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Archiv "Transparenz auf dem Arzneimittelmarkt: Referat zu Tagesordnungspunkt IV" (08.06.1978)

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schaft habe einen besonders lei- stungsfähigen Arzneimittelmarkt hervorgebracht. Dem stimmte auch Kreienberg völlig zu. Ihm ge- he es nicht um staatliche Markt- eingriffe. Der Gesetzgeber müsse aber regeln, daß das, was auf dem Markt sei, gewissen Qualitätsstan- dards unterliege; und der Arzt müsse darauf vertrauen können, daß das Präparat halte, was der Hersteller verspreche. Eine solche Forderung läge gerade auch im In- teresse der seriösen pharmazeuti- schen Industrie.

Nachteile für die forschende Indu- strie befürchtete Dr. Hüsken (Hes- sen) auch für den Fall, daß bei Transparenzlisten zu sehr oder ausschließlich auf den Preis ge- achtet werde. Dazu hatte schon Kreienberg in seinem Referat er- klärt, "Transparenz" dürfe nicht darauf hinauslaufen, lediglich die billigsten Präparate zu verordnen. Der Referent setzte sich demge- genüber für ein optimales Verhält- nis von Preis und Qualität ein. Daß manche Kostenträger nicht darauf warten wollen, bis sich die- ses Ziel in "Transparenzlisten"

niederschlägt, darauf machte Dr.

Richter (Bayern) aufmerksam mit dem Hinweis, daß von Ortskran- kenkassen derzeit die sogenannte

"Möbius-Liste" bei den Ärzten in Umlauf gesetzt werde. Kreienberg:

Diese Liste sei nicht verbindlich.

Und Dr. Weinhold (Niedersachsen) ergänzte, der Versand der "Mö- bius-Liste" durch die Ortskran- kenkassen sei Teil einer "Strate- gie, sich in Dinge einzumischen, die sie nichts angehen".

Weinhold kam auch auf die Gren- zen der Vergleichbarkeit zu spre- chen, die mit den Kombinations- präparaten gezogen sind. Er wie auch Dr. Viergutz (Nordrhein) wie- sen darauf hin, daß man auf Korn- binationspräparate zumal bei der Behandlung älterer Patienten ein- fach nicht verzichten könne. Wein- hold: "Und damit hört die Ver- gleichbarkeit auf. Das Absolute ist nicht zu erreichen. Die Bedürfnis- se der Krankenversorgung müs- sen immer Vorrang haben." NJ

81. DEUTSCHER ÄRZTETAG

Transparenz

auf dem Arzneimittelmarkt

Referat zu Tagesordnungspunkt IV

Prof. Dr. med. Walter Kreienberg

Präsident der Landesärztekammer Rheinland-Pfalz und Vertreter des Vorstandes der Bundesärztekammer

im Vorstand der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft

Die Kritik am Arzneimittelmarkt ist nicht neu. Sie richtet sich einmal gegen den Markt als solchen, das heißt gegen die Unvollkommen- heit der Institution zum Ausgleich von Angebot und Nachfrage, zum anderen gegen das Fehlen der notwendigen Markttransparenz, das heißt gegen den Mangel an Überschaubarkeit seiner Produkte hinsichtlich Wert und Preis.

Bereits 1914 hat Wolfgang Heub- ner Übelstände auf dem Arzneimit- telmarkt aufgezeigt und ihre Be- seitigung gefordert. Im einzelnen wendet er sich gegen

CD

Unsinnige Überproduktion,

@ Mehrfache bis vielfache Namen für ein und dieselbe Substanz,

@ Unzählige neue Namen für ein- fache Mischungen bekannter Arz- neistoffe,

@ Therapeutisch nutzlose oder gar schädliche Präparate,

®

Wechselnde Zusammenset- zung ein und desselben Präpara- tes,

®

Verheimlichung der Zusam- mensetzung,

0

Wahrheitswidrige Ankündi- gung,

®

Reklame beim Laienpublikum,

®

Abnorme Preise.

Um trotzdieser Mißstände auf dem Arzneimittelmarkt den Ärzten die Beurteilung neuer Arzneimittel zu ermöglichen, versuchte schon da- mals eine vom 28. Kongreß für in- nere Medizin in Wiesbaden 1911 ernannte Arzneimittelkommission Arznei mittel Iisten aufzustellen.

Die Kritik am Arzneimittelmarkt ist seitdem nicht mehr verstummt. Sie richtet sich erfreulicherweise im- mer gezielter gegen den Wild- wuchs, der die Auswahl der thera- peutisch wertvollsten Arzneimittel für eine rationelle Therapie zuneh- mend schwieriger macht.

~ So dankbar wir einerseits der pharmazeutischen Industrie sind, daß sie seit den 30er Jahren in eigenen experimentell-medizini- schen Forschungslaboratorien laufend neue Arzneistoffe entwik- kelt und als therapeutisch wertvol- le Arzneimittel zur Verfügung stellt, so besorgt sind wir anderer- seits, daß daneben immer mehr überflüssige Imitationen sowie sinnlose oder sogar oft fragwürdi- ge Kombinationen den Markt überschwemmen und uns die Sicht erschweren oder versperren.

