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Pezzatti, G. B., De Angelis, A., & Conedera, M. (2016). Potenzielle Entwicklung der Waldbrandgefahr im Klimawandel. In A. R. Pluess, S. Augustin, P. Brang, Bundesamt für Umwelt BAFU,Bern, & Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald,Schnee und Landscha

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Auswirkungen des Klimawandels auf den Wald

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3.8 Potenzielle Entwicklung der Waldbrand- gefahr im Klimawandel

Gianni Boris Pezzatti, Antonella De Angelis und Marco Conedera

Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL, Cadenazzo Korrespondenz: boris.pezzatti@wsl.ch

In der Schweiz treten jedes Jahr – hauptsächlich in den Alpen – ungefähr 100 Wald- brände mit einer Fläche von total etwa 300 Hektaren auf. Sie wirken auf die Funktio- nen des Ökosystems: So können sie zu Erosionsprozessen führen oder die Schutzfunk- tion der Wälder reduzieren. Für Massnahmen, die das Phänomen «Waldbrand» unter Kontrolle halten, ist eine fundierte Einschätzung des zukünftigen Waldbrandgefahren- potenzials notwendig. Mit gängigen Feuerwetterindizes und einem neu entwickelten

«Fire Niche»-Ansatz wurde das Auftreten von Bränden abgeschätzt. Im 21. Jahrhundert wird mit drei Klimamodellen (CLM, RCA und RegCM) für den Winter (Vegetationsruhe:

Dez.–April) eine nahezu gleichbleibende Situation prognostiziert. Jedoch scheinen die Klimaprojektionen bei der Simulation des trockenen Föhn-Windes, der die Waldbrand- gefahr in den Südalpen erhöht, zu versagen. In den Sommermonaten (Vegetationszeit:

Mai–Nov.) wird ein allgemeiner Anstieg der Brandgefahr gegen Ende des Jahrhunderts vorhergesagt. Insbesondere im Sopraceneri und im Misox könnten sowohl die Wahr- scheinlichkeit für durch Blitzschläge ausgelöste Waldbrände als auch deren Brandflä- chen deutlich ansteigen. Der «Fire Niche»-Ansatz prognostiziert ausserdem für das tro- ckenste Klimamodell eine vielfache Zunahme von anthropogen verursachten Bränden in der Region Bern, eine mässige Zunahme im Tessin und Engadin sowie einen Anstieg der betroffenen Flächen in den Sommermonaten im Wallis.

Zusätzlich geben wir einen Überblick über nicht klimatische brandfördernde Fakto- ren, wie sozioökonomische Gegebenheiten, menschliches Verhalten und Gesetzeslage, die in der Vorhersage nicht betrachtet wurden. In der Zukunft wird es wichtig sein, dass eidgenössische und kantonale Forstbehörden sowie Waldbrandbekämpfungsorganisa- tionen eng zusammenarbeiten, um ein effizientes System zur Einschätzung der Wald- brandgefahr aufzubauen, die Öffentlichkeit zu sensibilisieren und Vorschriften für das Management von Brennmaterial in gefährdeten Gebieten einzuführen.

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auf verschiedenen Ebenen angesiedelten Mass- nahmen reagiert werden, zum Beispiel durch An- passung und Umsetzung von rechtlichen Vorga- ben, Aufklärungs- und Präventionskampagnen sowie speziellen Trainings für Feuerwehren. Da- für ist eine fundierte Einschätzung der künftigen Entwicklung des Waldbrandgefahrenpotenzials er- forderlich.

Feuerregime sind das Ergebnis komplexer In- teraktionen zwischen Wetterbedingungen, Brenn- material, Topografie und Zündquellen (cardille

et al. 2001; mermoz et al. 2005; kreBS et al. 2010).

Ihre Veränderungen sind hauptsächlich auf klima- tische sowie vom Menschen verursachte Fakto- ren zurückzuführen (moreno et al. 2014; Pezzatti et al. 2013). Meteorologische Phänomene können Feuer direkt entfachen (Blitzeinschläge) oder in- direkt feuerbegünstigend wirken. Dies zum einen kurzfristig, indem sie den gegenwärtigen Feuch- tigkeitsgehalt der Vegetation verändern (cumming

2001; duBe 2007), zum anderen langfristig, indem sie Art und Umfang der Biomasseproduktion be- einflussen (kraWchuk et al. 2006). Der Einfluss menschlichen Handelns auf das Feuerregime kann ebenfalls direkt oder indirekt sein. Direkt durch wil- lentliches oder unbeabsichtigtes Legen von Brän- den, indirekt etwa durch die Beeinflussung von Art, Menge und Vernetzung der Vegetation (Sy­

Phard et al. 2007) oder durch das Feuermanage- ment wie Brandschutzvorschriften, Regulierung des Brennmaterials oder Massnahmen zur Wald- brandbekämpfung (guStaFSon et al. 2004; zum­

Brunnen et al. 2012; Pezzatti et al. 2013).

In zahlreiche Modelle zur Vorhersage der zu- künftigen Brandgefahr, sowohl auf globaler (z. B.

moritz et al. 2012) als auch auf lokaler Ebene (z. B.

Schumacher und Bugmann 2006), gehen brenn- materialbezogene Komponenten ein. Artverbrei- tungsmodelle («species distribution models», SDM) sagen für die Schweiz bedeutende Verän- derungen in der Waldfläche und Artenzusammen- setzung voraus, mit einer Verlagerung der Brei- ten- und Höhenbereiche sowie Veränderungen in der Trockenheitstoleranz (zimmermann et al. 2011

Waldbrände: Auswirkung, entscheidende Faktoren und Modellansätze

Waldbrände treten weltweit auf, von den borea- len Regionen über den Mittelmeerraum bis hin zu den Tropen. Obwohl die Schweiz als Land mit eher geringem bis mittlerem Waldbrandrisiko ein- geschätzt wird (conedera et al. 2011), sind jährlich annähernd 100 Waldbrände mit einer totalen Flä- che von rund 300 Hektaren zu verzeichnen (Mit- telwerte 1990–2014, Swissfire Datenbank, Pezzatti

et al. 2010). Hauptsächlich betroffen ist der Alpen- raum. Dort sind Waldbrände neben Windwürfen die wichtigsten Naturgefahren, die das Ökosys- tem der alpinen Wälder formen (Wohlgemuth et al.

2008). Ausserdem sind die sozioökonomischen Auswirkungen, wie hohe Interventionskosten oder Einbussen bei der Holzproduktion, relevant.

Waldbrände beschädigen jedoch selten Gebäude oder gefährden Menschenleben direkt. An Hän- gen oberhalb von Siedlungen können Brände aber schwerwiegende indirekte Folgen haben, da sie die Schutzfunktion der Wälder beeinträchti- gen und die hydrologischen Bodeneigenschaften verändern. Dies zeigt sich insbesondere, wenn es in den Monaten nach einem Grossbrand zu star- ken Regenfällen kommt, was die hangabwärts ge- legene Infrastruktur durch erhöhte Erosion und damit einhergehende Erdrutschgefahr gefährdet (conedera et al. 2003).

In den Alpen ist die Temperatur in den letz- ten 50 Jahren im Vergleich zum Durchschnitt der nördlichen Halbkugel 1,6-mal so stark angestiegen (0,35 °C / Jahrzehnt, cePPi et al. 2012). Klimasimula- tionen für die Schweiz sagen einen weiteren Tem- peraturanstieg, veränderte Niederschlagsmuster (Kap. 2.1, remund et al. 2016) sowie länger anhal- tende Trockenperioden voraus (Kap. 2.2, Scherler

et al. 2016). Als direkte Folge davon werden sich Häufigkeit und Intensität der Waldbrände wahr- scheinlich auch in denjenigen Gebieten erhöhen, die bislang als nicht feuergefährdet eingestuft wur- den (Schumacher und Bugmann 2006). Auf diese neuen Herausforderungen muss zeitnah und mit

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Auswirkungen des Klimawandels auf den Wald

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sowie Kap. 3.7, zimmermann et al. 2016). Die effek- tive Geschwindigkeit der Baummigration und der Wald entwicklung ist jedoch durch Verbreitungs- und Wettbewerbsprozesse beschränkt und wird zudem stark von der Wahl der Waldbewirtschaf- tung beeinflusst (lindner et al. 2014). Obwohl er- wartet wird, dass in Nord- und Westeuropa der zunehmende CO2-Gehalt in der Atmosphäre und die wärmeren Temperaturen kurz- bis mittelfristig zu erhöhtem Waldwachstum und erhöhter Holz- produktion führen (lindner et al. 2010), werden klimatisch bedingte Veränderungen in der Zusam- mensetzung des Brennmaterials mit einem nen- nenswerten Einfluss auf das Feuerregime in der Schweiz wahrscheinlich nur mittel- bis langfristig auftreten. Damit ist die Einschätzung der zukünfti- gen Brandgefahr unter Berücksichtigung all dieser Einflussfaktoren eine äusserst herausfordernde Aufgabe. Zudem sind Änderungen menschlicher Verhaltensweisen im Zusammenhang mit der Ge- setzgebung oder anthropogener Feueraktivitäten schwer vorhersagbar. Dies kann insbesondere für Gebiete mit geringem bis mittlerem Brandrisiko wie der Schweiz relevant sein, wo eine Änderung in der bisherigen Land- und Forstbewirtschaftung oder in der Flächennutzung (z. B. die Aufgabe von landwirtschaftlichen Grenzertragsflächen) oder auch ein zunehmendes Bewusstsein für die Brandgefahr die Feuerregime schnell verändern können (z. B. conedera et al. 2004; zumBrunnen

et al. 2012). Beispielsweise erlebte das Tessin in den 1960er-Jahren einen vielfachen Anstieg der Waldbrände. Die Ursache war das abrupte Einstel- len herkömmlicher landwirtschaftlicher Tätigkeiten in und Abwanderung aus abgelegenen Gebieten, was zu einer erhöhten Brennmaterialauflage in den Wäldern führte, da dort kein Brennmaterial mehr gesammelt wurde. Zudem wurden landwirt- schaftliche Grenzertragsflächen durch deren Auf- gabe innerhalb kurzer Zeit zu feueranfälligen Bra- cheflächen (Pezzatti et al. 2013).

