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Haftungs- und Nachforderungsbescheid über Lohnsteuer

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FG Nürnberg, Urteil v. 08.06.2017 – 4 K 334/16 Titel:

Haftungs- und Nachforderungsbescheid über Lohnsteuer Normenketten:

EStG § 3 Nr. 26, § 15 Abs. 2, § 18 Abs. 1 S. 2, § 19 Abs. 1 BayRDG Art. 2, Art. 12, Art. 33a, Art. 12

GewStG § 2 Abs. 1 Leitsätze:

Haftungs- und Nachforderungsbescheid über Lohnsteuer und sonstige Lohnsteuerabzugsbeträge für die Zeit von Dezember 2009 bis Dezember 2013 (1.2013) vom 07.10.2014

1. Die Übernahme einer ehrenamtlichen Schicht durch hauptamtliche Mitarbeiter des

Rettungsdienstes stellt keine Nebentätigkeit im Sinne des § 3 Nr. 26 EStG, sondern eine zusätzliche Tätigkeit im Rahmen des Arbeitsverhältnisses dar. Die hieraus erzielten Einnahmen sind daher nicht nach dieser Vorschrift steuerbefreit. (redaktioneller Leitsatz)

2. Die Ausübung des Rettungsdienstes stellt mangels Ausstattung mit staatlichen Hoheitsrechten keinen hoheitlichen Dienst im Sinne des § 3 Nr. 12 S. 2 EStG dar, so dass die von den

hauptamtlichen Rettungskräften im Rahmen der ehrenamtlichen Tätigkeit bezogenen Vergütungen nicht gemäß § 3 Nr. 12 EStG von der Steuer befreit sind. (redaktioneller Leitsatz)

Schlagworte:

Steuerfreie Einnahmen, Rettungskräfte Fundstellen:

StEd 2018, 99 EFG 2018, 355 BeckRS 2017, 140321 LSK 2017, 140321  

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand 1

Streitig ist die Nachversteuerung von steuerfrei behandelten Entgelten für ehrenamtlich ausgeübte Tätigkeiten von hauptamtlichen Mitarbeitern des Rettungsdienstes.

2

Die Mitarbeiter der Klägerin sind in ihrem Hauptberuf im Rettungsdienst in Vollzeit angestellt. Von diesen Mitarbeitern leisteten einige im streitigen Zeitraum Dezember 2009 bis Dezember 2013 zusätzliche ehrenamtliche Schichten im Rahmen des Rettungsdienstes, die mit einer pauschalen

Aufwandsentschädigung von 21,50 € je Schicht vergütet wurden.

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Die ehrenamtlichen Helfer, die u.a. auch im Rahmen des Rettungsdienstes tätig sind, sind in sog.

Bereitschaften, die organisatorisch als selbständige Untereinheiten geführt werden, organisiert. Der Rettungsdienst wird ausschließlich von den hauptamtlichen Leitungen des Rettungsdienstes organisiert.

Diese teilen u.a. die Schichten ein und erstellen die monatlichen Schichtpläne. Während den Schichten sind die ehrenamtlichen Bereitschaften und die hauptamtlichen Mitarbeiter in der Rettungswache in getrennten Räumlichkeiten untergebracht.

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Im Rahmen einer im Jahr 2014 durchgeführten Lohnsteueraußenprüfung für den Zeitraum Dezember 2009 bis Dezember 2013 kam der Prüfer zu dem Ergebnis, dass die Vergütungen, die die Klägerin an

hauptberuflich beschäftigte Mitarbeiter für nebenberuflich ausgeübte Tätigkeiten im Rettungsdienst gezahlt habe, weder der Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 12 EStG noch nach § 3 Nr. 26 EStG unterlägen, weil diese Tätigkeit der Daseinsvorsorge zuzurechnen bzw. ein einheitliches Beschäftigungsverhältnis gegeben sei.

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Der Auffassung des Prüfers folgend erließ das Finanzamt am 07.10.2014 einen Haftungsbescheid über Lohnsteuer und sonstige Lohnabzugsbeträge für die Zeit Dezember 2009 bis Dezember 2013 von Lohnsteuer i.H.v. 22.754,41 €, Solidaritätszuschlag von 1.251,46 €, evangelische Kirchensteuer von 546,08 € und römische Kirchensteuer von 1.274,21 €.

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Den dagegen eingelegten Einspruch wies das Finanzamt mit Einspruchsentscheidung vom 08.02.2016 als unbegründet zurück.

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Dagegen hat die Klägerin Klage erhoben.

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Sie bringt im Wesentlichen vor, die den hauptamtlich der Klägerin angestellten Rettungssanitätern für ihre ehrenamtlichen Schichten gewährten Aufwandsentschädigungen seien nicht steuerpflichtig, weil sie keinen Lohnbestandteil enthielten und sie darüber hinaus nach § 3 Nr. 12 und § 3 Nr. 26 EStG steuerfrei seien.

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Bei den Zahlungen der Klägerin handle es sich um Zahlungen aus öffentlichen Kassen i.S.d. § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG.

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Der Rettungsdienst sei eine hoheitliche Aufgabe i.S.d. § 4 Abs. 5 KStG, die grundsätzlich dem Freistaat Bayern vorbehalten und damit als öffentlicher Dienst zu qualifizieren sei. Gemäß Art. 1 Satz 1 des BayRDG werde eine flächendeckende Versorgung mit rettungsdienstlichen Leistungen durch einen öffentlichen Rettungsdienst sichergestellt. Aufgabenträger seien nach Art. 4 Abs. 1 des BayRDG die Landkreise und die kreisfreien Gemeinden im Rahmen des übertragenen Wirkungskreises als staatliche Unterbehörden.

Gewährleitstet werde er durch die Klägerin als juristische Person des öffentlichen Rechts.

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Der Rettungsdienst umfasse gemäß Art. 2 BayRDG die bodengebundene Durchführung von Notfallrettung, Arzt begleitendem Patiententransport und Krankentransport. Gemäß Art. 43 BayRDG seien während der Schicht die Krankenwagen der Klägerin bei einem Krankentransport mit einem Rettungssanitäter und bei einer Notfallrettung mit einem Notfallsanitäter und jeweils mit einem Rettungsdiensthelfer besetzt. Die Notarzteinsatzfahrzeuge würden von einem Rettungssanitäter gefahren. Die Notfallärzte seien keine Mitarbeiter der Klägerin.

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Die ehrenamtlichen Helfer seien in sog. Bereitschaften, die organisatorisch selbständige Untereinheiten der KöR bildeten, organisiert. Sie leisteten neben den ehrenamtlichen Diensten im Rahmen des

Rettungsdienstes Sanitätsabsicherungen bei Veranstaltungen (z.B. Bierfesten, Kirchweihen, Jahrmärkten) im Auftrag der jeweiligen Veranstalter und Unterstützung bei Katastrophenfällen (z.B. Hochwasser) oder bei Großereignissen grundsätzlich kostenfrei.

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Die Aufgaben der ehren- und hauptamtlich tätigen Rettungssanitäter und Notfallsanitäter seien die Gleichen. Die Organisation des Rettungsdienstes obliege jedoch nicht den ehrenamtlichen Bereitschaften, sondern sei den hauptamtlichen Leitungen des Rettungsdienstes vorbehalten, die die Schichten einteilten und die Dienstpläne erstellten. Die Schichtplanung unterscheide nicht zwischen ehrenamtlichen und hauptamtlichen Helfer. Die Hauptamtlichen würden nach monatlichen Dienstplänen eingeteilt. Bei unvorhersehbaren Veränderungen der Personallage (z.B. Erkrankung) gelte der Grundsatz, dass die Hauptamtlichen vom jeweiligen Kreisverband der Klägerin verpflichtend eingesetzt würden.

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Die von den Hauptamtlichen nicht besetzten Schichten würden den Bereitschaften mitgeteilt. Ehrenamtliche könnten sich dann freiwillig in die jeweiligen Schichten eintragen und sich jederzeit bis zum Beginn der jeweiligen Schicht wieder austragen. Dies gelte auch für den Hauptamtlichen, der sich für eine

ehrenamtliche Schicht eingetragen habe. Ehrenamtliche und Hauptamtliche könnten nicht gezwungen werden, eine bestimmte Schicht durchzuführen. Im Krankheitsfall oder bei einem Austrag aus der Schicht müsse die freiwerdende Schicht, wenn sich kein anderer Ehrenamtlicher finde, durch einen hauptamtlichen Mitarbeiter ersetzt werden, da im Rettungsdienst eine Leistungspflicht bestehe.

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Die Rettungskräfte müssten während ihrer Schicht auf der Wache anwesend sein. In diesen Wachen verfügten die Bereitschaften für die Ehrenamtlichen über eigene separate Räumlichkeiten. Die

Hauptamtlichen und die Ehrenamtlichen seien damit während der Schicht grundsätzlich nicht in denselben Räumlichkeiten untergebracht.

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Am konkreten Einsatzort unterlägen die Rettungssanitäter und Notfallsanitäter gemäß Art. 12 BayRDG den Weisungen des ärztlichen Leiters Rettungsdienst (ALRD) bzw. des jeweiligen Notarztes, der nicht

Angestellter der Klägerin sei.

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Für die Anwendung des § 3 Nr. 26 EStG sei es unerheblich, dass Ehrenamtliche oder Hauptamtliche der organisatorischen und fachlichen Weisung der Führungskräfte des Rettungsdienstes und des Notarztes unterlägen, weil ein verantwortungsvoller Rettungsdienst nicht anders organisiert werden könne. § 3 Nr. 26 EStG treffe zur Eingliederung in das Weisungsrecht eines Arbeitgebers keine statusrechtliche Aussage.