Wir wenden uns nicht generell ge- gen die Größe des Marktes, son- dern gegen den Verzicht auf eine

Qualitätsnorm seiner Produkte.

Wir haben volles Verständnis für den Wunsch der pharmazeuti- schen Industrie, die durch unver- gleichliche Leistungen vor dem 2.

Weltkrieg nahezu 43 Prozent des Welthandels an Arzneimitteln be- stritt und seit 1968 wieder den er- sten Platz unter den Arzneimittel exportierenden Ländern der Weit zurückgewonnen hat, im eigenen Markt sozusagen ein möglichst großes Schaufenster für ausländi- sche Käufer zu besitzen. Wir ha- ben aber größte Bedenken, ob nicht minderwertige Ware auf dem deutschen Markt der Nachfrage nach deutschen Arzneimitteln im

DEUTSCHES ARZTEBLATT Heft 23 vom 8. Juni 1978 1369

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Ausland schadet. Außerdem bringt nichts den Kredit deutscher Arz- neimittel schneller in Gefahr als die Feststellung, daß sich sehr gängige Arzneimittel des deut- schen Marktes im Ausland als nutzlos erweisen.

Wir gehen davon aus, daß die Grö- ße eines Arzneimittelmarktes be- stimmt werden sollte einmal von der Qualität, Wirksamkeit und Un- bedenklichkeit, zum anderen von der Originalität seiner Produkte.

Qualität, Wirksamkeit und Unbe- denklichkeit müssen vom Herstel- ler nachgewiesen, Originalität kann von den Zulassungs- oder Registrierbehörden überprüft wer- den.

Während andere Länder in den letzten Jahren ihre Arzneimittelge- setze in dieser Hinsicht reformiert haben, glaubt man bei uns auch weiterhin auf den Nachweis der therapeutischen Wirksamkeit durch den Hersteller verzichten zu können und überläßt es dem Bun- desgesundheitsamt, im Zweifels- fall den Nachweis der Unwirksam- keit, den es praktisch nicht gibt, zu führen. So wurde weder im 1. Arz- neimittelgesetz (1. AMG) des Jah- res 1961 noch bei dessen Novellie- rung 1964 noch im 2. Arzneimittel- gesetz (2. AMG) des Jahres 1976 die Chance genutzt, den deut- schen Markt durch die Forderung eines Qualitätsnachweises aller seiner Produkte überschaubar zu machen und so die Basis für jede rationale und rationelle Therapie zu sichern.

1961 war der Gesetzgeber nicht davon zu überzeugen, daß ein Arz- neimittelgesetz nur dann seinen Zweck, für Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit zu sorgen, erfüllen kann, wenn der Nachweis der therapeutischen Wirksamkeit vom Hersteller gefordert wird. Ob- wohl der zuständige Bundestags- ausschuß sehr bald nach der Ver- abschiedung des Gesetzes er- kannte, daß der Verzicht auf den Wirksamkeitsnachweis bei der Re- gistrierung eine entscheidende Schwäche des Gesetzes war, wur-

Prof. Dr. Walter Kreienberg, dessen Re- ferat auf diesen Seiten dokumentiert ist

de die dringende Forderung der Ärzteschaft nach Prüfung der the- rapeutischen Wirksamkeit und Un- bedenklichkeit der Arzneimittel auch bei der Novellierung im Jahre 1964 nicht erfüllt. Der Verzicht auf den Nachweis der therapeutischen Wirksamkeit im 1. AMG hat sicher- lich wesentlich dazu beigetragen, daß der deutsche Arzneimittel- markt zu viele Produkte aufweist, deren Wert höchst problematisch ist.

Der deutsche Arzneimittelmarkt umfaßt zur Zeit mehr als 22 000 registrierte bzw. zugelassene Fer- tigarzneimittel. Die Nachfrage von Ärzten und Patienten konzentriert sich auf etwa 2000 Arzneimittel, die 94 Prozent des Apothekenum- satzes ausmachen. Auf die 500

umsatzstärksten Medikamente entfallen 68 Prozent, auf die fol- genden 500 15 Prozent und auf die restlichen 1000 nur noch 11 Pro- zent. Selbst unter Berücksichti- gung, daß eine Reihe neuester wertvoller Arzneimittel noch zu wenig, andere Arzneimittel, die für seltene Erkrankungen unentbehr- lich sind, nur selten verordnet oder gekauft werden, läßt sich aus der Umsatzbetrachtung schließen, daß der deutsche Arzneimittelmarkt vom Bedarf her auf einen großen Teil seiner Produkte verzichten könnte.

Ein Blick über die Grenzen läßt erkennen, daß unsere europäi- schen Nachbarn mit erheblich kleineren Arzneimittelmärkten

auskommen. Die gesetzliche Re- gelung des Wirksamkeitsnachwei- ses für alte und neue Arzneimittel sowie überhaupt erschwerte Zu- lassungs- bzw. Registrierbedin- gungen haben in anderen Ländern zu einer Marktbegrenzung und Marktbereinigung geführt und die erforderliche Transparenz ge- schaffen.

Die Tabelle 1 zeigt die Zahl der zugelassenen bzw. registrierten Fertigarzneimittel in zehn europäi- schen Ländern im Vergleich zur Bundesrepublik Deutschland.