Modellansätze zur Einschätzung der zukünftigen Waldbrandgefahr

Verschiedene Studien haben die zukünftige Brand- gefahr auf globaler (z. B. Flannigan et al. 2013) oder regionaler Skala (z. B. WaStl et al. 2012; cane

et al. 2013; tanget al. 2015; karali et al. 2012; leh­

tonen et al. 2014) eingeschätzt und stellten dabei den direkten Einfluss des Klimas auf die Feuch- tigkeit und die Entflammbarkeit des Brennmateri- als in den Mittelpunkt, indem sie die Entwicklung von Feuerwetterindizes untersuchten (Box 3.8.1).

Weltweit existieren mehrere solcher Indizes, die auf der Idee basieren, die Feuchtigkeitseigenschaf- ten des Brennmaterials (Streu oder Humus) und das entsprechende Waldbrandrisiko durch die nu- merische Kombination feuerbezogener meteoro- logischer Parameter – wie Niederschlagsmenge, relative Luftfeuchtigkeit, Lufttemperatur und Wind- geschwindigkeit – zu simulieren. Jedoch sind diese Feuerwetterindizes häufig mit bestimmten Brenn- materialtypen und lokalen Umweltbedingungen verknüpft, sodass sie nicht auf jeden Waldtyp oder auf jede Region übertragbar sind und ihre Anwendung einer sorgfältigen Evaluation bedarf.

Um diese Einschränkungen zu überwinden, ent- wickelten de angeliSet al. (2015 b) den Feuerni- schen-Ansatz («Fire Niche»). Mit diesem neuen Ansatz wird eine passende Kombination aus Feu- erwetterindizes und meteorologischen Parametern ausgewählt, um das Auftreten von Waldbränden in einer bestimmten Region am besten vorherzusa- gen. Der Einfluss des Menschen auf das Feuerre- gime wird dabei in indirekter Form mitberücksich- tigt. Diese Art der Modellbildung erfordert jedoch

«Trainingsdaten», die über einen homogenen Zeit- raum erhoben wurden und eine Mindestanzahl von Feuerereignissen beinhalten, sodass die Me- thode derzeit nur auf Gebiete angewendet werden kann, für die bereits ein entsprechender Datensatz vorliegt. In der Schweiz ist dies momentan nur für die Alpenregion der Fall.

Dieser Beitrag schätzt die Entwicklung der Waldbrandgefahr unter Berücksichtigung dreier

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Box 3.8.1. Einstufung der Waldbrandgefahr

Systeme zur Einstufung der Waldbrandgefahr beruhen auf empirischen oder physikalischen Modellen zur Abschätzung der Feuchtigkeitszustände eines spezifischen Brennmateri- als in Abhängigkeit der Wetterbedingungen. Hierfür können bestehende Feuerwetterindizes herangezogen werden. Alter- nativ können neue Modelle für das Auftreten von Bränden für bestimmte Regionen, Brennmaterialarten oder Jahreszeiten erstellt werden. Während der Vorteil des ersten Ansatzes in seiner Einfachheit liegt, kann beim zweiten besser auf lokale Besonderheiten eingegangen werden.

Feuerwetterindizes

Indem Feuerwetterindizes Werte wie die Temperatur, die re- lative Luftfeuchtigkeit, die Windgeschwindigkeit und Trock- nungseffekte auf unterschiedliche Weise kombinieren, bieten sie einen Massstab dafür, wie hoch die Wahrscheinlichkeit für das Ausbrechen eines Waldbrandes ist, was die zu erwar- tende Ausbreitungsgeschwindigkeit ist, mit welcher Intensi- tät gerechnet werden muss und wie schwer es sein wird, das Feuer zu bekämpfen.

Feuerwetterindizes werden normalerweise auf täglicher Basis berechnet, unterscheiden sich aber hinsichtlich der Kom- plexität des Berechnungsalgorithmus und der einbezogenen meteorologischen Parameter (Tab. 3.8.1). Einige sind sehr ein- fach, wie der «Angström-Index» (chandler et al. 1983), der auf tagesaktuellen meteorologischen Charakteristiken basiert, die mit der Trockenheit der Luft in Verbindung gesetzt werden.

Auch der «Nesterov-Index» (neSterov 1949) lässt sich sehr einfach bilden – er bezieht sich auf die Trockenheit des Brenn- materials, ist dabei aber kumulativ. Das heisst, dass er auch die Bedingungen der vorangegangenen Tage berücksichtigt.

Der «Keetch-Byram Drought Index» (KBDI, Keetch und By- raM 1968) beinhaltet eine stark ausgeprägte zeitliche Kom- ponente und eignet sich für die Erkennung von Trocknungs- effekten im Brennmaterial. Andere Indizes, wie der «Fosberg Fire Weather Index» (FFWI, foSBerg 1978) und der «Forest Fire Danger Rating Index» («Sharples», SharPleS et al. 2009) messen der Windgeschwindigkeit bei der Berechnung des Feuchtege- halts des Brennmaterials und dem damit verbundenen Brand- potenzial eine grössere Rolle bei. Der komplexere «Canadian Fire Weather Index» (FWI) ist aus mehreren kumulativen Mo- dulen zusammengesetzt, die unterschiedliche Brennmateri- alkomponenten abdecken («Fine Fuel Moisture Code», FFMC;

«Duff Moisture Code», DMC; «Drought Code», DC) und durch den Einbezug der Windbedingungen auch die potenzielle Feu- erausbreitung berücksichtigen (van Wagner 1987).

Wichtige Faktoren abseits der klimatischen Gegebenhei- ten wie die Brennmaterialeigenschaften oder der Einfluss des

Menschen als Zündquelle werden jedoch nur implizit berück- sichtigt, was daran liegt, dass diese Bewertungssysteme für bestimmte Gegebenheiten entwickelt wurden (vega-garcia et al. 1995; Wotton und Martell 2005; MartineZet al. 2009;

reineKing et al. 2010; Padilla und vega-garcia 2011). Daher ist die Verwendung dieser Indizes in anderen Gebieten oder für andere Brennmaterialarten problematisch (hardy und hardy 2007; Wotton 2009).

«Fire Niche»-Ansatz

Die Feuernische («Fire Niche») ist ein neu entwickelter Model- lierungsansatz, um das Auftreten von Waldbränden vorherzu- sagen (de angeliS et al. 2015 b). Er basiert auf dem Prinzip der maximalen Entropie (MaxEnt), einem Algorithmus aus dem Be- reich des maschinellen Lernens, der für die bestehende Da- tenlage am besten geeignet ist, da er mit einem minimalen Set von Grundannahmen arbeitet (PhilliPS et al. 2006). In der Praxis werden bei diesem Ansatz, basierend auf Waldbrandstatisti- ken (d. h. Trainingsdaten), die Unterschiede der klimatischen Bedingungen an Tagen mit Waldbränden mit den täglichen kli- matischen Bedingungen im gesamten betrachteten Zeitraum («background») verglichen und so potenzielle meteorologische Nischen für Waldbrände aufgezeigt. Für die verschiedenen Feuerregime, die derzeit in der Alpenregion auftreten («Win- ter», «Sommer anthropogen» und «Sommer natürlich»), hat sich diese Methodik als besonders geeignet erwiesen und wird da- her vom Kanton Tessin bereits seit 2012 operativ eingesetzt.

Bei dem Modellierungsansatz werden gemessene mete- orologische Variablen und berechnete Feuerwetterindizes als Einflussgrössen geprüft, wobei die beobachteten Feuertage (Tage mit mindestens einer Brandentzündung) als Antwort- variable verwendet werden. Aus der Menge aller möglichen Kombinationen werden die besten Modelle ausgewählt, in- dem der Durchschnitt zweier Leistungsgrössen gebildet wird:

1) Eine angepasste Version der AUC-ROC-Kurve («Area Under the Receiving Operating Caracteristics», faWcett 2006), bei der anstelle der falsch-positiven die Gesamtheit der Daten aufgetragen werden, sowie 2) einem neu erstellten Kriterium, das sich auf die Fläche unter der Kurve der kumulativ logarith- mischen Brandfläche bezieht – wobei die Ereignisse gemäss den Modellergebnissen geordnet werden (CLARE, «Cumulative Loga rithmic Area Ranking Efficency»; PeZZatti et al. in Vorb.).

