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Pauli, B., Stöckli, B., Holthausen, N., & Rosset, C. (2016). Ökonomische Beurteilung waldbaulicher Strategien zur Bewältigung des Klimawandels im Schweizer Mittelland. In A. R. Pluess, S. Augustin, P. Brang, Bundesamt für Umwelt BAFU, Bern, & Eidgenös

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Academic year: 2022

Aktie "Pauli, B., Stöckli, B., Holthausen, N., & Rosset, C. (2016). Ökonomische Beurteilung waldbaulicher Strategien zur Bewältigung des Klimawandels im Schweizer Mittelland. In A. R. Pluess, S. Augustin, P. Brang, Bundesamt für Umwelt BAFU, Bern, & Eidgenös"

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Auswirkungen des Klimawandels auf den Wald

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4.3 Ökonomische Beurteilung waldbaulicher Strategien zur Bewältigung des

Klimawandels im Schweizer Mittelland

Bernhard Pauli1, Barbara Stöckli2, Niels Holthausen3 und Christian Rosset1

1 Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften HAFL, Zollikofen

2 IMPULS AG Wald Landschaft Naturgefahren, Thun

3 Ernst Basler + Partner, Zollikon Korrespondenz: bernhard.pauli@bfh.ch

Der Klimawandel stellt die Waldwirtschaft vor grosse wirtschaftliche Herausforderun- gen. Dabei stellt sich die Frage, welche Waldbaustrategien sich am besten eignen, um den wirtschaftlichen Erfolg unter neuen klimatischen Bedingungen zu gewährleisten und mögliche Ausfallrisiken in der Holzproduktion zu minimieren.

Die monetären Auswirkungen verschiedener Waldbaustrategien (Referenzstrategie und drei Anpassungsstrategien: «risikomindernd», «kostenmeidend», «ertragsorientiert») im Schweizer Mittelland wurden modelliert und einander vergleichend gegenübergestellt.

Vor dem Hintergrund klimabedingter Veränderungen wurden für diese Strategien die Entwicklung der demografischen Struktur der Wälder für die nächsten 90 Jahre simuliert und die anfallenden ordentlichen Nutzungsmengen, die Zwangsnutzungsmengen sowie die zu verjüngenden und zu pflegenden Flächen geschätzt. Anschliessend wurden die wirtschaftlichen Auswirkungen bewertet. Dabei wurden klimawandelbedingte Schaden- ereignisse, mögliche Preisschwankungen und Preisentwicklungen sowie unterschiedli- che Zinsannahmen berücksichtigt.

Die Ergebnisse zeigen, dass im Mittelland eine aktive Anpassung der Wälder an den Klimawandel gegenüber der Wahrung der Referenzstrategie ökonomisch vorteilhaft ist.

Die ertragsorientierte Strategie führt zu den geringsten Ertragseinbussen, ist allerdings auch die risikoreichste. Risikoaverse Waldbesitzer könnten daher mit einer risikomindern- den Strategie besser bedient sein. Die kostenmeidende Strategie und die Referenzstrate- gie haben die höchsten Ertragseinbussen. Der wichtigste Parameter für die Beeinflussung des Risikos ist die Umtriebszeit, welche in der ertragsorientierten und in der risikomin- dernden Strategie gegenüber der Referenzstrategie verkürzt wird. Ein weiterer bedeuten- der Parameter ist die Baumartenwahl. Mit einer entsprechenden Waldbaustrategie, kön- nen die erwarteten klimabedingten ökonomischen Ausfälle zum Teil minimiert werden.

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zudem die Frage, ob auch künftig genügend Holz aus dem Schweizer Wald zur Verfügung gestellt und verarbeitet werden kann. Neben der Quantität stehen dabei vor allem die Baumarten und Sorti- mente im Fokus. Nadelstammholzsortimente sind heute für die Schweizer Forstbetriebe der grösste Mengen- und Umsatzträger und stellen für die Abnehmerindustrien den grössten Abnahmemen- genanteil dar (Abb. 4.3.1). Geht man von einem in der Zukunft stabil bleibenden Preis-Mengen-Ge- füge aus, dürfte eine klimawandelbedingte Ver- knappung der Nadelholzsortimente sowohl für die Waldwirtschaft als auch für die Holzwirtschaft grös- sere Konsequenzen haben.

Ältere Studien, die sich mit den Kostenfolgen des Klimawandels in der Schweiz befassen, äus- sern sich zur Waldwirtschaft oft nur qualitativ oder sind im Hinblick auf die zugrunde liegenden Ein- gangsparameter und ihre quantitative Bewertung nicht auf dem neuesten Stand (vgl. meier 1998).

Die für die Quantifizierung der klimawandelbe- dingten Kosten benötigten Annahmen sind nach wie vor sehr ungewiss: So gibt beispielsweise Eco- plan (2007) an, dass 60 % der in ihrer Analyse ab- gebildeten Unsicherheiten von unsicheren Mone- tarisierungsannahmen herrühren und nur rund 40 % auf die unsichere Klimaentwicklung zurück- zuführen sind.

Der Klimawandel als ökonomisches Thema

Herausforderungen des Klimawandels in der Wald- wirtschaft

Die Analyse der Konsequenzen des Klimawandels für den Wald stellt seit einigen Jahren ein wichti- ges Forschungsfeld in den Waldwissenschaften dar. Der Fokus liegt primär auf naturwissenschaft- lichen Fragestellungen. In den Wirtschaftswissen- schaften hat man sich diesem Thema bisher noch nicht mit der gleichen Intensität gewidmet. Ein Grund hierfür liegt sicherlich in der Herausforde- rung, alle den wirtschaftlichen Erfolg im Wald be- einflussenden, klimawandelbedingten Parameter zu erfassen, zu modellieren und ihre Auswirkun- gen monetär zu quantifizieren. Zudem sind öko- nomische Bewertungen über so lange Zeiträume umstritten (vgl. z. B. hoStettler und deegen 2009), da die wirtschaftliche Entwicklung kaum über 20 bis 30 Jahre hinaus vorhersehbar ist. Trotz die- ser Probleme ist jedoch das Bedürfnis aus Politik und Waldwirtschaft vorhanden, klimawandelbe- dingte Folgeschäden im Wald abzuschätzen, da infolge der langen Produktionszeiträume bereits heute die Weichen für effiziente Anpassungsstra- tegien in der Waldwirtschaft gestellt werden müs- sen. Für die Wald- und Holzwirtschaft stellt sich

3,5 3,0 2,5 2,0 1,5 1,0 0,5

0 Stammholz Ndh

Stammholz Lbh Energieholz Ndh Sortimentsentwicklung [Mio. m3]

Energieholz Lbh übrige Sortimente Industrieholz Ndh

Industrieholz Lbh

57,5 % Stammholz Ndh

3,5 % Energie-Hackschnitzel Ndh 5,8 % Industrieholz Lbh

6,9 % Stammholz Lbh 0,1 % übrige Sortimente Ndh

8,2 % Energie-Stück- u. Langholz Lbh

1,5 % Energie-Stück- u. Langholz Ndh 4,2 % Industrieholz Ndh 12,2 % Energie-Hackschnitzel Lbh

a) b)

Abbildung 4.3.1. Sortimentsentwicklung in der Schweizer Holzernte von 2004 bis 2012 (a) und wirtschaftliche Bedeutung anhand der Erlösanteile je Holzsortiment an den gesamten Holzerlösen im forstwirtschaftlichen Testbetriebsnetz der Schweiz (b). Ndh, Nadelholz; Lbh, Laubholz. Daten aus lehner et al. (2015) und Bürgi et al. (2015).

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Auswirkungen des Klimawandels auf den Wald

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Eine neuere Studie von haneWinkel et  al.

(2013) weist auf schwerwiegende wirtschaftliche Auswirkungen des Klimawandels auf die Wälder ganz Europas (ohne Russland) hin. Je nach zu- grunde gelegten Zinsannahmen und Klimaszena- rien werden bis zum Jahr 2100 für die Waldbesitzer Einkommensverluste von 14 bis 50 % prognosti- ziert (Mittelwert bei 28 % und Zinsannahme 2 %).

Die Studie gibt wertvolle Hinweise auf die gene- rellen wirtschaftlichen Gefahren, die durch den Kli- mawandel im Wald entstehen können. Als naturale Basis für die ökonomischen Berechnungen wurde die potenziell natürliche Vegetation angenommen.

Waldbauliche Gegenmassnahmen zur Aufrechter- haltung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Wälder, zum Beispiel das aktive Einbringen von kli- maresistenten Gastbaumarten oder das Absenken von Umtriebszeiten zur Reduktion des Ausfallrisi- kos, wurden nicht berücksichtigt.

Neue Methode zur Projektion der Kosten- folge des Klimawandels im Mittelland

Die dem vorliegenden Kapitel zugrunde liegende Studie setzt den Fokus auf die Beurteilung aktiver waldbaulicher Gegenstrategien und basiert auf der tatsächlichen Baumartenzusammensetzung.

Hierfür wurde zunächst eine Methode entwickelt, die eine ökonomische Bewertung verschiedener Strategien der Waldwirtschaft zur Anpassung an den Klimawandel ermöglichte. Diese Überlegun- gen haben vor dem Hintergrund der seit Jahren schwierigen wirtschaftlichen Situation der Forst- betriebe im Holzproduktionsbetrieb und den durch den Klimawandel prognostizierten Folgen für die Waldwirtschaft eine durchaus hohe Relevanz.

Der Fokus der Analysen lag auf der durch den Klimawandel notwendigen Anpassungsphase der Schweizer Wälder. Die nach der Anpassungsphase wieder entstehende Gleichgewichtsphase blieb unberücksichtigt, da ein zeitlich begrenzter Ana- lysefokus bis zum Jahr 2100 gesetzt wurde. Die am Ende der Betrachtungsperiode zu erwartenden

Waldwerte wurden jedoch separat dargestellt und flossen in die Gesamtbewertung ein.