Aus der Aufstellung — die ich Kim- bei verdanke — ist zu entnehmen, daß keines der aufgeführten Län- der, wenn man von Großbritan- nien, wo ein Nachzulassungsaus- schuß alte Präparate überprüft, absieht, einen Arzneimittelmarkt besitzt, der größer ist als ein Drittel des deutschen Marktes.

Die Unzulänglichkeit des 1. AMG wurde deutlich spürbar, als ein 1968 gebildeter Arbeitskreis für Preisgestaltung auf dem Arznei- mittelmarkt unter Ministerialrat Bauer vom Bundeswirtschaftsmi- nisterium feststellen mußte, daß für eine preisliche Transparenz auf dem Arzneimittelmarkt die not- wendige therapeutische Transpa- renz als Voraussetzung fehlte.

Seitdem ist die Neuordnung des Arzneimittelmarktes durch Schaf- fung einer pharmakologisch-the- rapeutischen sowie einer preisli- chen Transparenz das Problem.

Damit hat sich zuerst ein Arznei- mittelausschuß der Sachverstän- digenkommission zur Weiterent- wicklung der sozialen Krankenver- sicherung unter Vorsitz von Lief- mann-Keil beschäftigt. Er kam zu der Feststellung, die wirtschaftlich relevante Information durch ein Gremium, das von den Organisa- tionen der Krankenkassen, der pharmazeutischen Industrie, der Ärzte und der Apotheker gebildet werden sollte, erarbeiten zu las- sen. Demzufolge wurde dann auf- grund des Kabinettsbeschlusses über Eckwerte zur Neuordnung

1370 Heft 23 vom 8. Juni 1978 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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des Arzneimittelmarktes vom 15.

Oktober 1975 eine unabhängige Sachverständigenkommission die Transparenzkommission berufen.

Im 111. Abschnitt des "Eckwert- beschlusses" wird bezüglich der pharmakologisch-therapeuti- schen und preislichen Transpa- renz unter anderem folgendes ausgeführt:

"Die angestrebte Transparenz

muß von einer unabhängigen Stel- le herbeigeführt werden. Für diese Aufgabe bietet sich eine Sachver- ständigenkommission beim Bun- desgesundheitsamt an. Bei dem Amt fällt mit der im neuen AMG vorgesehenen Zulassung und Re- gistrierung <;ler Arzneimittel und der damit verbundenen verschärf- ten Wirksamkeitskontrolle ohne- hin weitgehend das Grundmaterial für eine pharmakalog isch-thera- peutische und preisliche Transpa- renz an."

Danach war zu erwarten, daß im 2.

AMG nun endlich der Wirksam- keitsnachweis für alle Arzneimittel gefordert werden würde. Leider fehlte dem Gesetzgeber dazu auch jetzt wieder der Mut. Auf die Über- prüftmg vieler Tausender ohne Nachweis der Wirksamkeit bereits registrierter Fertigarzneimittel wurde bezüglich ihrer Indikation vorläufig verzichtet. Über 20 000 früher registrierte Arzneimittel gel- ten demnach automatisch für wei- tere zwölf Jahre als zugelassen.

Dann erst muß eine Verlängerung der Zulassung oder der Registrie- rung beantragt werden. Auch für neu entwickelte Arzneimittel wird nur scheinbar ein Wirksamkeits- nachweis gefordert. Im § 25, der die Zulassung regelt, heißt es zwar unter anderem:

"(2) Die zuständige Bundesbe-

hörde darf die Zulassung nur ver- sagen, wenn 4. dem Arzneimittel die vom Antragsteller angegebene therapeutische Wirksamkeit fehlt oder diese nach dem jeweils gesi- cherten Stand der wissenschaftli- chen Erkenntnis vom Antragsteller unzureichend begründet ist."

Transparenz auf dem Arzneimittelmarkt

Soweit, so gut!

Im gleichen Paragraphen findet sich jedoch ein bedenklicher Zu- satz, der die Forderung nach dem Wirksamkeitsnachweis wieder völ- lig paralysiert. Es heißt nämlich:

"Die Zulassung darf nach Satz (2) Nr. 4 nicht deshalb versagt wer- den, weil therapeutische Ergeb- nisse nur in einer beschränkten Zahl von Fällen erzielt worden sind. Die therapeutische Wirksam- keit fehlt, wenn feststeht, daß sich mit dem Arzneimittel keine thera- peutischen Ergebnisse erzielen lassen." Danach darf auch Place- bos die Zulassung nicht versagt werden, weil aufgrundgesicherter wissenschaftlicher Erkenntnisse feststeht, daß sich auch mit diesen ab und zu therapeutische Ergeb- nisse - erwünschte und uner- wünschte Wirkungen - erzielen lassen. "Hier hat der Gesetzgeber offenbar einen unwissenschaftli- chen Alleingang unternommen, dessen Interpretation ihm sicher noch größte Schwierigkeiten be- reiten wird" -so Herken und Ke- witz in einem Beitrag zum Wirk- samkeitsnachweis für Arzneimittel - Basis jeder rationalen Therapie- im DEUTSCHEN ÄRZTEBLATT vom September letzten Jahres.