Dieses Vorgehen stellt sicher, dass unter den Modellen mit der höchsten Erkennungsrate für Waldbrandereignisse dasjenige gefunden wird, welches sich besonders für die Vorhersage von Grossbränden eignet. Um eine Überanpassung zu verhindern, wird die Leistungsbeurteilung mithilfe eines Kreuzvalidierungs- verfahrens überprüft.

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Auswirkungen des Klimawandels auf den Wald

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verschiedener Klimaprojektionen bis ins Jahr 2100 und der darin prognostizierten Änderungen in den meteorologischen Bedingungen ein. Für die ge- samte Schweiz wurde dazu eine Analyse auf Ba- sis ausgewählter Feuerwetterindizes durchgeführt.

Für Regionen mit einer ausreichend hohen Anzahl Waldbrände in der Vergangenheit wurden die zu erwartenden Feuerereignisse und Brandflächen auf Grundlage des «Fire Niche»-Ansatzes und der gegenwärtigen Verteilung der Waldbrandgefahren- klassen projiziert (Abb. 3.8.1). Zudem werden wei- tere Einflussfaktoren, wie die Art und Verteilung des Brennmaterials, sozioökonomische Gegeben- heiten und menschliches Verhalten, Gesetzgebung und Feuerpräventionsmassnahmen auf die Wald- brandgefahr diskutiert.

Aktuelle Feuerregime in den

biogeografischen Regionen der Schweiz

Paläoökologische Untersuchungen (Analysen von Pollen, Makrofossilien und Holzkohle) liefern wich- tige Informationen zur Feuergeschichte und der langfristigen Feuerökologie verschiedener Regio-

nen in der Schweiz (tinner et al. 2005; tinner und kaltenrieder 2005; conederaund tinner 2010).

Sie deuten darauf hin, dass Feuer in der langfris- tigen Vegetationsentwicklung eine unterschiedli- che Rolle gespielt hat. In den Nordalpen und der Südschweiz führten anthropogene Feuer in der Bronze- und Eisenzeit zum Verschwinden wichtiger Baumarten, wie beispielsweise der empfindlichen Tanne (Abies alba), und der damit verbundenen Waldgesellschaften. Im Mittelland traten Wald- brände deutlich seltener auf als in den Südalpen.

Dennoch führten Brände in niedrigeren Höhenla- gen (Fagus sylvatica-Quercus-Gürtel), ähnlich wie in den Südalpen, zu einem Rückgang feuerem p- findlicher Baumarten wie der Ulme (Ulmus sp.), Esche (Fraxinus excelsior) oder Linde (Tilia sp.). In den Zentralalpen kam es, bedingt durch den kon- tinentalen Charakter dieser Region, häufiger zu Waldbränden, was bei der dortigen Vegetation zu einer besseren Feueranpassung führte als bei den ursprünglichen Pflanzengesellschaften des Mittel- landes, der Nordalpen und der südlichen Schweiz (tinneret al. 2005). Mit dem Einsetzen der mo- dernen Forstwirtschaft und der Aufgabe der tra- ditionellen landwirtschaftlichen Feuernutzung im

J M

NA

ZA SA

ZA Be Rt

Mi St

En

Sp Vs

a) b)

Abbildung 3.8.1. Untersuchungsgebiete der beiden Ansätze: a) 21 Regionen, die für die Analyse der Feuerwetterindizes verwen- det wurden (drei bis fünf Regionen pro biogeografische Region: J = Jura, M = Mittelland, NA = Nordalpen, ZA = Zentralalpen, SA

= Südalpen). b) Regionen, die im «Fire Niche»-Ansatz betrachtet wurden (Be = Aaretal und Tieflagen des Kt. Bern, Rt = Graubünd- ner Rheintal, En = Engadin, Mi = Misox, Sp = Sopraceneri, St = Sottoceneri, Vs = Wallis). Die Punkte geben die Lage der Wetter- stationen an, die jeweils als Referenz dienten.

50 km

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den betroffenen Regionen sind die westlichen und nordöstlichen Teile des Mittellandes.

Die Südalpen sind am stärksten betroffen, wobei ein Grossteil der Waldbrände während der Vegetationsruhe von Februar bis April auftritt (Abb.

3.8.3), wenn der wiederkehrende Nordföhn die üp- pige Streuschicht in den Kastanienwäldern (Casta- nea sativa) rasch austrocknet. Diese Feuersaison ist geprägt von sich schnell ausbreitenden Boden- feuern anthropogenen Ursprungs, von denen die Hälfte durch Fahrlässigkeit verursacht wird. Die im Sommer auftretenden Brände fallen gewöhn- lich kleiner aus und sind teils menschlichen, teils natürlichen Ursprungs (49 % der Waldbrände im Juli und August werden durch Blitzschlag ausge- löst, Abb. 3.8.3). Die durch Blitzschlag verursach- ten Brände betreffen typischerweise Nadelwälder, die in grosser Höhenlage und an steilen Abhängen gelegen sind (conedera et al. 2006).

Trotz der eher kontinentalen Klimabedingun- gen und der häufigeren und ausgedehnteren Tro- ckenperioden in den Sommermonaten, treten Waldbrände in den Zentralalpen (und insbeson- dere im Wallis) weniger häufig auf als in den Süd- alpen. Dies ist wahrscheinlich auf die unterschiedli- chen Strukturen in den Berührungszonen zwischen 19. Jahrhundert ging die Zahl der Feuervorkomm-

nisse nördlich der Alpen drastisch zurück (Bürgi

und StuBer 2013). Feuer zur Pflege von Weideflä- chen wurde zumindest in den südlichen Alpen teil- weise bis zum 2. Weltkrieg eingesetzt (conedera

et al. 2004).

Heute ist es möglich, wiederkehrende räum- lich-zeitliche Charakteristiken von spezifischen Feu- erregimen zu parameterisieren und zusammenzu- fassen (kreBS et al. 2010). Basierend auf den Daten der nationalen Waldbranddatenbank «Swissfire»

(Pezzatti et al. 2010), stellen wir hier das Wald- brandgeschehen in der Schweiz von 1990 bis 2014 vor, einer Zeitspanne, in der unseres Erachtens ho- mogene Brandbedingungen vorlagen. Für diesen Zeitraum kann die Waldbranddatenbank für die Kantone Tessin, Graubünden, Wallis und Bern als nahezu vollständig angesehen werden. Für die üb- rige Schweiz sind die Daten teilweise unvollstän- dig, dies wohl auch deswegen, weil das Phänomen gegenüber den oben erwähnten Gebieten weniger ausgeprägt war.

In der Schweiz treten die meisten Waldbrände in den alpinen Bergregionen auf (Abb. 3.8.2), wo- bei die Häufigkeit von Süden nach Norden ab- nimmt. Die am wenigsten stark von Waldbrän-

<1 1–2 2–3 3–5 5–15 >15 [N/J/1000 km2] <0,5 0,5–1 1–5 1–10 10–20 20–70

a) Anzahl Waldbrände b) Brandfläche

>70 [ha/J/1000 km2]

Abbildung 3.8.2. Anzahl (N) der in den Jahren 1990–2014 erfassten jährlichen Waldbrände (a) und Brandfläche in Hektaren (b), jeweils relativ zu 1000 km² brennbarer Fläche (unterhalb von 2500 m ü. M. und ohne Berücksichtigung von Wasser- und Eisflä- chen, Moorflächen und städtischem Siedlungsgebiet, basierend auf dem Vector25-Primärflächen-Datensatz von Swisstopo, 2008).

50 km

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Auswirkungen des Klimawandels auf den Wald

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den als im Kanton Tessin (69). Dies kann auf eine mögliche Entwicklung von intensiveren Feuerre- gimen im Norden wie auch auf ein entsprechend verstärktes Problembewusstsein hindeuten. Im Vergleich zu den übrigen Alpenregionen finden hier die Brände in der Vegetationszeit statt, wo- bei der Anteil der durch Blitzschlag ausgelösten Brände gering ist (Abb. 3.8.3).

Im Mittelland und im Jura scheinen Wald- brände ein seltener auftretendes Phänomen zu sein. Nachforschungen (in Zeitungs- und Feuer- wehrarchiven) fördern jedoch einige Feuerereig- nisse zutage, die nicht in der Waldbranddaten- bank erfasst waren. Dies stützt die These, dass besiedelten und unbesiedelten Gebieten (soge-

nannte WUI, «Wildland Urban Interface»; conedera

et al. 2015; Box 3.8.2) und auf das unterschiedliche Vegetationsmanagement zurückzuführen. Zudem könnte in Graubünden die im Durchschnitt grös- sere Höhenlage die Feueranfälligkeit verringern.

Das sich daraus ergebende Feuerregime für die Zentralalpen zeichnet sich durch eine ziemlich aus- gewogene zweigipflige Verteilung aus (Abb. 3.8.3).

Auf der Alpennordseite sind Waldbrände selte- ner und treten hauptsächlich im Berner Oberland und im Kanton Uri auf (Abb. 3.8.2). Erwähnenswert ist, dass in den letzten Jahren (2011–2014) im Kan- ton Bern mehr Waldbrände (90) verzeichnet wur-

J F

M

A

M J J A S O

N D

Gesamte Schweiz

5 10 15

J F

M

A

M J J A S O

N D Mittelland

1 2 3

J F

M

A

M J J A S O

N D Nordalpen

0,4 0,8 1,2

1,6 J

F M

A

M J J A S O

N D Zentralalpen

1 2 3

J F

M

A

M J J A S O

N D

Südalpen

3 6 9 J

F M

A

M J J A S O

N D

Jura

0,5 1,0 1,5 2,0

Anzahl Waldbrände pro Monat und Jahr

Brandursache unbekannt anthropogen natürlich

Abbildung 3.8.3. Monatliche Verteilung der erfassten Waldbrände in der Schweiz beziehungsweise in den biogeografischen Re- gionen im Zeitraum 1990–2014. Die unterschiedlichen Brandursachen sind farblich codiert. Man beachte die unterschiedliche Skalierung der einzelnen Grafiken.

