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Archiv "Marketing-Effekt" (12.11.2010)

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796 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 107

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Heft 45

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12. November 2010

M E D I Z I N

DISKUSSION

Patintinnenwohl

Die für den Frauenarzt interessante Übersichtsarbeit kann nicht unkommentiert bleiben, da gerade aus der UFK Erlangen gelegentlich radikal anmutende Postula- te aus dem Zusammenhang zwischen Quantität und Qualität abgeleitet werden, die erfreulicherweise nicht unwidersprochen bleiben (1).

Die Zahl von 140 „einfachen“ Hysterektomien pro Jahr verteilt sich auf die an einer Universitätsklinik gro- ße Zahl von Ärzten, so dass schon aus oben genannten Gründen gefragt werden darf, wie sich damit der be- schriebene Zusammenhang herstellen lässt, und man hätte gerne erfahren, wie viele Eingriffe der einzelne Operateur vornimmt.

Auch die sehr lang erscheinenden Operationsdauern (was macht man bei einer vaginalen Hysterektomie so lange?) bedürfen unter wirtschaftlichen und medizini- schen Aspekten einer kritischen Hinterfragung.

Bei durchschnittlichen Aufenthaltsdauern von zehn Tagen nach einer abdominalen Hysterektomie wird klar, welche Einsparpotenziale immer noch bestehen, ganz zu schweigen davon, wie gut das Verhältnis zum MDK sein muss, um nicht in einer Flut von Anfragen zu ertrinken – „tu felix universitas“?

Abschließend darf Herr Prof. Egger zitiert werden (2): „...vorwiegend eine ärztliche Diskussion, ob die Hysterektomie vollständig...auszuführen sei“ und:

„...die vollständige Hysterektomie auf vaginalem We- ge...die einfachste, schnellste und...mit den geringsten Nebenwirkungen versehene Operation.“

Dem ist wenig hinzuzufügen, diese und seine zusätz- lichen Äußerungen in Verbindung mit der eigenen Er- fahrung müssen die Frage erlauben, ob die hohe Zahl von LASH (=Laparoskopisch assistierte supracervikale Hysterektomie), LAVH (=Laparoskopisch assistierte vaginale Hysterektomie) und TLH (=totale laparosko- pische Hysterektomie) wirklich im stets beschworenen Interesse der Patientinnen sind.

DOI: 10.3238/arztebl.2010.0796a

LITERATUR

1. Enderer-Steinfort G: Gynäkologische Krebszentren – Wie viel brau- chen wir wirklich? Frauenarzt 2010; 51: 407–9.

2. Egger H: Suprazervikale oder totale Hysterektomie? Gynäkol Prax 2010; 34: 205–7.

Marketing-Effekt

Die Hysterektomie(HE)-Raten bei benignen Er - krankungen des Uterus sind in den Industrieländern in den letzten zwei Jahrzehnten durch die Anwen- dung uteruserhaltender Methoden (Hormonspirale, Endometriumablation, Myomektomie etc.) eher rückläufig. In der Studie von Müller et al. wird dage- gen von einer geradezu explosionsartigen Zunahme der HE-Rate in einer Institution nach Einführung der laparoskopischen Verfahren (laparoskopische Hysterek- tomie [LH], laparoskopische suprazervikale Hysterek- tomie [LSH]) in den Jahren von 2004 bis 2008 be- richtet. Dieser exorbitante Anstieg ist nur durch ei- nen Marketing-Effekt („neue Operation – neue Pa- tienten“) und eine großzügigere Indikationsstellung zu erklären. Als Vorteile der LH und LSH werden der geringe Blutverlust und die kurze Operationsdauer angeführt, die jedoch nicht von klinischer Relevanz sind.

Der klinische Alltag lehrt, dies haben zahlreiche Studien bestätigt, dass die vaginale Hysterektomie in der Hand des erfahrenen Operateurs die Methode mit der kürzesten Operationszeit, dem geringsten Ressourcenverbrauch und der höchsten Patientin- nen-Zufriedenheit ist. Die laparoskopischen Verfah- ren haben jedoch einen mächtigen Verbündeten: die Industrie, die die Ressourcen verbrauchende laparo- skopische Chirurgie im eigenen Interesse fördert.

