" und ,, jener" in zahheichen

Sprachen von Indonesien auch „jetzt" und „damals" bedeuten, und daß

eine Anzahl von Zeitangaben auch durch lokative Präpositionen gemacht

oder mit Wörtern wiedergegeben werden, die eine räumhche Orientie¬

rung bezeichnen, z. B. Sunda hareup „Vorderseite" und ,, Zukunft", heuleut „Zwischeiu-aum" und „Zwischenzeit".

TPräpo sit Ionen werden gern durch Verben bzw. Verbalformen oder

durch Substantive ersetzt, so z. B. das instrumentale „mit" durch „ge-

brauchen(d)" (z. B. Madura (y)ayghuj, neujavanisch yaygo, Sunda nmke

gebrauchen, Rotti^ njenik er gebraucht, wo n- vorgefügtes pronominales

Element für die 3. Pers. Sg. ist); „gegen, wider" durch „(an)tun" (z. B.

Ngadju-Dajak mjawi : yarutum iä mawi tempoe er murrt, es seinem Herrn

antuend = er murrt wider seinen Herrn), , .durch" mit „getan werden"

[z. B. Tobabatak dijbahen, in: talu ibarm dibahen otorm (daß) er imterlag,

wurde von seiner Dummheit getan = er unterlag durch seine Dummheit] ;

das komitative (und oft auch gleichzeitig instrumentale) ,,mit" durch

,, Gefährte" (z. B. malaüsch ddyan, Ngadju-Dajak deyan zu UAN. ddyan;

Karobatak tdmxin, Kendajan-Dajakmaw < Hsnmn; Sichule afeu^; Men¬

tawai saban = sabat), oder durch das Verbum „mitbringen(d)" (z. B.

malaüsch mwfnjbawa, Sunda mawa, neujavanisch mowo); „durch" mit

,,das Tun, das zu Tuende" [z. B. Ngadju-Dajak awi: lewun äwen kahem

awi asay (daß) ihr Dorf zerstört ist, war das Tun von Feinden = üir

Dorf ist von Feinden zerstört worden; Tobabatak „das zu Tuende" =

1 Siehe die Betrachtimgen bei R. Bbaudstetter, Die indonesische und

die indogermanische Volksseele. Luzem 1921, imd Das Herz des Indonesiers.

Luzem 1927.

2 QueUen: J. C. G. Jonker, Rottineesche Spraakkunst. Leiden 1915, und

Mottineesch-Hollandsch Woordenboek. 1908.

^ Nach eigenen Aufzeichnungen.

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460 Hans Kahler

bahenjon: sega ma hauma bahenon ni ari logo (daß) die Äcker zerstört

werden, ist das zu Tuende des trockenen Wetters = die Äcker werden

durch die Trockenheit vernichtet werden].

Auch Ortsangaben werden in manchen indonesisciien Sprachen außer

durch lokative Präpositionen gern durch verbale Ausdrücke gemacht,

z. B. Jamdeniscy, Fordatisch^ ,,sich bewegen nach" usw., malaiisch*

durch Ausdrücke wie mdyhadap erscheinen vor (lalu ia kdmbali mdy-

hadap baginda darauf kehrte er zurück, um vor Seiner Majestät zu er¬

scheinen = darauf kehrte er zu Seiner Majestät zurück), mmjdapatjkan

sich begeben nach, aufsuchen {pdrgi/lah ia mdndapatkan tjahaja er ging,

um aufzusuchen das Licht = er ging auf das Licht zu), mmvdju Kurs

nehmen auf {bdrlajar mdnudju Padang segeln, Kurs nehmend auf Padang

= nach Padang fahren) ; Dairi* mdnjdokjkm sprechen zu (nach den Ver¬

ben des Sagens imd MitteUens) [idi mo kata ni gaman mandokkan bayku

das waren die Worte des gaman (sprechend) zu mir].

In Indonesien spielen die Verwandtschaftsverhältnisse imLeben

seiner Bewohner eine wichtige RoUe. Auch das findet seinen Niederschlag

in der Sprache, z. B. wenn man im Sunda „Pocken von außergewöhnlicher Größe" als „Mutter der Pocken" (indur) batjsar), den ,, Handhaber des

Rechts" als ,, Mutter des Rechts" (indur) hukum) bezeichnet; oder im

Tobabatak ,, Hauptsache" als ,, Mutter der Angelegenheiten" (ina ni

hata), ,,das angesehenste Wort" als ,,das älteste Geschwister" (hatana do

si hahaan sein Wort ist das älteste Geschwister = das angesehenste),

oder im Malaiischen den „Daumen" als ,, Mutter der Hand" (ibutayan), oder im Angkola* ein ,, großes Musikbecken" als ,, Mutter der Gongs"

(oguy inana), ein „kleines Musikbecken" als „Kind des Gongs" (oguy

anukna), oder im Rotti, wo unser „sehr" zur Bewertung einer Eigenschaft

wiedergegeben wird durch nachgestehtes ina, das nach Jonkee mit inak

,, Mutter" zusammenhängt, z. B. matua-ina sehr groß sein, lasi-ina sehr

alt sein.

Ein weiteres Charakteristikum indonesischer Sprachen ist, daß ,,heU"

und ,, dunkel" bei Farbbezeichnungen wiedergegeben wird durch „jung"

bzw. ,,alt", vereinzelt durch ,,reif ", z. B. malaüsch merah mudajung- =hell-

rot, merah tua alt- = dunkebot; Gajö ilay mudö jung- = hehrot (ilay

tasak reif- = dunkelrot) ; Bare'e mawaa mayura jung- = hehrot, mawaa

matüa alt- = dunkehot.

1 Nach P. Drabbe, Spraakkunst der Jamdeenache Taal, Verh. Kon. Bat.

Gen. Deel LXVII, 2^ Stuk 1926.

2 Nach P. Drabbe Spraakkunst der Fordaatsche Taal. ibid., 1" Stuk 1926.

3 Beispiele nach G. van Wijk, Spraakleer der Maleische Taal. 3^ Drult.

Batavia 1909. * Nach H. N. van der Tuuk. Tobasche Spraakkunst.

' Nach H. J. Eggink, Angkola- en Mandailing-Batakach-Nederlandsch Woordenboek. Verh. Kon. Bat. Gen. Deel LXXII, 5" Stuk 1936.

(11)

Der Lebhaftigkeit der Indonesier entsprechend haben deren

Sprachen zahlreiche Interjektionen, welche die Rede lebendiger gestalten

und. zugleich die iimere Anteilnahme des Redenden an einem Ereignis

zum Ausdruck bringen, z. B. neujavanisch: hes, iku sopol ,,he, wer ist

das 1".

In der zusammenhängenden Rede kommt die Lebhaftigkeit auch darin

zum Ausdruck, daß man das Prädikat, meistens noch mit besonderen

Hervorhebungspartikeln versehen, an den Satzbeginn steht. Im Deut¬

schen pflegen wir dann das Prädikat zu betonen (z. B. malaiisch rumah

itu bdsar jenes Haus ist groß, aber: hasarjlah rumah itu groß ist jenes

Haus = jenes Haus ist groß). — Beim Gebrauch von Schimpfwörtern

und Flüchen ist man im aUgemeinen sehr grob, z. B. Simalur: ana' 'o

endear) das Kind eines Schweines bist du!