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diese Statistik – insbesondere für die Region Jura – teilweise unvollständig ist. Basierend auf den zurzeit vorliegenden Daten ist das Mittelland die biogeografische Region mit dem geringsten Wald- brandrisiko, wobei die meisten Brände im Berner Mittelland verzeichnet wurden. Im Jura dagegen treten die Brände über das gesamte Gebiet ver- teilt auf, wobei die Brandfläche im gleichnami- gen Kanton grösser ausfällt (Abb.3.8.2). Sowohl im Mittelland als auch im Jura kommt es im April zu den meisten Waldbränden, die alle durch den Menschen verursacht sind (Abb. 3.8.3).

Potenzielle Entwicklung der Waldbrand- gefahr im 21. Jahrhundert

Entsprechend der saisonalen, zweigipfligen Ver- teilung der beobachteten Feuerphänologie und der unterschiedlichen Brandursachen (natürlich vs. anthropogen; Abb. 3.8.3), unterscheiden wir für die Modellierung der potenziellen zukünftigen Waldbrandgefahr die folgenden Feuerregime: 1)

«Winter» (w), Vegetationsruhe zwischen Dezem- ber und April und alle Brandursachen; 2) «Som- mer anthropogen» (sa), Vegetationszeit von Mai bis November und nachweislich vom Menschen verursachte Brände; und 3) «Sommer natürlich»

(sn), Vegetationszeit von Mai bis November und nachweislich durch Blitzschlag ausgelöste Brände.

Den regionalen Datensatz (Abb. 3.8.1) haben wir entsprechend dieser Unterscheidung für die Ana- lyse aufbereitet, wobei wir für jeden Tag die Feuer- ereignisse (Feuertag vs. Nichtfeuertag) und die täg- liche Gesamtbrandfläche (Summe der Brandfläche aller an diesem Tag ausgebrochenen Brände) zu- sammengefasst haben.

Meterologische Daten und Klimamodelle

Für die Einschätzung der Brandgefahr von 1981 bis 2100 wurden meteorologische Projektionen auf Ta- gesbasis, die eine Bandbreite möglicher Nieder-

schlagsmuster abdecken, berechnet. Alle Projektio- nen stützen sich dabei auf das globale Klimamodell ECHAM5 (Emissionsszenario A1B) und ergeben sich aus drei verschiedenen regionalen Klimamo- dellen (Kap. 2.1, remund et al. 2016): RegCM3feucht, RCAmittel und CLMtrocken, die ein «feuchtes», ein «mitt- leres» beziehungsweise ein «trockenes» Modell abbilden. Für den Zeitraum 1981 bis 2010 wurde ein Klima-Referenzdatensatz genutzt, der mittels gewichteter Interpolationen von aufgezeichneten Daten der MeteoSchweiz-Stationen (www.meteos- wiss.admin.ch) berechnet wurde.

Um die Verlässlichkeit der Projektionen ein- zuschätzen, wurden die verschiedenen meteo- rologischen Datensätze (Lufttemperatur, relative Luftfeuchtigkeit, Niederschlagsmenge und Wind- geschwindigkeit) zuerst auf ihrer Konsistenz ge- prüft. Der interpolierte, historische Referenzdaten- satz (1981–2010) wurde mit Aufzeichnungen der MeteoSchweiz-Stationen Bern-Zollikofen, Sion, Locarno-Monti, Lugano, Chur und Samedan ver- glichen. Insgesamt zeigte sich eine hohe Überein- stimmung. Abweichungen ergaben sich jedoch für die täglichen Niederschlagsmengen. Anschlies- send wurden die Ergebnisse der drei Klimamo- delle mit dem Referenzdatensatz im Überlap- pungszeitraum (1981–2010) verglichen, wobei sich akzeptable Korrelationen bei den Monatswerten zeigten. Ein Vergleich auf Tagesbasis ergab gerin- gere Übereinstimmungen bei der Luftfeuchtigkeit, der Windgeschwindigkeit und der Niederschlags- menge (de angeliS et al. 2015 a).

Feuerwetterindizes: Abschätzung der schweizwei- ten Waldbrandgefahr

Wir benutzten zwölf häufig gebrauchte Feuerwet- terindizes, die jeweils auf Tagesbasis berechnet werden (Tab. 3.8.1) und sich in den Berechnungs- algorithmen, ihrer Komplexität und den meteoro- logischen Parametern unterscheiden (Box 3.8.1).

Die Schweiz teilten wir in 21 Regionen (Abb. 3.8.1) auf und wählten pro Region eine repräsentative

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Auswirkungen des Klimawandels auf den Wald

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Die Änderung der Waldbrandgefahr im 21.

Jahrhundert wurde mit der Anzahl von Tagen mit einem Feuerwetterindex oberhalb der Schwellen- werte bestimmt. Die Anzahl Tage über die Regio- nen, Klimaprojektionen und Jahre wurden dann innerhalb den Zeitperioden gemittelt.

Der überregionale Vergleich mit den Werten des Referenzzeitraums (2070–2099 vs. 1981–2010) zeigt für beide Schwellenwerte zunehmende Häu- figkeiten der Tage mit einer Brandgefährdung ent- lang der Nord-Süd-Achse (Abb. 3.8.4; Tab. 3.8.2). In den Sommermonaten bilden die Nordalpen eine Ausnahme, da die Werte hier tiefer als im Mittel- land sind. In den Wintermonaten bewegen sich die vorhergesagten Änderungen zwischen einer un- veränderten Situation im RegCM3feucht-Modell und merklichen Veränderungen im CLMtrocken-Modell.

Dabei sind hauptsächlich die Zentralalpen betrof- fen. Für das sommerliche Feuerregime ist in allen Regionen eine deutliche Zunahme der Brandge- fahr erkennbar. Die Projektionen zur Brandgefahr Wetterstation aus. Für jede Station wurden mit-

hilfe des Feuerwetterindizes-Kalkulators («Fire Weather Indices Calculator», FWIC) – einer von der Eidg. Forschungsanstalt WSL entwickelten Open-Source-Software1 – die zwölf ausgewählten Feuerwetterindizes für verschiedene Zeitperioden berechnet. Damit bei allen Indizes grössere Werte eine erhöhte Brandgefahr repräsentieren, wurde die Skala des Angström-Index invertiert. Um die Waldbrandgefahr des 21. Jahrhunderts abzuschät- zen, wurden pro Index zwei Schwellenwerte be- rechnet: Basierend auf den drei regionalen Klima- modellen, wurden für den Referenzzeitraum 1981 bis 2010 die täglichen Indizes für jede Region be- rechnet und von deren Gesamtverteilung das 75.

und das 95. Perzentil bestimmt. Das 75. Perzentil wird als Schwelle für eine «mittlere Brandgefahr»

gewertet und das 95. Perzentil als solche für eine

«extreme Brandgefahr» (WaStl et al. 2012).

1 https://github.com/Insubric/fire-calculator

Tabelle 3.8.1. Berücksichtigte Feuerwetterindizes und die entsprechend benutzten täglichen Klimavariablen.

Feuerindizes Akronym Meteorologische Variablen Referenzen

T Tmax Tmin Tdew H NS U

Angström Index Angström [°C] [%] chandler et al. (1983)

Baumgartner Index Baumgartner [°C] [°C] [°C] [%] [mm] [m/s] BauMgartner et al. (1967)

Fine Fuel Moisture Code FFMC [°C] [%] [mm] [km/h] van Wagner (1987)

Duff Moisture Code DMC [°C] [%] [mm] van Wagner (1987)

Drought Code DC [°C] [mm] van Wagner (1987)

Canadian Fire Weather Index FWI [°C] [%] [mm] [km/h] van Wagner (1987)

Fosberg Fire Weather Index FFWI [°C] [%] [mph] foSBerg (1978)

Keetch-Byram Drought Index KBDI [°C] [mm] Keetch und ByraM (1968)

McArthur Mark 5 Forest Fire Danger Index

FFDI [°C] [°C] [%] [mm] [km/h] Mcarthur (1967)

Orieux Index

(danger scale) Orieuxdanger [°C] [mm] [km/h] orieux (1974)

Nesterov Index Nesterov [°C] [°C] [mm] neSterov (1949)

Sharples Fire Danger Rating Index

Sharples [°C] [%] [km/h] SharPleS et al. (2009)

T, Lufttemperatur; Tmax, maximale Lufttemperatur; Tmin, minimale Lufttemperatur; Tdew, Taupunkt; H, relative Luftfeuchtigkeit; NS, Niederschlag; U, Windgeschwindigkeit.