Das intensive industriegestützte Marketing rückt die laparoskopischen HE-Methoden durch entsprechen- de Operationskurse bei den verschiedensten Anläs- sen permanent ins Bewusstsein. Im Gegensatz zur LH und LSH bietet die vaginale Hysterektomie ohne spezifische Instrumente oder neu anwendbare Tech- niken wenig „Markt-Chancen“. Dies ist sehr zum Nachteil der Frauen, die eine Entfernung der Gebär- mutter wegen gutartiger Erkrankungen benötigen.

Denn die vaginale Hysterektomie hinterlässt keine Narben und keine Restzervix mit eventuell konseku- tiver Zervixpathologie und Re-Operation. Die vagi- nale Hysterektomie sollte im Mittelpunkt der akade- mischen Ausbildung des gynäkologischen Opera- teurs bleiben, da die Patientin von ihr am meisten profitiert.

DOI: 10.3238/arztebl.2010.0796b zu dem Beitrag

Hysterektomie – Ein Vergleich verschiedener Operationsverfahren

von PD Dr. med. Andreas Müller, Dr. med. Falk C. Thiel,

Dr. med. Stefan P. Renner, Dr. med. Mathias Winkler, Dr. rer. nat. Lothar Häberle, Prof. Dr. med. Matthias W. Beckmann in Heft 20/2010

3. Müller A, Thiel FC, Renner SP, Winkler M, Häberle L, Beckmann MW:

Hysterectomy—A comparison of approaches. Dtsch Arztebl Int 2010; 107(20): 353–9.

Dr. med. Ulrich Steigerwald Enzkreis-Kliniken Mühlacker Hermann-Hesse Straße 34 75417 Mühlacker

E-Mail: Zahira.Azzam@kliniken-ek.de

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 107

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Heft 45

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12. November 2010 797

M E D I Z I N

Sechs Autoren

Bei der Bewertung neuerer Verfahren zur Hysterekto- mie (HE) kommen die Autoren unter anderem zu dem Schluss, dass die vaginale HE und laparoskopische Operationsmethoden (laparoskopische suprazervikale HE [LASH] und totale laparoskopische HE [TLH]) gleichwertige Alternativen sind. Da beim vaginalen Vorgehen die Operationszeit signifikant kürzer und die Rate intra- und postoperativer Komplikationen in Sum- me am geringsten waren, scheinen Zweifel an dieser Aussage angebracht. Darüber hinaus fragt sich der An- hänger einer Schule vaginalen Operierens, warum das Potenzial der vaginalen HE im vorgestellten Kranken- gut nicht ausgeschöpft und der vaginale Zugang nicht häufiger gewählt wurde. Zwar schränken Größe und Beweglichkeit des Uterus diesen Zugang ein, wenn je- doch in sieben Jahren (2002–2008) nur 74 Hysterekto- mien auf vaginalem Wege erfolgten (gegenüber 413 TLH), dann machen zehn bis elf Operationen/Jahr den Eingriff zu einem seltenen Ereignis. Dieser Verdacht relativiert sich zwar, wenn die Fälle mit Ausschlusskri- terien (Zusatzoperationen zur HE) einbezogen werden.

Aber auch dann stehen 958 abdominalen Eingriffen (ohne LASH) „nur“ 377 vaginale HE gegenüber (58 Fälle/Jahr), die sich zudem auf mehrere Operateure ver- teilen; an der Publikation haben allein sechs Autoren mitgewirkt. Bei häufigerem Einsatz könnten die Vorbe- dingungen (Uterusgröße, räumliche Verhältnisse) wei- ter gefasst, Technik („Morcellement“) und Ergebnisse (OP-Dauer, Blutverlust, Komplikationsrate) verbessert und einer größeren Anzahl von Patientinnen die vagina- le HE angeboten werden. Wäre nur die Hälfte der 413 Patinnen mit TLH (durchschnittliche OP-Zeit 108 min) auf vaginalem Wege operiert worden (OP-Zeit 87 min), hätten 72 Stunden OP-Zeit eingespart werden können.

Zusätzlich wären den Frauen die Belastungen der Lapa- roskopie (Kopftieflagerung, mehrere kleine Bauch- schnitte, Gasinsufflation, Anästhesieverfahren und -dauer) erspart geblieben.