Hauptamtliche, die sich freiwillig zu Schichten meldeten, seien keine Arbeitnehmer, weil sie insoweit nicht dauerhaft zur Dienstleistung verpflichtet seien. Eine über die Vollzeittätigkeit hinaus im Rettungsdienst ausgeübte Tätigkeit sei mangels eines Arbeitsverhältnisses nebenberuflich.

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Um die Entgelte im Rahmen der Kostenerstattung niedrig zu halten, seien nach dem BayRDG auch Ehrenamtliche im Rahmen des Rettungsdienstes einzusetzen (z.B. Art. 33a BayRDG). Da auch diese grundsätzlich über eine entsprechende Qualifikation verfügen müssten, seien die Hilfsorganisationen, wie auch die Klägerin, häufig gezwungen, auch hauptamtlich im Rettungsdienst tätige Helfer als ehrenamtliche tätig werden zu lassen, wenn nicht entsprechend qualifizierte ehrenamtliche Helfer zur Verfügung stünden.

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Im Gegensatz zu den ehrenamtlichen Helfern könnten hauptamtlich Rettungskräfte freiwillig weitere Schichten übernehmen, deren Zeit und Ort sie grundsätzlich frei wählen könnten.

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Bei der Kostenkalkulation der Entgelte für die Durchführung des Rettungsdienstes gingen die

Krankenkassen davon aus, dass mindestens 17% der Einsätze von nicht Hauptamtlichen durchgeführt würden. Diese Quote könne mangels entsprechender Qualifikationen der ehrenamtlichen Helfer nur durch die Übernahme von ehrenamtlichen Schichten durch Hauptamtliche erfüllt werden. Die Unterschreitung dieser Quote führe bei der Klägerin zu einem Verlust, weil die Kostenerstattung keinen höheren ehrenamtlichen Einsatz von Hauptamtlichen zulasse.

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Eine von einem Hauptamtlichen übernommene ehrenamtliche Schicht werde weder ganz noch teilweise als Arbeitszeit im Rahmen der hauptamtlichen Tätigkeit berücksichtigt, da diese freiwillig erfolge und eine ehrenamtlich tätige Person kein Arbeitnehmer der Klägerin sei. Die hauptamtlichen Mitarbeiter seien weder vertraglich noch tariflich noch in sonstiger Weise verpflichtet, ehrenamtliche Schichten zu übernehmen. Dies erfolge immer zusätzlich zur hauptamtlichen Vollzeitbeschäftigung. Dies werde dadurch deutlich, dass bei weitem nicht alle hauptamtlich tätigen Mitarbeiter im Rettungsdienst auch ehrenamtliche Schichten übernähmen. So habe Herr Hammer beispielsweise von 2009 bis 2013 nicht durchgehend ehrenamtliche Schichten geleistet, was die Freiwilligkeit der Übernahme solcher ehrenamtlichen Aufgaben aufzeige.

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Die Annahme einer steuerpflichtigen ehrenamtlichen Tätigkeit der von den hauptamtlich tätigen Helfern übernommenen Schichten würde wegen der Vorgreiflichkeit des Steuerrechts bei diesen zu unzulässigen

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Überstunden i.S. des Arbeitszeitgesetzes und Sozialversicherungsbeiträgen führen. Weiter hätte dies eine Erhöhung der Zahl der hauptamtlich tätigen Helfer und damit die Erhöhung der Gesamtkosten des Rettungsdienstes zur Folge.

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Die Aufgaben des Rettungsdienstes seien per Gesetz auf bestimmte Hilfsorganisationen übertragen. Wenn eine Organisation nicht Willens oder in der Lage sei, diese Aufgaben zu erfüllen, seien Dritte zu

beauftragen. Damit werde die Aufgabe durch die Klägerin als einer dieser Hilfsorganisationen im Wege der Beleihung durchgeführt. Die Beleihung stehe grundsätzlich einer Annahme einer hoheitlichen Aufgabe nicht entgegen (vgl. BFH-Urteile vom 25.01.2005 I R 63/03, BStBl II 2005, 501 und vom 29.10.2008 I R 51/07, BStBl II 2009, 1022). Eine Wahl des Rettungsdienstes durch den Betroffenen sei ausgeschlossen.

Außerdem sei ein Angebot von Rettungsdienstleistungen außerhalb des öffentlichen Rettungsdienstes in Bayern ausgeschlossen (Art. 1 Satz 3 BayRDG). Eine Ausnahme bestehe nur beim Krankentransport, der gemäß der Definition in Art. 2 Abs. 5 BayRDG keine Notfallrettung beinhalte. Die Notfallrettung sei allein öffentlich-rechtlich organisiert. Eine Konkurrenz sei daher nicht gegeben, zumal die Preise nach Art. 34 BayRDG einheitlich und damit für alle Beliehenen gleichmäßig vereinbart würden. Demnach bestehe im Bereich der Notfallrettung weder eine Wahlfreiheit noch eine Konkurrenz.

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Eine Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 26 EStG bestehe auch deshalb, weil die Aufwandsentschädigung keine mit dem Arbeitslohn zusammenzurechnende Tätigkeitsvergütung darstelle. Beide Tätigkeiten würden weder unter ähnlichen organisatorischen Bedingungen ausgeübt noch erfülle der Rettungssanitäter mit seiner freiwilligen ehrenamtlichen Tätigkeit eine aus seinem Dienstverhältnis faktisch oder rechtlich obliegende Nebenpflicht. Bei der Klägerin seien die Haupttätigkeit und das Ehrenamt organisatorisch getrennt.

Während die hauptamtliche Tätigkeit von den Kreisverbänden und den dortigen Leitungsgremien organisiert werde, obliege die Organisation der ehrenamtlichen Tätigkeit den Bereitschaften.

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Entsprechend seien hauptamtliche und ehrenamtliche Tätigkeiten eines Rettungssanitäter aufgrund der strikten Trennung von Haupt- und Ehrenamt und der damit begründeten unterschiedlichen

organisatorischen Einheiten innerhalb der Klägerin unabhängig voneinander zu behandeln. Von dem Umstand, dass der Kreisverband sowohl die ehrenamtlichen Aufwandsentschädigungen als auch die hauptamtlichen Gehälter auszahle, könne nicht auf ähnliche organisatorische Bedingungen geschlossen werden. Dies widerspreche der Rechtsprechung des BFH zur Prüfungstätigkeit von Hochschullehrern im Rahmen der ersten juristischen Staatsprüfung als Nebentätigkeit (BFH-Urteil vom 29.01.1987 IV R 189/85, BStBl II 1987, 783). Die Prüfungstätigkeit in der Staatsprüfung unterscheide sich inhaltlich kaum von der Prüfungstätigkeit an der Universität. Die Professoren korrigierten Klausuren, die in der Regel

Fallbearbeitungen darstellten. Die Nebentätigkeit ist allerdings genauso wie bei der Klägerin

unterschiedlichen Stellen innerhalb der Körperschaft des öffentlichen Rechts anvertraut. Während bei der Klägerin die Bereitschaften für den freiwilligen Rettungsdienst organisatorisch verantwortlich seien, sei für die juristische Staatsprüfung nicht die Universität, sondern das Landesjustizprüfungsamt zuständig.

Entscheidend sei die unterschiedliche Struktur zwischen Ehrenamt und Hauptamt innerhalb der Klägerin.

Aufgrund dieser Trennung sei die Tätigkeit organisatorisch nicht vergleichbar.

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Eine gleichartige Tätigkeit werde nicht dadurch begründet, dass die Einsatzorte und Arbeitsmittel die gleichen seien. Die Einsatzorte seien immer verschieden, weil Unfälle und ähnliche Unglücksfälle, die den Einsatz von Rettungskräften erforderten, selten am selben Ort stattfänden. Der Hinweis auf die gleichen Arbeitsmittel sei nicht nachvollziehbar, weil auch bei juristischen Prüfungen dieselben Arbeitsmittel (Gesetzestexte) verwendet würden.

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Die ehrenamtliche Tätigkeit von Rettungskräften sei auch deshalb nebenberuflich, weil sie nicht mehr als ein Drittel der Haupttätigkeit ausmache. Dies sei bereits dadurch gewährleistet, dass die betreffenden Rettungskräfte selbst Vollzeit arbeiteten.

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Zudem seien die hauptamtlich Angestellten weder faktisch noch rechtlich zur Übernahme von

ehrenamtlichen Schichten verpflichtet. Eine solche Verpflichtung zur Übernahme von 12 Stundenschichten

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wäre ungesetzlich, weil ansonsten die Höchstzeiten nach dem Arbeitszeitgesetz überschritten würden. Eine freiwillige Tätigkeit von hauptamtlichen Rettungssanitätern wäre aus Gründen des Arbeitszeitgesetzes nicht möglich, weil sie die gleiche Beschäftigung darstelle.

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Die im Rettungsdienst der Klägerin für die Übernahme von Schichten gezahlte pauschale

Aufwandsentschädigung von 21,50 € je Schicht sei weder ein Ersatz für Verdienstausfall noch übersteige sie den Aufwand. Ein Ersatz für Dienstausfall i.S. des § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG scheide bereits deshalb aus, weil die Pauschale unabhängig von einer Beschäftigung für jeden ehrenamtlichen Rettungsdiensthelfer gleich sei und den typischen Aufwand nicht decke.

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Die Pauschale enthalte keinen Vergütungsanteil, weil nach dem Tarifvertrag die Vergütung für die Tätigkeit im Rettungsdienst pro Stunde 14,82 € bzw. 15,48 € betrage. Der ehrenamtliche Rettungssanitäter werde in der Regel in 10 bis 12 Stundenschichten eingesetzt. Die Bereitschaftszeit sei in der jeweiligen

Rettungswache zu erbringen. Für eine 8-stündige Auswärtstätigkeit werde gemäß § 9 Abs. 4a Satz 3 Nr. 3 EStG eine Verpflegungspauschale von 12 € angenommen. Die verbleibenden 9,50 € berücksichtigten die Fahrkosten, die dem ehrenamtlich Tätigen für die Fahrt zur Rettungswache (in der Regel 2 oder 3 im Landkreis) typischerweise entstünden. Die Aufwandsentschädigung enthalte keine Vergütung. Dies ergebe sich auch daraus, dass die Pauschale trotz Preissteigerungen von über 36% seit 1991 nicht erhöht worden sei.