Ziel der Studie war es, mögliche Kosten- und Erlösunterschiede in Abhängigkeit verschiedener Waldbaustrategien und im Vergleich zu heutigen Klimabedingungen zu identifizieren. Eine Quanti- fizierung von absoluten Kosten des Klimawandels im Schweizer Wald stand wegen der Schwierig- keit monetärer Bewertung über derart lange Zeit- räume nicht im Vordergrund (vgl. z.B. hoStettler

und deegen 2009).

Folgende drei Hypothesen wurden formuliert:

1) Der Klimawandel führt zu Mehrkosten für die Waldbewirtschaftung. 2) Unterschiedliche Wald- baustrategien beeinflussen die Höhe dieser Mehr- kosten. 3) Eine Strategie, welche aktiv die sich aus dem Klimawandel ergebenden Produktionsrisiken vermindert, ist aus ökonomischer Sicht besser als eine Strategie, die diese Risiken in Kauf nimmt.

Wir beziehen uns auf das Schweizer Mittelland.

Diese Grossregion ist mit 231 300 ha Wald die pro- duktivste und aus ressourcenökonomischer Sicht bedeutendste Waldregion der Schweiz, in der sie- ben der insgesamt acht wirtschaftlich wichtigen Waldbaumarten der Schweiz stocken (Brändli

2010). Die heute verfügbaren Wachstumsmodelle für die Schweiz (Ertragstafeln, BadouX 1983), auf de- nen der dieser Studie zugrunde gelegte Wald wachs- tumssimulator WIS.2 (roSSet 2005) im Rahmen der durchgeführten Analyse basiert, beschreiben zudem am ehesten die Verhältnisse im Mittelland.

Modellübersicht, Datengrundlagen und Simulationen

Zusammenspiel der Modelle

Im Rahmen der Modellierung sollten kausale be- ziehungsweise systemische Zusammenhänge naturaler, waldbaulicher und wirtschaftlicher Pa- rameter auf den wirtschaftlichen Erfolg der Wald- bewirtschaftung ermittelt und das Zusammenspiel in einem Ursache-Wirkungs-Modell zusammenge-

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res globales Klimaszenario (A1B) angenommen (vgl. hierzu auch Frei 2004; OcCC 2007 und Eco- plan 2007). Dieses Szenario war auch die Basis für die Modellierung der Vorkommenswahrschein- lichkeiten der Baumarten von zimmermann et al.

(2016). In das Modell flossen die Sturmdaten, in- klusive der angefallenen Schadholzmengen von 1895 bis 2009 aus uSBeck et al. (2010), die Bor- kenkäferholzdaten von 1984 bis 2008 von Wald- schutz Schweiz und die Waldbranddaten von 1974 bis 2009 aus der Waldbrandstatistik des Bundes- amtes für Statistik ein.

Der heutige Waldaufbau als Ausgangslage für die Festlegung der Waldbaustrategien sowie die waldbauliche Simulation basieren auf diversen Angaben aus dem dritten schweizerischen Landes- forstinventar (LFI3; Brändli 2010; WSL 2011). Die waldwachstumskundlichen Annahmen basieren auf den Schweizer Ertragstafeln (BadouX 1983).

Ungleichförmiger Hochwald wurde als gleichför- mig angenommen. Da gemäss LFI2 der Anteil un- gleichförmigen Hochwalds im Schweizer Mittel- fasst werden (Abb. 4.3.2). Hierfür wurde zunächst

der Einfluss des Klimawandels auf die Parameter und den wirtschaftlichen Erfolg simuliert. Aus den gewonnenen Ergebnissen wurden die Auswirkun- gen des Klimawandels auf künftige Kosten und Er- löse in der Waldbewirtschaftung abgeschätzt. Die konkrete Umsetzung erfolgte auf der Basis von drei voneinander unabhängigen und nacheinan- der durchgeführten Simulationen, einer Schadflä- chensimulation, einer waldbaulichen Simulation und einer Holzpreissimulation und Kapitalwert- berechnung. Den Simulationen vorgelagert war eine Simulation der Vorkommenswahrscheinlich- keit von Baumarten von zimmermann et al. (2016).

Inputdaten

Naturale Parameter: Klimadaten und Waldwachstum

Die dem Modell zugrunde liegenden Klimadaten stammen von MeteoSchweiz. Es wurde ein mittle-

Historische

Schadflächen Bestockung gemäss LFI3

Vorkommenswahr- scheinlichkeit der

Baumarten (gem. Klimaszenario)

Historische Holzpreise

Definition Sturmhäufigkeit

(gem. Klimaszenario) Bestockungsziel Waldbaustrategie

Schadflächen simulation (Output: m3 Schadholz)

Waldbauliche Simulation (Output: Menge/Fläche pro Periode)

Holzpreissimulation (Output: Preise

pro m3)

Holzernte sowie Pflanz-, Pflege- und Wildschutz- kosten, modelliert (Output:

Kosten pro m3 oder ha) Kapitalwertberechnung

«Klimarechner Wald»

Eingangsparameter

Abbildung 4.3.2. Grafischer Modellaufbau des «Klimarechners Wald» mit den Input- und Outputdaten sowie den drei Simulationen (dunkelbraun), in die folgende Grundlagen eingingen. Schadflächensimulation: Funktion für Sturm-, Käfer- und Waldbrandkalamität in Abhängigkeit der Klimaentwicklung, Monte-Carlo-Simulation zur Schadflächenbestimmung (10 000 Ziehungen); Waldbauliche Simulation: pro Waldbaustrategie 30 Waldentwicklungsszenarien auf der Basis der Schadflächensimulationen; Holzpreissimula- tion: drei Holzpreisszenarien, Monte-Carlo-Simulation zur Bestimmung der Holzpreisschwankungen (500 Ziehungen). Verändert aus Pauli et al. (2016).

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Auswirkungen des Klimawandels auf den Wald

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land < 2 % ist (BraSSel und Brändli 1999), scheint diese Vorgehensweise vertretbar.

Management: Wahl des Bestockungsziels und Definition der Waldbaustrategien

Auf der Basis von zimmermann et al. (2016) wurde ein dem Klimawandel angepasstes Bestockungs- ziel definiert. In einem ersten Schritt wurden für jede LFI-Stichprobe die aktuellen Grundflächenan- teile der Baumarten, Gesamtwuchsleistungsklasse und Bodenfrischeklasse bestimmt. Danach wurden

den Stichproben die heutige und die zukünftige Vorkommenswahrscheinlichkeit für jede Baumart zugeordnet. Nach der Zuordnung wurde für jede Stichprobe die Differenz zwischen der Vorkom- menswahrscheinlichkeit im Jahr 2080 (P2080) und der Vorkommenswahrscheinlichkeit heute (Pheute) gebildet. Diese Differenzen bildeten die Basis für den Entscheid, ob und falls ja, mit welchem Anteil die Baumart zukünftig im Bestockungsziel vertre- ten sein sollte. In Abhängigkeit von der zugrunde gelegten Waldbaustrategie wurden im Rahmen

Tabelle 4.3.1. Entscheidungsregeln zur Bestimmung des Bestockungsziels. Basis: Vorkommenswahrscheinlichkeit der Baumar- ten aus ZiMMerMann et al. (2016). P2080: Vorkommenswahrscheinlichkeit im Jahr 2080; Pheute: Vorkommenswahrscheinlichkeit heute (LFI3; Brändli 2010). Verändert aus Pauli et al. (2016).

WENN-Bedingung DANN-Regel für die

kostenmeidende Strategie

DANN-Regel für die risikomindernde Strategie

DANN-Regel für die ertragsorientierte Strategie Differenz (P2080–Pheute) ist kleiner als

–0,66: Der Anteil der Baumart wird auf 20 % ihres heutigen Anteils verringert.

Differenz (P2080–Pheute) liegt

zwischen –0,66 und –0,34: Der Anteil der Baumart wird auf 33 % ihres heutigen Anteils verringert.

Differenz (P2080–Pheute) liegt

zwischen –0,33 und –0,1: Der Anteil der Baumart wird auf 67 % ihres heutigen Anteils verringert.

Differenz (P2080–Pheute) liegt

zwischen –0,1 und 0,1: Der heutige Anteil wird beibehalten.

Differenz (P2080–Pheute) liegt

zwischen 0,1 und 0,33: Der Anteil der Baumart wird um 33 % erhöht.

Differenz (P2080–Pheute) liegt

zwischen 0,34 und 0,66: Der Anteil der Baumart wird um 67 % erhöht.

Differenz (P2080–Pheute) ist

grösser 0,66: Der Anteil der Baumart wird um 100 % erhöht.

Wenn die Summe der neu errechneten Baumartenanteile für Nadelholz gleich null ist:

Ins Bestockungsziel wer- den je 10 % Douglasie und Fichte aufgenommen.

Wenn der Eichenanteil grösser als 75 % des gesamten Baumartenan- teils ist:

Das Bestockungsziel besteht aus 100 % Eiche.

Wenn der Eichenanteil kleiner als 75 % des gesamten Baumartenan- teils ist:

Eiche wird aus dem Bestockungsziel entfernt.

Die Summe der neu berechneten

Baumartenanteile ist kleiner als eins: Alle Baumartenanteile werden gleichmässig erhöht, bis 100 % erreicht werden.

Die Summe der neu berechneten Baumartenanteile ist grösser als

eins: Alle Baumartenanteile werden gleichmässig reduziert, bis 100 % erreicht werden.

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Verringerung der Räumungsflächen sowie einer Erhöhung der zur Nutzung anstehenden Baum- dimensionen. Es wird auf sämtliche aktiven Um- baumassnahmen, die nicht im Rahmen der plan- gemässen Walderneuerung durchführbar sind, verzichtet. Eine minimale Lenkung biologischer Prozesse, bei der die Qualitätsanforderungen ge- rade noch erfüllt sind, steht im Vordergrund.