Das Bestreben der Indonesier nach Kürze des Ausdrucks äußert sich

im Satz durch Fortlassen syntaktischer Bindemittel und der Satzteile,

die zur Genüge aus der Situation bekannt sind. So entstehen bisweUen

Miniatursätze wie Simalur : e'dio, e'dio ; e'de'u, e'de'u (was) für dich (ist, ist) für dich ; (was) für mich (ist, ist) für mich. In solchen Fällen pflegen

Redepausen und Tongebung die syntaktischen Bindemittel zu ersetzen.

Derartige Verkürzungen kommen in lebhafter Rede auch bei Wörtern

vor, z. B. Sunda ,,pass auf, daß nicht. ..!" mayka hade, wird verkürzt

zu kade; ,,Herr", djuragan, wird zu gan; njatu ,, essen" und wawa „mit¬

bringen, mitnehmen" werden kontrahiert zu tuwawa vom Reis oder von

den Leckerbissen, die man vorgesetzt bekam, mit nach Hause nehmen.^

Im Neu javanischen wird zum Beispiel das niederländische dienst ,, Dienst"

je nach dem Grad der Kenntnis des Niederländischen nicht nur als

dirvBs „Dienstzeit, für den Dienst vorgeschrieben (Edeidung), nicht pri¬

vat" gebraucht, sondern auch in den verkürzten Formen din ,,pfhcht-

mäßige Arbeit, Aufgabe" und dis ,, (müitärischer) Dienst, Diensttermin".^

Hier hat sich sekundär eine Bedeutungsmodifizierung und -Spezialisierung

herausgebüdet.

Während der Indonesier also einerseits sehr ökonomisch in seinem

sprachlichen Ausdruck ist, ist er andererseits verschwenderisch, wo es ihm

darauf ankommt, eine Situation so anschaulich und plastisch wie

möghch vor Augen zu führen, z. B. in dem Satz des Sunda: sireum-

sireum teh sakur nu kaparjgih mah dibasmi diruksak von den Ameisen

wurden ahe, die angetroffen wurden, ausgerottet (und) vernichtet. In der

indonesischen Dichtung äußert sich das z. B. im Parahehsmus, so etwa

im Bare'e: pondare tebalindoja, pambola tebalintjulu die Häuser stehen

1 Nach H. J. OosTiNG, Soendasche Grammatica, S. 100.

2 Nach E. M. Uhlenbeck, De Stritctuur van het Javaanse Morpheem,

S. 76/7.

30 ZDMG 104/2

(12)

462 Hans BLähiüb

kopfüber, die Wohnungen stehen auf dem Kopf ^, wo die VorsteUung der

Unordnung mit zwei synonymen Ausdrücken wiedergegeben wird.

Fassen wir die bisherigen Ergebnisse dieser Untersuchung kurz zu¬

sammen, so zeigt sich, daß in indonesischen Sprachen das konkrete

Denken immer wieder zutage tritt: Personermamen, Tier-, Pflanzen- und

bisweUen auch Dingbezeichnungen haben koiUsrete Bedeutung, oder sie

sind nach einem spezifischen Merkmal benannt. Abstrakta sind, sofern

sie nicht etwa aus dem Sanskrit oder dem Arabischen und in heutiger

Zeit aus dem Niederländischen entlehnt sind, meistens diu-ch Bedeutungs¬

erweiterung aus KorUireta entstanden. Das beruht darauf, daß ahes Sin-

nenfäUige und sinnhch Nahe gemeinverständlich ist. Das äußert sich auch

z. B. in der Wiedergabe psychischer Regungen: auch das Innenleben wird

konkret, plastisch empfunden und sprachhch auch so zum Ausdruck

gebracht. Daneben spielen aber auch die Umwelt und die Naturverbun¬

denheit eine wesenthche Rolle bei den Ausdrueksformen des DerUtens.

Dieser Verwurzelung im Anschauhchen steht als Gegenpol der Glaube

an die Wirksamkeit übernatürhcher Kräfte in Form von Geistern und

Dämonen gegenüber. Auch das äußert sich nicht nur im religiösen Brauch¬

tum und in vielen Sitten, sondern auch in der Form von Sondersprachen.

Wenn ich mich nunmehr kurz den Ausdrueksformen in der Morpho¬

logie und Syntax indonesischer Sprachen zuwende, so muß ich mich auch

hier auf einige charakteristische Erscheimmgen aus einer großen FüUe

beschränken.

Bei Aussagen, die aus substantivischem Subjekt (S.) und Prädikat

(P.) oder aus substantivischem bzw. pronominalem Subjekt und quahta-

tivem bzw. verbalem Prädikat bestehen, ist die Wortfolge: Subjekt-

Prädikat oder umgekehrt. Das vorangesteUte S. kann durch Präpositi¬

onen u. a. im Sinne unseres ,,was. . betrifft" hervorgehoben werden.

Andererseits hat die Voranstehung des P. dessen Hervorhebung zur

Folge, es karm durch Anfügung von Partikeln (z. B. malaüsch -Iah,

Tobabatak ma bzw. do) besonders hervorgehoben werden (malaüsch:

basar/lah rumah itu groß ist jenes Haus = jenes Haus ist groß). Voran¬

stehung ist zugleich der Ersatz für stärkere Betonung eines SatzteUs im

Deutschen. Indonesische Sprachen kennen nur eine Hervorhebung des

Prädikats durch Voranstehung, evtl. auch durch Partikeln. Das bedeu¬

tet, daß jede Wortart, die etwa im deutschen Satz betont ist, in indone¬

sischen Sprachen zum Prädikat gemacht werden muß. Dieses Umdenken

erfordert oft besondere Konstruktionen. So müssen z. B. die Sätze: „du

hast das Geld gestohlen; du hast das Geld gestohlen", und : „du hast das

1 Beispiel nach N. Adriani, Bare'e-Nederlandsch Woordenboek, S. 41, s. v.

balintjulu.

(13)

Geld gestohlen" für das Malaiische folgendermaßen umgedacht werden : du warst es, der das Geld gestohlen hat (dykaujlah jay mantjuri uay itu) ; das Geld war es, welches dein Gestohlenes war (uay/lah jay kau/tjuri itu) ; dein

Gestohlenes war = von dh- gestohlen wurde das Geld {kau/tjuri/lah uay itu) .

In Phihppinensprachen treten hei der SteUung Subjekt-PrädUiat so¬

genannte Ligazones, „Verbindungen", zwischen beide SatzteUe, z. B. im

Tagalog ay (nach einem Konsonenten) bzw. y (nach einem Vokal) (ay

matapay ay ako der Tapfere bin ich; ako'y hinampas ich war ein Geschla¬

gener = wurde geschlagen. )i

Einige indonesische Sprachen pflegen das substantivische Subjekt

durch 971 oder andere Kurzformen von anu zu kermzeichnen, so z. B. das

Tontemboan (Celebes) (nimaluyuso 9y kamaku Abschürfenssache ist

meine Hand = meine Hand ist abgeschürft, wo das n von aw < an{u)

sich dem folgenden Konsonanten assimüiert). Im Nias wird nur das nach¬

gestellte substantivische S. durch *n < anu gekennzeichnet, das sich

mit anlautenden Konsonanten nach bestimmten Lautgesetzen verbindet.