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Soweit die LStR in R 3.12 Abs. 1 Aufgaben der Daseinsvorsorge pauschal aus dem Anwendungsbereich des § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG ausnähmen, werde dies dem Begriff des öffentlichen Dienstes nicht gerecht.

Entscheidend sei, ob die einzelne Aufgabe der Daseinsvorsorge hoheitlich oder in Form des

Verwaltungsprivatrechts durchgeführt werde (vgl. BFH-Urteil vom 31.01.1975 VI R 171/74, BStBl II 1975, 563). Der Begriff der Daseinsvorsorge sei zu unbestimmt, um eine willkürliche Gesetzesanwendung zu verhindern. Dazu gehörten nicht nur Leistungen von Wasserwerken, Abfallentsorgungsbetrieben oder Rettungsdiensten. Der Begriff der Daseinsvorsorge sei dadurch zu bestimmen, ob die jeweilige Tätigkeit durch Gesetz oder Verfassung als hoheitliche Tätigkeit ausgestaltet sei oder im Rahmen fiskalischen Verwaltungshandelns erbracht werde.

32

Bei der Rettungswache handele es sich (steuerrechtlich) nicht um eine erste Tätigkeitsstätte. Die Rettungskräfte suchten diese nur auf, um Aufträge für Rettungseinsätze entgegen zu nehmen. Eine Tätigkeit werde dort nicht ausgeübt. Erforderlich für eine erste Tätigkeitsstätte sei, dass an dieser die eigentliche berufliche Tätigkeit ausgeübt werde. Orte, die der Arbeitnehmer regelmäßig aufsuche, um Aufträge zu empfangen, seien keine erste Tätigkeitsstätte (vgl. BT-Drs. 17/10774 Seite 15; BMF-Schreiben vom 30.09.2013, BStBl I 2013, 1279 Tz. 26). Die eigentliche berufliche Tätigkeit des Rettungssanitäters bestehe aber nicht darin, in der Rettungswache zu sein, sondern mit dem Rettungswagen Rettungsdienste am Dienstort zu leisten.

33

Die Klägerin beantragt, den Haftungsbescheid über Lohnsteuer und sonstige Lohnabzugsbeträge für die Zeit von Dezember 2009 bis Dezember 2013 vom 07.10.2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 08.02.2016 aufzuheben.

34

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

35

Er führt sinngemäß aus, die Klägerin sei zwar eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, der

Rettungsdienst werde aber auch von andern Hilfsorganisationen geleistet, die privatrechtlich organisiert seien. Bezüge aus privaten Kassen seien jedoch nicht nach § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG steuerlich begünstigt.

Folgerichtig werde in der Gesetzesbegründung zum Gesetz über die Rechtstellung der Klägerin darauf hingewiesen, dass die Klägerin nur eine Körperschaft in formellen Sinne sei (vgl. z.B. Bayerischer Landtag

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Drs. 14/1451 vom 05.07.1999). Die Klägerin nehme zwar öffentliche Aufgaben war, habe jedoch keine hoheitlichen Befugnisse.

36

Eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 26 EStG komme gemäß R 3.26 Abs. 2 LStR in Betracht, wenn eine Tätigkeit nebenberuflich ausgeübt werde. Dies sei z.B. dann der Fall, wenn sie bezogen auf das Kalenderjahr nicht mehr als ein Drittel der Arbeitszeit eines vergleichbaren Vollzeiterwerbs in Anspruch nehme. Übe ein Steuerpflichtiger dabei mehrere gleichartige Tätigkeiten aus, seien diese

zusammenzufassen, wenn sie sich nach der Verkehrsanschauung als Ausübung eines Hauptberufs darstellten. Eine nebenberufliche Tätigkeit sei dann nicht gegeben, wenn sie als Teil der Haupttätigkeit anzusehen sei. Dies sei auch bei formaler Trennung in haupt- und nebenberuflicher, selbständiger oder nichtselbständiger Tätigkeit für denselben Arbeitgeber anzunehmen, wenn, wie im Streitfall, beide

Tätigkeiten gleichartig seien und die Nebentätigkeit unter ähnlichen organisatorischen Bedingungen wie die Haupttätigkeit ausgeübt werde (vgl. BMF-Schreiben vom 21.11.2014, BStBl I 2014, 1581, Tz. 2). Eine innerverbandliche föderale Struktur (Kreisverband, Bereitschaften) führe nicht zu einer anderen Beurteilung desselben Arbeitgebers.

37

Die betreffenden Personen seien im Rahmen ihrer Haupttätigkeit bei der Klägerin in 1 als Rettungskräfte tätig. Die Anordnung der jeweiligen Tätigkeit erfolge durch den Rettungsdienstleiter. Im Rahmen der ehrenamtlichen Nebentätigkeit erledigten die betreffenden Personen u.a. als Rettungssanitäter die gleiche Arbeit wie in der Haupttätigkeit (Einsatz im Rettungswagen, Rettungsmaßnahmen am Unfallort etc.; vgl.

§§ 2 Abs. 1 Nr. 3, 5 Satzung der Klägerin).

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Die hauptamtlich und ehrenamtlich ausgeübten Tätigkeiten seien gleichartig und stellten nach der Verkehrsauffassung die Ausübung eines einheitlichen Hauptberufes dar. Eine Vergleichbarkeit mit der Prüfungstätigkeit von Hochschullehrern als Nebentätigkeit sei nicht gegeben, weil die Prüfungstätigkeit bei unterschiedlichen Zielgruppen stattfinde. Im Streitfall sei zwar eine organisatorische, aber keine funktionelle Trennung gegeben. Die Einsatzorte und Arbeitsmittel am Unfallort und in der Wache seien im Hauptberuf und in der nebenberuflichen/ehrenamtlichen Tätigkeit jeweils die gleichen.

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Eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG scheide aus, weil das Rettungswesen eine öffentliche Aufgabe der Daseinsvorsorge darstelle.

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Die Lohnkosten für die Haupttätigkeit (14,82 € bzw. 15,48 €) würden von der Klägerin KV 1 getragen. Von der gleichen Stelle werde auch die pauschale Aufwandsentschädigung für die jeweilige Schicht gezahlt, sodass die Tätigkeit vom selben Arbeitgeber geschuldet und von diesem vergütet werde. Die Verbuchung erfolge auf verschiedenen Konten.

41

Die Vergütung von 21,50 € pro 10 bis 12 Stundenschicht stelle mangels einer Steuerbefreiungsvorschrift steuerpflichtigen Arbeitslohn dar (R 19.3 Abs. 3 LStR). Eine bloße Erstattung steuerfreier Reisekosten sei nicht gegeben, weil bei Rettungssanitätern die Einsatzzentrale die erste Tätigkeitsstätte bilde und deshalb die dort verbrachten Bereitschaftszeiten nicht als Abwesenheitszeiten i.S.d. § 9 Abs. 4 a Satz 3 Nr. 3 EStG zu behandeln seien.

42

Auf die Schriftsätze der Beteiligten, die vorliegenden Akten und die Niederschrift über die mündliche Verhandlung mit Beweisaufnahme vom 08.06.2017 wird verwiesen.

Entscheidungsgründe 43

Die Klage ist unbegründet.

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(7)

Das beklagte Finanzamt hat zu Recht die an hauptamtlich tätige Mitarbeiter der Klägerin gezahlten Vergütungen für ehrenamtlich geleistete Dienste i.S. des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG nicht als nach § 3 Nr. 26 und Nr. 12 EStG steuerfreie Einnahmen behandelt.

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1. Ein Gewerbebetrieb i.S. des § 2 Abs. 1 GewStG i.V.m. § 15 Abs. 2 EStG ist jede selbständige

nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, wenn die Betätigung weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufs noch als eine andere selbständige Tätigkeit

anzusehen ist.

46

Ein Rettungsassistent übt grundsätzlich eine einem Krankengymnasten ähnliche Tätigkeit i.S. des § 18 Abs.

1 Satz 2 EStG aus (vgl. BMF, 22.10.2004, IV B 2-S. 2246-3/04, BStBl I 2004, 1030; 26.06.2009, IV B 9-S 7170/08/10009, BStBl I 2009, 756 zu USt; Schmidt/Wacker, EStG, § 18 Rz. 155 „Rettungsassistent“). Dies setzt gemäß § 15 Abs. 2 EStG u.a. eine selbständige nachhaltige Betätigung voraus, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt.

47

2. Diese Voraussetzungen erfüllt die ehrenamtliche Tätigkeit von hauptamtlich Beschäftigten der Klägerin nicht. Diese Tätigkeit steht in einem sachlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang mit deren

nichtselbständigen hauptberuflichen Tätigkeit.

48

Einnahmen, die einem Arbeitnehmer aus einem Dienstverhältnis zufließen, sind, da es am Merkmal der Selbständigkeit i.S. des § 15 Abs. 2 EStG fehlt, Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 EStG, § 2 Abs. 1 LStDV).