Das 2. AMG wird ebensowenig wie das erste seinen Zweck erfüllen

Tabelle 1: Zahl in den euro- päischen Nachbarländern re- gistrierter Fertigarzneimittel

Belgien 4 000 ( 7 902') Dänemark 2 760

England 2 050 (nach EEC-Vorschrift) Finnland 3 700

Frankreich 4 500 (11 050*) Niederlande 2 200 ( 3 500*) Norwegen 1 900

Osterreich 7 438**) Schweden 1 778 ( 2 615*) Schweiz 5 200

(Krankenkassen 2 350) Bundes-

republik 22 000 (30 000*)

') einz. Darr.-Formen '') 1975

können, die Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit der Arznei- mittel zu sichern. Obwohl seine Durchführung in verschiedenen Bereichen erhebliche Kosten aus- lösen wird, dürftees-wie Aschen- brenner annimmt - mehr zur Unordnung als zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes beitra-

gen. Immer wieder stellen deshalb

Fachleute im ln- und Ausland die Frage, wie lange noch die Bundes- republik Deutschland als dritt- größter Arzneimittelproduzent der Welt mit dem größten Export auf die wesentlichen Gütezeichen sei- ner Produkte verzichten will und kann.

Die Tabelle 2 zeigt, in welchen Ländern der Weit ein Wirksam- keitsnachweis gefordert wird, in welchen Ländern diese Forderung vorgesehen ist und in welchen Ländern man darauf verzichtet.

Diese Aufstellung, zu der mir Frie- bel dankenswerterweise die Unter- lagen besorgt hat, bestätigt die Feststellung von Franz Gross, daß die Bundesrepublik Deutschland in bezugauf Arzneimittelgesetzge- bung und Arzneimittelkontrolle den Status eines Entwicklungslan- des hat- müßte sie doch in Spalte 3 unter Nr. 2 eingetragen werden, da sie für alte wie fürneue Arznei- mittel echten Wirksamkeitsnach-

weis vorläufig nicht fordert.

~ Die Chance, durch ein zweck- mäßiges AMG den Arzneimittel- markt von Wildwuchs zu bereini- gen und überschaubarer zu ma- chen, wurde zum zweiten Mal ver- tan. Das ist um so bedauerlicher, als gerade heute die Transparenz notwendiger ist denn je. Das gilt insbesondere für den Bereich der sozialen Krankenversicherung, der über 90 Prozent unserer Be- völkerung umfaßt. Hier hat das

Krankenversicherungs-Kasten- dämpfungsgesetz (KVKG) bezüg- lich einer wirtschaftlichen Verord- nungsweise von Arzneimitteln drei wesentliche Änderungen der RVO gebracht:

8

Nach § 368 e (6) wird die Ver- einbarung eines Arzneimittel-

DEUTSCHES ARZTEBLATT Heft 23 vom 8. Juni 1978 1371

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höchstbetrages im Gesamtvertrag zwischen Ärzten und Krankenkas- sen gefordert, bei dessen Über- schreitung ein Ausgleich durch zusätzliche und gezielte Einzel- prüfungen der Verordnungsweise der Ärzte mit entsprechenden Re- gressen erfolgen muß.

f) Nach § 368 p (1) haben die Richtlinien der Bundesausschüsse der Ärzte und Krankenkassen über die Verordnung von Arznei- und Hilfsmitteln diese so zusammen- zustellen, daß dem Arzt der Preis- vergleich und die Auswahl thera- piegerechter Verordnungsmengen ermöglicht wird.

0

Nach § 368 p (8) haben die Bundesausschüsse unter Berück- sichtigung der Therapiefreiheit und der Zumutbarkeit für die Ver- sicherten in Richtlinien zu be- schließen, welche Arzneimittel oder Arzneimittelgruppen, Ver- band- und Heilmittel, die ihrer all- gemeinen Anwendung nach bei geringfügigen Gesundheitsstöru n- gen verordnet werden, nicht oder nur beim Vorliegen besonderer Voraussetzungen zu Lasten der Krankenkassen verordnet werden dürfen.

Tabelle 2: Wirksamkeitsnachweis

gefordert vorgesehen 1. Argenlinien 1. Brasilien 2. Australien 2. Chile

Kostendämpfung, preisliche

Transparenz

Diese gesetzlichen Regelungen mit dem Ziel einer Kostendämp- fung bei der Verordnung von Arz- nei- und Heilmitteln zwingen den Arzt zu einer rationalen Therapie unter strenger Beachtung der Wirtschaftlichkeit sowie die Bun- desausschüsse zur Aufstellung ei- ner Transparenz- und Negativliste für Arznei- und Heilmittel. Voraus- setzung dazu wird aber zweifellos die pharmakologisch-therapeuti- sche sowie die preisliche Transpa- renz des Arzneimittelangebots sein, die einen Vergleich des the- rapeutischen Wertes und des .. Preis-Wertes" der Arzneimittel zuläßt.

Nachdem im neuen AMG auf den entscheidenden Qualitätsnach- weis der auf dem Markt befindli- chen und auf den Markt kommen- den Arznei mittel praktisch ver- zichtet wurde, dürfte es dem Bundesausschuß schwerfallen, brauchbare Richtlinien für die wirtschaftliche Verordnungsweise zu erarbeiten bzw. Negativlisten

nicht gefordert 1. Bolivien 2.