Im Bare'e kann nu oder entsprechende Anlautänderung spezieU zur Be¬

zeichnung des Subjekts dienen. Das beruht vermuthch darauf, daß der

Hauptnachdruck auf dem Prädikat ruht; ihm gegenüber tritt das Sub¬

jekt zurück. Die Gedanken ruhen gewissermaßen kurze Zeit auf anu,

9n, n, welche das Subjekt (das Bekaimte) vorwegnehmen.

In indonesischen Sprachen kann nm- der Inhalt der Aussage, das

Prädikat, verneint werden. Das substantiAdsche PrädUcat wird im aU¬

gemeinen durch andere Ausdrücke negiert als die anderen Wortarten.

Negationspartikeln für substantivische Prädikate bedeuten oft „anders,

ein anderer sein" [z. B. Sunda lain keine(r, s) = malaüschem lain anders

sein; Simalur te'en keine(r, s) = Lepanto-Igorot teken anders seüi, ein

anderer sein; malaüsches bukan, Minangkabau (b)ukan keine(r, s) =

Simalur bukan{ne) anderer]. — Verneinungspartikeln für verbale und

quahtative Prädikate enthalten bisweüen das Vorgangs wort „vorhanden

sein", so daß die Negation „nicht vorhanden sein" bedeutet, z. B. djaton

des Ngadju-Dajak, das aus dia nicht -f aton vorhanden sein, oder Bare'e

bare'e, das aus ba < iba nicht + »"e'e < ria „vorhanden sein" besteht.*

Aufforderungen, hi denen ein Vorgangswort (intransitives Verb)

Prädikat ist, bestehen sehr oft aus Einwortkommandos, denen häufig

Interjektionen vorangesteUt werden, um die Aufmerksamkeit besonders

zu erregen, z. B. Ngadju-Dajak has ! los ! (has, djakat ! los, einsteigen !)* oder

ajo\ loa, wohlan! [ajo, ita hagoetl los, laßt uns (inkl.) gehen!]*. — Das

1 Beispiele nach P. R. Blake, A Grammar of the Tagalog Language. New

Haven, Coimecticut U.S.A. 1925, S. 128 und 183.

2 Nach N. Adbiani, Spraakkunst der Bare'e-Taal, S. 385.

» Nach A. Haedeland, Dajacksch-Deutsches Wörterbuch, 8. 99 und S. 4.

30«

(14)

464 Hans Kähxeb

Javanische und das Sunda z. B. kennen einen sogenannten quahtativen

Voluntativ, der dadurch gebüdet wird, daß dem qualitativen P. Aus¬

drücke vorangehen wie: der Artikel sir) (jav. siy tabdril sei ein Fleißiger!

= sei fleißig!),bzw. masiy [Sunda (ma)siy alusl (es) sei schön!] oder mayfca

(Sunda mayka sahar\ sei geduldig!). — Bei Tätigkeitswörtern pflegt der

Verbalstamm als Aufforderung zu dienen. Er ist substantivisch aufzufas¬

sen. Das zeigt folgendes Beispiel aus dem Nias : haleu, wiga ! das Geholte

sei ein Teher! = hole einen Teher! [wiga ist aus *n-figa ,, Teller" ent¬

standen. Denn dort ist wiga ,, Teher" (unser deutsches Objekt) beim Im¬

perativ grammatisches Subjekt, das durch den Subjektsanzeiger *n <

anu als solches gekennzeichnet ist. Dabei verbindet sich *n mit folgenden Konsonanten, z. T. in solcher Weise, daß es mit ihnen feste Verbindungen

eingeht. Daß der Verbalstamm bei Aufforderungen substantivisch auf¬

zufassen ist, geht auch daraus hervor, daß er gelegenthch Possessivsuf¬

fixe annehmen kann [z. B. Ngadju-Dajak hiniylml dein Hören! = dein

Gehörtes (sei es)!], oder daß nominale Ableitungen mit pa- gebraucht

werden (z. B. Madura pajtao\ wisse!).

In einigen indonesischen Sprachen wird die Aufforderung, ebenso wie

Finalsätze, mit einer lokativen Präposition eingeleitet, z. B. im Kambera (Sumba) mit ka, das ,,nach. .. hin", aber auch ,, damit, auf daß" bedeu¬

ten kann [kajta hula ja\ damit unser (inkl.) Abschneiden es sei! = laßt

es uns abschneiden!]^.

Manche indonesische Sprachen fügen bei der Aufforderung a an das

verbale Prädikat, z. B. das Madma (fakultativ), das Neujavanische, wo

-a als -0 gesprochen wird {turujo schlafe!), das Gorontalo {intuja\ frage!)*,

das Kendajan-Dajak oder das Bolaang Mongondow (wo -a jedoch nicht

mehr ahgemein gebräuchhch ist). Das gleiche -a kennzeichnet in anderen

indonesischen Sprachen den ,, Modus Irrealis", oder es hat verallgemei¬

nernde Funktion, so bezeichnet es etwa im Enggano ein zukünftiges Ge¬

schehnis {'ua kipudu/a ekoyo e'ana ich werde jenes Schwein töten). Dieses

-a geht m. E. auf indonesisches apa zurück, das in vielen indonesischen

Sprachen auch als Fragepronomen ,,was?" vorkommt*. Darauf weist

auch die Verwendung von vorangestelltem a im Bugi, das sich mit

,,oder" wiedergeben läßt, z. B. in dem Satz: äta-gi-ro, ajmaradekal ist

(er) ein Sklave oder ein Freier ?*

Die Verneinung einer Aufforderung erfolgt durch andere Ausdrücke

1 Quellen: L. Onvlee, Eenige Soembasche Vertellingen. Leiden 1925, und

D. K. Wielenga, Schets van een Soembaneesche Spraakkunst. Batavia 1909.

2 Beispiel nach W. Jobst, Zur Holontalo-Sprache. Berlin 1883, S. 10.

3 Näheres siehe H. Kahleh, Vntersuehungen zur Morphologie polynesischer Dialekte. Afrika mid Übersee Bd. 37, Heft 3, § 9, 1, f.

* Beispiel nach B. F. M.4.tthes, Boegineesch-Hollandsch Woordenboek.

S. 770.

(15)

als die, welche hei der Negation einer Aussage mit substantivischem oder

verbalem bzw. qualitativem Prädikat gebräuchhch sind. Diese ,,Vetativ-

partikehi" sind oft ursprünghch Verben. So entspricht z. B. malaüsches

djayan nicht ! = Minangkabau djan dem Tagalog dayan Rücksicht, Über¬

legung, magjdayan etwas reif hch überlegen; Nias beu{l)i, Sichule beui'

nicht! = Loinan, Buton boli nicht!, Napu woli, Bada woli niederlegen^ ;

Tontemboan tia' „nicht!" ist gleich tia' in t/umjia' ver-, fortwerfen^.