49

a) Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören neben Gehältern, Löhnen, Gratifikationen und Tantiemen auch andere Bezüge und Vorteile, die „für eine Beschäftigung“ im privaten Dienst gewährt werden. Es ist gleichgültig, ob es sich um laufende oder einmalige Bezüge handelt und ob ein

Rechtsanspruch auf sie besteht (§ 19 Abs. 1 EStG). Bezüge und Vorteile werden „für eine Beschäftigung“

gewährt, wenn sie durch das individuelle Dienstverhältnis des Arbeitnehmers veranlasst sind. Für die Einnahmen gilt - ebenso wie für die Werbungskosten - das Veranlassungsprinzip (vgl. z.B. Urteile-BFH vom 06.03.1995 VI R 63/94, BStBl II 1995, 471, und vom 22.03.1985 VI R 26/82, BStBl II 1985, 641). Einnahmen werden dementsprechend durch eine nichtselbständige Tätigkeit erzielt, wenn ein sachlicher und

wirtschaftlicher Zusammenhang zum Beschäftigungsverhältnis und nicht zu einer anderen Einkunftsart besteht (vgl. z.B. hierzu auch BFH-Urteil vom 27.05.1998 X R 94/96, BStBl II 1998,619).

50

b) Übt ein Arbeitnehmer eine vom Arbeitgeber entlohnte Nebentätigkeit aus, so sind die Einnahmen aus der Nebentätigkeit durch das Arbeitsverhältnis veranlasst, wenn Haupt- und Nebentätigkeit gleichartig sind und die Nebentätigkeit unter ähnlichen organisatorischen Bedingungen ausgeübt wird wie die Haupttätigkeit oder wenn der Steuerpflichtige mit der Nebentätigkeit ihm aus seinem Dienstverhältnis faktisch oder rechtlich obliegende Nebenpflichten erfüllt (vgl. BFH-Urteil vom 22.11.1996 VI R 59/96, BStBl II 1997, 254).

Gleichartige oder ähnliche organisatorische Bedingungen liegen vor, wenn der Arbeitnehmer bei Ausübung der Nebentätigkeit in der Betätigung seines geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist (vgl. § 1 Abs. 2 Satz 2 LStDV). Demgegenüber ist ein Arbeitnehmer im Rahmen einer Nebentätigkeit selbständig tätig, wenn er eigene Unternehmerinitiative entfaltet und eigenes Unternehmerrisiko trägt (vgl. hierzu auch BFH-Urteile vom 14.06.1985 VI R 150-152/82, BStBl II 1985, 661; vom 24.07.1992 VI R 126/88, BStBl II 1993, 155; vom 20.12.2000 XI R 32/00, BStBl II 2001, 496).

51

c) Nach diesen Rechtsgrundsätzen stehen die den hauptamtlichen Beschäftigten der Klägerin für die ehrenamtlichen Schichten gezahlten Vergütungen in einem unmittelbaren Zusammenhang mit deren nichtselbständigen Tätigkeit. Sie sind durch das Arbeitsverhältnis veranlasst.

(8)

52

aa) Stellt ein Arbeitnehmer - aufgrund einer entsprechenden vertraglichen Nebenverpflichtung oder freiwillig - seine Arbeitskraft im Rahmen einer zusätzlichen Tätigkeit seinem Arbeitgeber zur Verfügung und/oder führt er auf Weisung seines Arbeitgebers die zu erfüllenden Aufgaben aus, so steht die hierfür vom Arbeitgeber gezahlte Vergütung in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit seiner nichtselbständigen Tätigkeit (vgl. BFH-Urteil in BStBl II 2001, 496).

53

bb) Im Streitfall handelt es sich bei der Haupt- und Nebentätigkeit der hauptamtlichen Rettungskräfte um gleichartige Tätigkeitsbereiche.

54

Wie die Klägerin durch ihre Vertreter selbst ausführt, sind die Aufgaben der ehren- und hauptamtlich tätigen Rettungs- und Unfallsanitäter die Gleichen. Nach Art. 2 BayRDG umfasst der Rettungsdienst die

bodengebundene Durchführung von Notfallrettung, arztbegleiteten Patiententransport und

Krankentransport. Während der Schichten sind die Krankenwagen der Klägerin bei einem Krankentransport mit einem Rettungssanitäter und bei einer Notfallrettung mit einem Notfallsanitäter sowie jeweils mit einem Rettungsdiensthelfer besetzt. Sämtliche hierbei von haupt- und ehrenamtlichen Einsatzkräften erbrachten Tätigkeiten sind u.a. hinsichtlich des Start- und Zielorts der Dienste, Arbeitsmittel, Arbeitsausübung, Dokumentationen, Pläne und Vorgaben dieselben Tätigkeiten wie in der Haupttätigkeit. Entsprechend setzt die Ausübung des Rettungsdienstes sowohl in der ehrenamtlich als auch hauptamtlich ausgeübten Tätigkeit dieselbe berufliche Qualifikation voraus. Wie auch der Kreisgeschäftsführer Rath in der mündlichen

Verhandlung bestätigte, unterscheidet sich die Tätigkeit der Ehrenamtlichen in nichts von derjenigen der hauptamtlichen Mitarbeiter des Rettungsdienstes; beide unterliegen denselben (fachlichen)

Dienstanweisungen (s.a. BAG-Beschluss vom 12.11.2002 1 ABR 60/01, MDR 2003, 998, Vorbringen des Betriebsrats). Dies gilt unabhängig davon, ob die einzelnen Personen hauptamtlich oder ehrenamtlich im Rettungsdienst tätig sind. Die ehrenamtlichen Schichten unterscheiden sich in fachlicher Hinsicht nicht von den hauptamtlichen Schichten. Die Rettungskräfte üben auch in diesen Schichten dieselbe Tätigkeit aus wie in ihrer hauptamtlichen Tätigkeit.

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Nach glaubhafter Aussage des Zeugen A sind die hauptamtlichen Mitarbeiter bei ehrenamtlichen Schichten von den ihnen durch den Geschäftsverteilungsplan zugewiesenen zusätzlichen Aufgaben wie z.B. das Reinigen von Fahrzeugen befreit. Dieser Umstand ist nach Auffassung des Senats für den anzustellenden Vergleich beider Tätigkeiten unwesentlich. Entscheidend ist, ob die in der Nebentätigkeit und in der Haupttätigkeit ausgeübten Tätigkeiten der Art nach gleich sind, indem sie u.a. eine große Ähnlichkeit aufweisen. Dies ist nach Auffassung des Senats im Streitfall gegeben. Die hauptamtlichen Mitarbeiter sind sowohl in der Nebenals auch in der Haupttätigkeit im selben Aufgabenbereich tätig. Außerdem werden in der hauptamtlichen und nicht in der ehrenamtlichen Tätigkeit zusätzliche Arbeiten erledigt. Beide Tätigkeiten weisen damit insoweit in fachlicher Hinsicht keine Unterschiede auf.

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Demnach besteht hinsichtlich der in den haupt- und ehrenamtlichen Schichten ausgeübten Tätigkeiten ein unmittelbarer fachlicher Zusammenhang, der nach Auffassung des Senats der Art der Tätigkeit nach keine eindeutige Trennung beider Tätigkeiten zulässt. Die einem hauptamtlichen Mitarbeiter durch den

Geschäftsverteilungsplan zugewiesenen Zusatzarbeiten sind keine geeigneten Abgrenzungsmerkmale.

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cc) Die hauptamtlichen Mitarbeiter sind auch während den ehrenamtlichen Schichten organisatorisch in den Betriebsablauf der Klägerin eingegliedert.

58

Die ehrenamtlich tätigen Personen sind grundsätzlich in sog. Bereitschaften (Gemeinschaften) als

organisatorisch selbständige Untereinheiten de Klägerin organisiert (§ 1 Abs. 1 Ordnung der Bereitschaften (OdB)). Die Gemeinschaften selbst sind keine juristischen Personen des öffentlichen Rechts, sondern kameradschaftliche Zusammenschlüsse eines Teils seiner Mitglieder (BayVerfGH, E.v. 13.4.1962 – Vf. 107- VII-60 – VerwRspr. 1963, 391/396). Ihre Aufgaben umfassen u.a. die Mitwirkung im Rettungsdienst bzw.

dessen Unterstützung (§ 5 Abs. 2 g OdB).

(9)

59

Der Rettungsdienst ist eine öffentliche Aufgabe und wird durch einen öffentlichen Rettungsdienst sichergestellt (Art. 1 BayRDG). Diese Aufgabe nehmen die Landkreise und kreisfreien Gemeinden im Zusammenschluss zu einem Zweckverband für Rettungsdienst als Angelegenheit des übertragenen Wirkungskreises wahr (Art. 4 Abs. 1 und 3 BayRDG). Der Zweckverband für Rettungsdienst beauftragt mit der bodengebundenen Durchführung von Notfallrettung, arztbegleitetem Patiententransport und

Krankentransport grundsätzlich freiwillige Hilfsorganisationen oder private Unternehmen. (Art. 13 Abs. 1 Satz 1 BayRDG).

60

Soweit die Klägerin, wie im Streitfall, mit der Durchführung des Rettungsdienstes beauftragt ist, wird es gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. d der Satzung der Klägerin in diesem Tätigkeitsbereich tätig. Die

Organisation des Rettungsdienstes ist alleinige Aufgabe der hauptamtlichen Leitung des Rettungsdienstes.

Diese teilt die Schichten, die nicht zwischen ehren- und hauptamtlichen Helfern unterscheiden, ein und erstellt die Dienstpläne. Die Bereitschaften, die im Rettungsdienst lediglich durch Bereitstellung von Fachpersonal mitwirken bzw. diesen unterstützen, sind in die Organisation des Rettungsdienstes nicht mit eingebunden. Dies betrifft u.a. die Besetzung von ehrenamtlichen Schichten mit haupt- oder ehrenamtlichen Kräften und deren Mitwirkung bei den jeweiligen Rettungseinsätzen sowie die Beschaffung von Fahrzeugen und technischen Geräten und deren Einsatz bzw. Koordinierung bei Rettungseinsätzen. Demnach bringen die hauptamtlichen Mitarbeiter des Rettungsdienstes ihre ehrenamtliche Tätigkeit unter denselben

organisatorischen Bedingungen wie ihre hauptamtliche Tätigkeit in den Rettungsdienst ein. Die

ehrenamtliche Tätigkeit im Rettungsdienst wird nur betriebsintern als solche gesehen. Die im Rahmen von ehren- und hauptamtlichen Schichten im Rettungsdienst erbrachten Leistungen werden gegenüber den Leistungsträgern ohne entsprechende Unterscheidung als ein und dieselbe Leistung abgerechnet und von diesen vergütet.