Die risikomindernde Strategie versucht, den sich durch den Klimawandel möglicherweise er- gebenden Sturmrisiken mit einer vergleichsweise stärker laubholzorientierten Baumartendiversifi- kation (Anteil von Buchen, Fagus sylvatica und Eichen, Quercus sp.) sowie einer Senkung der Umtriebszeiten zu begegnen. Der heutige, sich an Naturnähe orientierende Schweizer Waldbau (Schütz 1999) und das Prinzip des Opportunismus stellen bei diesen Überlegungen die beste Strate- gie dar, um klimastabile Wälder hervorzubringen.

Dem klimabedingten Anbaurisiko wird durch eine aktive und vorausschauende Reduktion der Anteile der anfälligen Baumarten begegnet (kölling et al.

2009). Zudem erfolgt eine aus Risikoüberlegungen abgeleitete Senkung der Umtriebszeiten bei al- len in der Simulation berücksichtigten Baumarten.

Der ertragsorientierten Strategie liegt ein stärker ökonomisch ausgerichtetes Baumarten- portfolio zugrunde, wobei nebst den finanziellen der Simulationen die Anteile der Baumarten am

Bestockungsziel angepasst (Tab. 4.3.1).

Aufgrund von aus der waldbaulichen Literatur abgeleiteten Empfehlungen sowie eigener Über- legungen wurden für die Simulation vier Wald- baustrategien definiert: Eine Referenz- und drei Anpassungsstrategien. Die Referenzstrategie hält auch unter Einfluss des Klimawandels die heu- tige Baumartenverteilung gemäss LFI3 bei und lässt die Umtriebszeiten so hoch wie heute. Im Gegensatz dazu werden bei den drei Anpassungs- strategien – kostenmeidend, risikomindernd und ertragsorientiert – die Bestockungsziele sukzes- sive an die sich infolge des Klimawandels ändern- den standörtlichen Bedingungen angepasst (Tab.

4.3.1). Dabei wird grundsätzlich darauf verzich- tet, in extreme Waldumbauprogramme zu inves- tieren (z. B. rigling et al. 2008). Die im naturna- hen Waldbau vorhandenen Handlungsspielräume (z. B. Schütz 1999) werden möglichst ausgenutzt.

Die Anpassungsstrategien unterscheiden sich im Bestockungsziel (Nadel- und Laubholzanteil) so- wie in der Umtriebszeit (und damit der Geschwin- digkeit der Anpassungsmassnahmen; Abb. 4.3.3).

Die kostenmeidende Strategie zielt darauf ab, den erntekostenfreien Erlös zu maximieren.

Entsprechend werden die Umtriebszeiten für alle Baumarten eher hoch angesetzt. Dies führt zu einer

0 50 100 150 200 250

Referenzstrategie Kostenmeidende

Strategie Risikomindernde

Strategie Ertragsorientierte Strategie

Umtriebszeit [Jahre]

Waldbaustrategie

Fichte [Fi]

Tanne [Ta]

Lärche [Lae]

Föhre [Foe]

Douglasie [Dou]

Buche [Bu]

Bergahorn [Bah]

Esche [Es]

Eiche [Ei]

Abbildung 4.3.3. Umtriebszeiten für die in der Simulation berücksichtigten Baumarten je Waldbaustrategie, basierend auf Exper- teneinschätzungen. Verändert aus Pauli et al. (2016).

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Auswirkungen des Klimawandels auf den Wald

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schiedlichen Altersklassenaufbau. Beispielsweise zeigt sich zwischen der Referenzstrategie und der ertragsorientierten Strategie ein deutlicher Unter- schied hinsichtlich der Flächenausstattung der je- weiligen Altersklassen: In der Referenzstrategie (Abb. 4.3.4 a) dominieren Fichte (Picea abies) und Buche im Endzustand des hier als Beispiel verwen- deten Waldentwicklungsszenarios. In den jünge- ren Altersklassen bis 40 Jahre ist die Weiss tanne (Abies alba) im Jahr 2100 stärker vertreten als 2010.

Die demografische Struktur ist ausgeglichener als in der Ausgangslage. Das heute in der dritten Al- tersklasse (40 bis 60 Jahre) gegebene Flächende- fizit ist als leichter Knick in der fünften Altersklasse (80 bis 100) noch feststellbar. Es sind weiterhin Flächen mit einem Alter bis 190 Jahre vorhanden.

Wird eine ertragsorientierte Anpassungsstrategie (Abb. 4.3.4 b) gewählt, nimmt im hier verwende- ten Waldentwicklungsszenario der Buchenanteil in den jüngeren Altersklassen zugunsten der Fichte, der Esche, der Eiche und des Bergahorns ab. Der Douglasienanteil (Pseudotsuga menziesii) nimmt leicht zu. Es bleiben weiterhin alle acht in der Si- mulation berücksichtigen Baumarten auf der Flä- che vertreten. Der Wald wird ab einem Alter von 80 Jahren rasch verjüngt, die Altersklassen über 120 Jahre sind praktisch verschwunden.

Renditeüberlegungen auch die Risikokosten be- rücksichtigt werden (knoke und hahn 2007; Bein­

hoFer 2009; BeinhoFerund knoke2010). Es werden Baumarten bevorzugt, die zumindest aus heutiger Sicht finanziellen Erfolg versprechen. Das künstli- che Einbringen von Baumarten wird in beschränk- tem Umfang gefördert, wenn sich diese Investi- tion durch den zu erreichenden Erlös rechtfertigen lässt. Die konkrete Umsetzung dieser Strategie ba- siert somit auf dem Anstreben eines höheren Na- delholzanteils sowie einer ökonomisch beabsich- tigten Senkung der Umtriebszeiten.

Grundlage zur Festlegung der Umtriebszei- ten waren die in der Literatur vorgeschlagenen Zieldurchmesser (vgl. Pauli et al. 2011) in Verbin- dung mit der je LFI Stichprobenpunkt gegebenen Wuchsleistung (LFI 2; BraSSel und Brändli 1999).

So wurde je nach Baumart und Waldbaustrategie eine Umtriebszeit zwischen 60 und 225 Jahren bei den Nadelhölzern und zwischen 60 und 160 Jah- ren bei den Laubhölzern gewählt (Abb. 4.3.3). Die zu erreichenden Zieldurchmesser waren je nach Baum art 25 bis 80 cm bei den Nadelhölzern und 50 bis 70 cm bei den Laubhölzern.

Die Umsetzung der verschiedenen Waldbau- strategien führt am Ende der Betrachtungsperi- ode (Jahr 2100) zu einer jeweils unterschiedlichen Baumartenzusammensetzung sowie einem unter-

60 50 40 30 20 10 0

a) Referenzstrategie b) Ertragsorientierte Strategie

Fläche [Tausend ha]

Baumarten UeN*

UeL**

Ta Lae Foe Fi Es Ei Dou Bu Bah

0–20 20–40 40–60 60–80 80–100 100–120 120–140 140–160 160–180 180–200 0–20 20–40 40–60 60–80 80–100 100–120 120–140 140–160 160–180 180–200

Altersklassen [Jahre]

Abbildung 4.3.4. Flächenverteilung nach Altersklassen (Jahre) und Baumarten am Ende der Betrachtungsperiode (2100) für je ei- nes der 30 Waldentwicklungsszenarios der Referenzstrategie (a) sowie der ertragsorientierten Waldbaustrategie (b) unter Be- rücksichtigung des Klimawandels. Artnamen siehe Abbildung 4.3.3; *UeN, Übriges Nadelholz; **UeL, Übriges Laubholz.

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handen, weshalb für diese die Energieholzpreise für Laubholz beziehungsweise Nadelholz vom BfS übernommen wurden. Da künftige Holzpreise nur bedingt von Vergangenheitswerten abgeleitet wer- den können, wurden bei der Modellentwicklung drei Szenarien definiert, die einen gleichbleiben- den (d.h. historischen), einen fallenden oder ei- nen steigenden Holzpreis beschreiben (Tab. 4.3.2).

Für Holz aus Zwangsnutzungen wurde ein pauschaler Abzug von 30 CHF pro m3 vorgenom- men. Dieser Wert stützt sich auf Erfahrungswerte der Preisentwicklung nach den Stürmen Vivian und Lothar (hoFer 2000) sowie auf die Erlösdifferenzen bei Fichten-Käferholz (ForSter et al. 2008). Dabei handelt es sich um eine marktübliche Preisreduk- tion, die unabhängig vom aktuellen Marktpreisni- veau realisiert wird.

Wirtschaftliche Parameter: Holzpreis, Holzernte- kosten und Pflegekosten

Die den Simulationen zugrunde gelegten Holz- preise stammen vom Bundesamt für Statistik (BfS) und dem Staatsforstbetrieb Bern (SFB). Das BfS verfügte über die längsten Zeitreihen von Holzprei- sen, diese aber nur für wenige Leitsortimente. Be- sonders lange Preisreihen (1980–2009) waren für je zwei Leitsortimente von Fichte und Buche vorhan- den. Vom SFB standen die Sortimentsdaten für alle Durchmesserklassen der häufigsten Baumarten zur Verfügung, jedoch nur für die Jahre 2005 bis 2009. Daher wurden die fehlenden Holzpreisreihen so weit möglich, künstlich verlängert (Formel 1 in Box 4.3.1; Abb. 4.3.5 für vergangene bzw. ergänzte Preisreihen). Für die meisten Baumarten waren zu- dem keine Preise für schwächere Sortimente vor-

2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 Jahr

2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 Jahr

0 20 40 60 80 100 120 140 160

2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009

Holzpreise [CHF/Jahr]

Jahr

Fichte Fi 1a

Fi 1b Fi 2a Fi 2b Fi 3a Fi 3b Fi 4 Fi 5

0 20 40 60 80 100 120

Holzpreise [CHF/Jahr]

Tanne Ta 1a

Ta 1b Ta 2a Ta 2b Ta 3a Ta 3b Ta 4a Ta 5 Ta 6

0 20 40 60 80 100 120

Holzpreise [CHF/Jahr]

Buche Bu 1a

Bu 1b Bu 2a Bu 2b Bu 3a Bu 3b Bu 4 Bu 5 Bu 6

Abbildung 4.3.5. Vergangene (1980–2009) bzw. ergänzte Preis- reihen von je neun Leitsortimenten (6 bis 1a) der Baumar- ten Fichte, Tanne und Buche, dargestellt gemäss Sortier- richtlinien der Schweizer Holzhandelsgebräuche. Daten aus Lignum (2010).