Simalur daifa' „nicht!" ist zusammengesetzt aus dai['] „möghch, gut

sein" und fa' = ba' ,, nicht". Sasak (Lombok) djara „nicht!" entspricht

malaüschem djdra abgeschreckt sein. Das Bima* verwendet u. a. edera

als Vetativpartikel ; es besteht aus dem Demonstrativum ede „dies"

vmd der HervorhebungspartUiel ra, läßt sich also etwa wiedergeben mit :

bis hier! Im Neu javanischen entspricht sampun, das gleichzeitig Wort

der Respektssprache (Kromo) für wis „bereits, schon" der Famihär-

sprache (Ngoko) ist, unserem „nicht!".

Kambera amiu (wenn der Täter die 2. Pers. Sg. ist) und ambi nicht!

(wenn der Täter die 2. Pers. PI. ist) enthalten die pronominalen Elemente

u tmd i, die hier zum Wortstamm gezogen sind, so z. B. in: ambi pameti

ka\ unterlaßt euer mich Töten! = tötet mich nicht!* Ambu und ambi

werden dann auch für ahe Personen des Sg. und des PI. gebraucht, nach¬

dem der Ursprung von u und i in Vergessenheit geriet.

Substantivische Attribute, d. h. genitivische ZusammensteUungen

von zwei Nomina, werden in indonesischen Sprachen bekannthch auf

folgende Weisen ausgedrückt. :

a) In manchen Sprachen durch einfache Nebeneinanderstehimg von

Regens (R.) und Rektum (r.), z. B. malaiisch mata hari = Minangkabau

mato hari Auge des Tages = Sonne, neujavanisch botjah sdkolah Schul¬

kinder, oder maduresisch aey mata Augenwasser = Träne.

b) In anderen Sprachen durch Attributanzeiger, die zwischen R. und

r. treten. Dadurch erfolgt eine Verlagerung des Abhängigkeitsverhält¬

nisses vom R. auf das appositioneh nachgestehte Attributdeterminans.

Das geschieht z. B. im Maanjan (Borneo) fakultativ durch wa(t): leum

(wat) olon das Haus (das) der Leute* ; im Tobabatak (nur in feststehenden

Ausdrücken) durch n < anu Besitz, Eigentum, das sich oft dem folgen¬

den Konsonanten des r. assimihert (z. B. namboru Vaterschwester < *ina

n boru; nar Eobar Mutter des Robar < *ina n Robar; oppul Lombu Groß-

1 Nach N. Adriani, Spraakkunst der Bare'e-Taal, S. 394.

2 Nach J. C. G. JoNXER, Bimaneesche Spraakkunst, § 237.

3 Das wurde bisher von den Bearbeitern dieser Sprache nicht erkannt. Es

handelt sich hier um Ansätze zur sogenannten vervoeging.

* Beispiel nach H. Sundermann II, Der Dialekt der „Olon Maanjan"

(Dajak) in Süd-Ostbomeo. Bijdr. 67, S. 203/36.

(16)

466 Hans Kähleb

vater des Lombu < *oppu n Lombu) ; femer im Simalur durch n, das in

der Umgangssprache jedoch oft fortgelassen wird [z. B. lumajn ana'u das

Haus (das) meines Kindes]. Auch hier treten Assimüationen dieses n <

anu an den folgenden Konsonanten auf, wie sie sich im Tobabatak, Dairi

und Gajö finden, z. B. Simalur isil Zwma Inhalt (der) des Hauses = Ehe¬

frau < *isi n luma; atad dotan Mensch (der) des Waldes = Waldmensch

< *ata n dotan. Dieses n fehlt im Simalur, wenn das r. mit r anlautet

(wahrscheinhch Assimüation: *rr > r), oder wenn das R. auf einen Kon¬

sonanten bzw. den festen Vokalabsatz (') oder auf zwei unmittelbar aufein¬

anderfolgende Vokale auslautet. Das Ngadju-Dajak gebraucht n, wenn

das R. vokahsch endigt [bau/nü, anda Gesicht (das) des Tages = Wolke].

Vereinzelt ist stammhaftes n des Regens im Ngadju-Dajak als Attri¬

butzeichen angesehen und daher fortgelassen, wenn das Wort kein

Attribut bei sich hat, so z. B. bei leyä Hand < UAN. hydn Unterarm.

Im Mentawai ist das Entgegengesetzte der Fah bei dem Wort ketsat

Lebensgeist. Hier ist der Attributanzeiger 4 = -n < anu zum festen Be-

standteü des Wortes geworden; denn die lautgesetzhche Entsprechung

für UAN. kdtah, *kdnfdh „laut Atmen" wäre im Mentawai *ketsa.'-

Im Nias ist n < anu vor Vokalen belegt. Mit aiüautenden Konsonanten

geht n feste Verbindungen ein, die durch Assimüation und Reduzierung

bestimmte Anlautänderangen zur Folge haben (z. B. mao Duha die

Katze des Tuha, wo d- von Duha aus *w t > > *nd > *dd > d ent¬

standen ist). Der Nias-Ausdruck Iahe ,, Fußspur" trägt das Attribut¬

determinans w allerdings lücht. Denn die Sprachvergleichung zeigt, daß

lohe zusammengesetzt ist aus *la (Simalur alar Spur) -\- Nias ahe Fuß.

c) In manchen Sprachen kommen attributive ZusammensteUungen

mit und ohne Attributanzeiger (w > anu) vor, so z. B. im Bare'e (wo'o

asu Hundekopf, aber topi mbe' a Frauenrock > *topi n we'a). Das güt

auch für das Sichule, eine Mischsprache auf der Insel Simalur, wo sich

häufig dieselbe Anlautänderung beim konsonantisch anlautenden r. fin¬

det wie im Nias (das Sichule war ursprünghch ein niassischer Dialekt),

z. B. dalu mbo nio Stämme der Kokospalmen < *dalu n bo nio. Daneben

kommt dort jedoch auch einfache Nebeneinanderstehung von R. xmd r.

vor, z. B. bei mata ino Auge des Tages = Sonne.

d) Manche Sprachen verwenden verschiedene Attributanzeiger neben¬

einander, so z. B. das Karobatak, wo nu, u (beide aus anu), ni < n <

anu + lokative Präposition i, oder i (ursprünghch lokative Präposition

zur Bezeichnung des Ortes der Ruhe, siehe f) zwischen R. imd r. vor¬

kommen, z. B. bahan-bahandn nu = u kalak böse Machenschaften (die)

der Menschen; mata ni ari Auge des Tages = Sonne (Lehnwort aus dem

i Nach N. Adriani, Spraakkunstige Schets der Taal der Mentawai-Eilanden.

Bijdr. 84, S. 1/117.