61

Weiter sind die hauptamtlichen Mitarbeiter auch während der ehrenamtlichen Tätigkeit in räumlicher Hinsicht in den Betriebsablauf der jeweiligen Wache eingegliedert. Sie halten sich auch während den ehrenamtlichen Schichten in den Räumlichkeiten der Wache auf, die ihnen als hauptamtliche Mitarbeiter zugewiesen sind, soweit sie sich nicht in Rettungseinsätzen befinden. Die ehrenamtliche Tätigkeit hat insoweit für die hauptamtlichen Mitarbeiter keine Veränderung zur Folge. Damit besteht auch insoweit kein wesentlicher Unterschied zur hauptamtlichen Tätigkeit.

62

dd) Ebenso wird die Vergütung für eine ehrenamtliche Tätigkeit der hauptamtlichen Rettungskräfte vom jeweiligen Kreisverband, der mit der Durchführung des Rettungsdienstes beauftragt ist, ausgezahlt. Sie wird, wie der Beklagte ausführt, vom selben Arbeitgeber geschuldet und auch vergütet. Demnach entrichtet der Rettungsdienst als Unterorganisation der Klägerin an die hauptamtlichen Mitarbeiter neben dem regulären Gehalt auch die Vergütungen für geleistete ehrenamtliche Schichten. Die Bereitschaften sind mit diesen Vorgängen nicht befasst.

63

ee) Unabhängig davon, unterliegen die hauptamtlichen Mitarbeiter des Rettungsdienstes während den ehrenamtlichen Schichten wie bei der hauptamtlichen Tätigkeit auch den fachlichen Weisungen und der Kontrolle der Klägerin als Arbeitgeberin.

64

Die ehrenamtlich tätigen Rettungskräfte sind während der ehrenamtlichen Schichten vollständig in den Betriebsablauf des Rettungsdienstes eingegliedert und verpflichtet, den bestehenden Weisungen Folge zu leisten. Die hauptamtlichen Rettungskräfte unterliegen auch während dieser Tätigkeit der Leitung und den Weisungen des hauptamtlichen Leiters der Rettungsleitstelle bzw. den Wachleitern als dessen Vertreter.

Sie nehmen ihre Aufgaben während eines Rettungseinsatzes im unmittelbaren und notwendigen

Zusammenwirken mit ihren Kollegen wahr und sind dabei ebenso wie bei der hauptamtlichen Tätigkeit an staatliche Richtlinien und interne (fachliche) Dienstanweisungen gebunden. Ihre Tätigkeit dient unmittelbar dem arbeitstechnischen Zweck des Betriebs (vgl. BAG-Beschluss vom 12.11.2002 1 ABR 60/01, MRD 2003, 998; s.a. Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 28.04.2015 L 7 R 60/12, juris).

(10)

Dem schließt sich der Senat an. Die haupt- und ehrenamtliche Tätigkeit unterscheidet sich somit im Rettungsdienst nicht deutlich wahrnehmbar.

65

Entgegen der Auffassung der Klägervertreter sind die ehrenamtlich Tätigen zumindest nach Schichtbeginn zur Durchführung der übernommenen Aufgaben verpflichtet. Der Umstand, dass sich die Ehrenamtlichen jederzeit bis zum Beginn der jeweiligen Schicht austragen können, ist damit für die Weisungsgebundenheit der Tätigkeit ohne Bedeutung. Denn ehrenamtlich tätige (hauptamtliche) Rettungskräfte sind, wie bereits ausgeführt, durch die Verrichtung von ehrenamtlichen Schichten wie bei der Ausübung der hauptamtlichen Tätigkeit in die von der Klägerin unterhaltene Organisation des Rettungsdienstes eingegliedert. Sie unterscheiden sich in dieser Hinsicht nicht von den hauptamtlich Beschäftigten. Wie diese unterliegen sie den Weisungen der von der Klägerin als Arbeitgeberin betriebenen Rettungsleitstelle (vgl. BAG-Beschluss vom 12.11.2002 1 ABR 60/01, MRD 2003, 998). Insofern vermag der Senat keine entscheidungsrelevanten Unterschiede in der Ausübung von haupt- und ehrenamtlichen Diensten zu erkennen.

66

Dies gilt auch hinsichtlich der Durchführung einer übernommenen ehrenamtlichen Schicht. Nach den Ausführungen der Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung seien hauptamtliche Mitarbeiter nicht nur bis zum Beginn, sondern sogar bis zum Ende einer ehrenamtlichen Schicht frei in ihrer Entscheidung, den Dienst anzutreten oder vorzeitig abzubrechen. Entgegen dieser Auffassung sind nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts die ehrenamtlich Tätigen jedenfalls nach Schichtbeginn zur Durchführung der übernommenen Aufgaben und Einhaltung der Schichtzeiten verpflichtet (vgl. BAG-Beschluss in MRD 2003, 998). Außerdem steht dem die überzeugende Aussage des Zeugen A entgegen, wonach bei der Erstellung der Dienstpläne eine gewisse Planungssicherheit für die Gewährleistung des Rettungsdienstes unerlässlich sei. Entsprechend werde von den Ehrenamtlichen grundsätzlich erwartet, dass sie die Schichten, für die sie sich gemeldet hätten, auch anträten bzw. sich rechtzeitig abmeldeten. Soweit dies wiederholt nicht der Fall sei, habe er zwar gegenüber ehrenamtlich tätigen Rettungskräften kein unmittelbares disziplinarisches Weisungsrecht, er würde jedoch über den Leiter des Bereitschaftsdienstes darauf hinwirken, dass dies in Zukunft abgestellt werde. Demnach bestehen nach Auffassung des Senats in Einzelfällen für den

hauptamtlichen Leiter des Rettungsdienstes als fachlicher Vorgesetzten durchaus unmittelbar im Rahmen der Erstellung des Dienstplanes bzw. mittelbar im Rahmen der Organisationsstrukturen der Klägerin entsprechende Möglichkeiten, auch hinsichtlich ehrenamtlich Tätigen unter Beachtung des besonders schützenswerten Ehrenamts wohlwollend auf die Wahrung von betrieblichen Belangen des

Rettungsdienstes als vorrangiges Gut hinzuweisen.

67

Im Übrigen reicht nach Auffassung des Senats bereits eine fachliche Weisungs- und Kontrollbefugnis des hauptamtlichen Leiters der Rettungsleitstelle als Dienstvorgesetzter für die Annahme eines unmittelbaren Zusammenhangs beider Tätigkeiten aus. Auf den Umstand, dass hinsichtlich ehrenamtlich Tätiger grundsätzlich nur ein auf den fachlichen Bereich beschränktes Weisungsrecht besteht, kommt es daher nicht an.

68

Soweit darauf hingewiesen wird, dass vor kurzem eine ehrenamtliche Schicht wegen der Erkrankung einer ehrenamtlichen Rettungskraft erst eineinhalb Stunden später habe beginnen können bzw. ein

Ehrenamtlicher wegen eines Unglücksfalls in der Familie die ehrenamtliche Schicht abgebrochen habe, handelt es sich hierbei nach Auffassung des Senats um außergewöhnliche Vorfälle, die grundsätzlich auch im Zusammenhang mit der hauptamtlichen Tätigkeit vorstellbar und arbeitsrechtlich gesetzlich geregelt sind.

So ist z.B. ein Arbeitnehmer nach § 275 BGB grundsätzlich von seiner Leistungspflicht befreit, wenn er aufgrund einer Erkrankung arbeitsunfähig ist. Außerdem besteht nach § 616 BGB ein Anspruch auf

Sonderurlaub, wenn er aus persönlichen Gründen, unverschuldet, für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit an der Dienstleistung verhindert ist. In diesem Zusammenhang kommt bei besonderen familiären Ereignissen (z.B. Todesfall, schwere Erkrankung) auch eine (bezahlte bzw. unbezahlte) Freistellung in Betracht.

69

Nach Auffassung des Senats sind derartige Ausnahmefälle nicht geeignet, eine freiwillige Übernahme von ehrenamtlichen Schichten durch hauptamtliche Mitarbeiter zu belegen.

(11)

70

Schließlich ist der Umstand, dass ehrenamtlich Tätige eine Schicht hätten nicht übernehmen müssen, und die Frage, bis wann sie ihre bereits zugesagte Einsatzbereitschaft sanktionslos zurückziehen können, für die Weisungsgebundenheit der Tätigkeit ohne Bedeutung (BAG-Beschluss in MRD 2003, 998).

71

Der Umstand, dass die Rettungs- und Notfallsanitäter gemäß Art. 12 BayRDG am konkreten Einsatzort den Weisungen des ärztlichen Leiters Rettungsdienst (ALRD) bzw. des jeweiligen Notarztes, die keine

Angestellte der Klägerin sind, unterliegen, steht dem nicht entgegen. Diese eng begrenzte Einschränkung des Weisungsrechts der Klägerin betrifft sowohl die haupt- als auch die ehrenamtliche Tätigkeit und ist deshalb nach Auffassung des Senats nicht wesentlich.

72

Weiter unterliegen die hauptamtlichen Mitarbeiter während der haupt- und ehrenamtlichen Tätigkeit im selben Umfang der uneingeschränkten fachlichen Kontrolle des hauptamtlichen Leiters der

Rettungsleitstelle bzw. dessen Vertreter. Auch insoweit ist kein Unterschied zwischen beiden Tätigkeiten zu erkennen.

