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Archiv "Das DDR-Erbe beschäftigt auch die Apotheker" (18.10.1990)

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Bundesarbeitsminister Dr. Nor- bert Blüm (CDU) bekam die Mehr- heit auf dem Deutschen Apotheker- tag — zumindest in der Frage „Blüm — oder Mittagessen?" Auf diese For- mel brachte nämlich die Podiumslei- tung scherzhaft die Abstimmungsfra- ge, ob man die Mittagspause nicht zur Fortsetzung der Diskussion nut- zen sollte.

Die Mehrheit „für Blüm" war in Wirklichkeit eine gegen den Arbeits- minister. Denn die versammelten Apotheker und Apothekerinnen de- battierten zu diesem Zeitpunkt hef- tig über den 55prozentigen Abschlag auf den Herstellerabgabepreis. Die- ser soll für alle Arzneimittel gelten, die zu Lasten der gesetzlichen Kran- kenversicherung auf dem Gebiet der ehemaligen DDR verordnet werden.

Hart angegangen wurde dabei Dr.

Gunnar Griesewell, Regierungsdi- rektor im Bundesministerium für Ar- beit und Sozialordnung, der seinen Dienstherrn verteidigen mußte.

Die Bundesvereinigung Deut- scher Apothekerverbände (ABDA) wehrt sich mit folgenden Argumen- ten gegen den Abschlag:

Arzneimittel würden in den fünf neuen Bundesländern noch zu über 80 Prozent durch deren eigene pharmazeutische Industrie geliefert.

„Von einer Überziehung der Lei- stungsfähigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung der (ehemali- gen, Anm. d. R.) DDR durch die Hersteller der Bundesrepublik kann keine Rede sein", urteilte ABDA- Präsident Klaus Stürzbecher.

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Die Ausgaben der Kranken- versicherer für Arzneimittel seien nicht erheblich gestiegen. „Nach Ab-

zug der Mehrwertsteuer ist der Um- satz mit Arzneimitteln in weiten Be- reichen der DDR nach uns vorlie- genden Zahlen in den Monaten Juli und August gegenüber denselben Monaten des Vorjahres signifikant zurückgegangen", erklärte Dr. Jo- hannes Pieck, Sprecher der ABDA- Geschäftsführung.

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Der Abschlag würde die pharmazeutische Industrie der ehe- maligen DDR und die Privatisierung der Apotheken gefährden. Werner Trockel, Vorsitzender des Saarländi- schen Apothekervereins, ging in ei- ner Modellrechnung davon aus, daß sich der Rohertrag der Apotheker und Apothekerinnen um durch- schnittlich 40 Prozent schmälern würde.

Dr. Gunnar Griesewell vertei- digte die geplante Minderung nicht zuletzt als eine vorbeugende Maß- nahme gegen mögliche Preissteige- rungen: „Der Gesetzgeber kann sich nicht darauf verlassen, daß schon nichts passieren wird."

Privatisierung vormals staatlicher Apotheken

Mehr Hoffnung, an dem 55pro- zentigen Abschlag noch etwas ver- bessern zu können, machten den Apothekern Aussagen einzelner Bundestagsabgeordneter. Ob Die- ter-Julius Cronenberg (FDP), Karl- Hermann Haack (SPD) oder Dr.

Paul Hoffacker (CDU) — keiner ver- teidigte die Maßnahme, der doch über das „Ja" zum Einigungsvertrag alle zugestimmt hatten.

Zufriedener äußerten sich AB- DA-Vertreter zum Stand der Privati- sierung staatlicher Apotheken in den neuen Bundesländern. Es sei damit zu rechnen, erklärte Dr. Johannes Pieck, daß bis Ende 1991 drei Viertel aller 2000 Apotheken von selbständi- gen und freiberuflichen Apothekern betrieben würden. Etwa 500 Apothe- ken ließe die Treuhandanstalt noch bis 1995 von angestellten Apothe- kern verwalten. Hier gäbe es entwe- der rechtliche Schwierigkeiten, oder die Leiter stünden kurz vor dem Ru- hestand.

Als „problematisch" betitelte Pieck das Kapitel „Übernahme der Apothekenbetriebsordnung der Bundesrepublik für das Gebiet der bisherigen DDR". Im Einigungsver- trag ist festgelegt, daß künftig Phar- mazieingenieure ( = Berufsbild der DDR) ebenso wie Apothekerassi- stenten ( = Berufsbild der Bundesre- publik) Apothekenleiter vertreten dürfen. Schon dies ist Apothekern aber offenbar ein Dorn im Auge: Die Apothekerassistenten in der Bundes- republik hatten ihr Vertretungsrecht nämlich vor dem Bundesverfassungs- gericht erstritten. An einer Ausweit- ung der Kompetenzen auf Pharmazie- ingenieure sind offenbar viele Apo- theker nicht interessiert. Einige gaben zu bedenken, daß die Qualifikationen gar nicht zu vergleichen seien. Aller- dings wurde die ABDA auch gebeten, erst einmal eine klare Darstellung der unterschiedlichen Berufe zu erarbei- ten, damit man sich ein besseres Urteil bilden könne.

Ausführlich wurde in Düsseldorf unter anderem auch über Auswir- kungen und mögliche Modifikatio- nen des Gesundheits-Reformgeset- zes (GRG) diskutiert. Eine der inter- essantesten Aussagen in Richtung Ärzteschaft: Im Zusammenhang mit dem Wirtschaftlichkeitsgebot des GRG betonte der Sprecher der AB- DA-Geschäftsführung, Pieck, daß es nicht die Aufgabe des Apothekers sei, das Verordnungsblatt auch noch auf Wirtschaftlichkeitsvorschriften hin zu überprüfen. „Der Apotheker ist weder der medizinische noch der juristische Kontrolleur des Arztes und erst recht nicht der verlängerte Arm der Krankenkassen gegenüber dem Arzt", sagte Pieck. th

Das DDR-Erbe beschäftigt auch die Apotheker

Apotheker in den neuen und alten Bundesländern, Apotheken im eu- ropäischen Birmenmarkt, Gesundheits-Reformgesetz - der Deut- sche Apothekertag in Düsseldorf bot eine Fülle gesundheitspoliti- schen Zündstoffs. Am heftigsten debattierten Apotheker und Apo- thekerinnen jedoch über den 55prozentigen Abschlag auf Arznei- mittel in der ehemaligen DDR. Er soll laut Einigungsvertrag vom

1. Januar 1991 an erhoben werden.

A-3204 (32) Dt. Ärztebl. 87, Heft 42, 18. Oktober 1990

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