(17)

Tobabatak) ; darah i Dajay Minta Radja Blut (bei) der D. M. R. Daneben

findet sich in dieser Sprache einfache Nebeneinanderstehung von R. und

r., z. B. ampak kaju Holzsplitter.

e) Sehr häufig findet sich die Konstruktion: Regens + Possessiv¬

suffix der 3. Pers. Sg. bzw. PI. + Substantiv ( = Rektum der Konstruk¬

tionen unter a), wenn das r. determiniert ist. Grammatisch entspricht

unserem Rektum in solchen Fähen eine Apposition zu dem Possessiv¬

suffix, z. B. malaüsch anak/nja saudagar itu die Kinder von ihm, jenem

Kaufmann = die Kinder jenes Kaufmannes.

f ) Die Stehung Rektum — Regens ist in Sprachen des östhchen Teües

von Indonesien Regel. Diese Konstruktion ist, wie N. Adeiani gezeigt

hat^, dadurch entstanden, daß ein Attributanzeiger + Possessivsuffix

zur Hervorhebung vor das Regens getreten ist. So kann man z. B. im

Bare'e sagen : kajuku anujku die Kokosnuß u. zw. die meinige = meine

Kokosnuß, aber auch anujku kajuku die meinige u. zw. Kokosnuß =

meine Kokosnuß, wo das Nomen anu Besitz + Possessivsuffix „mem"

zur Hervorhebung vorangestellt sind. Anu ist dann lauthch abgeschwächt

und schheßhch ganz fortgefaUen; das Rektum, d. h. die attributive Er¬

läuterung zu dem fortgefallenen anu, behielt seine SteUung. So sind

Konstruktionen wie z. B. Sikka ara umay oro-Frucht = Frucht des

am-Baumes*, oder Rotti ai-do Baum-Blatt* entstanden, wo das r. dem R.

vorangeht.

Im Malaüschen findet sich die Stehung r. — R. nur vereinzelt bei

Lehnwörtern aus dem Sanskrit, so z. B. bei bumi putara Landes-Kinder.

Das Kompositum ist jedoch in dieser Form aus dem Sanskrit entlehnt.

Sonst gibt es im Malaiischen keine Beispiele für derartige Konstruktionen.

g) Zwischen Regens und Rektum des Deutschen treten in manchen

indonesischen Sprachen lokative Präpositionen, die sich ihrerseits mit

einem Attributdeterminans oder mit einem Artikel verbinden köimen.

So bedeutet z. B. Tontemboan uxile i pandita Haus beim Missionar =

Haus des Missionars. Im Sulu tritt kan < *ka -f w < anu zwischen R.

und r., z. B. bei bäi kanjnia sein, ihr Haus. Im Neu javanischen und im

Sunda findet sich bei einigen Ausdrücken iy zwischen R. und r., z. B.

neujavanisch lawayjiy omah die Tür am Haus = Haus-Tür, Sunda tak-

dirjiy Allah die Fügung bei = durch Gott = die Fügung Gottes. Hier hat

sich die lokative Präposition i zur Bezeichnung des Ortes der Ruhe (bzw.

Präposition zur Bezeichnung des Instrumentes) mit dem Artikel y zu iy

verbunden. — Bei Tobabatak und Gajö ni (z. B. Tobabatak mata ni ari

1 Spraakkunst der Bare'e-Taal, S. 343.

2 Nach L. F. Calon, Bijdrage tot de Kennis van het Dialekt van Sikka. Verh.

Kon. Bat. Gen. Deel L, S. 17 mid 43.

3 Nach J. C. G. JoNKEK, Bottineesche Spraakkunst, S. 218.

(18)

468 Hans KÄmBE

Auge des Tages = Sonne, Gajö pdhuburön ni kami i Blar) Kadjdreoi der

Begräbnisplatz, der bei uns = unser Begräbnisplatz bei = auf dem B. K.)

hat sich der Attributenzeiger n < anu mit der genarmten lokativen Prä¬

position i zu ni verbimden.

Die Demonstrativa weisen in indonesischen Sprachen vielfach eine

DreiteUung auf. Sie sind jeweils korrelat zur 1., zur 2. und zur 3. Person,

d. h. sie beziehen sich auf das, was nur dem Redenden, was sowohl dem

Redenden als auch dem Angeredeten, und was weder dem Redenden

noch dem Angeredeten bekannt ist^ (so z. B. im Busang, Atjeh, Karo-

und Tobabatak, Nias, Sunda, Neujavanischen und Minangkabau).

Eine Zweiteilung findet sich z. B. im Malaüschen, Madura, Simalur,

Bah und Ngadju-Dajak. Die beiden Demonstrativa sind dann korrelat

zur 1. und zur 2. Pers.

Das Mori auf Celebes kennt eine Fünfteilung der Pronomina demon¬

strativa: sie sind korrelat den drei Personen. Daneben unterscheidet man

behn Pron. dem. der 3. Pers. das, was ebenso hoch, das, was niedriger,

und das, was höher hegt als der Standpunkt des Sprechers. ,,Oben" ist

dabei in erster Linie ,, stromaufwärts", ,, unten" in erster Linie ,, strom¬

abwärts"*.

Im Bare'e kann von den Demonstrativa der Plural gebüdet werden

durch Infigierung von ar, z. B. se'i dieser, sare'i diese (PL).

Im Kambera verbinden sich die drei demonstrativen Elemente ni, nu

und na mit dem Singular- bzw. Pluralartütel na bzw. da zu nina dieser,

nida diese (PI.); nuna jener, nuda jene; nana der da, nada die da. Sie

werden dem zu erläuternden Substantiv entweder voran- oder nachge¬

steht.

Die meisten indonesischen Sprachen stellen die Demonstrativa hinter

das erläuterte Substantiv, aber u. a. das Sunda steht sie voran, z. B.

Sunda ijeu budak dieses Kind. — Voran- und gleichzeitige NachsteUung

der Demonstrativa findet sich z. B. im Tagalog (z. B. ito/r) tawojr) ita

dieser Mann, wo ito „dieser" und y Artikel ist)*.

Die Zahlwörter sind in indonesischen Sprachen im aUgemeinen ein¬

heithch. Meistens hegt das Dezimalsystem zugrunde. Die höheren Zah¬

len werden derart gebUdet, daß die niedere Zahl jeweils der nächst hö¬

heren folgt (z. B. malaüsch 936 = sdmhilan ratus tiga puluh anam, wört¬

hch: neunhundert dreißig sechs). Das Zahlwort ,,eins" ist häufig aus sa-

1 Diese Korrelation wurde für indonesische Sprachen zuerst festgestellt

von C. Snouck Hurgeonje, in Atjehsche Taalstudien. Tijdschr. voor Ind.

Taal-, Land- en Volkenkunde Deel XLII, S. 153/55.

2 Siehe S. J. Essee, Klank- en Vormleer van het Morisch, Deel I, S. 149.

5 Beispiel nach F. R. Blake, A Grammar of the Tagalog Language, S. 100.

(19)

und einem (verkürzten) Hilfsnumerativ (Klassifikator) zusammengestellt.

So ist z. B. malaüsches satu = simtu vermuthch entstanden aus *sa hatu

= watu ein Stein, und neujavaiüsches sidji aus *sa widji ein Korn, Kern.