73

ff) Wie diese Umstände zeigen, ist bei der von den hauptamtlichen Mitarbeitern verrichteten Nebentätigkeit keine hinreichende organisatorische, weisungs- und kontrollrechtliche Verselbständigung der

ehrenamtlichen Tätigkeit im Rettungsdienst als Voraussetzung für die Annahme einer eigenen Unternehmerinitiative und eines eigenen Unternehmerrisikos in Form eines verselbständigten

Tätigkeitsbereichs i.S. des § 15 Abs. 2 EStG gegeben. Die im Rettungsdienst tätigen Helfer haben keinen nennenswerten Gestaltungsspielraum. Sie verrichten Tätigkeiten, die weitgehend durch Sachzwänge, Richtlinien und Weisungen vorgegeben sind. Für eine individuelle Gestaltung des jeweiligen Geschehens bleibt kein Raum, der es gestatten würde, die Durchführung der ehrenamtlichen Aufgaben deutlich unterscheidbar von denen der hauptamtlichen zu machen (vgl. BAG-Beschluss in MDR 2003, 998).

74

Des weiteren fehlt es hinsichtlich der auf ehrenamtlicher Basis geleisteten Nebentätigkeiten innerhalb des Rettungsdienstes u.a. an unterschiedlichen Verantwortungs- und Leistungsbereichen, die zumindest organisatorisch eine eigenständige Organisationseinheit des Rettungsdienstes bilden. Die Bereitschaften, die den Rettungsdienst lediglich personell unterstützen, üben im Rettungsdienst, der ausschließlich in der Verantwortung der hauptamtlichen Rettungsdienstleitung liegt, keine vergleichbare, wesentliche Funktion aus. Zwischen den ehren- und hauptamtlichen Schichten besteht daher nach Auffassung des Senats ein enger sachlicher und wirtschaftlicher Zusammenhang, der eine selbständige Tätigkeit ausschließt.

75

Aufgrund dieser Umstände unterscheidet sich eine ehrenamtliche Tätigkeit im Rettungsdienst deutlich von einer nebenberuflichen Prüfungstätigkeit eines Hochschullehrers der Rechtswissenschaft am

Landesjustizprüfungsamt z.B. für die erste juristische Staatsprüfung. Abweichend von der Auffassung des Klägervertreters handelt es bei dieser um eine staatliche Prüfung, die grundsätzlich losgelöst von der akademischen Ausbildung vom Landesjustizprüfungsamt als eigenständige Organisationseinheit organisiert und auch durchgeführt wird. Außerdem unterliegen die Mitglieder des Prüfungsausschusses u.a. in

fachlicher Hinsicht keinen Weisungen des Landesjustizprüfungsamtes. Im Übrigen wird auf das BFH-Urteil vom 29.01.1987 IV R 189/85, BStBl II 1987, 783, verwiesen.

76

Die Vergütungen der hauptamtlichen Mitarbeiter des Rettungsdienstes für die Übernahme von zusätzlichen

„ehrenamtlichen“ Schichten sind nach Würdigung der Gesamtumstände des Streitfalles durch das Arbeitsverhältnis veranlasst und stellen damit Zuwendungen der Klägerin für die Beschäftigung der

hauptamtlichen Mitarbeiter i.S. von Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit nach § 19 Abs. 1 EStG dar. Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit gehört nicht nur das Entgelt, das ein Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber für die Erfüllung seiner Hauptpflicht bezieht, sondern auch das Entgelt, das er in Erfüllung einer rechtlichen oder faktischen Nebenverpflichtung erhält. Eine vertragliche Nebenverpflichtung muss sich nicht aus einer zusätzlichen Vereinbarung ergeben. Der Umfang der Leistungsverpflichtungen aufgrund eines bereits bestehenden Vertrages bestimmt sich letztlich gemäß § 242 des Bürgerlichen

(12)

Gesetzbuchs (BGB) nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 22.11.1996 VI R 59/96, BStBl II 1997, 254).

77

Die hauptamtlichen Mitarbeiter erbringen demnach durch die Übernahme von ehrenamtlichen Schichten gegenüber der Klägerin als Arbeitgeberin zusätzliche Tätigkeiten im Rahmen des bestehenden

Dienstverhältnisses, die zu Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit führen.

78

3. Die Vergütungen für die Übernahme von ehrenamtlichen Schichten durch hauptamtliche Mitarbeiter der Klägerin sind nicht gemäß § 3 Nr. 26 EStG steuerfrei.

79

a) Nach § 3 Nr. 26 Satz 1 EStG in der für die Streitjahren geltenden Fassung sind Einnahmen aus nebenberuflichen Tätigkeiten als Übungsleiter, Ausbilder, Erzieher, Betreuer oder vergleichbaren

nebenberuflichen Tätigkeiten, aus nebenberuflichen künstlerischen Tätigkeiten oder der nebenberuflichen Pflege alter, kranker oder behinderter Menschen im Dienst oder im Auftrag einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einer unter § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) fallenden Einrichtung zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger und kirchlicher Zwecke (§§ 52 bis 54 der Abgabenordnung, AO) bis zur Höhe von insgesamt 2.100 € bzw. 2.400 € ab dem Jahr 2012 steuerfrei.

80

Hierin liegt eine unwiderlegbare gesetzliche Vermutung, dass dem Steuerpflichtigen ein entsprechender Aufwand entstanden ist. Selbst wenn ihm daher für eine der in § 3 Nr. 26 EStG bezeichneten Tätigkeiten keine Aufwandsentschädigung, sondern eine 2.100 € bzw. 2.400 € übersteigende Vergütung für seine (selbständige oder nichtselbständige) Arbeit gezahlt wird, ist diese bis zur Höhe von 2.100 € bzw. 2.400 € steuerfrei (BFH-Urteile vom 30.01.1986 IV R 247/84, BStBl II 1986, 401; vom 13.11.1987 VI R 154/84, BFH/NV 1988, 150). Entscheidend ist, dass es sich um Einnahmen aus einer nebenberuflichen Tätigkeit der in dieser Vorschrift genannten Art handelt. Eine nebenberufliche Tätigkeit i. S. von § 3 Nr. 26 EStG ist u.a.

gegeben, wenn sie nicht mehr als ein Drittel der Arbeitszeit eines vergleichbaren Vollzeiterwerbs in Anspruch nimmt (vgl. BFH-Urteil vom 30.03.1990 VI R 188/87, BStBl II 1990, 854, 855). Übt der

Steuerpflichtige mehrere verschiedenartige Tätigkeiten aus, so ist bei der Prüfung, ob die Voraussetzungen des § 3 Nr. 26 EStG erfüllt sind, jede Tätigkeit für sich zu betrachten. Etwas anderes gilt jedoch bei

gleichartigen Tätigkeiten. Sie sind zusammen zu würdigen, wenn sie sich nach der Verkehrsanschauung als Ausübung eines einheitlichen Hauptberufes - Vollzeiterwerb oder sog. Halbtagsarbeit - darstellen. Ist jedoch eine der gleichartigen Tätigkeiten für sich allein betrachtet schon Vollzeiterwerb, so kann jede weitere Tätigkeit - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - i. S. des § 3 Nr. 26 EStG nebenberuflich sein.

81

Nach der Rechtsprechung des BFH kann eine Tätigkeit dann nicht mehr als Nebentätigkeit angesehen werden, wenn die erzielten Einnahmen vom Arbeitgeber der Haupttätigkeit stammen und beide Tätigkeiten unmittelbar zusammenhängen. Ein solcher unmittelbarer Zusammenhang wird insbesondere dann

angenommen, wenn beide Tätigkeiten gleichartig sind und die Nebentätigkeit unter ähnlichen

organisatorischen Bedingungen ausgeübt wird oder wenn der Steuerpflichtige mit der Nebentätigkeit eine ihm aus seinem Dienstverhältnis - faktisch oder rechtlich - obliegende Nebenpflicht erfüllt oder auch in der zusätzlichen Tätigkeit der Weisung und Kontrolle des Dienstherrn unterliegt (BFH-Urteile vom 08.02.1972 VI R 7/69, BStBl II 1972, 460, 462; vom 29.01.1987 IV R 189/85, BStBl II 1987, 783; Urteil des FG München vom 06.01.1992 7 K 7066/87, juris; Urteil des FG Sachsen-Anhalt vom 16.04.2002 4 K 10500/99, EFG 2002, 958; Urteil des FG Düsseldorf vom 29.02.2012 7 K 4364/10 L, EFG 2012, 1313).

82

Denn immer dann, wenn der Steuerpflichtige tatsächlich einen Hauptberuf ausübt, kann Steuerfreiheit nach

§ 3 Nr. 26 EStG nur für solche Tätigkeiten beansprucht werden, die sich von der hauptberuflichen Tätigkeit deutlich abgrenzen lassen (Urteil des Finanzgerichts Köln vom 23.09.1986 V K 485/85, EFG 1987, 16 und Urteil des Finanzgerichts Berlin vom 08.08.1989 VII 578/87, EFG 1990, 222).

83

Deshalb kann es aber auch nicht darauf ankommen, ob jemand zur Übernahme einer Tätigkeit im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses verpflichtet ist oder nicht (vgl. BFH-Urteil vom 29.01.1987, a. a. O.).

(13)

84

Entscheidend ist vielmehr, ob die weitere Tätigkeit als Teil einer nichtselbständigen Haupttätigkeit anzusehen ist und ob sie unter Weisung und Kontrolle des Dienstherrn ausgeübt wird (BFH-Urteil vom 08.02.1972 VI R 7/69, BStBl II 1972, 460). Es ist deshalb erforderlich, eine Abgrenzung beider Tätigkeiten in inhaltlicher (BFH-Urteil vom 19.03.1987 IV R 27/86, BStBl II 1987, 497) und organisatorischer (BFH-Urteil vom 07.02.1980 IV R 37/76, BStBl II 1980, 321) Hinsicht vorzunehmen (Urteil des FG Baden-Württemberg vom 05.02.1991 5 K 65/86, EFG 1991, 594).