3. Belgien 3. Großbritannien 3. Kolumbien 4. Benelux 4. Frankreich 4. Hongkong 5. Kanada 5. Indien 5. Zentralamerika 6. Dänemark 6. Iran 6. Paraguay 7. Ecuador 7. Irland 7. Peru 8. Finnland 8. Pakistan 8. Uruguay 9. Israel 9. Portugal

10. Italien 10. Spanien 11. Japan 11. Türkei 12. Mexiko

13. Neuseeland 14. Niederlande 15. Norwegen 16. Schweden 17. Schweiz 18. Südafrika 19. USA 20. Venezuela

1372 Heft 23 vom 8. Juni 1978 DEUTSCHES ARZTEBLATT

aufzustellen. Dafür spricht die Zu- rückweisung der vom Bundesaus- schuß inzwischen vorgelegten Neufassung der Arzneimittel- Richtlinien durch das Bundesmini- sterium für Arbeit und Sozialord- nung unter Hinweis auf das 2.

AMG.

~ Es ist einfach unverständlich, wie der Gesetzgeber 1977 die Auf- stellung von Richtlinien für eine wirtschaftliche Verordnungsweise fordern kann, nachdem es ihm 1976 nicht gelungen ist, die dafür notwendige Voraussetzung im 2.

AMG zu schaffen.

Was versäumt wurde und wozu der Mut fehlte, soll nun eine Sach- verständigenkommission nachho- len- sie soll für Fertigarzneimittel eine pharmakologisch-therapeuti- sche und preisliche Transparenz herbeiführen.

Sachverständige aus dem Bereich der Krankenversicherung, der Ärz- teschaft, der Arzneimittelherstel- ler, der Apothekerschaft und der Verbraucherschaft sollen Über- sichten über alle wesentlichen apothekenpflichtigen Arzneimittel aufstellen, damit eine zweckmäßi- ge und kostenbewußte Thera- pieentscheidung erleichtert wird.

Die Übersichten sollen die Arznei- mittel nach Indikationen geordnet auflisten und insbesondere die wirksamen Bestandteile der Arz- neimittel, ihre Wirkungen und Ne- benwirkungen sowie ihre Preisbe- zogenheit auf die therapeutische Dosierung aufweisen.

Aufgaben

der Transparenzlisten Die Transparenzlisten sollen

0

dazu dienen, den Arzneimittel- markt überschaubar zu machen, das heißt dem Arzt zu ermögli- chen, unter ansonsten gleichwer- tigen Arzneimitteln das preisgün- stigste auszuwählen,

f) nicht zu einer unangebrachten Diskriminierung bestimmter Arz-

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neimittelgruppen oder Fertigarz- neimittel führen,

8

für jeden Arzt brauchbar, das heißt so einfach und verständlich wie möglich, aber so richtig und differenziert wie nötig sein,

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dem Arzt nicht die Entschei- dung über therapeutische Strate- gien abnehmen (Therapiefreiheit), aber ihm ermöglichen, die- insbe- sondere wirtschaftlichen - Vor- und Nachteile alternativer Thera- pien gegeneinander abzuwägen,

8

insgesamt geeignet sein, dem Arzt zu helfen, seiner Verpflich- tung zu einer wirtschaftlichen Ver- ordnungsweise (auf der Basis ei- ner Kosten-Nutzen-Analyse) ge- recht zu werden.

Wie überall, so liegen die wesentli- chen Schwierigkeiten auch hier im Detail. Das beginnt mit der Defini- tion des Begriffes "gleichwertig":

Gleichwertig nach Wirkstoff?

Gleichwertig in bezug auf galeni- sche Zubereitung? Gleichwertig nach Indikationen? Gleichwertig nach therapeutischer Wirksam- keit? Gleichwertig nach Unbe- denklichkeit? Gleichwertig nach therapeutischem Wert?

Vermutlich wird es in einigen Arz- neimittelgruppen und vor al- lem bei Kombinationspräparaten schwierig sein, therapeutische Gleichwertigkeit festzustellen. Je- denfalls wird diese Feststellung nur für solche Arzneimittel mög- lich sein, die Wirkstoffe enthalten deren therapeutische Wirksamkeit für die angegebene Indikation er- wiesen ist.

..,. Stets wird es aber im Ermessen des einzelnen Arztes liegen müs- sen, welches Arzneimittel er im Einzelfall als das therapeutisch wertvollste verordnen will.