Die Zahlen von 11 bis 19 einschheßhch werden oft entweder durch die

Verbindung der Grundzahlen von 1 bis 9 mit besonderen Ausdrücken

(z. B. im Malaüschen mit hdlas, also sdhdlas 11, dua hdlas 12 usw.; im Ja¬

vanischen mit hdlas, walas oder las, also sawdlas 11, rolas 12, pat hdlas 14

usw.), oder durch die Verwendung eines Ausdrucks, der „Uberschuß"

bedeutet, gebüdet [so z. B. im Mentawai mit tera, also pulu sara {tera)

Zehner emer (der Überschuß) = 11 {tera = Tombulu for«, Bentenan tura,

Ponosakan toja Rest, Überschuß]^, im Tagalog mit labiin, das aus lahi <

UAN. Idbih „Überschuß" und dem Attributanzeiger n < anu besteht,

also labin isa Überschuß von 1 = 11, usw. ; im Busang mit hui/n, das aus

hui['] „Überschuß" und dem Attributanzeiger n < anu besteht, also dji'

huin pulu' einer (ist) der Überschuß von 10 = 11*, im Jamdenischen mit

resi/n der Überschuß davon, also huti resin tel des Zehners Überschuß ist

drei = 13; hier whd resin auch bei der ZusammensteUung höherer Zahlen

verwendet, z. B. rihun resin rat' siw resin but' du resin nem 1926*.

In emigen Sprachen gibt es für bestimmte Einer besondere Zahlwörter,

so z. B. im Sunda gdndp für 6, das auf UAN. gdudp „Vohzähhgsein" zu¬

rückgeht, im neujavanischen (Kromo) {sa)kawan für 4, wörthch „eine

Gruppe" ; im Minangkabau sambilan für 9, das wahrscheinhch aus *sa/-

ambilan „em Weggenommener" (nämhch von den 10 Fingern) entstanden

ist.

Bisweüen werden Zahlen durch Subtraktion gebüdet, so z. B. im Nga¬

dju-Dajak koray Umä saratus es fehlen fünf (an) hundert = 95, im Atjeh

sikureuer) einer weniger (d. h. als 10) = 9, im Bah sate kuwar) pitulas

100 weniger 17 = 83, usw*. Im Minangkabau können ahe mit 9 verbun¬

denen Zehner durch Substraktion gebildet werden, z. B. kuray asö duö

puluäh es fehlt einer (an) zwei Zehnern = 19.

Besonders sei auch auf folgende Art des Zählens hingewiesen, wo

tayah < UAN. tdyah „Mitte" eine Kardinalzahl hinter sich nimmt, die

daim jedoch als Ordinalzahl zu werten ist, z. B. Ngadju-Dajak tayah

duä pulu Mitte des zweiten Zehners = 15; Maanjan tayah äpat puluh

Mitte des vierten Zehners = 35 (die Form tayah statt des lautgesetzhch

zu erwartenden *teyah weist auf Entlehnung, vermuthch aus malaüschen

1 Nach N. Adbiani, Spraakkunstige Schets van de Taal der Mentawai-

Eilanden. Bijdr. 84, S. 90/92.

2 Nach J. Barth, Boesangsch-Nederlandsch Woordenboek.

ä Nach P. Drabbe, Spraakkunst der Jamdeensche Taal. Verh. Kon. Bat.

Gen. Deel LXVII, 2 de stuk. 1926.

* Beispiel nach R. van Eck, Beknapte Hartdleiding by de Beoefening van de

Balineesche Taal. Utrecht, 1874. S. 36.

(20)

470 Hans Kähleb

Dialekten), Minangkabau tayah tigo puluäh Mitte des dritten Zehners =

25. Im Bah wird 150 ausgedrückt durch karo-blah der zweite gespalten =

zur Hälfte, wo bläh auf javaiüsches bdlah ,, gespalten, Hälfte" zurückgeht.

Das Enggano hat ein Quinar-Vigesimal-System. Die Zahlen von

1 bis 5 einschheßhch sind die uraustronesischen Zahlwörter, die das Präfix

'a < indonesischem ka tragen, und die nach den fürs Enggano geltenden

Lautgesetzen modifiziert sind. Das Zahlwort für 6 ('akiakina) steht ge¬

sondert da ; 7 und 8 werden durch Addition gebUdet (7 = 5 + 2;8 = 4 + 4);

für 9 sagt man abai kahai'i es kommt (noch) eins ; 10 wird durch kipä'cm'ü

wiedergegeben, welches das Gegeneinanderlegen der Fingerspitzen bei¬

der Hände bedeutet. Die Zahlen von 11 bis 19 einschheßhch werden

durch Addition gebildet; 20 ist „ein Mensch" (kahai'i ekaka, dial, etaka);

21, 22 usw. ist ,,ein Mensch und eins, ein Mensch und zwei" usw. (kahai'i

ekaka hii kahai'i, hii 'arua usw.). Alle Vielheiten von 20 werden durch

ekaka bezeichnet, also 'adua ekaka zwei Menschen = 40, usw.; 300 ist

,,zehn -|- fünf Menschen". Für 400 sagt man ,,ein u. zw. unser Körper"

(kahai'i ekudodojka), d. h. jeder der zehn Finger und Zehen bedeutet

einen Zwanziger.

Die in indonesischen Sprachen gebräuchlichen Zahlwörter für zehn¬

tausend, hunderttausend und Milhon sind oft Lehnwörter aus dem San¬

skrit, z. B. malaüsches laksa, kdti und djuta. Sie entsprechen Sanskrit

laksa- „100.000", koti- „zehn MiUionen" und ayuta- „10.000" bzw. niyu- ta- ,,eine sehr hohe Zahl, eine Milhon".

Wenn Dinge oder Lebewesen gezählt werden so bedient man sich im

ahgemeinen der Hüfsnumerativa (Klassifikatoren), die je nach Form imd

Aussehen der gezählten VorsteUung verschieden sind. Sie nehmen häufig

das Kohektivpräfix ka vor sich.

Zum Schluß möchte ich noch auf die Konstruktion zusammenge¬

stellter Sätze in indonesischen Sprachen eingehen. Im ahgemeinen ist es

so, daß eigenthche syntaktische Bindemittel fehlen. Ursprünglich hat man

Sätze zweifehos vorwiegend parataktisch konstruiert. Das zeigt u. a. das

Sobojo^, wo ich in den wenigen publizierten Texten kaum eine eigenthche

Konjunktion antraf. Das geht ebenfahs aus den zahheichen FäUen in an¬

deren indonesischen Sprachen hervor, wo neben der Verwendung von

,, Konjunktionen" auch noch Parataxis in reichem Maße anzutreffen ist.

Wo ,, Konjunktionen" gebraucht werden, handelt es sich, soweit sich bis¬

her überbhcken läßt, um:

1. konkrete Ausdrücke und Abstrakta, 2. verschiedene Formen des in

indonesischen Sprachen weitverbreiteten anu und tanu, 3. Lehngut aus

1 Siehe J. Fobtgens, Bijdrage tot de Kennis van het Sobojo (Eiland Tali-

aho, Soela-Qroep). Bijdi-. Kon. Inst. 1921.

(21)

dem Sanskrit oder dem Arabischen, 4. abstrahierte Präfixe, 5. demon¬

strative Elemente und Fragepronomina, oder 6. lokative Präpositionen.