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Auswirkungen des Klimawandels auf den Wald

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rung ist jedoch nicht möglich. Aus diesem Grund wurden zwei Szenarien entworfen. Im Basisszena- rio (ohne Klimawandel) wird eine gleichbleibende Wahrscheinlichkeit grosser Sturmereignisse ange- nommen (p = 0,0278 p.a.; Zeitraum 2010–2100). Ba- sis hierfür waren die historischen Schadensdaten für die Jahre 1984–2008. Im zweiten Szenario (mit Klimawandel) erhöht sich die Wahrscheinlichkeit der fünf grössten Sturmereignisse schrittweise von p = 0,0278 p.a. in der Vergangenheit auf p = 0,05 p.a. im Jahr 2100. Für Stürme der Stärke eines Sturms Lothar geht die Münchener Rück (2001) von einer periodischen Wiederkehr von 15 Jah- ren aus. Insofern kann die dem Modell zugrunde gelegte Wahrscheinlichkeit von p = 0,05 mit einer periodischen Wiederkehr starker Stürme von 20 Jahren als eher konservativ bezeichnet werden.

Zur Schätzung der gesamten Schadflächen wurde eine Monte-Carlo-Simulation mit 10 000 Wiederholungen durchgeführt (Box 4.3.2). Der Zusammenhang zwischen den Klimaeinflüssen, Sturmschäden und Sommertrocknis sowie den daraus resultierenden Schäden durch Borkenkäfer und Waldbrand wurde über Regressionsanalysen hergeleitet. Für die Borkenkäfer- und Waldbrand- schäden ergaben sich log-normale Verteilungen, während für die vergangenen Sturmschäden (Be- trachtungszeitraum 1984–2008) eine diskrete Ver- teilung angenommen werden konnte (Pauli et al.

2014).

Die Holzerntekosten wurden mithilfe des Pro- duktivitätsmodells «HeProMo» (erni und Frutig

2004) ermittelt. Da ihre Entwicklung innerhalb des Betrachtungszeitraums nicht sinnvoll abgeschätzt werden konnte, wurden gleichbleibende Holzern- tekosten angenommen. Für die Ernte von Zwangs- nutzungsholz wurde ein pauschaler Aufwandszu- schlag von 10 CHF je m3 angenommen (vgl. hierzu hoFer 2000 sowie Stang und knoke 2009).

Die Pflegekonzepte für die verschiedenen Baum arten und Waldbaustrategien basieren auf verschiedenen Literaturangaben (vgl. hierzu z. B.

ammann 2004; ammann 2005; BurSchel 1987; rig­

ling et al. 2008 oder röhe et al. 2010). Als Bewer- tungsgrundlage dienten die Pauschalansätze für Pflanz-, Pflege- und Wildschutzkosten des Kantons Bern (KAWA 2006). Bei den Pflanzkosten wird da- von ausgegangen, dass sich Tanne, Esche (Fraxinus excelsior) und Buche zu 100 Prozent natürlich ver- jüngen. Fichte, Föhre (Pinus sylvestris) und Berg- ahorn (Acer pseudoplatanus) verjüngen sich auf der Hälfte der Fläche selber, Douglasie, Lärche (La- rix sp.) und Eiche müssen flächig gepflanzt werden.

Simulationen

Schadflächensimulation

uSBeck et al. 2010 gehen zwar davon aus, dass der Klimawandel auch zu grösseren Sturmschä- den im Wald führen wird, eine exakte Quantifizie-

Tabelle 4.3.2. Holzpreisszenarien: Für die Szenarien Preissenkung respektive Preisanstieg wird der historische Holzpreis, ausge- hend vom Basisszenario (historisch), um den in der Tabelle angegebenen Wert reduziert respektive erhöht. Verändert aus Pauli et al. (2016).

Jahr Holz- preisszenario

2010 2020 2030 2040 2050 2060 2070 2080 2090 2100

Preise historisch Die künftigen Holzpreise bewegen sich im Rahmen der Holzpreise der letzten 10 Jahre, es gibt keinen Trend.

Preissenkung: Reduktion um 0,5 % 1,3 % 2,2 % 3,1 % 4,0 % 4,9 % 5,7 % 6,6 % 7,5 % 8,3 %

Preisanstieg: Erhöhung um 2 % 6 % 10 % 14 % 18 % 22 % 26 % 30 % 34 % 38 %

(10)

Anfälligkeit auf Schäden durch Naturereignisse.

Dieser Faktor wurde gutachterlich auf der Basis von den in indermühle et al. (2005) dargestellten Erkenntnissen aus dem Sturm Lothar definiert.

8) Die Schadflächen aus der Simulation mit @Risk sind vorgegeben.

«WIS Klima» lässt die Bäume in jeder Teilfläche gemäss den in den Ertragstafeln (BadouX 1983) beschriebenen Wachstumsgesetzen wachsen und weist Durchforstungsmengen pro Teilfläche aus.

Zusätzlich wird die Nutzungsmenge bestimmt, welche abhängig von der Baumartenverteilung, dem Baumalter, der Wüchsigkeit des Standorts, der Zwangsnutzungsfläche und der nachhaltigen Verjüngungsfläche ist. Die Entwicklungen in den einzelnen Teilflächen werden anschliessend ad- diert, sodass eine Gesamträumungsfläche (unter- teilt nach Zwangsnutzungen und Normalnutzun- gen) bestimmt werden kann.

Die Zwangsnutzungen werden in «WIS Klima»

prioritär behandelt. Pro Periode werden also zuerst alle Zwangsnutzungsflächen «geräumt» und erst anschliessend die Normalnutzung bis zur Höhe der nachhaltigen Verjüngungsfläche ausgeführt. Errei- chen oder überschreiten die Zwangsnutzungen be- reits die nachhaltige Verjüngungsfläche, wird keine Normalnutzung mehr durchgeführt. Die Zwangs- nutzungsflächen werden mit einem Zufallsgenera- tor aus der gesamten Waldfläche gezogen, wobei Flächen mit höherer Anfälligkeit gegenüber Sturm, Borkenkäferbefall und Waldbrandrisiko priorisiert werden. Die Anfälligkeit wird durch einen Vulner- abilitätsfaktor repräsentiert, der sich aus der Dis- position gegenüber verschiedenen Naturgefahren in Abhängigkeit bestimmter Bestandesmerkmale ableitet: Die Sturmanfälligkeit wird durch die Baum artenmischung und die Oberhöhe (als Ein- gangsgrösse für die Ertragstafeln zur Ermittlung der Altersklassen) beeinflusst; der Borkenkäfer- befall wird durch den Fichtenanteil, die Bodenfri- sche (roloFF und grundmann 2009) und das Be- standesalter beeinflusst; und das Waldbrandrisiko wird aus dem Nadelholzanteil und der Bodenfri- scheklasse ermittelt.

Waldbauliche Simulation: Waldentwicklungs- simulator WIS.2

Die Simulation der Waldentwicklung erfolgte mit dem Waldentwicklungssimulator WIS.2 (roSSet

2005), in der Folge als «WIS Klima» bezeichnet.

«WIS Klima» ist ein Entscheidungsunterstützungs- system, womit der Benutzer die Folgen möglicher Waldbaustrategien bis auf Bestandesebene simu- lieren kann. Das System ermöglicht es, verschie- dene Varianten zu berechnen und die Konsequen- zen auf die Waldentwicklung zu vergleichen. Als Eingangsparameter für die Simulation dienten die Daten des dritten Landesforstinventars (Brändli

2010) für das Schweizer Mittelland. Vor der Simu- lation einer Waldentwicklung müssen das Besto- ckungsziel (Baumarten und deren Anteile), die pro Baumart angestrebten Umtriebszeiten, die Verjün- gungsflächen der kommenden Jahrzehnte sowie die baumartenspezifischen Pflegekonzepte festge- legt werden (Rosset et al. 2010). Für eine waldbauli- che Simulation gelten folgende Modellannahmen:

1) Einmal pro Jahrzehnt wird die Verjüngungsflä- che, die sich aus Eigentümerzielen, Umtriebszeit und allgemeinem Bestockungsziel ableitet, flächig verjüngt. 2)  Die normale Nutzung erfolgt durch Ernte der Bestände mit der jeweils grössten Dif- ferenz zwischen geplanter Umtriebszeit und Alter bis zur Höhe der definierten Verjüngungsfläche.

Durchforstungen erfolgen gemäss Ertragstafeln.

3) Zwangsnutzungen werden immer prioritär be- handelt. Bei hohen Zwangsnutzungen kann die nachhaltige Verjüngungsfläche überschritten wer- den. Zum Ausgleich wird in der Folgeperiode we- niger genutzt. 4) Die Baumarten entwickeln sich gemäss Ertragstafeln (BadouX 1983), wobei für fehlende Laubholzarten die Buchenertragstafel und für fehlende Nadelholzarten die Fichtener- tragstafel verwendet wird. 5) Es tritt keine inter- spezifische Konkurrenz auf. 6)  Aus Gründen der Modellvereinfachung werden die gesamten auf den verjüngten Flächen anfallenden Holzmengen als Nutzung betrachtet, es entstehen keine Mas- senverluste bei der Ernte. 7)  Ein Vulnerabilitäts- faktor gewichtet die Waldflächen hinsichtlich ihrer

(11)

Auswirkungen des Klimawandels auf den Wald

4

men der Waldbewirtschaftung anfallenden Kos- ten in den Bereichen Holzernte, Begründung und Pflege zusammen (vgl. Formel 3 in Box 4.3.1). Da unterschiedliche Waldbaustrategien auch andere Waldendwerte (Artenzusammensetzungen, Alters- strukturen) zur Folge haben, wurden diese gemäss Formel 4 in Box 4.3.1 berechnet und flossen als Liquidationserlös in die Gesamtberechnung ein.