(10)

bewegen sich dabei zwischen einem moderaten Anstieg im RegCM3feucht-Modell zu einer Verdop- pelung der «mittleren Brandgefahr» und einem mehrfachen Anstieg der «extremen Brandge- fahr» im CLMtrocken-Modell. Die Zunahme der Wald- brandgefahr dürfte dabei in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts stärker sein als in der ersten. Die durchschnittliche Anzahl der Tage mit «extremer Brandgefahr» liegt in den Jahren 2070 bis 2099 beim CLMtrocken-Modell meist höher als die berech- neten Werte des sehr warmen und trockenen Jah- res 2003 (siehe Markierungen in Abb. 3.8.4).

Je nach biogeografischer Region und Projektion liegt der Anstieg der Zahl von Sommertagen mit

«extremer Brandgefahr» im Zeitraum 2070–2099 im Mittel bei 6 bis 36 Tagen (Tab. 3.8.2). In den nieder- schlagsreicheren Projektionen (RegCM3, RCA) sind die Zentralalpen am stärksten vom Anstieg betrof- fen, in der trockensten Projektion (CLM) die Südal- pen. In der trockensten Projektion ist der Anstieg zu- dem in den Regionen Jura und Mittelland grösser als in den Zentralalpen. Bezüglich der «extremen Brandgefahr» sind die Nordalpen die von der Klima- veränderung am wenigsten stark betroffene Region.

Die einzelnen Feuerwetterindizes berechnen für die 21 Regionen der Schweiz unterschiedli- che Brandgefährdungen, wie basierend auf dem

CLMtrocken-Klimamodell die Kennzahlen eines sim-

plen («Angström»), eines kumulativen («Keetch- Bryam Drought Index», KBDI) und eines komple-

xen («canadian Fire Weather Index», FWI) Index zeigen (Abb. 3.8.5). In einigen Regionen sind dabei Abweichungen zwischen den Werten der Indizes und den effektiv aufgezeichneten Waldbränden er- kennbar (vgl. Abb. 3.8.2). Insbesondere wird vom KBDI-Index die Feuergefährdung im Wallis, und vom Angström- und vom FWI-Index die Gefähr- dung im westlichen Teil des Schweizer Mittellandes zu hoch angesetzt. Für den Zeitraum 2070–2099 prognostiziert der Angström-Index einen starken Anstieg der «extremen Brandgefahr» für das Tes- sin, gefolgt vom Jura (Region Basel) und dem westlichen Schweizer Mittelland. Ein ähnliches Muster zeigt sich bei den KBDI-Projektionen, hier jedoch mit einem stärkeren Anstieg im westlichen Mittelland. Der FWI-Index weist für das gesamte Landesgebiet ein räumlich relativ gleichmässiges Ansteigen der «extremen Brandgefahr» aus.

«Fire Niche»: Eine vertiefte Analyse ausgewählter Regionen

de angeliS et al. (2015 b) haben die in den Artver- breitungsmodellen (SDM) verwendeten Techniken benutzt, um aus meteorologischen Daten und Feu- erwetterindizes den Ausbruch von Waldbränden – insbesondere von solchen, die vom Menschen verursacht werden – tagesgenau vorherzusagen.

Dieser sogenannte «Fire Niche»-Ansatz (Box 3.8.1) Tabelle 3.8.2. Prognostizierter Anstieg der Anzahl Sommertage mit «extremer Brandgefahr» im Zeitraum 2070–2099 im Vergleich mit dem Referenzzeitraum 1981–2010 für drei Klimamodelle (RegCM3feucht, RCAmittel, CLMtrocken). Gelistet sind die Anzahl der zusätz- lichen Tage mit Feuerwetterindizes ≥ 95. Perzentil-Schwellenwert . Diese zusätzlichen Tage wurden für das prognostizierte Klima am Standort der Wetterstationen mit jeweils zwölf Feuerwetterindizes berechnet und innerhalb der biogeografischen Region ge- mittelt (± Standardabweichung). N entspricht der Anzahl der Feuerwetterindizes, multipliziert mit der Anzahl der Wetterstationen in der jeweiligen Region oder mit der Anzahl biogeografischer Regionen (für die gesamte Schweiz).

Jura Mittelland Nordalpen Zentralalpen Südalpen Gesamte Schweiz

N 36 72 60 36 48 60

RegCM3feucht 6,8 ± 4,6 9,0 ± 6,7 5,9 ± 4,7 10,8 ± 11,0 6,9 ± 7,4 7,9 ± 6,2

RCAmittel 9,8 ± 6,6 14,3 ± 10,5 10,0 ± 6,4 18,8 ± 16,4 15,9 ± 9,6 13,7 ± 9,7

CLMtrocken 24,3 ± 13,0 26,8 ± 13,2 16,3 ± 8,6 22,5 ± 14,0 36,2 ± 17,5 25,2 ± 14,4

(11)

Auswirkungen des Klimawandels auf den Wald

3

stimmte Regionen in Graubünden (Misox, Rhein- tal mit Vorderrhein, Hinterrhein bis Andeer und Churer-Rheintal und Engadin), im Wallis (Rhone- tal) und im Kanton Bern (Aaretal, sowie die Tiefla- wurde für pyrologisch homogene Regionen mit

ausreichend vielen historischen Brandaufzeich- nungen durchgeführt: Dies sind in der Schweiz der Kanton Tessin (Sopraceneri und Sottoceneri), be-

Winter Sommer

RegCM3 feuchtRCA mittelCLM trocken

90 60 30 0 90 60 30 0 90 60 30 0

Anzahl der Tage oberhalb der Schwellenwerte

2070–2099 2020–2049 1981–2010

Legende 75. 95. Perzentil Standardabweichung der Differenz zwischen 1981–2010 und 2070–2099 Jura Mittelland Nord-

alpen Zentral- alpen Süd-

alpen Jura Mittelland Nord-

alpen Zentral- alpen Süd-

alpen

Abbildung 3.8.4. Entwicklung der Anzahl Tage mit Waldbrandgefahr in fünf biogeografischen Regionen der Schweiz, basierend auf drei Klimamodellen und gemittelt über zwölf Feuerwetterindizes und drei bis sechs Regionen (siehe Abb. 3.8.1; für N pro biogeogr.

Region siehe Tab. 3.8.2). Dargestellt ist die durchschnittliche Anzahl von Tagen oberhalb der Schwellenwerte des Referenzzeit- raums (1981–2010): Die 75. (hellgrün) und 95. (dunkelgrün) Perzentile gelten als Mass für «mittlere» und «extreme Brandgefahr».

Die Startpunkte der Pfeile beziehen sich auf den Zeitraum 1981–2010, die Kreise markieren die Vorhersage für 2020–2049 und die Endpunkte die Vorhersage für 2070–2099. Die Breite der Linien an der Pfeilbasis gibt die Standardabweichung der Differenz zwi- schen dem letzten Wert und dem Startpunkt an. Die Sterne im rechten unteren Kasten zeigen die Anzahl Tage mit Waldbrandge- fahr im Sommer 2003.

(12)

gen des Kantons; Abb. 3.8.1). Wiederum wurde für jede Region eine repräsentative Wetterstation aus- gewählt: Locarno-Monti, Lugano, Chur, Samedan, Sion und Bern-Zollikofen.

Aufgrund der bestehenden Einschränkungen bei den Projektionen für den Referenzzeitraum und

um einen kohärenten und zeitlichen Zusammen- hang zwischen dem Auftreten von Waldbränden und den klimatischen Bedingungen sicherzustel- len, wurden die Modelle auf Basis der Brandstatis- tiken im Referenzzeitraum erstellt. Um einheitliche Waldbrandbedingungen zu gewährleisten, wurde

FWIKBDIAngström

1981–2010 2070–2099

a) b)

0–10 10–20 20–30 30–40 40–50 50–60 60–70 >70 [Tage]

Abbildung 3.8.5. Anzahl der Sommertage mit «extremer Brandgefahr» in 21 Regionen der Schweiz für die Referenzperiode (a, 1981–2010) und am Ende des 21. Jahrhunderts (b, 2070–2099). Basierend auf dem Klimamodell CLMtrocken sind drei Feuerwetterin- dizes (Angström, KBDI und FWI) dargestellt. Die 95.-Perzentil-Schwellenwerte für «extreme Brandgefahr» der jeweiligen Feuer- wetterindizes wurden für den Referenzzeitraum (a, 1981–2010) über alle Regionen und Klimamodelle berechnet.

50 km

(13)

Auswirkungen des Klimawandels auf den Wald

3

das sommerliche anthropogene Feuerregime im Wallis und das sommerliche natürliche Feuerre- gime im Sopraceneri und im Misox.

Die Prognosen der beiden Ansätze im Vergleich

Sowohl mit den Feuerwetterindizes als auch mit dem «Fire Niche»-Ansatz wird eine nahezu unver- änderte Waldbrandgefährdung im Winter prognos- tiziert, mit einem leichten Anstieg der feuerbegüns- tigenden Bedingungen in den Klimaprojektionen mit der höchsten Trockenheit (Abb. 3.8.4 und 3.8.6).

Da die modellierten Werte in der Referenzperiode für die Südalpen deutlich milder ausfallen als die tatsächlich erhobenen Waldbranddaten, wird ver- mutet, dass die Anzahl der Tage mit Föhn in den simulierten Datensätzen unterschätzt wurde. Dies dürfte an den Downscaling-Techniken liegen, die für die Projektionen verwendet wurden. Der Föhn ist ein trockener Fallwind, der zu einem Abfall der relativen Luftfeuchtigkeit auf tiefe Werte von bis zu 20 % und zum raschen Austrocknen von schnell entzündlichem Brennmaterial führen kann. Die un- zureichende Simulation dieses besonderen Wetter- phänomens kann die Vorhersagen entscheidend beeinflussen, da mögliche Anstiege von grosser Waldbrandgefahr in den Wintermonaten letztend- lich nicht erkannt werden.