Das möge kurz folgende Übersicht zeigen:

a) Finalsätze werdenu. a. eingeleitet im Ngadju-Dajak mit belä „damit

nicht", wörthch ,, Abscheu, Widerwülon haben, nicht wollen"; im Nias

mit afu = afüafu „damit", vgl. Tontemboan majawo , .wünschen, be¬

gehren, emem Ziel nachstreben" ; im Tobabatak mit asa „damit, auf daß"

wörthch „Hoffnung "(malaüsch, Gajö asa Hoffnung); im Simalur mit

amal ,, damit", das Angkolabatak amal „etwas, worauf man seinen

Sirm gesetzt hat" entspricht; im Sumbawa mit hehaij ,, damit", wörthch

„fortjagen"; im Rotti^ mit /o' „damit", das wahrscheirüich identisch ist mit fo" „forttreiben"; im Neujavanischen u. a. mit kajjmrih ,, beabsich¬

tigt sein" und ,, damit" ; im Sichule mit to, das möghcherweise auf *ta[n)u

zxu:ückgeht; im Malaüschen, Sunda mit supaja, im Madura mit sopadja

= sopaja, im Neujavaiüschen mit supojo damit < Sanskrit sopäya- ein

Ziel haben. Mori (Celebes) ka ,, damit" ist das abstrahierte indonesische Präfix ka^. Kambera ka ,, damit, auf daß" ist identisch mit der lokativen

Präposition ka nach .. hin.

b) Kausalsätze werden u. a. gekennzeichnet: im Ngadju-Dajak mit

tagal ,, Grund, Ursache" bzw. awi ,,das Tun" [z. B. aku djaton mayilak iä

a\oi iä paham kadian (daß) ich ihn nicht gern habe, ist das Tun (davon,

daß) er sehr faul ist = ich habe ihn nicht gern, weh er sehr faul ist] ; im

Madm-a durch polajna sein Tun; im Neu javanischen durch djalaran Weg,

der zu etwas führt, Aiüaß ; im Karobatak durch i/bän = ijbahan = Toba¬

batak dijbahen getan werden; im Tobabatak durch bjinjahen Tunssache

sein = getan werden, bahenjon das zu Tuende, oder durch um/bahen ein

Tuender sein = tun, verarüassen(d).

Das Neujavanische gebraucht u. a. das Wort woij „Mensch" zur Kenn¬

zeichnung kausaler Nebensätze. Snouck Hurgeonje* erklärte, wie woy

„Mensch" zum Konjunktionsersatz geworden ist: Den javanischen Satz

iki sawah kok ora wdtu wohe ,,auf diesem nassen Reisfeld kommen die

Früchte nicht heraus" begründet man z. B. mit: woq wis lawas kuray

banja ,,weü (es) bereits lange zu wenig Wasser gehabt hat", wörthch:

,,die Leute haben bereits lange zu wenig Wasser gehabt". In diesem FaUe

enthält der zweite Satz eine Begründung, so daß woy „Mensch" hier si¬

tuationsgemäß etwa als Ersatz für unsere Konjunktion ,,weü" aufgefaßt

werden kaim.

1 Siehe J. C. G. Jonker, Rottineesche Spraakkunst. Leiden 1915, S. 696

Anm.

2 Siehe S. J. Esser, Klank- en Vormleer van het Morisch, Bd. I, § 214.

3 Nach C. Snouck Hurgronje, „Mensch" en „Ding" als voegwoord.

Tijdschr. Bat. Gen., Deel XXXVII, S. 622/24.

(22)

472 Hans Kähleb

Bringt der Satz mit woy eine Verviamderung zum Ausdruck, so ent¬

spriclit woy unserer Konjunktion ,, obgleich", z. B. Icdnay opo iki sawah kok olo, woy akeh banjune ? weshalb ist dieses nasse Reisfeld so schlecht,

das Wasser der Leute ist (doch) viel = obwohl (die Leute bzw.) es viel

Wasser (haben bzw.) hat?

In gleicher Weise erklärt Snouck Hurgeonje den Gebrauch von

Atjeh (imd Gajö) atra, das Sanskritlehnwort {artha Ding, Angelegenheit) ist und hier die Bedeutung ,, Besitz" hat, wenn es als Ersatz für die Kon¬

junktion ,,da, weü" auftritt, so z. B. in dem Satz des Atjeh: atra hana

guna le da sie zu nichts mehr dient!, der etwa die Frage beantwortet:

weshalb hegt die Matte im Morast ? Im Gaj ö findet sich neben dem er¬

wähnten atra das ebenfahs darauf zurückgehende ata'-, und im Kendajan-

Dajak wird djukut ,,Ding, Sache"* als Ersatz für eine kausative Kon¬

junktion verwendet, z. B. Gajö tariy katak, atra hmböm we der Frosch

blieb zurück, weil er nicht schneU laufen kormte; Kendajan-Dajak Äan-

tek Buruyan diri' uraky damparatn di bininja njuruh yagoi talo' taguky,

djukut bininja baru yanuky buntiky S. B., ein Erdenbewohner (wie wir

selbst), wurde von seiner Frau ausgesandt, um das Ei eines Nashornvogels

zu suchen, weü seine Frau eben erst schwanger war.

Es ist deutlich, daß erst der logische Zusammenhang derartige Aus¬

drücke zu Konjunktionen stempelt. Nach Analogie zu ähnhchen wie den

genannten Fällen und infolge häufigen Gebrauchs verwendet man sie

dann bei Sätzen gleichen oder ähnhchen Inhaltes, offenbar, ohne sich

noch von ihrer Grundbedeutung Rechenschaft zu geben.

In anderen indonesischen Sprachen dienen apa (bzw. Kurzformen

davon) als Konjunktionsersatz, so z. B. im Altjavanischen und Bugi als

apa (Bugi : lari-ko, apa ma'bela-wegayi ! lauf du schneh, denn es ist sehr

weit! ; nach B. F. Matthes, Boegineesche Spraakkunst, S. 253), im Sunda

in der Form apajn, wo das affigierte n auf anu zurückgehen dürfte. (In

zahheichen indonesischen Idiomen ist dieses apa Pronomen interroga¬

tivum „was ?").

Viele indonesische Sprachen verwenden das Sanskrit-Lehnwort kä-

raijja- bzw. das arabische Lehnwort sahab in verschiedenen lauthchen

Formen als Konjunktionen zur Einleitung kausaler Nebensätze, so z. B.

malaüsch karma, Ngadju-Dajak krana, Minangkabau karano, Sunda

und Madura karana ,, Grund, Ursache = weil, da" bzw. Ngadju-Dajak

sabab, Gajö söböp, Madura sahah = sabbah, Karobatak sahap, Simalur

sabab Grund, Ursache = weü, da.

Auf indonesisches anu bzw. tanu gehen z. B. zurück: Bare'e^ ua, Sangir

1 Siehe G. A. J. Hazeu, Oajösoh-Nederlandsch Woordenboek.

2 Siehe Bijdr. 105, S. 206.

* Siehe N. Adbiani, Spraakkunst der Bare'e Taal, S. 405/06.