85

b) Ausgehend von diesen Grundsätzen sind im Streitfall die Voraussetzungen für die Annahme einer steuerfreien Nebentätigkeit i.S. des § 3 Nr. 26 EStG nicht gegeben.

86

aa) Wie bereits ausgeführt, werden der Arbeitslohn für die hauptamtliche Beschäftigung und die Vergütung für die ehrenamtliche Nebentätigkeit von der Unterorganisation Rettungsdienst geschuldet und auch gezahlt. Die Einnahmen für die ehrenamtliche Tätigkeit stammen damit von der Klägerin als Arbeitgeberin der Haupttätigkeit. Bereits dies spricht gegen die Annahme einer steuerfreien Nebentätigkeit i.S. des § 3 Nr.

26 EStG.

87

bb) Außerdem besteht zwischen der hauptamtlich ausgeübten Tätigkeit und den zusätzlichen ehrenamtlichen Schichten ein unmittelbarer Zusammenhang.

88

aaa) Die hauptamtlich Beschäftigten üben bei ihren haupt- und ehrenamtlichen Tätigkeiten dieselben gleichartigen Aufgaben aus. Auf die bisherigen Ausführungen hierzu wird verwiesen. Danach unterscheiden sich die in den ehrenamtlichen Schichten zu verrichtenden Aufgaben in fachlicher Hinsicht nicht von den in der hauptamtlichen Tätigkeit zu erbringenden Tätigkeiten. Die hauptamtlichen Rettungskräfte üben in den ehrenamtlichen Schichten dieselbe Tätigkeit aus wie in ihrer hauptberuflichen Schicht. Dass die

hauptamtlichen Mitarbeiter in den ehrenamtlichen Schichten Arbeiten, die ihnen durch den

Geschäftsverteilungsplan zusätzlich zugewiesen sind, nicht zu verrichten haben, ist nach Auffassung des Senats nicht entscheidungserheblich.

89

bbb) Außerdem wird die ehrenamtliche Tätigkeit unter ähnlichen organisatorischen Bedingungen wie die Haupttätigkeit desselben Arbeitgebers ausgeübt.

90

Die hauptamtlichen Mitarbeiter sind unter Hinweis auf die bisherigen Ausführungen auch während den ehrenamtlichen Schichten organisatorisch in den Betriebsablauf der Klägerin eingegliedert.

91

Die Organisation des Rettungsdienstes ist alleinige Aufgabe der hauptamtlichen Leitung des

Rettungsdienstes. Diese teilt u.a. die Schichten ein, erstellt die monatlichen Dienstpläne und besetzt diese mit hauptbzw. ehrenamtlichen Rettungskräften. Zudem koordiniert die hauptamtliche Leitung des

Rettungsdienstes u.a. die Rettungseinsätze. Diese Organisationsstrukturen der Klägerin gelten sowohl für die hauptamtlich als auch für die ehrenamtlich tätige Rettungskraft. Die hauptamtlichen Mitarbeiter erbringen damit ihre ehrenamtliche und ihre hauptberufliche Tätigkeit unter denselben organisatorischen Bedingungen.

92

Dies bezieht sich auch auf die Unterbringung der hauptamtlichen Mitarbeiter während der ehrenamtlichen Schichten in den Räumlichkeiten, die ihnen im Rahmen des Dienstverhältnisses zugewiesen sind.

93

Die ehrenamtliche Tätigkeit von hauptamtlichen Rettungskräften weist auch insoweit keinen erkennbaren, wesentlichen Unterschied zur hauptberuflichen Tätigkeit auf.

94

(14)

ccc) Für einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der hauptberuflichen und ehrenamtlichen Tätigkeit spricht auch der von der Klägerin vorgegebene Umfang der ehrenamtlichen Tätigkeit und dessen

Umsetzung im Rahmen der Ausübung des Rettungsdienstes.

95

Das Bayerische Rettungsdienstgesetz (z.B. Art. 33 a BayRDG) sieht grundsätzlich den Einsatz von Ehrenamtlichen im Rahmen des Rettungsdienstes vor. Im Rahmen einer Kostenkalkulation für den

Rettungsdienst berücksichtigen die Leistungsträger, wie bereits ausgeführt, die Bereithaltungskosten für die hauptamtlichen Mitarbeiter mit einem Anteil von 17%. Dieser Anteil wird von den Leistungsträgern lediglich mit einer (niedrigen) Pauschale vergütet. In Höhe dieses Anteils stellt die Klägerin den Bereitschaften im Rettungsdienst Schichten zur Besetzung mit freiwilligen ehrenamtlichen Rettungskräften zur Verfügung.

Soweit diese ehrenamtlichen Schichten nicht mit ehrenamtlichen Rettungskräften besetzt werden können, ist die Klägerin gezwungen, hauptamtliche Mitarbeiter des Rettungsdienstes einzusetzen. Dies geschieht nach dem Sachvortrag der Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung entsprechend den Vorgaben im Dienstplan nicht auf arbeitsrechtlicher, sondern auf ehrenamtlicher Basis. Dies bedeutet u.a., dass die ehrenamtlichen Schichten von der Klägerin nicht nach arbeitsrechtlichen Grundsätzen vergütet werden, sondern aus betriebs-wirtschaftlichen Gründen unentgeltlich zu leisten sind. Entsprechend können die hauptamtlichen Mitarbeiter grundsätzlich nicht zur Übernahme einer ehrenamtlichen Schicht verpflichtet werden. Die bestehende Leistungspflicht im Rettungsdienst und ein hierfür notwendiger geordneter Betriebsablauf erfordern jedoch von ihnen einen durch das Dienstverhältnis begründeten zusätzlichen beruflichen Einsatz. Entsprechend den Ausführungen der Klägerin werden hauptamtliche Mitarbeiter in einem gewissen Umfang (insgesamt bis zu 17% der jährlichen Schichten) zwangsläufig in ihrer beruflichen Funktion in dem ihnen dienstlich zugewiesenen Aufgabenbereich ehrenamtlich tätig. Demnach besteht nach Auffassung des Senats zumindest eine faktische, beruflich veranlasste Verpflichtung für die hauptamtlich Tätigen, ehrenamtliche Schichten zu übernehmen.

96

Zwischen der haupt- und ehrenamtlich ausgeübten Tätigkeit besteht damit auch insoweit kein (wesentlicher) Unterschied. Die nebenberufliche Tätigkeit der hauptamtlichen Mitarbeiter enthält nach Auffassung des Senats auch im Hinblick auf den Grundsatz der Förderung des Ehrenamtes im Rettungsdienst keine geeigneten Kriterien für eine fachliche und inhaltliche Abgrenzung von deren hauptamtlichen Tätigkeit. Der identische Tätigkeitsbereich und vor allem der Umstand, dass die ehrenamtliche Tätigkeit in einem

entsprechenden Umfang von hauptamtlichen Mitarbeitern zu erbringen ist, sprechen nach Auffassung des Senats dafür, dass die von diesen ehrenamtlich ausgeübte Tätigkeit einen Teilbereich deren

nichtselbständigen Haupttätigkeit darstellt.

97

Dass einzelne hauptamtliche Mitarbeiter im streitigen Zeitraum keine ehrenamtliche Tätigkeit ausgeübt haben, ist nach Auffassung des Senats in diesem Zusammenhang nicht ausschlaggebend, weil dieser Umstand eine entsprechende (faktische) Verpflichtung von hauptamtlichen Mitarbeitern durch die Klägerin nicht ausschließt.

98

Aufgrund des Umstandes, dass hauptamtliche Mitarbeiter tatsächlich (freiwillig) ehrenamtliche Schichten übernommen haben bzw. übernehmen, kommt es nach Auffassung des Senats im Streitfall nicht darauf an, dass die hauptamtlichen Mitarbeiter vertraglich nicht verpflichtet sind, ehrenamtliche Tätigkeiten zu

erbringen. Bereits die Übernahme von zusätzlichen Tätigkeiten im Rahmen einer faktischen Verpflichtung reicht für die Annahme eines unmittelbaren Zusammenhangs beider Tätigkeiten aus.

99

Soweit die Vertreter der Klägerin in der mündlichen Verhandlung die Übernahme von zusätzlichen, ehrenamtlichen Schichten mit dem ehrenamtlichen Engagement der hauptamtlichen Mitarbeiter begründeten, wird dieses nach Auffassung des erkennenden Senats von deren beruflichem Einsatz im Rettungswesen und von den Vorgaben der Klägerin als Arbeitgeberin überlagert.

100

Wie bereits ausgeführt, sollen aus betriebswirtschaftlichen Gründen die Kosten für die Bereithaltung von Personal im Rettungsdienst, die von den Leistungsträgern nur mit einem Pauschbetrag und damit nur teilweise übernommen werden, durch eine von den Bereitschaften zu erbringende ehrenamtliche

(15)

Unterstützung des Rettungsdienstes ausgeglichen werden. Soweit die ehrenamtlichen Rettungskräfte nicht ausreichen, um den Rettungsdienst zu gewährleisten, sieht sich die Klägerin nach ihrem Sachvertrag gezwungen, die freien ehrenamtlichen Schichten mit hauptamtlichen Mitarbeitern zu besetzen. Unabhängig davon, dass die einzelnen hauptamtlichen Mitarbeiter (arbeitsrechtlich) nicht zur Übernahme von

ehrenamtlichen Schichten verpflichtet werden können, besteht nach Auffassung des Senats u.a. wegen der bestehenden Zwangslage der Klägerin in diesen Fällen eine faktische Verpflichtung der hauptamtlichen Mitarbeiter, zur Aufrechterhaltung des Betriebsablaufs zusätzliche ehrenamtliche Schichten zu übernehmen.