Die Unsicherheiten im Hinblick auf die Holz- preisentwicklung wurden mittels Monte-Carlo-Si- mulation abgedeckt (vgl. hierzu auch höllerl

2009). Für jedes der verwendeten 30 Waldent- wicklungsszenarien wurde jeweils eine Simula- tion mit 500 Ziehungen durchgeführt, bei welcher die Holzpreise schwankten. Die vier unterschiedli- chen Waldbaustrategien wurden dabei immer pa- rallel simuliert, um Ergebnisdifferenzen, die auf unterschiedliche Zufallspreise zurückzuführen ge- wesen wären, zu vermeiden. Die Simulationser- gebnisse stellten die Basis für die Kapitalwertbe- rechnungen dar.

Der «Klimarechner Wald» (Abb. 4.3.2) bildet in einem ersten Schritt die Flächendifferenzen pro Periode aus den simulierten Waldentwicklungen mit und ohne Klimawandel. Dieser Schritt ist not- wendig, damit über die festgestellten Flächendif- ferenzen bei der Waldbewirtschaftung Kapitalwert- differenzen errechnet werden können. Er wird für jedes der je 30 Waldentwicklungsszenarien pro Waldbaustrategie ausgeführt. Die Unterschiede zwischen den Varianten mit und ohne Klimawandel ergeben sich zum einen aus den unterschiedlichen Eintretenswahrscheinlichkeiten von Sturmereig- nissen und den daraus resultierenden Zwangs- nutzungen sowie in der Folge aus den Verjün- gungs- und Pflegeflächen. Zum anderen ergeben sich klimabedingt unterschiedliche Vorkommens- wahrscheinlichkeiten bei den Baumarten.

In einem nächsten Schritt werden für die ein- zelnen Flächen nach Baumart, Baumalter und Wüchsigkeit des Standorts unterschiedliche Vor- räte und Sortimente bestimmt. Die Sortimente sind abhängig von der Qualität des Holzes, wo- bei diese als 60 % C- und 40 % B-Qualität ange- Es wird jeweils eine Waldentwicklung mit und

ohne Klimawandeleinfluss simuliert. Dadurch wird die Veränderung der Waldentwicklung aufgrund der Änderung der Waldbaustrategie von der Ver- änderung der Waldentwicklung aufgrund der Kli- maveränderung abgegrenzt.

Pro Waldbaustrategie wurden 30 Waldentwick- lungsszenarien simuliert. Diese Simulationen ba- sieren auf den unterschiedlichen Schadflächen aus den jeweils 10 000 Schadflächensimulationen. Die Szenarien öffnen somit in Abhängigkeit naturaler Risikoereignisse einen Fächer möglicher Entwick- lungen von Normal- und Zwangsnutzung.

Holzpreissimulation und Berechnung Kapitalwert- differenzen

Die ökonomische Bewertung der Ergebnisse aus der Waldentwicklungssimulation (Jahr 2010–2100) erfolgt mittels Kapitalwertberechnung (siehe For- mel 2 in Box 4.3.1). Grundlage dieses Ansatzes ist das Konzept des Gegenwartswertes, welches den Zeitwert des Geldes berücksichtigt. Geldbe- träge gleicher Höhe sind ökonomisch nicht gleich- wertig, wenn sie zu unterschiedlichen Zeitpunk- ten anfallen. Künftige Ausgaben und Einnahmen sind also nicht direkt untereinander vergleichbar oder addierbar. Damit die Grössen der Geldströme vergleichbar werden, müssen diese auf einen be- stimmten Zeitpunkt bezogen, das heisst auf- oder abgezinst werden (thommen 2008).

Alle Kapitalwerte wurden unter Annahme eines Zinses von 2 oder 0 % sowie von drei un- terschiedlichen Holzpreisszenarien simuliert. Ein zugrunde gelegter Zinsfuss von 0 % mag zwar er- staunen, nicht primär gewinnorientiert zu wirt- schaften, entspricht jedoch der gängigen Praxis in der Schweizer Waldwirtschaft. Der Zinssatz von 2 % stellt die Annahme einer maximal möglichen Ver- zinsung von Wäldern bei einer ökonomisch orien- tierten Waldbewirtschaftung unter Schweizer Rah- menbedingungen dar.

Die gesamten Rückflüsse pro Periode setzen sich aus den Holzverkäufen, abzüglich der im Rah-

(12)

Box 4.3.1. Ökonomische Formeln

Formel 1: Preisreihenermittlung

wobei:

P = Preis für Bewertung Phist = BfS Preis aus Zeitreihe P05 = BfS Basispreis 2005 Pa = SFB Preis 2005

Vorgehen bei der Preisreihenermittlung: Zuerst wurden alle Holzpreise des Bundesamtes für Statistik (BfS) teuerungsbe- reinigt (Basis 2005). Danach wurde geprüft, ob eine Korrelation zwischen den Datensätzen von BfS und dem Staatsforstbetrieb Bern (SFB) besteht. Erreichte der Korrelationskoeffizient den Wert von 0,6 oder mehr, wurde mithilfe eines Preisschwan- kungskoeffizienten aus den BfS-Daten ein Basispreis berech- net und der Quotient aus dem BfS-Preis der Zeitreihe und dem Basispreis mit dem jeweiligen Preis des SFB für 2005 multipli- ziert, um die Preisreihen für alle Sortimente zu erhalten. Für die Sortimente und Baumarten mit einer geringeren Korrela- tion wurden die Preisreihen des SFB verlängert, indem mit der Methode des Bootstrapping zufällige Preise gezogen wurden (efron und tiBShirani 1993).

Formel 2: Kapitalwertwertberechnung. Verändert aus thoMMen (2008)

wobei:

C0 = Kapitalwert

I = Anfangsinvestition, d.h. der Waldwert zum Simulationsbeginn

Rt = Rückfluss berechnet für jede Periode i = Zinsfuss

t = Periode

T = Gesamter Investitionszeitraum

L = Liquidationserlös, d.h. Waldwert am Ende des Simulationszeitraums

Formel 3: Berechnung der Rückflüsse pro Perioden

wobei:

Rt = Rückfluss berechnet für jede Periode

RHE = Rückfluss aus der Holzernte pro Sortiment und Periode KPfla = Pflanzkosten je Periode

KPfle = Pflegekosten je Periode s = Sortiment

S = Sortimentsspektrum

wobei:

RHE = Rückfluss aus der Holzernte pro Sortiment N = Normalnutzung in m3

ZN = Zwangsnutzung in m3 P = Holzpreis

KHE = Kosten für die Holzernte AZN = Preisabzug für Zwangsnutzungen

ZZN = Holzerntekostenzuschlag für Zwangsnutzungen

wobei:

KPfla = Pflanzkosten

FBA = Baumartenabhängige Verjüngungsfläche kPfla = Pflanzkosten pro Hektare

wobei:

KPfle = Pflegekosten

FAKx = Fläche in der Altersklasse x kPfle = Pflegekosten pro Hektare

Formel 4: Waldwert am Ende der Betrachtungsperiode

wobei:

WEnd = Wert des Endbestandes (entspricht dem

Liquidationserlös am Ende des Simulationszeitraums) MS = Holzmenge eines Sortiments

PS = Holzpreis eines Sortiments KH = Holzerntekosten

i = Zins

n = Länge des betrachteten Zeitraums in Jahren s = Sortiment

S = Sortimentsspektrum

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Auswirkungen des Klimawandels auf den Wald

4

nommen wurde (Lignum 2010), sowie vom Brust- höhendurchmesser, der als Mitteldurchmesser aus der jeweiligen Ertragstafel gelesen wurde.

Den definierten Sortimentsmengen können dann Holzpreise und Erntekosten zugeordnet werden.

Zudem werden den Jungbeständen baumarten- spezifische Pflegekosten und den Räumungsbe- ständen Pflanz- und Wildschutzkosten zugewiesen.

Sind alle Kosten und Erlöse bestimmt, so können die monetären Rückflüsse der Perioden und dar- auf aufbauend die Kapitalwerte berechnet werden (siehe Formeln 2 und 3 in Box 4.3.1).

Ergebnisse der Simulationen

Vergleich der Kapitalwertdifferenzen

Die Kapitalwertdifferenzen aller Waldbaustrategien liegen im negativen Bereich (Abb. 4.3.7). Somit ist bei allen Waldbauvarianten mit klimawandel- bedingten Einbussen zu rechnen. Die Ergebnisse sind jedoch mit grossen Unsicherheiten behaftet, wie aus der Streuung der Werte und der Stan- dardabweichungen der Mittelwerte (Tab. 4.3.5) er- sichtlich ist. Zum Beispiel liegt der Median der Kapitalwertdifferenzen in einer risikomindernden Strategie, bei einer Zinsannahme von 0 % und un- ter Anwendung eines Preisanstiegsszenarios bei – 158 Mio. CHF (Abb. 4.3.7 b). Das heisst, die Be- wertung der Hälfte der betrachteten Waldentwick- lungsszenarien führte zu klimabedingten Minder- erlösen von mindestens 158 Mio. CHF für das Schweizer Mittelland im Zeitraum 2010 bis 2100.

Bestenfalls wurden Mindererlöse von gut 50 Mio.

CHF errechnet, im schlechtesten Fall lagen die Er- löseinbussen bei weit über 200 Mio. CHF. Bei 2 % Zinsannahme fällt der Kapitalwert der klimawan- delbedingten Erlöseinbussen, unter Annahme ei- nes Preisanstiegsszenarios, weniger negativ aus (Abb 4.3.7 a). In diesem Fall liegt der Median bei – 140 Mio. CHF. Im schlechtesten Fall wurden Min- dererlöse von etwa 190 Mio. CHF und im besten Fall von etwa 48 Mio. CHF berechnet.

