Im Oktober 2010 startete an der Georg-August- Universität Göttingen das an der Hochschul- didaktik verankerte Projekt „Forschungsori- entiertes Lehren und Lernen“ (FoLL). Dieses ermöglicht Bachelor-Studierenden der grund- ständigen Studiengänge aller Fakultäten der Universität Göttingen in einem Team über ein selbst gewähltes Thema aus dem eigenen Fach zu forschen. Inzwischen sind vier Projektdurch- läufe erfolgreich abgeschlossen worden, die fünfte Projektphase befindet sich in der Halb- zeit und die sechste Ausschreibung ist gerade erfolgt. Aus Göttingen Campus Q PLUS werden Mittel bereit gestellt.
FoLL basiert auf folgenden Grundgedanken:
Bachelor-Studierende forschen früh, möglichst selbständig und praxisnah, in einem Team bestehend aus Studieren- den und Lehrenden. Die Teamkonstellati- on kann interdisziplinär sein.
Studierende erfahren einen zusammen- hängenden Prozess von der Projekt- planung bis zur öffentlichen Präsentation.
Parallel zum Forschungsprozess in den einzelnen Fakultäten erlangen Studieren- de Schlüsselkompetenzen und Lehrende Lehrkompetenzen an der Hochschuldidak- tik, die ihre Projektarbeit unterstützen.
Die hochschuldidaktischen Workshops sind interdisziplinär.
Am Ende des Semesters werden die Ergebnisse hochschulöffentlich präsentiert.
Rolle und Aufgaben der Hochschuldidaktik
FoLL fußt als Lehr- und Lernprojekt auf dem Rollenverständnis, dass Dozierende nicht pure Wissensvermittler_innen, sondern Begleitende im Lernprozess ihrer Studierenden sind und
Studierende neues Wissen nicht nur durch das Rezipieren, sondern eigenes Handeln, so auch möglichst eigenständiges Forschen erlangen.
Die Hochschuldidaktik ist der Ort, wo Lehrende und Lernende für diese teilweise „neuen Rol- len“ sensibilisiert werden und die dafür erfor- derlichen hochschuldidaktischen Kompetenzen erlangen können.
Die oben erwähnten Grundgedanken für For- schungsorientiertes Lehren und Lernen er- fordern eine institutionelle Verankerung des Lehr- und Lernprojektes. Die Hochschuldidaktik koordiniert das Projekt von der öffentlichen Ausschreibung über die Auswahl und Durch- führung der Forschungsprojekte bis zur Prä- sentation und Evaluation, berät Betreuende in Bezug auf Lehrmethoden und Studierende in Bezug auf Schlüsselqualifikationen und vermit- telt zwischen den Akteuren der Forschungs- projekte. Zudem werden auf die Bedarfe aller Projektteilnehmenden zugeschnittene Work- shop-Formate angeboten.
Projektablauf
FoLL wird jedes Semester ausgeschrieben. Die Initiative für einen Projektantrag kann sowohl von Studierenden als auch von Lehrenden ausgehen. Gewünscht ist, dass Studierende in Absprache mit ihren Lehrenden den Antrag schreiben, um die Studierenden in ihrem wis- senschaftlichen Niveau und ihrer Begeisterung für eine Forschungsfrage abzuholen und ihre Eigenständigkeit zu fördern. Ein vollständiger Projektantrag beinhaltet das Nennen der For- schungsfrage, der Teamkonstellation (in der Regel 4 – 8 Studierende, 2 Betreuende), der methodischen Herangehensweise, des Zeit- plans und eine Aufstellung eines transparen- ten Kostenplans. Ein Forschungsteam kann bis zu 5. 000 Euro beantragen, u. a. für Sachmittel, Forschungsreisen und das Einladen von Refe-
rent_innen. Ein aus Studierenden, Lehrenden und Vertretern des Präsidiums bestehender Lenkungsausschuss entscheidet über die Aus- wahl der Projekte. Am Projektende werden die Forschungsergebnisse hochschulöffentlich in Form von Postern und Kurzvorträgen prä- sentiert. Die Evaluation des Projektes erfolgt zum einen schriftlich und zum anderen gibt es ausführliche Abschlussgespräche mit allen Projektbeteiligten.
Hochschuldidaktische Workshops
Im Rahmen von FoLL werden Workshop-Forma- te angeboten, die speziell auf Lehrende, Stu- dierende und beide Gruppen gemeinsam zuge- schnitten sind. Am FoLL-Einführungsworkshop nehmen Lehrende und Studierende gemein- sam teil. Es werden Teams unterschiedlicher Fächer eingeladen. Ziel ist es, fachfremden Teams die eigene Forschungsfrage verständlich zu vermitteln und für Teamarbeit und Zeitma- nagement zu sensibilisieren.
Zu Projektbeginn werden die FoLL-Lehrenden eingeladen, sich kennenzulernen und ein For- mat des regelmäßigen Austauschs über die Forschungsprojekte abzustimmen. Es folgen mehrere Workshops, welche die Lehrenden in Bezug auf ihre didaktischen Anforderungen unterstützen sollen (z.B. „Initiierung forschen- der Lernprozesse“, „Problembasiertes Lernen“,
„Forschungsorientiertes Lehrennachhaltig“).
Explizit werden zur Vorbereitung auf die Ab- schluss-Präsentation Workshops zum Erstellen wissenschaftlicher Poster und zum Halten von Fachvorträgen angeboten.
Bilanz und Perspektive
Anhand der Erfahrungen und Rückmeldungen aus vier Forschungssemestern wird deutlich, dass FoLL eine hohe Akzeptanz mit bisher zehn
Forschungsorientiertes Lehren und Lernen (FoLL)
Georg-August-Universität Göttingen
Forschungsteams pro Semester hat. Die quan- titative und qualitative Evaluation zeigt, dass Studierende, die an FoLL teilgenommen haben, aufgrund der Projekterfahrung in Hinblick auf ihr Studium und ihre Zukunft von FoLL profitie- ren. Als Nutzen wird genannt,
einen besonderen Einblick in die Abteilung und Arbeit ihrer Lehrenden bekommen zu haben
sich mögliche Berufsfelder besser vorstellen zu können
vertrauter zu sein mit professionellem und wissenschaftlichem Arbeiten den Mehrwert von Teamarbeit und interdisziplinärem Arbeiten erfahren zu haben
Einige Lehrende erwähnen, dass sich ihr Lehr- verhalten aufgrund von FoLL in der Form verän- dert hat, dass sie bei Studierenden noch früher das Interesse am Forschen wecken wollen. Per- spektivisch wird angestrebt, das hochschuldi- daktische Rahmenprogramm noch stärker auf die Bedarfe der einzelnen Forschungsteams anzupassen und durch intensive Austauschge- spräche mit den Lehrenden eine Nachhaltigkeit von Forschungsorientiertem Lehren und Lernen in den einzelnen Fakultäten zu erzielen.
PROJEKTPRÄSEnTATIOn 13
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PROJEKTPRÄSEnTATIOn 13
59SuSANNE WImmELmANN
Projektleiterin
Georg-August-Universität Göttingen
Hochschuldidaktik
Waldweg 26 37073 Göttingen
MAIL: susanne.wimmelmann@
zvw.uni-goettingen.de
WEB: uni-goettingen.de/
forschendeslernen
Foto: Universität Göttingen