(23)

u ; Simalur a ; Bare'e tau, Ledo to/na, wo to aus ta{n)u entstanden, und

wo -na Possessivsuffix der 3. Pers. Sg. ist^, z. B. ee, domo madota, tona

dakomo ri Maka hai ! ach was, (sie) hat kein Verlangen mehr, denn (sie)

ist aus Mekka zurück ! — Bemerkenswert ist es, daß hier ein ähnlicher

Vorgang in der Verwendung stattgefunden hat \vie bei Atjeh etc. atra

(siehe oben). Anu und seine Nebenformen lassen sich in manchen austro¬

nesischen Sprachen, ebenso wie atra usw., mit ,, Besitz" -wiedergeben.

Lokative Präpositionen dienen bisweUen ebenfahs als Konjunktions¬

ersatz für kausale Nebensätze, so z. B. im Sunda tina ,,von her" und

, ,weU, da", z. B. hapa malay tina bapa gern njaho adat maneh (Vater ist =)

ich bin besorgt, weil ich bereits deine Gewohnheiten kenne.

Abstrahierte Präfixe sind z. B. Bare'e malca^, Sunda maykajniy (mit

angefügtem niy, das besteht aus dem Attributanzeiger n < anu -f loka¬

tive Präposition i -f Artikel y), Bare'e ka nja^, z.B. B&Te'emondjiimo

tau setu, maka panayi jener Mann schwieg, denn er hatte verloren; ka/-

^paindorijnja anu mompau weil Papa in Dori es war, der sprach.

c)Konditionalsätze werden unter anderem eingeleitet mit : neu j ava -

nischem aygar, djandji Voraussetzung; Madura bila < Sanskrit velä

Zeit; Simalur baraha{d) Zeit; Madura tay < javanischem watay Bauch,

Mitte; Sunda upama, neujavanisch (sa)upomo < Sanskrit upamä Ver¬

gleich, Ähnlichkeit.

Auf anu gehen zurück: Simalur a, aya < a -{- aya vorhanden sein;

altjavanisches yan = neujavanischem jen. Interessant ist es, daß z. B.

das Busang (Borneo) das mit anu (und seinen Kurzformen) synonyme

baray „Sache, Ding" als Konjunktionsersatz bei Konditionalsätzen ver¬

wendet, z. B. baray usan malam ani, aja' huye djima' weim es heute Nacht

regnet, (erhalten wir) morgen Hochwasser.

Außerdem gebraucht das Busang die lokative Präposition ha['] < sa

im gleichen Sinne, z. B. ha sala', tatapka ata' hukum wenn (er) schuldig

ist, gehört es sich, daß (er) von uns bestraft wird.

In einigen indonesischen Sprachen dient das Pronomen interrogativum

für ,,wann?" als Konjunktion für Konditionalsätze, so z. B. im Simalur

etjkan und im Minangkabau pabilö, das aus pa < apa ,,was?" und bilo

Zeit < Sanskrit velä, „Tageszeit, bestimmte Zeit" zusammengesetzt ist.

BisweUen leiten auch demonstrative Elemente Konditionalsätze ein,

B. se'i im Bare'e, ia im Tobabatak {ia muha tano, muba duhut-duhutna

wenn sich das Land ändert, ändert sich (auch) das Gras), iya im Bugi und

ia n- (wo sich das n < anu dem folgenden Konsonanten assimihert) im

Tae' (Celebes) {iajyjkutiro wenn ich (es) sehe).

1 Siehe S. J. Esseb, Handleiding voor de Beoefening der Ledo-Taal. Verh.

Kon. Bat. Gen., Deel LXXII, 1" Stuk, S. 48.

2 Siehe N. Adriani, Spraakkunst der Bare'e-Taal, S. 204. " ib., S. 446.

(24)

474 Hans Kähleb

Manche indonesische Sprachen machen bei Konditionalsätzen von der

Inversion Gebrauch, indem das Vorgangswort , .vorhanden sein" mit

einem Subjektssatz an den Anfang des Bedingungssatzes tritt, so z. B.

im Simalur yaya < *dya-9ya zu aya ,, vorhanden sein" (z. B. yaya fa'du

'o bdsay, uabi' 'o ist vorhanden, (daß) du nicht kommst = wenn du nicht

kommst, hole ich dich), oder im Mentawai bara vorhanden sein (< UAN.

vada').

Andere indonesische Sprachen unterscheiden reale von irrealen Kon¬

ditionalsätzen, so z. B. das Neujavanische (der Irreahs wird durch -o <

opo am Prädikat des oft mit jen ,,wenn, fahs" eingeleiteten Bedingungs¬

satzes gekennzeichnet: jen aku mulihjo, mapan turu wenn ich heimkehrte,

würde (ich mich) schlafen legen; udanjo, aku ora tako (wenn es) regnen

würde, käme ich nicht) ; oder das Kambera durch Verwendung von läti ;

ferner das Simalur durch mina hinter dem Prädikat des durch die Kon¬

junktion des Reahs eingeleiteten Konditionalsatzes. Wieder andere Spra¬

chen kennzeichnen irreale Bedingungssätze dm-ch besondere Konjunk¬

tionen, so z. B. das Karobatak (Reahs mit di, de; Irreahs mit amim. ..

gija oder adi) : di la kam male, aku mate wenn du nicht stirbst, sterbe ich ;

amim lit kin gija buluy-buluy tauxir masintiy, di sandah la nai bant ji idah

kam wenn die heilkräftigen Kräuter wirkhch vorhanden wären, können

(sie) heute nicht mehr von dir besichtigt werden.

d) Konsekutivsätze werden meistens mit Vorgangswörtem -f loka¬

tiver Präposition eingeleitet, z. B. im Sunda mit napi ka = datay ka

kommen nach = so daß, bis ; im Tobabatak mit ro di ankommen bei ; im

Neujavanischen mit yanti warten; im Tobabatak mit pajima (zu ima,

warten) (z.B. dipukkuli do biayna paima — ro di male sein Hund wurde von

ihm geschlagen, so daß (er) starb) ; im Nias mit to/bali (dazu) gekommen

sein (zu indones. bali werden, geschehen) ; im Angkolabatak mit gahe „so

daß" welches Tobabatak gäbe ,, werden" entspricht.

e) Konzessivsätze können gekennzeichnet werden im Sunda mit

hiyga = malaüschem hiyga Grenze, mit lalay (vgl. malaüsches laray

verbieten); oder im Malaiischen mit suyguhjpun — Minangkabau suy-

guähjpun wahr auch, Tatsache auch.

Auch hier finden sich Ausdrücke für ,,Ding" (z. B. Gajö baray) bzw.

,, Besitz" (z. B. Atjeh atra) als Konjunktionsersatz, z. B. Gajö baray yömi

we mayan, ikö italu poy maan miön obwohl er schon gegessen hat, ißt er

wieder, wenn er eingeladen wird; Atjeh pakon hana djidja', atra ka treb

bunoe hn jue ? weshalb geht er nicht, obgleich ich es ihm bereits lange

befohlen habe ?

Das Ngadju-Dajak und das Bare'e verwenden das abstrahierte Präfix

ka (im Ngadju-Dajak mit Iteration, d.h. vollständiger Lautwiederholimg des Grundwortes) als Konjuiditionsersatz im Sinne unseres „obgleich".

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