DOI: 10.3238/arztebl.2010.0797a

LITERATUR

1. Müller A, Thiel FC, Renner SP, Winkler M, Häberle L, Beckmann MW:

Hysterectomy—A comparison of approaches. Dtsch Arztebl Int 2010; 107(20): 353–9.

Prof. em. Dr. med. Jürgen Nieder Büchnerstraße 29

39114 Magdeburg

E-Mail: juergen-nieder@web.de

Schlusswort

An dieser Stelle sei den Autoren gedankt für Ihre kriti- schen Anmerkungen und Kommentare. Wir haben ge- zeigt, dass es auch an einer universitären Ausbildungs- klinik möglich ist, die Rate an offenen Hysterektomien deutlich zu reduzieren (1). Prof. Dietel kritisiert die ge- nerelle Zunahme der Hysterektomierate. Die Steige- rung der Hysterektomiezahlen an unserer Klinik beruht auf einer generellen Steigerung der Fallzahlen und nicht auf einer Änderung der Indikationsstellung. Wir haben im Wesentlichen eine Verschiebung von der ab- dominalen hin zur laparoskopischen Operation gezeigt (1). Zahlungen der Industrie haben wir dabei nicht er- halten.

Die Diskussion um Operationsmethoden wird oft emotional geführt unter den Anhängern verschiedener

„operativer Schulen“. Dr. Steigerwald, Prof. Dietel und Prof. Nieder als Anhänger der „vaginalen operativen Schule“ fordern mehr vaginale Hysterektomien. Diese Forderung ist durchaus berechtigt, aber die vorgenom- mene Wertung halten wir aktuell für nicht nachvoll- ziehbar und nicht evidenzbasiert.

Die Cochrane-Metaanalysen aus den Jahren 2006 und 2009 zeigen die kürzeste postoperative Erho- lungsphase für die laparoskopischen Methoden („re- turn to normal activities“) ([12] im Beitrag) (2).

Postoperative Schmerzen sind geringer nach laparo- skopischer Hysterektomie verglichen mit der VH, so das Resultat zweier prospektiver randomisierter Studien (3, 4). Zu wichtigen Langzeitparametern, wie Deszensus und Inkontinenz fehlen aber bisher suffiziente Daten ([12] im Beitrag) (2). Die derzeit größte Kohortenstudie zum Thema Inkontinenz und Deszensus nach Hysterektomie zeigt, dass insbeson- dere die VH mit der höchsten Rate an Stressinkonti- nenzoperationen und Deszensusoperationen nach vorangegangener Hysterektomie assoziiert ist ([5]

und [6] im Beitrag). Liegt es an der Operationsme- thode oder an Risikofaktoren der Patientinnen, die vaginal hysterektomiert wurden? Die Antwort, beru- hend auf Daten eines vernünftigen Evidenzlevels, steht bisher aus.

Herr Dr. Steigerwald spricht die vermeintlich „lan- ge“ Operationszeit bei der VH an. Dabei scheint er von der oft „gefühlten“ Operationszeit des durchaus vor- kommenden 30-Minuten-Eingriffes auszugehen. Das entspricht einerseits nicht der Realität nach statistischer Aufarbeitung größerer Kohorten. Andererseits ist eine Universitätsklinik zur Ausbildung des ärztlichen Nach- wuchses verpflichtet, ansonsten würde sie den Na- menszusatz der Universität nicht verdienen. Natürlich sind unter unseren Operationen auch solche Ausbil- dungseingriffe. Unsere publizierten Operationszeiten für die VH entsprechen durchaus den publizierten Ope- rationszeiten anderer universitärer Ausbildungskliniken in Deutschland ([e1] im Beitrag) (5).

Weitere Vorteile der laparoskopischen Verfahren sind die bessere Beurteilbarkeit des gesamten Abdo- mens (nicht nur der Adnexe) und die Möglichkeit der Kombination mit Zusatzeingriffen bei Patientinnen mit LITERATUR

1. Müller A, Thiel FC, Renner SP, Winkler M, Häberle L, Beckmann MW:

Hysterectomy—A comparison of approaches. Dtsch Arztebl Int 2010; 107(20): 353–9.

Prof. Dr. med. Johannes Dietl Universitäts-Frauenklinik

Josef-Schneider-Straße 4, 97080 Würzburg E-Mail: Markert_F@klinik.uni-wuerzburg.de oder: frauenklinik@mail.uni-wuerzburg.de

Referenzen

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