Für dieses Ermessen im Sinne ei- ner rationalen und rationellen- al- so einer vernünftigen und wirt- schaftlichen - Therapie benötigt der Arzt brauchbare Angaben über Art und Menge der wirksamen Be-

Transparenz auf dem Arzneimittelmarkt

standteile eines Arzneimittels, An- gaben über dessen pharmazeuti- sche Qualität, Angaben über die therapeutische Wirksamkeit für die angegebene Indikation, Anga- ben über Kontraindikationen, un- erwünschte Wirkungen, Wechsel- wirkungen u. a. m., auf die ich später zurückkomme. Soweit es sich um bekannte Wirkstoffe han- delt, deren therapeutische Wirk- samkeit erwiesen, und um Arznei- mittel, deren Pharmakakinetik be- kannt ist, wird uns Ärzten das Er- messen des therapeutischen Wer- tes und in Verbindung mit dem Preis die Erfassung des Preis-Wer- tes leichtfallen. Wirkstoffe, deren therapeutische Wirksamkeit nicht erwiesen, oder Arzneimittel, deren Pharmakakinetik nicht ausrei- chend geklärt ist, werden sich hin- sichtlich Nutzen und Risiko, also bezüglich des therapeutischen Wertes nur vergleichen lassen, wenn uns ausreichende und zu- verlässige Informationen vorlie- gen. Soweit entsprechende Infor- mationen für eine pharmakolo- gisch-therapeutische Transparenz fehlen, ist eine preisliche Transpa- renz unmöglich.

Wir Ärzte brauchen zuverlässige Angaben

Wer Transparenzlisten aufstellen will, sollte sich im voraus darüber im klaren sein, daß er uns Ärzten die für das Ermessen des thera- peutischen Wertes und für die Er- fassung des Preis-Wertes notwen- digen Angaben liefern muß, die der Gesetzgeber in zwei Arznei- mittelgesetzen vom Hersteller zu fordern versäumt hat. Für die Transparenzkommission kommt deshalb jetzt sozusagen die Stun- de der Wahrheit. Sie wird für die Richtigkeit und Zuverlässigkeit der Angaben ihrer Transparenzli- sten geradestehen müssen, sonst sind sie für uns Ärzte wertlos;

denn ohne Gewähr können wir diese Angaben ebenso wie bisher verschiedenen Arzneimittellisten

1

1 oder noch einfacher bereits vorlie-~

genden Transparenzlisten entneh- men.

Die Aufgabe der Transparenzkom- mission ist nicht leicht. Vermutlich wird die Leistung der Transpa- renzkommission auch an ihrem Mut gemessen. Sie sollte diesen trotz ihrer Inhomogenität aufbrin- gen in der Erkenntnis, daß über Arzneimittel, deren therapeuti- scher Wert sich infolge unzurei- chender oder unzuverlässiger An- gaben schwer ermessen läßt, der wirtschaftliche Aspekt entschei- den wird. Wer den therapeuti- schen Wert nicht ermessen kann, wird das billigste Arzneimittel für das preiswerteste - allerdings auch das teuerste für das beste halten müssen. Dagegen hilft nur eine zuverlässige Information der Ärzte.

Während Pfarrer glauben und Po- litiker meinen, müssen wir Ärzte wissen, welche Wirkstoffe in ei- nem Arzneimittel enthalten sind, wo und wie sie wirken, welche un- erwünschten Wirkungen sie ent- falten können, wo sie indiziert, wo sie kontraindiziert sind, in welchen Situationen vor ihrer Einnahme gewarnt werden muß u. a. m.

Nuraufgrund einer solchen zuver- lässigen Information können wir die therapeutisch wertvollsten und preisgünstigsten Arzneimittel für unsere Patienten auswählen. Das haben wir bisher auch schon ge- tan im Bemühen um eine wirt- schaftliche Verordnungsweise, zu der wir in der Kassenpraxis ver- pflichtet sind.

Aber jetzt sind Preisvergleiche therapeutisch gleichwertiger Arz- neimittel gesetzlich vorgeschrie-

ben, und dazu benötigen wir eben

zuverlässige Angaben über Wert und Preis.

Wünsche an die

pharmazeutische Industrie Obwohl die Transparenzkommis- sion in acht Sitzungen im Laufe von zehn Monaten viel Arbeit ge- leistet hat, wird man in absehbarer Zeit höchstens mit Teilergebnis- sen, d. h. mit Transparenzlisten für einzelne Arzneimittelgruppen,

DEUTSCHES ARZTEBLATT Heft 23 vom 8. Juni 1978 1373

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rechnen können. ln dieser Situa- tion scheint es angebracht, dem Gesetzgeber und den Marktbetei- ligten gegenüber Wünsche zu äu- ßern und unseren Kollegen Emp- fehlungen zu geben. Deren Erfül- lung und Befolgung könnten schon jetzt dazu beitragen, den Arzneimittelmarkt überschaubarer zu machen, das Verständnis für ei- ne rationale und rationelle Thera- pie in der Öffentlichkeit zu verbes- sern, den Ärzten eine wirtschaftli- che Verordnungsweise zu erleich- tern und nicht zuletzt forschungs- feindliche Reglementierungen zu vermeiden. So würden wir es be- grüßen, wenn sich die pharmazeu- tische Industrie entschließen könnte

0

obsolete Arzneimittel sowie solche mit breitem Anwendungs- bereich ohne nennenswerten Um- satz vom Markt zurückzuziehen. Deren gibt es sicherlich sehr viele, da sich die Nachfrage von Ärzten und Patienten, wie gesagt - auf etwa 2000 Arzneimittel konzen- triert, die 94 Prozent des Apothe- kenumsatzes ausmachen.

8

Imitationen bereits vielfach auf dem Markt vorhandener Arznei- mittel nur noch dann in den Han- del zu bringen, wenn sie nach- weislich therapeutisch wertvoller oder preiswerter als bisher be- währte Vergleichspräparate sind.