Insgesamt führt ein künftiger Holzpreisan- stieg tendenziell zu höheren Kapitalwertverlus- ten. Dies ist nachvollziehbar, da die nicht oder mit Preisabschlägen auf den Holzmarkt gebrach- ten Holzmengen höher bewertet sind. Eine Zins- senkung führt zu einer Erhöhung der Kapitalwert- differenzen, da dadurch der Abzinsungsfaktor für die jeweiligen Waldbaustrategien mit und ohne Klimawandel reduziert wird und die Differenz zwi- schen den Varianten mit und ohne Klimawandel ansteigt. Die Differenzen der Mediane der beiden Zinssätze pro Waldbraustrategie und Preisent- wicklung liegen zwischen 18 und 30 Mio. CHF. Die geringe Höhe der Unterschiede mag erstaunen, sie ist jedoch darauf zurückzuführen, dass es sich bei der Betrachtung um Unterschiede zwischen Kapitalwertdifferenzen und nicht zwischen Kapi- talwerten handelt.

Die Mittelwerte der mittleren Kapitalwert- differenzen unterscheiden sich meist signifikant zwischen den Waldbaustrategien innerhalb ei- nes Preisszenarios bei einer Zinsannahme von 2 % (Tab. 4.3.3). Ausnahmen bilden lediglich die risikomindernden und kostenmeidenden Strate- gien im Falle der Preisszenarien «historisch» und

«Preissenkung». Die unterschiedlichen Waldbau- strategien haben somit einen signifikanten Ein- fluss auf den wirtschaftlichen Erfolg bei der Wald- bewirtschaftung.

Beurteilung von Unsicherheiten und Risiken

Hauptgründe für die Unsicherheiten der Kapital- wertdifferenzen sind die Holzmarktrisiken sowie die Schwankungen bei abiotisch und biotisch be- dingten Schadereignissen (naturale Risiken). Beide Risiken wurden auf der Basis unterschiedlicher Betrachtungen der Schwankungsbreiten der Wald- entwicklungsszenarien bei den Simulationen er- mittelt. Im Folgenden wird das Vorgehen am Simu- lationsergebnis der ertragsorientierten Strategie beispielhaft erläutert (Abb. 4.3.8) und die Resultate

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– 115 Mio. CHF, und die Standardabweichung liegt bei ca. +/– 71 Mio. CHF, was die holzpreisbedingte Schwankungsbreite angibt.

Als Mass für die Marktpreisrisiken der vier Waldbaustrategien wurden der Median und Stan- dardabweichungen der pro Waldbaustrategie durchgeführten 30 Waldentwicklungsszenarien errechnet (Tab. 4.3.4). Je kleiner dieser Median ist, desto geringer ist der Schwankungsbereich, der durch Preisschwankungen auf dem Holzmarkt verursacht wird. In allen Holzpreisszenarien ist der Median bei der risikomindernden Strategie je- weils am niedrigsten und bei der Referenzstrategie am grössten. Die Mediane der ertragsorientierten für die vier Waldbaustrategien besprochen (Tab.

4.3.4, 4.3.5 und 4.3.6).

Holzmarktrisiken

Als Mass für das Holzmarktrisiko dienen die jewei- ligen Standardabweichungen der 30 simulierten Waldentwicklungsszenarien (siehe SD der einzel- nen Waldentwicklungsszenarien in Abb. 4.3.8). Sie resultieren aus den in der Monte-Carlo-Simulation simulierten Schwankungen der Holzpreise. So er- gibt sich beispielsweise für das Waldentwicklungs- szenario Simulation No. 3 der ertragsorientierten Waldbaustrategie mit einem ansteigenden Holz- preisszenario und 2 % Zins ein Mittelwert von etwa

Bei der Monte-Carlo-Simulation handelt es sich um ein stoch- astisches Verfahren, das auf der Basis der Wahrscheinlich- keitstheorie analytisch nicht oder nur aufwendig lösbare Pro- bleme numerisch lösbar macht. Das Grundprinzip ist, einen zufallsbehafteten Prozess durch so viele Wiederholungen zu simulieren, dass die Ergebnisverteilung in die bisher unbe- kannte, «wahre» Verteilung übergeht. Von dieser wahren Ver- teilung lassen sich anschliessend der Erwartungswert und die Standardabweichung (bzw. die Varianz) ermitteln. Die Anzahl Wiederholungen ist entscheidend für die Genauigkeit, welche proportional zu 1/Wurzel (N) ist, wobei N die Anzahl Wieder-

Box 4.3.2. Monte-Carlo-Simulation

holungen angibt (Beinhofer 2009). Zur Schätzung der Schadflä- chen wurden 10 000 Wiederholungen durchgeführt, bei denen Sturmdaten zufällig gezogen wurden. Die konkrete Simulation kann mit dem Tool @Risk (Barreto und hoWland 2006) und R (ihaKa und gentleMan 1996) erfolgen.

In dem grafisch dargestellten, exemplarischen Simulati- onsbeispiel für das Jahr 2070 liegen 90 % der zu erwartenden Sturmschäden in einem relativ breiten Ereignisbereich zwi- schen 2000 ha und 27 100 ha (Abb. 4.3.6). Die maximale Schad- fläche liegt sogar bei 61 343 ha. Die Wahrscheinlichkeit für die- ses Ereignis liegt jedoch bei nur 2% (Abb. 4.3.6).

2,0 27,1

0 10 20 30 40 50 60 70

Schadflächen [Tausend ha]

0 5 10 15 20 25 30 35 40

Relative Häufigkeit [%]

5,0 % 5,0 %

Schadfläche [ha]

Minimum 1717

Maximum 61 344

Mittelwert 10 408 Standardabweichung 10 362 Anzahl Werte 100 90,0 %

Abbildung 4.3.6. Exemplarisches Simulationsbeispiel von Sturmschäden im Jahr 2070. 5 % der Sturmschäden resultieren in einer Schadfläche von < 2000 ha und 5 % sind grösser als 27 100 ha (hellbraun).

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Auswirkungen des Klimawandels auf den Wald

4

grunde lagen und das daraus resultierende Schad- holz um 30 CHF/m3 tiefer bewertet wurde, mit zu- dem 10 CHF/m3 höheren Holzerntekosten. Bezogen auf die Holzpreissituation im Jahr 2009, bedeutet dies für die Fichte eine Preisreduktion um 29 %, für Tanne um 34 % und für Buche um 47 % (Basis:

Holzpreise der Sortimente 2a bis 6; Abb. 4.3.5). Für die ertragsorientierte Waldbaustrategie mit anstei- gendem Holzpreis und 2 % Zins wurde eine Stan- dardabweichung von +/– 71 Mio. CHF berechnet (Abb. 4.3.7). Die Schwankung der naturalen Schä- den kann also den Kapitalwert dieser Strategie um 71 Mio. CHF erhöhen oder verringern und hat nur zufälligerweise die gleiche Grösse wie die holz- preisbedingte Schwankung (siehe oben).

Die bewerteten Schadflächenschwankungen wurden für jedes Waldbauszenario wiederum zu einem Durchschnittswert zusammengefasst und die Standardabweichung errechnet (Tab. 4.3.5).

Die Ergebnisse zeigen zum einen, dass bei beiden Zinsannahmen das naturale Risiko für die gleiche Waldbaustrategie höher ausfällt, wenn mit einem Preisanstieg gerechnet wird. Grund dafür ist, dass beziehungsweise der kostenmeidenden Strate-

gie liegen dazwischen. Somit ist bei der Umset- zung der risikomindernden Anpassungsstrategie das Holzmarktrisiko geringer als bei den anderen Strategien, auch bei möglicherweise auftretenden Schäden durch Sturm oder Borkenkäfer. Die einzel- nen Waldentwicklungsszenarien zeigen jedoch ein differenzierteres Bild: Je nach Preisentwicklungs- szenario und Zinsannahme weist die risikomin- dernde Strategie in 13 bis 14 der 30 Waldentwick- lungsszenarien die geringste, in 2 bis 4 Fällen aber auch die höchste Standardabweichung auf. Durch unterschiedliche Waldbaustrategien können Markt- risiken somit zwar reduziert, jedoch nicht ausge- schlossen werden.

Naturale Risiken

Die naturalen Risiken (Sturm, Borkenkäferbefall und Waldbrand) werden aus den Unterschieden der 30 Mittelwerte der Waldentwicklungsszena- rien abgeleitet (Abb. 4.3.8). Diese entstehen, weil jedem Entwicklungsszenario unterschiedliche Schadflächen aus der Schadflächensimulation zu-

Tabelle 4.3.3. Testergebnis (P­Werte) der paarweisen Vergleiche der Mittelwerte der Kapitalwertdifferenzen der vier Waldbau- strategien für die drei Holzpreisszenarien (Zins 2 %; paarweiser Wilcoxon Test).

Holzpreisszenario Waldbaustrategie Waldbaustrategie

Referenz Kostenmeidend Risikomindernd Ertragsorientiert

Preise historisch Referenz –

Kostenmeidend P < 0,0001

Risikomindernd P < 0,0001 P = 0,1060

Ertragsorientiert P < 0,0001 P < 0,0001 P = 0,0170

Preissenkung Referenz –

Kostenmeidend P < 0,0001

Risikomindernd P < 0,0001 P = 0,4670

Ertragsorientiert P < 0,0001 P < 0,0001 P = 0,0130

Preisanstieg Referenz –

Kostenmeidend P = 0,0049

Risikomindernd P < 0,0001 P = 0,0004

Ertragsorientiert P < 0,0001 P < 0,0001 P = 0,0462

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Zum anderen verdeutlichen die Ergebnisse, dass die naturalen Risiken abhängig von der ge- wählten Waldbaustrategie sind (Tab. 4.3.5). So ist die Standardabweichung des Mittelwerts der si- mulierten Waldentwicklungsszenarien in allen drei Holzpreisszenarien bei der risikomindernden An- passungsstrategie stets geringer, bei der Referenz- strategie stets höher als bei den anderen beiden Naturereignisse in der zweiten Hälfte des Investiti-

onszeitraums mit einer höheren Frequenz simuliert wurden und sich somit stärker auswirken. Dieser Effekt wird bei ansteigenden Preisen verstärkt. Ein niedrigerer Zins führt aufgrund des niedrigeren Abzinsungsfaktors – wie bei den Kapitalwertdiffe- renzen – zu einer Erhöhung der monetär bewerte- ten Schwankungsbreite.