Im Vordergrund steht demnach im Zusammenhang mit der Übernahme von ehrenamtlichen Schichten die von der Klägerin vor allem aus Kostengründen erwartete und ihr aufgrund des Dienstverhältnisses entgegengebrachte Loyalität der jeweiligen hauptamtlichen Mitarbeiter.

101

cc) Abgesehen davon, unterliegen die hauptamtlichen Mitarbeiter auch während den ehrenamtlichen Schichten im Rettungsdienst den fachlichen Weisungen und der Kontrolle der Klägerin als Arbeitgeberin.

102

Die ehrenamtlichen Rettungskräfte sind aufgrund der vollständigen Eingliederung in den Betriebsablauf des Rettungsdienstes auch in den ehrenamtlichen Schichten verpflichtet, den bestehenden (fachlichen)

Weisungen Folge zu leisten. Sie sind u.a. vor, während und nach einem Rettungseinsatz an staatliche Richtlinien und interne (fachliche) Dienstanweisungen wie z.B. die Dokumentationspflichten gebunden. Die haupt- und ehrenamtliche Tätigkeit unterscheiden sich auch insoweit nicht. Dies gilt für die Kontrollbefugnis des hauptamtlichen Leiters der Rettungsleitstelle entsprechend. Im Übrigen wird auf die bisherigen

Ausführungen hierzu verwiesen.

103

Nach Würdigung dieser Umstände stellt die Übernahme einer ehrenamtlichen Schicht durch hauptamtliche Mitarbeiter des Rettungsdienstes keine Nebentätigkeit i.S. des § 3 Nr. 26 EStG, sondern eine zusätzliche Tätigkeit im Rahmen des Arbeitsverhältnisses dar. Die hieraus erzielten Einnahmen sind nicht nach dieser Vorschrift steuerbefreit.

104

4. Die von den hauptamtlichen Rettungskräften im Rahmen der ehrenamtlichen Tätigkeiten bezogenen Vergütungen sind auch nicht gemäß § 3 Nr. 12 EStG von der Steuer befreit.

105

Nach § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG sind Bezüge steuerfrei, die als Aufwandsentschädigung aus öffentlichen Kassen an öffentliche Dienste leistende Personen gezahlt werden, soweit nicht festgestellt wird, dass sie für Verdienstausfall oder Zeitverlust gewährt werden oder den Aufwand, der dem Empfänger erwächst,

offenbar übersteigen.

106

a) Die im Streitfall von der Klägerin als KöR gezahlten Vergütungen sind nach Maßgabe dieser Vorschrift nur steuerfrei, wenn sie „für öffentliche Dienste“ und aus einer „öffentlichen Kasse“ i.S. des § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG gezahlt werden.

107

aa) Zu den öffentlichen Diensten im Sinne dieser Vorschrift gehört neben der Ausübung einer eigentlichen hoheitlichen Tätigkeit der Gesamtbereich der hoheitlichen Verwaltung einschließlich der schlichten Hoheitsverwaltung (vgl. BFH-Urteile vom 19.01.1990 VI R 42/86, BStBl II 1990, 679; vom 09.05.1974 IV R 160/71, BStBl II 1974, 631). Die Ausübung des Rettungsdienstes durch die Klägerin als KöR ist jedoch grundsätzlich nicht als öffentlicher Dienst i.S. des § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG anzuerkennen Vielmehr ist für die Annahme „öffentlicher Dienste“ im Sinne dieser Vorschrift eine Tätigkeit in Ausübung öffentlicher Gewalt (§

4 Abs. 5 KStG) erforderlich, mithin eine Tätigkeit, die einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft eigentümlich und vorbehalten ist (vgl. BFH-Urteil vom 04.02.1976 I R 200/73, BStBl II 1976, 355). Damit soll

sichergestellt werden, dass nur Aufwandsentschädigungen für die Wahrnehmung solcher Tätigkeiten steuerfrei bleiben, mit denen die öffentliche Hand ihren eigentlichen Aufgaben nachgeht (v. Beckerath, in:

Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 3 Nr. 12 Rz B 12/90).

108

(16)

bb) Gemäß Art. 1 Satz 1 des Gesetzes über die Rechtsstellung des Bayerischen Roten Kreuzes ist die Klägerin eine KöR. Eine KöR wird definiert als mitgliedschaftlich verfasster, unabhängig vom Wechsel der Mitglieder bestehender, mit Hoheitsgewalt ausgestatteter Verwaltungsträger. Die Klägerin ist aber weder Verwaltungsträger noch mit Hoheitsgewalt ausgestattet, so dass es an der materiellen Zuordnung zur öffentlichen Gewalt fehlt. Zwar sind alle KöR – auch die Klägerin – formell Teil der Organisationswelt des Staates, aber für die rechtliche Positionsbestimmung ist der materielle Status ausschlaggebend. Der öffentlich-rechtliche Status ändert nichts daran, dass es sich bei materieller Betrachtung um eine

grundrechtsgeschützte Betätigung Privater handelt (Di Fabio, BayVBl 1999, 449/450). Die Klägerin nimmt lediglich gemeinwohlbezogene (öffentliche) Aufgaben z.B. im Rettungsdienst und im Zivil- und

Katastrophenschutz wahr, ist aber nicht Träger staatlicher Hoheitsrechte und damit kein Teil der öffentlichen Verwaltung (BayVerfGH, Entscheidung vom 13.4.1962 Vf. 107-VII-60 – VerwRspr. 1963, 391/396; vgl. auch die Begründung zum Gesetzesentwurf zur Änderung des Gesetzes über die Rechtsstellung des Bayer.

Roten Kreuzes, LT-Drs. 14/1451 S. 3). Bei der Verleihung des Körperschaftsrechts an die Klägerin war auch nicht an eine Übertragung staatlicher Aufgaben gedacht. Vielmehr sollte eine juristische Person des öffentlichen Rechts errichtet werden, um die Klägerin auf diese Weise zu ermöglichen, die Pflege

gesellschaftlicher Interessen besonders wirksam zu gestalten (vgl. BVerfG, Entscheidung vom 20.2.1957 1 BvR 441/53, BVerfGE 6, 257/272, juris Rn. 49). Die Klägerin ist damit nur formell eine KöR. Aufgrund der besonderen Rechtsstellung sind die von der Klägerin und seinen Untergliederungen wie den

Rettungsdiensten und Bereitschaften ausgeübten Dienstleistungen grundsätzlich dem Zivilrecht und nicht dem öffentlichen Recht zuzuordnen (vgl. BayVerfGH, Entscheidung vom 02.05.2016 Vf. 93-VI-14, juris; Di Fabrio, BayVBl 1999, 449/452; BayVGH, Beschlüsse vom 06.10.2016 21 C 15.2210, juris; vom 05.03.2007 21 C 06.2549, juris). Dem schließt sich der erkennende Senat an.

109

Der hoheitliche Charakter des von der Klägerin ausgeführten Rettungsdienstes als solcher begründet damit noch nicht die Erbringung von hoheitlichen Leistungen.

110

b) Ausgehend von diesen Grundsätzen führen die Klägerin und seine Untergliederungen als KöR mangels Ausstattung mit staatlichen Hoheitsrechten bei der Ausübung des Rettungsdienstes keine hoheitlichen Dienste i.S. des § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG aus. Die Wahrnehmung der ihm übertragenen öffentlichen rettungsdienstlichen Aufgaben ist nicht einer öffentlichen-rechtlichen Körperschaft eigentümlich und vorbehalten, wie die Vergabe von Rettungsdienstleistungen an Hilfsorganisationen, wie beispielsweise das Deutsche Rote Kreuz, die Arbeiterwohlfahrt oder der Malteser Hilfsdienst und private Unternehmen zeigt (vgl. z.B. Organisation der Notfallversorgung in Deutschland unter besonderer Berücksichtigung des Rettungsdienstes und des Ärztlichen Bereitschaftsdienstes, Dt-BT WD 9 – 3000 – 105/14 vom 24.10.2014).

111

Demnach handelt es sich im Streitfall bei den im Rahmen des Rettungsdienstes erbrachten Leistungen nicht um Aufgaben des öffentlichen Dienstes. Es fehlt an der Ausübung einer öffentlichen Gewalt i.S. des § 4 Abs. 5 KStG und von Aufgaben, die der öffentlichen Hand vorbehalten sind.

112

Dies gilt entsprechend für die von § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG vorausgesetzte Zahlung von Bezügen aus einer öffentlichen Kasse.

113

Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ist, wie bereits ausgeführt, die Klägerin kein Verwaltungsträger (vgl. BayVerfGH, Entscheidung vom 02.05.2016 Vf. 93-VI-14, juris; Di Fabrio, BayVBl 1999, 449/452; BayVGH, Beschlüsse vom 06.10.2016 21 C 15.2210, juris; vom 05.03.2007 21 C 06.2549, juris). Demnach handelt es sich bei den von der Klägerin bzw. deren Unterorganisationen geführten Kassen nicht um öffentliche Kassen i.S. des § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG. Dies bedeutet bezogen auf den Streitfall, dass die Vergütungen, die die hauptamtlichen Mitarbeiter von der Klägerin für die Übernahme von ehrenamtlichen Schichten erhaltenen haben, nicht von einer öffentlichen Kasse i.S. dieser Vorschrift gezahlt wurden.

114

Die Voraussetzungen für eine Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG sind demnach nicht gegeben.

(17)

115

Der Haftungsbescheid über Lohnsteuer und sonstige Lohnabzugsbeträge für die Zeit Dezember 2009 bis Dezember 2013 vom 07.10.2014 ist damit nicht zu beanstanden.

116

Nach allem war die Klage abzuweisen.

117

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

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