E) Kombinationspräparate nur noch herzustellen, wenn

..,.. 3.1 die Kombination nach- weislich einen additiven oder überadditiven therapeutischen Ef- fekt hat,

..,.. 3.2 die einzelnen Komponen- ten etwa gleiche Wirkungsdauer haben,

..,.. 3.3 kleinere Dosen das Risiko dosisabhängiger unerwünschter Wirkungen vermindern,

..,.. 3.4 wesentliche und regelmä- ßige unerwünschte Wirkurigen ei- ner Monotherapie vermindert oder verhütet werden können,

..,.. 3.5 durch Zugabe weiterer Wirkstoffe die Entwicklung einer Resistenz gegenüber einem Wirk- stoff verhindert oder verzögert werden kann.

O

die Arzneimittelinformation für den Arzt immer wieder auf die glei- chen Angaben zu stützen, diese Angaben in allen Prospekten un- verändert zu wiederholen und sie

in Arzneimittellisten aufzuneh- men:

..,.. 4.1 Bezeichnung des Arznei- mittels

..,.. 4.2 wirksame Bestandteile nach Art und Menge

..,.. 4.3 pharmazeutische Qualität - Wirkstofffreisatzung

- biologische Verfügbarkeit - Schicksal im menschlichen

Organismus

..,.. 4.4 spezifizierte Indikation mit dem Hinweis auf den zu erwarten- den Therapieerfolg entsprechend nachgewiesener therapeutischer Wirksamkeit in kontrollierten Ver- suchen

..,.. 4.5 Kontraindikationen, Risi- ken, Warnhinweise

..,.. 4.6 unerwünschte Wirkungen nach Art und Häufigkeit sowie Empfehlungen für deren Minde- rung

..,.. 4.7 Wechselwirkungen mit an- deren Arzneimitteln, anderen the- rapeutischen Maßnahmen, Nah- rungs- und Genußmitteln, Beei n- flussung der Laborwerte

..,.. 4.8 Dosierungsanweisung für Erwachsene, Kinder, alte Men- schen bei gestörter Ausschei- dungsfunktion

..,.. 4.9 Darreichungsformen, Pak- kungsgrößen, Preise für Packun- gen und Gewichtseinheiten der Wirkstoffe.

Englischen Ärzten stehen in den Data Sheets Compendien, ameri- kanischen Ärzten in den Physi-

1374 Heft 23 vom 8. Juni 1978 DEUTSCHES ARZTEBLATT

cians desk referends solche und noch weitere Daten präzise und zuverlässig von allen auf dem Markt befindlichen Arzneimitteln zur Verfügung. Das Modell ist also vorhanden. Es müßte nur bei uns nachgeahmt werden, wie es in der Schweiz zur Zeit geschieht.

Durch die Erfüllung dieser Wün- sche könnte der Arzneimittelmarkt überschaubarer gemacht und den Ärzten eine wirtschaftliche Ver- ordnungsweise erleichtert wer- den. Ratscheck hat sicherlich recht, wenn er feststellt, daß der Hersteller als bester Sachkenner seiner Arzneimittel den Ärzten die zuverlässigsten Informationen lie- fern kann. Diese Angaben müßten, wie gesagt, für jeden Arzt brauch- bar, das heißt so einfach und ver- ständlich wie möglich, aber so richtig und differenziert wie nötig sein, damit der Arzt die therapeu- tisch wertvollsten und preiswerte- sten Arzneimittel auswählen kann.

Das ist seine Freiheit, aber auch gleichzeitig seine Verpflichtung dem Patienten und Kostenträger gegenüber. Die Therapiefreiheit, die erfreulicherweise bisher unge- fährdet war, wenn man von uner- heblichen Negativlisten im KV-Be- reich absieht, ist relativ. ln Notfall- situationen sowie bei schweren Erkrankungen ist der Arzt an eine optimale Therapie mit einigen we- nigen unentbehrlichen Arzneimit- teln gebunden. Bei leichteren Er- krankungen oder Beschwerden bleibt ihm mehr Freiheit der Ver- ordnung, soweit er die Wirtschaft- lichkeit beachtet. Wir Ärzte sind mit diesem Freiheitsraum bisher einigermaßen ausgekommen.

Sorgen mit dem Höchstbetrag Sorge macht uns die Forderung eines Arzneimittelhöchstbetrages im Gesamtvertrag zwischen Ärzten und Krankenkassen nach § 368 e (6) RVO und die Zurückweisung einer Neufassung der Arzneimit- telrichtlinien des Bundesaus- schusses der Ärzte und Kranken- kassen, auf die ich bereits hinge- wiesen habe. Hier zeichnen sich

(7)

Gefahren für die Therapiefreiheit ab, die uns Ärzte in Gewissens- konflikte bringen können. Wir soll- ten uns deshalb mehr denn je ein feines Ohr für falsche Töne, ein scharfes Auge für falsche Wege und ein gutes Gespür für falsche Freunde bewahren.