Für den Sommer wird von den Feuerwetter- indizes (Abb. 3.8.4) und in einigen Fällen auch von den «Fire Niche»-Projektionen (Abb. 3.8.6) ein allgemeiner Anstieg der Waldbrandgefahr gegen Ende des Jahrhunderts vorausgesagt. Der Anstieg fällt in der feuchten Projektion (RegCM3) geringer aus als in den übrigen Projektionen und ist für die «extreme Brandgefahr» proportional grösser als für die «mittlere Brandgefahr». Insbesondere könnte im Sopraceneri sowohl die Wahrschein- lichkeit für durch Blitzschlag ausgelöste Brände erheblich ansteigen (bis auf das 2- bis 3-Fache) als auch die Brandfläche zunehmen. Dies könnte auch im Misox zum Problem werden. Die «Fire der Zeitabschnitt mit den Trainingsdaten der Mo-

delle für jedes Feuerregime angepasst (1981–2012 für Brände natürlichen Ursprungs und 1991–2012 für anthropogen herbeigeführte Feuer). Für die Re- gionen Misox und Engadin waren die vorhandenen Branddaten zu spärlich, um bei der Auswahl der geeignetsten Modelle ein Kreuzvalidierungsverfah- ren durchführen zu können. Die Auswahl wurde da- her direkt anhand der Trainingsperformance unter Verwendung des gesamten Datensatzes getroffen.

Die ausgewählten «Fire Niche»-Modelle (für eine vollständige Liste siehe Tab. 3 in de angeliS

et al. 2015 a) wurden auf die drei Klimamodelle an- gewendet. Die resultierenden Werte wurden in fünf Waldbrandgefahrenklassen unterteilt, die dem 90., 50., 20. und 5. Perzentil der Auftretenshäufigkeit von Waldbränden im Trainingsdatensatz entspre- chen. Die prognostizierten jährlichen Waldbrand- häufigkeiten und Brandflächen wurden berechnet, indem für jede Waldbrandgefahrenklasse die täg- lichen Durchschnittswerte (der Häufigkeit und der Brandfläche) aus dem Referenzdatensatz mit der projizierten Anzahl Tage multipliziert wurden (Abb.

3.8.6). In wenigen Fällen wichen die für die Refe- renzperiode (1981–2010) simulierten Werte von den Aufzeichnungen ab: Die Waldbrandgefahr wurde von den Klimamodellen für das winterliche Feuer- regime im Sopraceneri und Teilen des Sottoceneri unterschätzt, und das sommerliche anthropogene Feuerregime im Wallis wurde leicht überschätzt.

Insgesamt bleibt die Waldbrandhäufigkeit in den Wintermonaten in allen Zeitabschnitten ähnlich hoch. Für die Sommermonate bleibt sie in den nächsten Jahrzehnten (2020–2049) konstant, steigt dann aber in den meisten Regionen an. Dies trifft insbesondere für das trockenste Klimamodell zu.

Der grösste Anstieg wird für das sommerliche na- türliche Feuerregime im Sopraceneri und im Misox sowie für das sommerliche anthropogene Feu- erregime im Aaretal vorhergesagt. Die Feuerre- gime im Bündner Rheintal scheinen sich durch die erwartete Klimaveränderung nicht zu verändern.

Die prognostizierten Änderungen in Bezug auf die Grösse der Brandfläche betreffen hauptsächlich

(14)

zentraler Teil von Graubünden) zu sein, während die Simulationen der Feuerwetterindizes für das Mittelland im Sommer einen von Südwesten nach Nordosten verlaufenden Gradienten der Feueran- fälligkeit nahelegen (Abb. 3.8.5). Für den Jura wird im Vergleich zum Mittelland ein leicht geringerer Anstieg der Waldbrandgefahr erwartet, obwohl Niche»-Modelle sagen ferner eine Zunahme in

der Häufigkeit anthropogener Brände mit allen Projektionen im Aaretal und in den Tieflagen des Kantons Bern, und mit dem trockensten Klima- modell im Tessin sowie im Engadin voraus. Die am wenigsten betroffenen Regionen scheinen die Nordalpen und einige Teile der Zentralalpen (siehe

Klimamodell: RegCM3feucht RCAmittel CLMtrocken

beobachtete Werte

w sa sn

• 05

10 15

05 10 15

0 105 15

0 105 15

0 105 15

05 1015

05 1015

Teile des Kt. BE Rheintal

Engadin

Wallis

Misox

Sopra- ceneri

Sotto- ceneri

Waldbrände pro Jahr

w sa sn

0 3060 90

0 3060 90

0 3060 90

300 60 90

300 60 90

300 6090

0 30 6090

Jährliche Brandfläche [ha]

1981–2010 2020–2049 2045–2074 2070–2099 1981–2010 2020–2049 2045–2074 2070–2099 1981–2010 2020–2049 2045–2074 2070–2099 1981–2010 2020–2049 2045–2074 2070–2099 1981–2010 2020–2049 2045–2074 2070–2099 1981–2010 2020–2049 2045–2074 2070–2099

Abbildung 3.8.6. Für das 21. Jahrhundert mit dem «Fire Niche»-Ansatz prognostizierte Entwicklung der Anzahl jährlicher Waldbrände sowie der Brandfläche für unterschiedliche Feuerregime (w, Winter; sa, Sommer anthropogen; sn, Sommer natürlich) und Regi- onen. Die Linien stellen die Trends für die jeweiligen Klimamodelle dar, während die Punkte für die beobachtete Brandhäufigkeit und die Grösse der Brandflächen innerhalb des Referenzzeitraums (1981–2010) stehen. Für die Teile des Kantons Bern (Aaretal und Tieflagen) und das Sottoceneri wurden nicht genügend Brände natürlicher Ursache beobachtet, um eine Vorhersage zu treffen.

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Auswirkungen des Klimawandels auf den Wald

3

Mögliche Effekte der Gesellschafts- und Landschaftsentwicklung auf das Waldbrandrisiko

Die vorhergesagte Waldbrandgefahr basiert auf der unwahrscheinlichen Annahme, dass Art und Umfang der Vegetation, der sozioökonomi- sche Kontext und auch die Landschaft unverän- dert bleiben. Diese Faktoren haben sich im letz- ten Jahrhundert jedoch drastisch verändert und das Waldbrandgeschehen direkt oder indirekt stär- ker beeinflusst als die klimatischen Entwicklun- gen (Pezzatti et al. 2013; moreno et al. 2014). Die Aufgabe herkömmlicher landwirtschaftlicher Tä- tigkeiten in Randgebieten, wie sie bereits in den 1960er-Jahren in den Südalpen zu beobachten war, hatte eine Zunahme feueranfälliger Brachflächen mit hohen Gräsern und Sträuchern zur Folge und dabei die Brandgefahr erhöht. Ebenso können Än- derungen in den rechtlichen Rahmenbedingungen und der Organisation der Feuerwehr-Einsatzkräfte einen signifikanten Einfluss auf den Ausbruch und die Bekämpfung von Waldbränden haben. Im Tes- sin wurden Anfang der 1980er-Jahre die Feuer- wehren umorganisiert, und das kantonale Verbot, Gartenabfälle im Freien zu verbrennen, wird seit 1989 konsequent durchgesetzt. In den Zeiträumen 1981–1990 und 1991–2000 nahm dann auch die Waldbrandhäufigkeit während der Vegetations- ruhe um 43,2 Prozent ab, trotz feuerbegünstigen- der Klimabedingungen. Dieses Beispiel zeigt ein- drücklich, welchen Effekt die Gesetzgebung und die gesellschaftliche Organisation auf das Vorkom- men von Waldbränden haben können.

Änderungen in der Vegetationsmenge und -verteilung könnten unterschiedliche Auswir- kungen auf die von den Feuerwetterindizes auf- gezeigten Entwicklungen haben. turco et al. (2014) zeigten auf, dass der Klimawandel im Nordosten Spaniens zu einem positiven Trend bei der Wald- brandhäufigkeit, jedoch nicht zu einer Vergrösse- rung der Brandfläche führen dürfte. Dabei beton- ten sie insbesondere die indirekten klimatischen Effekte auf die Struktur des Brennmaterials, wie im Jura die geringe Wasserkapazität der dünnen

Bodenschicht eine bedeutende Rolle bei der Ver- schärfung der Auswirkungen zukünftiger Trocken- perioden auf lebendes und totes Brennmaterial spielen könnte.

Waldbrandrisiko in der Schweiz im europäischen Kontext

Unsere Ergebnisse für die südlichen Landesteile decken sich mit denen von cane et al. (2013), die auf Grundlage des «canadian Fire Weather Index»

(FWI) für die Südalpen einen allgemeinen und drastischen Anstieg in der Zahl von Tagen mit ho- her Waldbrandgefahr vorhersagen. Für die nörd- lichen Alpenregionen stellten diese Autoren eine Unsicherheit bei den projizierten Änderungen fest, wohingegen wir bei den untersuchten Projekti- onen zu schlüssigen Ergebnissen bezüglich der verschiedenen Feuerregime kamen. lehtonen

et al. (2014) prognostizierten für Finnland weni- ger starke Veränderungen im Vergleich zur Alpen- region mit jährlich ungefähr 5 bis 10 zusätzlichen Feuerrisikotagen zum Ende des Jahrhunderts hin.