Kapitalwertdifferenzen [Mio. CHF]

–300 –250 –200 –150 –100 –50

–350

Preise historisch a) 2 %

b) 0 %

Holzpreisszenario

Waldbaustrategie

Preissenkung Preisanstieg

Kapitalwertdifferenzen [Mio. CHF]

–300 –250 –200 –150 –100 –50

Ertrags- orientiert Kosten-

meidend

Referenz Risiko-

mindernd Ertrags-

orientiert Kosten-

meidend

Referenz Risiko-

mindernd Ertrags-

orientiert Kosten-

meidend

Referenz Risiko-

mindernd

Abbildung 4.3.7. Wirtschaftliche Folgen von vier Waldbaustrategien (Referenzstrategie und drei Anpassungsstrategien) und drei Holzpreisszenarien im Schweizer Mittelland bis ins Jahr 2100. Dargestellt sind die Kapitalwertdifferenzen zwischen einer Entwick- lung ohne und einer Entwicklung mit Klimawandel für drei Holzpreisszenarien bei einem Zins von 2 (a) bzw. 0 % (b). Die ertrags- orientierte Strategie wurde für den Zinssatz 0 % nicht ausgewertet, da bei ihr ein Kapitalverzinsungswunsch des Waldbesitzers vorausgesetzt wurde. a) verändert aus Pauli et al. (2016).

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Auswirkungen des Klimawandels auf den Wald

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lich gesenkt werden. Allerdings bleiben die Risiken mit +/– 50 bis +/– 63 Mio. CHF erwartungsgemäss auch bei dieser immer noch hoch.

Da die Unterschiede im Hinblick auf das zu in Kauf nehmende Risiko einen grossen Einfluss auf die Wahl von Waldbaustrategien hat, wurden diese über Verhältniszahlen noch einmal direkt gegenübergestellt (Tab. 4.3.6): Bei der risikomin- Waldbaustrategien. Auf die heutige Situation im

Schweizer Mittelland bezogen, bedeutet dies, dass die Weiterführung der aktuellen Waldbewirtschaf- tung vor dem Hintergrund des Klimawandels die grössten naturalen Risiken birgt, unabhängig da- von, ob die zukünftigen Holzpreise steigen oder sinken werden. Umgekehrt können die naturalen Risiken durch eine risikomindernde Strategie deut-

Tabelle 4.3.4. Median und Anzahl höchste und tiefste Standardabweichung (SD) der Kapitalwertfunktionen von 30 Waldentwick- lungsszenarien mit vier Waldbaustrategien. Die Berechnungen wurden für drei Preisentwicklungsszenarien in CHF mit einer Zins- annahme von 2% wiederholt. Verändert aus Pauli et al. (2016).

Holzpreisszenario Waldbaustrategie

Referenz Kostenmeidend Risikomindernd Ertragsorientiert Preise historisch

Anzahl tiefste SD der Szenarien 3 7 13 7

Anzahl höchste SD der Szenarien 14 5 3 8

Median aller SD [Mio. CHF] 64,3 57,6 51,5 58,4

Preissenkung

Anzahl tiefste SD der Szenarien 4 7 14 5

Anzahl höchste SD der Szenarien 14 5 2 9

Median aller SD [Mio. CHF] 61,3 55,6 48,5 55,2

Preisanstieg

Anzahl tiefste SD der Szenarien 3 8 13 6

Anzahl höchste SD der Szenarien 14 6 4 6

Median aller SD [Mio. CHF] 80,9 70,4 63,7 71,0

Tabelle 4.3.5. Standardabweichung vom Mittelwert der simulierten Mittelwerte der Kapitalwertdifferenzen der 30 Waldentwick- lungsszenarien pro Preisszenario und Waldbaustrategie in Mio. CHF als Mass für das naturale Risiko. Berechnungen bei einer Zinsannahme von 0 oder 2 % im Betrachtungszeitraum bis 2100 und dem Perimeter Mittelland. Verändert aus Pauli et al. (2016).

Holzpreisszenario Zins Waldbaustrategie

Referenz Kostenmeidend Risikomindernd Ertragsorientiert1

Preise historisch 0 % +/– 79 +/– 67 +/– 58 –

2 % +/– 68 +/– 59 +/– 52 +/– 59

Preissenkung 0 % +/– 75 +/– 64 +/– 56 –

2 % +/– 64 +/– 58 +/– 50 +/– 58

Preisanstieg 0 % +/– 101 +/– 82 +/–72 –

2 % +/– 87 +/– 73 +/– 63 +/– 71

1 Die ertragsorientierte Waldbaustrategie wurde nur für einen Zinssatz von 2 % berechnet.

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wertdifferenzen) plus der ökonomisch bewerteten Differenzen zwischen den waldbaulichen Strate- gieoptionen («ertragsorientiert», «risikomindernd»

und «kostenmeidend») und der aktuellen Wald- baustrategie (Referenzstrategie).

Ein Vergleich der Waldbaustrategien (Tab.

4.3.7) zeigt, dass die im Rahmen der aktiven Adaptionsstrategien «ertragsorientiert» und «ri- sikomindernd» angedachten Massnahmen (Um- triebszeitverkürzung, veränderte Baumartenzusam- mensetzung sowie die sich daraus ergebenden waldbaulichen Veränderungen) einen grossen Ef- fekt auf die Wirtschaftlichkeit der Waldbewirtschaf- tung im Schweizer Mittelland haben. Bei der risiko- mindernden Strategie liegen die Mediane je nach zugrunde gelegter Zinsannahme und Holzpreissze- nario im Bereich von + 262 beziehungsweise + 516 Mio. CHF, bei der ertragsorientierten Strategie im Bereich von + 770 und + 985 Mio. CHF (bei Zins- niveau 2 %). Somit sind diese beiden aktiven Ad- aptationsstrategien aus ökonomischer Sicht positi- ver zu beurteilen als die Fortführung der aktuellen waldbaulichen Strategie (Referenzstrategie). Bei der kostenmeidenden Strategie (möglichst nied- dernden Anpassungsstrategie ist die SD und so-

mit das Risiko stets geringer als bei den anderen Waldbaustrategien. Bei der Referenzstrategie ist das Risiko stets höher als bei den anderen Wald- baustrategien.

Gesamtkosten des Klimawandels im Wald

Die bisherigen Analysen bezogen sich ausschliess- lich auf die wirtschaftlichen Auswirkungen des Kli- mawandels im Wald. Die jeweilige Umsetzung der drei formulierten Anpassungsstrategien für die Waldwirtschaft im Betrachtungsperimeter, dem Schweizer Mittelland, hat jedoch ebenfalls un- terschiedliche Kostenfolgen. Die Gesamtkosten der Waldbewirtschaftung1 ergeben sich aus der Summe der monetär bewerteten, klimawandel- bedingten Effekte je Waldbaustrategie (Kapital-

1 Explizit ausgeklammert sind dabei die monetären Aspekte der weiteren Wohlfahrtswirkungen des Waldes sowie der volkswirtschaftliche Nutzen der Rohstoffbereitstellung für die Holzwirtschaft (vgl. hierzu lehner et al. 2015).

–200 –150

–300 –250 –100 –50 0 50

Kapitalwertdifferenz [Mio. CHF]Kapitalwertdifferenz [Mio. CHF]Kapitalwertdifferenz [Mio. CHF]

Standardabweichung der jeweiligen Waldentwicklungsszenarien als Mass für das Holzmarktrisiko Standardabweichung der Mittelwerte aller Waldentwicklungszenarien als Mass für das naturale Risiko

Mittelwert Standardabweichung

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 Waldbauszenario

Abbildung 4.3.8. Streuung der Einzelergebnisse der Kapitalwertsimulation (Kapitalwertdifferenzen) für die 30 verwendeten Wald- entwicklungsszenarien bei der ertragsorientierten Waldbaustrategie mit einem Holzpreisanstiegsszenario und einem Zinssatz von 2 %. Verändert aus Pauli et al. (2016).

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Auswirkungen des Klimawandels auf den Wald

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Tabelle 4.3.6. Verhältnis der Standardabweichungen (SD) von vier Waldbaustrategien mit einer Zinsannahme von 2 %, berechnet für drei Holzpreisszenarien (SD aus Tab. 3.4.5). Werte über 1 bedeuten, dass die in der Spalte aufgeführte Waldbaustrategie eine grössere SD aufweist als die in der Zeile aufgeführte Strategie. Ist die Verhältniszahl kleiner als 1, so gilt das Gegenteil.

Holzpreisszenario Waldbaustrategie Waldbaustrategie

Referenz Kostenmeidend Risikomindernd Ertragsorientiert

Preise historisch Referenz 1 0,87 0,76 0,87

Kostenmeidend 1,15 1 0,88 1

Risikomindernd 1,31 1,13 1 1,13

Ertragsorientiert 1,15 1 0,88 1

Preissenkung Referenz 1 0,91 0,78 0,91

Kostenmeidend 1,1 1 0,86 1

Risikomindernd 1,28 1,16 1 1,16

Ertragsorientiert 1,1 1 0,86 1

Preisanstieg Referenz 1 0,84 0,72 0,82

Kostenmeidend 1,19 1 0,86 0,97

Risikomindernd 1,38 1,16 1 1,13

Ertragsorientiert 1,23 1,03 0,89 1

Tabelle 4.3.7. Kapitalwertunterschiede der Gesamtkosten der drei Anpassungsstrategien gegenüber der Annahme, dass es keine klimawandelbedingten Kosten-/Erlösfolgen im Wald des Schweizer Mittellandes bis ins Jahr 2100 gibt: Minuswerte bedeuten, dass durch die Anpassungsstrategie mit dem Eintreten der Effekte eines Klimawandels geringere Erlöse beziehungsweise höhere Kosten entstehen als durch Fortführung des aktuellen Waldbaus (Referenzstrategie) ohne das Eintreten der Effekte eines Klima- wandels. Positive Werte sind umgekehrt zu interpretieren.