..,.. Vor allem möchten wir unseren Kollegen empfehlen, sich die Aus- wahl therapeutisch wertvoller und preisgünstiger Arzneimittel zu er- leichtern, indem sie sich auf einen sozusagen individuell gestalteten Arzneimittelschatz stützen. Darin sollen so viel wie nötig und so we- nig wie möglich Arzneimittel ent- halten sein, von deren therapeuti- schem Wert und deren günstigen Preis man sich überzeugt hat und durch deren wiederholte Anwen- dung zunehmend mehr persönli- che Erfahrungen gewonnen wer- den können.

Für und wider

Kombinationspräparate

Dann wird man auch auf diejeni- gen nicht hören müssen, die grundsätzlich für oder gegen Ge- nerika bzw. Kombinationspräpara- te sind. Natürlich wird eine ratio- nale Therapie Monosubstanzen bevorzugen. Kombinationspräpa- rate können jedoch nicht nur Nachteile, sondern auch Vorteile aufweisen, die ihre Verordnung rechtfertigen.

Im Folgenden eine Gegenüberstel- lung, welche Vor- und Nachteile Kombinationspräparate aufweisen können:

Mögliche Vorteile:

1. Verbesserung der Pharmakaki- netik

2. Verstärkung der therapeuti- schen Wirksamkeit

3. Verminderung unerwünschter Wirkungen

4. Verzögerung oder Verhinde- rung einer Resistenzentwicklung

Transn::~rAnz auf dem Arzneimittelmarkt

5. Vereinfachung der Mehrfach- verordnung

Mögliche Nachteile:

1. Verschlechterung der Pharma- kakinetik

2. Verlust individueller Dosierbar- keit

3. Komplikationen durch Interfe- renzen

4. Erhöhtes Risiko durch uner- wünschte Wirkungen

5. Erschwerung des Preisver- gleichs.

Demnach wird man unterscheiden müssen zwischen zweckmäßi- gen Kombinationspräparaten und sinnlosen Mehrzweckpräparaten.

Die ersteren gehören in den Arz- neimittelschatz jedes Arztes, auf die letzteren sollte man verzichten.

Leider werden fixe Kombinationen vom Gesetzgeber und Kostenträ- ger vermutlich ungewollt bevor- zugt. Einerseits waren sie nach

§ 21 (1 b) des alten AMG bei der Registrierung und sind sie nach

§ 22 (3) des neuen AMG bei der Zulassung sowie durch die Be- rechnung der Rezeptgebühr nach der Zahl der Einzelverordnungen begünstigt. Andererseits wird ihre Verordnung dadurch gefördert, daß Kassenvertreter in den Prü- fungsausschüssen immer wieder die Zahl der verordneten Arznei- mittel je Behandlungsfall als Kri- terium wirtschaftlicher Verord- nungsweise fälschlich verwenden.

Dieser Situation haben sich Her- steller, Ärzte und Patienten ange- paßt:

..,.. Der deutsche Arzneimittel- markt ist wie kein anderer von Kombinationspräparaten über- schwemmt, deren hoher Umsatz weder therapeutisch noch preis- lich berechtigt ist. Der Gesetzge- ber und die Krankenkassen sollten diesen Hinweis zum Anlaß neh- men, sorgfältig zu überprüfen, ob und inwieweit ihre "unerwünschte

Wirkung" auf die Verordnung von Mehrzweckpräparaten beseitigt werden kann.

Bitte an die Patienten

Unsere Patienten möchten wir bit- ten, unsere Bemühungen um eine rationale und rationelle Therapie durch Zurückstellung eigener Wünsche nach bestimmten Arz- neimitteln zu unterstützen.

Wir Ärzte werden uns von falschen Orientierungen bei der Verord- nung von Arzneimitteln um so leichter frei machen können, wenn wir uns - wie gesagt - auf eine eigene optimal erscheinende Arz- neimittelauswahl verlassen. Diese wird von Arzt zu Arzt und natürlich von Fachgebiet zu Fachgebiet sehr unterschiedlich sein. Auch in

"arznei mittelintensiven Fachg ru p- pen" werden dazu heute selten mehr als 150 Arzneimittel notwen- dig sein. Sachlich begründete Empfehlungen von Arzneimitteln durch Kollegen oder die zuverläs- sige informatorische Werbung für Arzneimittel der Hersteller sollten uns veranlassen, den eigenen Arz- neimittelschatz immer wieder zu überprüfen. Hierzu bietet die Arz- neimittelkommission der deut- schen Ärzteschaft ihre Orientie- rungshilfen an.

Nur wenn man mit den gewohnten Arzneimitteln nicht mehr zufrieden ist, wenn sich andere Arzneimittel als therapeutisch wirksamer oder preisgünstiger erweisen, oder wenn grundsätzlich neue, nach- weislich verbesserte Arzneistoffe auf den Markt kommen, sollte man Altes durch Neues ersetzen. Auf diese Weise wird man sich eine rationale Therapie und eine wirt- schaftliche Verordnungsweise er- leichtern können und mit relativ wenigen Arzneimitteln auskom- men.

Und damit bin ich wieder bei Heubner, der uns lehrte: "Man muß viel Pharmakologie verste- hen, um möglichst wenige Arznei- mittel zu gebrauchen." •

DEUTSCHES ARZTEBLATT Heft 23 vom 8. Juni 1978 1375

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