Die meisten anderen europäischen Studien ver- wenden den kanadischen FWI-Index und legen den Schwerpunkt auf die Sommermonate im Mit- telmeerraum (Iberische Halbinsel und Griechen- land), wobei sie einen Anstieg bei der Zahl der Brände (45 zusätzliche Tage mit extremer Brandge- fahr; karali et al. 2014) und der Brandfläche (An- stieg auf das 2- bis 3-Fache; amatulli et al. 2013 und SouSa et al. 2015) sowie eine zeitliche Verla- gerung hin zu längeren und früher eintretenden Waldbrandperioden vorhersagen (carvahlo et al.

2011). Im Vergleich dazu zeigt der kanadische FWI in unserer trockensten Projektion (CLM) für den Sommer eine mittlere schweizweite Zunahme von 32,0 ± 9,6 Tagen mit «extremer Brandgefahr», mit einer Spitze von 47,3 ± 5,1 Tagen in den Südalpen und einem Minimum von 21,0 ± 1,8 Tagen in den Nordalpen.

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Box 3.8.2. Rolle der «Wildland-Urban Interface» (Berührungszone von Siedlungsraum und Brachland bzw. Waldvegetation) für das Waldbrandregime in den Alpen

Der Begriff «Wildland-Urban Interface» (WUI) beschreibt allge- mein Gebiete, in denen Wohnraum oder andere Infrastrukturen (z. B. Strassen) und natürliche Vegetation (wie Wiesen, Gesträu- che oder Wälder) aufeinandertreffen oder sich vermischen (theoBald und roMMe 2007). In dicht besiedelten Gebieten, wo das Feuerregime hauptsächlich von Bränden menschlichen Ursprungs geprägt ist, sind Feuergefährdung und Feuerma- nagement bei Weitem die wichtigsten WUI-relevanten Aspekte (SteWard et al. 2007; laMPin-Maillet et al. 2010). Aufgrund des ausgeprägten Geländereliefs und der damit verbundenen räum- lichen Verteilung der Infrastruktur und Brennmaterial liefernden Vegetation, weisen die feuerbezogenen WUI-Problematiken in Bergregionen wie den Alpen besondere Eigenschaften auf. Ein Grossteil der Infrastruktur befindet sich hier in den Tälern, am Fuss der Abhänge (Schwemmfächern) oder auf Hangterrassen.

Häuser und Weiler auf Hangterrassen sind meist von offenen oder kultivierten Flächen umgeben. Unter solchen Bedingungen bewegen sich Brände in Gebieten mit hoher Brennmaterialauf- lage (wie Wälder oder Brachflächen) selten auf die Infrastruktur zu. Darüber hinaus sind Brände hauptsächlich hanggetrieben, was zu einer Feuerausbreitung entlang der bewaldeten Hänge und weg von den wichtigsten Infrastrukturen führt. Infolgedes- sen wurden in den letzten Jahrzehnten keine Waldbrände aufge- zeichnet, die bewohnte Gebäude oder andere kritische Objekte betroffen hätten, obwohl in den Alpen die meisten Waldbrände in der Nähe städtischer Infrastruktur ausbrechen (conedera et al. 2011; vega oroZco et al. 2012). Ausserdem treten Wald- brände in der Umgebung der talwärts gelegenen Infrastruktur mit höherer Wahrscheinlichkeit in den Wintermonaten auf und sind lediglich von geringer bis mittlerer Intensität (ZuMBrunnen et al. 2009; PeZZatti et al. 2009).

Zusammenfassend gesagt, ist in den Alpen das Ausbrechen der Brände aufgrund menschlicher Aktivitäten die grösste feuer- relevante Wechselwirkung zwischen den besiedelten und unbe- siedelten Gebieten. Dabei besteht für die Infrastruktur keine sig- nifikante Gefahr durch den Kontakt mit brennender Vegetation. In den Alpen ist deshalb die Festlegung einer Pufferzone (WUI) zwi- schen dem Siedlungsraum und dem Brachland bzw. der Wald- vegetation mit der Kartierung der Feuergefährdung vergleichbar.

conedera et al. (2015) verwendeten «random forest» (Brei- Man 2001), einen Algorithmus aus dem Bereich des maschinel- len Lernens, um den Einfluss menschlicher Infrastruktur (z. B.

Gebäude, Strassen und Autobahnen, Wege, Bahntrassen und Weinberge) – und damit auch die Genauigkeit von Prognosen zur Waldbrandwahrscheinlichkeit – abzuschätzen. Dabei zeigte sich, dass Gebäude bei Weitem den grössten Einfluss auf das Auftre- ten direkt von Menschen verursachter Brände haben, gefolgt von befahrbaren Strassen (mit Ausnahme von Autobahnen). Dies be- stätigt die Annahme, dass ein einfacher Zugang zur Infrastruktur und das damit zusammenhängende Vorhandensein menschli- cher Aktivität die wichtigsten Faktoren für direkt vom Menschen ausgelöste Brände sind. Entsprechend wird die anthropogene Komponente des Bereichs zwischen dem Siedlungsraum und dem Brachland bzw. der Waldvegetation wie folgt definiert: die Kombination befahrbarer Strassen und einfach erreichbarer Ge- bäude, d. h. Wohngebäude mit einer Distanz von unter 100 Me- tern (euklidischer Abstand) zur nächsten befahrbaren Strasse.

Diese Distanz wurde als vernünftige Grenze angenommen, um die Gebäude an steilen Alpenhängen auszuschliessen, die von Menschen zum Zweck feuerbezogener Aktivitäten, wie dem Gril- lieren, kaum in einem Tagesausflug erreichbar sind.

Zur abschliessenden Definition des WUI-Gebiets und so- mit der Interaktion zwischen den waldbrand-relevanten Infra- Tessin

Wallis

Graubünden 100

80 60 40 20 0 100 80 60 40 20 0 100 80 60 40 20 0

Kummultative Prozentwerte [%]

0 100 200 300 400 500600 700 800 900100011001200 130014001500 Tessin

Abstand [m]

Abbildung 3.8.7. Empirische kumulative Verteilungsfunktionen (ECDF) zur Abschätzung des Abstandes (Pufferzone) um WUI-re- levante Infrastruktur sowie die darinliegende prozentuale Wald- fläche. Die Verbindungslinie der einzelnen Punkte beschreibt die kumulativen anthropogenen Zündpunkte (in %), und die durch- gezeichnete Linie beschreibt die prozentuale Waldfläche im Ab- stand zu der Infrastruktur. Verändert aus conedera et al. (2015).

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Auswirkungen des Klimawandels auf den Wald

3

Box 3.8.2. Rolle der «Wildland-Urban Interface» (Berührungszone von Siedlungsraum und Brachland bzw. Waldvegetation) für das Waldbrandregime in den Alpen

strukturen und der Waldfläche, wurde ein entsprechendes Rah- menwerk vorgelegt. Darin wurden die empirischen kumulativen Verteilungsfunktionen (ECDF) der Brandentstehungspunkte und der Waldgebiete (zufällig ausgewählte Punkte; Anzahl: 100 × die Anzahl der Brandvorfälle) in Abhängigkeit zur nächstgelegenen WUI-relevanten Infrastruktur berücksichtigt. Diese Funktionen ermöglichen es, den Prozentsatz der Brandvorkommen und den ungefähren Prozentsatz der in dieser Pufferzone enthaltenen Waldflächen abhängig von der Distanz zur nächstgelegenen WUI-relevanten Infrastruktur zu berechnen. Die kumulativen Prozentwerte (ECDF) auf Grundlage der in Abbildung 3.8.7 dar- gestellten Brandentstehungspunkte zeigen, dass die Grösse der potenziellen Pufferzonen von den geomorphologischen Charakteristiken des betrachteten Gebiets abhängt. Wenn für das Vorkommen von Waldbränden ein Grenzwert von 75 % angenommen wird, beträgt die entsprechende Pufferdistanz für den Kanton Tessin ungefähr 100 m, im Wallis sind es 160 m und in Graubünden 230 m. Dies entspricht ungefähr 20, 50 be- ziehungsweise 54 % der infrage kommenden Waldfläche. Wird der Grenzwert bei einer Abdeckung von 20 % der Waldfläche angelegt, ergeben sich Abstände von 50 m für das Wallis, 60 m für Graubünden und 100 m für das Tessin, wobei 38, 47 bezie- hungsweise 75 % der Brände innerhalb dieser Fläche auftreten.

In praktischer Hinsicht ermöglicht der von conedera et al.