Waldbaustrategie Holzpreisszenario Zins Median [Mio. CHF] Mittelwert (+/– SD) [Mio. CHF]

Kostenmeidend Preise historisch 0 % –382 –385 (+/– 247)

2 % –344 –350 (+/– 245)

Preissenkung 0 % –367 –370 (+/– 249)

2 % –331 –369 (+/– 279)

Preisanstieg 0 % –454 –460 (+/– 297)

2 % –407 –412 (+/– 296)

Risikomindernd Preise historisch 0 % 318 303 (+/– 196)

2 % 305 242 (+/– 191)

Preissenkung 0 % 301 273 (+/– 182)

2 % 262 215 (+/– 190)

Preisanstieg 0 % 516 530 (+/– 251)

2 % 463 463 (+/– 218)

Ertragsorientiert1 Preise historisch 2 % 794 677 (+/– 170)

Preissenkung 2 % 770 626 (+/– 166)

Preisanstieg 2 % 985 808 (+/– 230)

1 Die ertragsorientierte Waldbaustrategie wurde nur für einen Zinsatz von 2 % ermittelt, da bei ihr ein Kapitalverzinsungs- wunsch des Waldbesitzers vorausgesetzt wurde.

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rige Investitionen und hohe Umtriebszeiten) hin- gegen liegen die Mediane der klimawandel- und waldbaubedingten Mehrkosten bzw. Erlöseinbus- sen, je nach zugrunde gelegter Zinsannahme und Holzpreisszenario, zwischen – 331 und – 405 Mio.

CHF. Die flächendeckende Umsetzung einer kosten- meidenden Strategie würde somit im Vergleich zu den anderen Strategieoptionen die wirtschaftlich negativsten Folgen nach sich ziehen.

Folgerungen für Forschung und Praxis

Ziel des durchgeführten Projekts war es, eine Me- thode zu erarbeiten und zu implementieren, um verschiedene Strategien zur Anpassung der Mit- tellandwälder an den Klimawandel ökonomisch zu bewerten. Dies wurde durch die lineare Ver- knüpfung eines Schadflächenmodells, eines Mo- dells zur Simulation der Waldentwicklung («WIS Klima»), sowie eines Modells zu Ermittlung der Barwerte von Waldbaustrategien erreicht.

Prüfen der Hypothesen

Die Resultate der Simulationen zeigen für alle ver- wendeten waldbaulichen Strategien im Mittel kli- mabedingte Mehrkosten bzw. Mindererlöse des Klimawandels auf. Dies stützt die erste Hypothese, dass der Klimawandel zu Mehrkosten für die Wald- bewirtschaftung führt.

Abgesehen vom Vergleich der Varianten «risiko- mindernd» und «kostenmeidend» bei einem Preis- entwicklungsszenario «Preissenkung» beziehungs- weise «historisch», bestehen bei den Preisszenarien statistische Unterschiede zwischen den Verteilun- gen. Somit muss die zweite Hypothese, dass unter- schiedliche Waldbaustrategien die Höhe der Mehr- kosten beeinflussen, nicht verworfen werden.

Für die risikoreicheren Strategien fallen im Schnitt höhere Mehrkosten an als für die Stra- tegien, die bewusst durch Umtriebszeitreduktion und/oder Baumartenwechsel die Produktionsrisi-

ken zu reduzieren versuchen. Die dritte Hypothese wird somit gestützt: Eine Strategie, die aktiv die sich aus dem Klimawandel ergebenden Produkti- onsrisiken vermindert, ist aus ökonomischer Sicht besser als eine Strategie, welche diese Risiken be- wusst in Kauf nimmt.

Kritische Reflexion der Methoden und Annahmen

Die der Analyse zugrunde gelegten Modelle ba- sieren auf einer Reihe von Annahmen. Beson- ders hervorzuheben sind dabei die Zunahme von Sturmschäden, die Holzpreisentwicklungen sowie der gewählte Zinsfuss, die mit hohen Unsicherhei- ten behaftet sind. Dahingegen spannen die drei gewählten Anpassungsstrategien in ihrer Gesamt- heit einen Fächer möglicher Handlungsalternati- ven zur Anpassung an den Klimawandel auf. Es ist davon auszugehen, dass sich die kosten- und erlösrelevanten Folgen des Klimawandels inner- halb dieses aufgespannten «Ereignisraums» be- wegen werden.

Die Auswertung der Resultate der waldbau- lichen Simulationen mit «WIS Klima» erfolgte auf der Grundlage der Schweizer Ertragstafeln (BadouX 1983). Diese gelten für Reinbestände, für eine flächige Verjüngung und für ein bestimm- tes Durchforstungsregime (Bachmann 1996). Ge- mischte Bestände und die damit verbundene ge- genseitige Beeinflussung zwischen den Arten, die durchaus wachstumsrelevant sein kann (PretzSch

2002), stufige Bestände, Vorverjüngungen und weitere Aspekte der naturnahen Waldwirtschaft können dabei nicht abgebildet werden. Jedoch wird durch die Wahl und Adaptation des Besto- ckungsziels dem erwarteten Umbau der Waldge- sellschaft Rechnung getragen.

Dank der Erkenntnisse aus zimmermann et al.

(2016) wurde die mögliche klimabedingte Verän- derung des potenziellen Baumartenspektrums be- rücksichtigt. Baumartenspezifische, wachstumsre- levante Veränderungen durch eine Verschiebung der standörtlichen Gegebenheiten, die mit dem Kli-

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Auswirkungen des Klimawandels auf den Wald

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mawandel eintreten werden (kölling et al. 2009), bleiben im Modell jedoch unberücksichtigt. Glei- ches gilt für längere Vegetationszeiten und höhere Temperaturen, die (bei genügend Feuchtigkeit) während der Vegetationszeit zu rascherem Wachs- tum und damit zu einer standortabhängigen er- höhten Wuchsleistung der Bäume führen könnten.

Einschätzungen von kölling et al. (2016) für einen Stichprobenpunkt der deutschen Bundeswaldin- ventur in der Bodenseeregion (BWI Stichproben- punkt 171, Bösenreutin) zeigen, dass in den kom- menden 100 Jahren zu erwartende, klimabedingte Veränderungen des Feuchte- und Wärmeregimes die Bonität und damit auch die Ertragskraft der Hauptbaumarten Fichte, Tanne, Buche und Eiche positiv beeinflussen dürften, gleichzeitig aber auch deren Ausfallrisiko steigt. Bonitäts- und Risikover- änderungen (bzw. der aus diesen beiden Grös- sen ableitbare Index) verlaufen für verschiedene Baumarten jedoch nicht in gleicher Weise. Bei ei- ner Weiterentwicklung des «Klimarechners Wald»

sollte deshalb versucht werden, standortbedingte Veränderungen, die das Baumwachstum beein- flussen, zu berücksichtigen.

Vergleich mit europäischen Szenarien

Die Resultate dieser Studie weisen für sämtliche betrachteten Waldbaustrategien und Szenariokom- binationen im Mittel klimabedingte Mehrkosten bzw. Mindererlöse zwischen 103 und 229 Mio. CHF für das ganze Mittelland bis ins Jahr 2100 aus.

Werden aus den Kapitalwerten jährlich gleichblei- bende Renten (Annuitäten) berechnet, so ergeben sich Werte zwischen – 1,7 und – 4,8 Mio. CHF/Jahr für das ganze Mittelland beziehungsweise – 7 bis – 21 CHF/Jahr und Hektar.

Unter Annahme eines konstanten Holzpreises und konstanter Holzerntekosten, ohne Berücksich- tigung der naturalen Risiken in der Modellierung und unter Annahme von Zinsen zwischen 1 % und 3 %, berechnen haneWinkel et al. (2013) einen öko- nomischen Verlust für die gesamte europäische

Waldfläche ohne Russland (206 Millionen Hektar) je nach Klimaszenario von 60 bis 680 Milliarden Euro. Je Hektar schätzen sie die mittleren Boden- ertragswerte im Jahr 2100 zwischen 515 €/ha (für das Klimaszenario A1FI und eine Zinsannahme von 3 %) und 9945 €/ha (für das Szenario B2 und eine Zinsannahme von 1 %). Die Ergebnisse der vorlie- genden Studie und die Ergebnisse von haneWin­

kel et al. (2013) weisen somit in die grundsätzlich gleiche Richtung. Die Differenz der Waldwerte der vorliegenden Studie für die Bestände im Schwei- zer Mittelland liegen lediglich zwischen 3 und 49 CHF/ha bei einer Zinsannahme von 2 % und zwi- schen 28 und 368 CHF/ha bei einer Zinsannahme von 0 %. Bei der Berechnung wurde aber nicht die gleiche Methodik zugrunde gelegt (Bodenreiner- trag als Berechnungsbasis von haneWinkel et al.

2013 und Kapitalwert bei der vorliegenden Studie).

In den Waldwertberechnungen der vorliegenden Studie sind zudem die naturalen und finanziellen Risiken berücksichtigt. Ausserdem wurden nicht die absoluten Waldwerte berechnet, sondern le- diglich die Differenzen zwischen einem Zustand, der infolge von Klimawandel entsteht, und einem Zustand, der unter sonst gleichen Annahmen ohne Klimawandel eintreten würde. Zudem wurde eine Zinsannahme von 0 % und 2 % verwendet. Aus die- sen Gründen ist ein direkter Vergleich der Einzel- ergebnisse mit denjenigen von haneWinkel et al.

(2013) nicht möglich.

Praxisrelevanz der Ergebnisse

Die Ergebnisse zeigen, dass aktivere Strategien (ertragsorientiert; teilweise risikomindernd) aus ökonomischer Sicht tendenziell günstiger sind als eher passive Strategien (kostenmeidend; Refe- renz). Zieht man auch eine Minimierung der na- turalen Risiken ins Kalkül mit ein – was vor dem Hintergrund der Aufrechterhaltung aller Wald- funktionen durchaus sinnvoll erscheint –, könnte eine risikomindernde Strategie zielführend sein.

Vor dem Hintergrund der Ergebnisse ist klar, dass

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