(2015) vorgeschlagene Ansatz, die einbezogene Waldfläche bei der Planung einer detaillierten Analyse des Feuerrisikos und

der Massnahmen zur Brandgut-Regulierung drastisch zu ver- ringern (um 20 bis 50 %, je nach gewählter WUI-Option, siehe Abb. 3.8.8 rechts). Daher sollte die Festlegung einer solchen Pufferzone als ein erster Schritt in der Feuerprävention mithilfe forstwirtschaftlicher oder technischer Massnahmen betrach- tet werden. Eine Verfeinerung bei der Kartierung solcher Puf- ferzonen könnte beispielsweise erreicht werden, indem man die bestehenden Pufferzonen mit anderen feuerrelevanten Informationen abgleicht – wie etwa der Feuerempfindlichkeit der Waldvegetation (PeZZatti et al. 2009) oder mit detaillierten, auf anderen Kriterien basierenden Feuerrisikokarten, wie von conederaet al. (2011) vorgeschlagen (siehe auch Abb. 3.8.8 links). Solch ein schrittweises Vorgehen, bei dem der Fokus auf den Waldabschnitten mit höherem Feuerrisiko liegt, ermöglicht Förstern und Försterinnen sowie Feuermanagern und Feuerma- nagerinnen eine einfache Bestimmung von Gebieten mit hoher Brandentstehungsgefahr, wo es zwingend sein kann, die zur Verfügung stehenden finanziellen und technischen Mittel für Feuerpräventionsmassnahmen zu konzentrieren.

Die beiden betrachteten WUI-Komponenten (die rele- vante Infrastruktur sowie die Waldfläche) sind dynamisch und können sich mit der Zeit verändern. Der in dieser Studie vor- gelegte Ansatz erlaubt es, bestehende WUI-Karten (Karten der Pufferzonen) sehr einfach an die sich verändernden Notwen- digkeiten des Feuermanagements und zukünftige klimatische Bedingungen anzupassen.

Abbildung 3.8.8. Beispiel einer WUI-Karte (Wildland-Urban Inter- face, Berührungszone von Sied- lungsraum und Brachland bzw.

Waldvegetation). Karte basierend auf der 75 % Pufferdistanz der Zünd- punkte innerhalb von 100 m um die nächste WUI-relevante Infrastruk- tur (rechts) und die erweiterte Ver- sion, welche durch Überlagerung mit einer detaillierten Feuerrisiko- karte gebildet wurde (links). Karten- material: © Swiss topo. Verändert aus conedera et al. (2015).

Winter Risiko WUI

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zum Beispiel ungünstigere Bedingungen hinsicht- lich der Verfügbarkeit von leicht entzündlichem Brennmaterial und dessen räumlich zusammen- hängendem Vorkommen. In der Schweiz sind auf- fällige, alleine auf klimatische Faktoren zurück- führbare Änderungen in der Zusammensetzung des leicht entzündlichen Brennmaterials in den nächsten Jahrzehnten unwahrscheinlich. Aufgrund von Verdrängung und klimatischen Einschränkun- gen werden viele langsam wachsende, mittel- bis spätsukzessionale Arten möglicherweise nicht im- stande sein, nur durch natürliche Migration mit der Klimaänderung Schritt zu halten (zimmermann

et al. 2011). Darüber hinaus dürfte die prognosti- zierte Zunahme an schnell wachsenden, sich rasch ausbreitenden Pionierbaumarten keinen gravie- renden Einfluss auf die Feuerregime haben, da diese allgemein nur wenig Streu aufbauen. Zu- dem haben sie einen Präventionseffekt auf die Brachlandflächen, da sie Büsche und hohe Gräser verdrängen.

Den Klimamodellen zufolge könnten allge- mein trockenere Bedingungen die Menge der Biomasse verringern und damit die Feuerwahr- scheinlichkeit reduzieren. Hingegen könnte eine Veränderung der Niederschlagsmuster mit erhöh- tem Niederschlag und längeren Trockenperioden zu einer höheren Brennmaterialauflage und einer grösseren Feueranfälligkeit führen. Eine Verlage- rung der Baumgrenze in grössere Höhen könnte letztlich zu einem geringfügigen Anstieg der blitz- schlagbedingten Waldbrandgefahr beitragen. Lau- fende Massnahmen der Biodiversitätsförderung in den Wäldern wie vermehrtes Belassen von Tot- holz im Wald könnte zu einer Akkumulation von grobem Brennmaterial beitragen. Obwohl dies nicht unbedingt nennenswerte Auswirkungen auf die Feuerhäufigkeit haben muss, kann es sich auf die Intensität der Waldbrände auswirken, was die Brandbekämpfung erschwert und letztlich zu grös- seren Brandflächen führt. Insbesondere im Über- gangsbereich zwischen dem Siedlungsraum und Brachland bzw. Waldvegetation (WUI) wäre es an- gemessen, sorgfältig abzuwägen, wo Massnah-

men zur Förderung der Biodiversität mithilfe von Totholz angewendet werden, um die Brennmate- rialauflage in feuerempfindlichen Gebieten mög- lichst zu begrenzen. Wie von conedera et al. (2015) berechnet, dürften in den Alpen die Ausdehnung städtischer Siedlungen bis an die Waldgrenzen und der Bau neuer Strassen in bewaldeten Ge- bieten die Berührungszone von Siedlungsraum und Brachland bzw. Waldvegetation vergrössern (Box 3.8.2) und damit möglicherweise zu einer Zunahme der Brände führen. Da auch die Ent- wicklung hin zu mehr Freizeitaktivitäten im Wald oder in Waldnähe ähnliche Folgen hätte, werden Präventionskampagnen zur Sensibilisierung der Öffentlichkeit und zur Förderung von verantwor- tungsvollem Verhalten eine besonders wichtige Rolle spielen.

Schlussfolgerungen

Ein Anstieg der Waldbrandgefahr im Sommer wurde für die Schweiz sowohl durch «Fire Ni- che»-Modelle als auch durch Feuerwetterindizes – einen spekulativeren Ansatz, weil es an ausrei- chenden Brandstatistiken für die meisten Regio- nen nördlich der Alpen mangelt – prognostiziert.

Für die Zukunft wird es wichtig sein, zeitnah effek- tive Ansätze für das Waldbrandmanagement zu im- plementieren, insbesondere in denjenigen Regio- nen, in denen sehr wenig Erfahrung im Umgang mit diesem Phänomen besteht. In diesem Zusam- menhang könnten Instrumente für eine tagesak- tuelle Einschätzung der Waldbrandgefahr, wie der

«Fire Niche»-Ansatz oder Echtzeit-Sensoren zur Messung des Feuchtegehaltes des Brennmateri- als (conedera et al. 2012) wichtige Unterstützung bei der Waldbrandprävention und der Brandbe- kämpfung leisten.

In den feueranfälligeren Regionen kann eine Zunahme der sommerlichen Waldbrände zu unter- schiedlichen Situationen führen. Im Tessin ist die Stärke der Feuerwehrkräfte derzeit an die feuer- gefährdetere Wintersaison angepasst und ist da-

(19)

Auswirkungen des Klimawandels auf den Wald

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Danksagung

Wir danken für die finanzielle Unterstützung der folgenden Pro- jekte (Projektleitung; [Mit-]Autor und Mitautorin des Kap. 3.8) durch das Forschungsprogramm «Wald und Klimawandel» des Bundesamtes für Umwelt BAFU und der Eidg. Forschungsan- stalt WSL: «Forest fire danger potential and climate change»

(G. B. Pezzatti; A. De Angelis, M. Conedera); «Wildland-Urban Interface (WUI) and forest fire ignition in Alpine conditions (WUI-CH)» (M. Conedera) und «Interreg» Projekt «ALPFFIRS»

(M. Conedera; G. B. Pezzatti, A. De Angelis). Weitere Beiträge der Autoren wurden durch das Bundesamt für Raumentwick- lung ARE und die Kantone Tessin, Wallis, Graubünden und Bern ermöglicht.

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her möglicherweise den zukünftigen Herausforde- rungen gewachsen. Im Wallis und möglicherweise auch im Kanton Bern könnte dagegen eine Verstär- kung der Feuerwehren notwendig werden. In Zu- kunft könnte es auch eine interessante Option sein, das Management der Brennmaterialien in den feu- ergefährdeteren Regionen zu überdenken. Die Be- stimmung der Berührungszone von Siedlungs- raum und Brachland bzw. Waldvegetation, wie sie von conedera et al. (2015; Box 3.8.2) vorgeschla- gen wird, könnte für die Erkennung sensibler Ge- biete verwendet werden, um dort gezielt Massnah- men im Bereich des Brennmaterial-Managements durchzuführen, zum Beispiel durch das Entfernen von Bodenstreu oder das Ausdünnen des Unter- holzes.

Angesichts der Tatsache, dass die meisten Waldbrände durch den Menschen verursacht wer- den, wird das öffentliche Wissen um dieses Phäno- men von entscheidender Bedeutung sein. Daher arbeitet das Bundesamt für Umwelt (BAFU) derzeit daran, die Kantonsbehörden für die Waldbrand- thematik zu sensibilisieren, zum Beispiel durch die Aufnahme der Waldbrandvorkommnisse in einer nationalen Datenbank oder durch das Vorantreiben von Recherchen zur Rekonstruktion der Brandge- schichte. Darüber hinaus muss jeder Kanton täg- lich eine Einschätzung der Waldbrandgefahr auf Basis eines fünfstufigen Systems erstellen, die auf der offiziellen Website www.waldbrandgefahr.ch veröffentlicht wird. Es wird wichtig sein, den Wis- senstransfer zwischen den bereits heute von Wald- bränden betroffenen Regionen und solchen, die in Zukunft mit diesem Problem konfrontiert sein dürften, voranzutreiben, sowohl bei den Forstbe- hörden durch Feuerprävention und gegebenen- falls Brennmaterial-Management als auch bei den Brandbekämpfungsorganisationen.

Referenzen

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