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Iranistik 295

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Iranistik 295

Keyvani, Mehdi: Artisans and GuiJd Life in the Later Safavid Period:

Contributions to the SociaJ-Economic History of Persia (IsJamkundliche Untersuchungen Bd. 65). Klaus Schwarz Verlag, Berlin 1982, 351 S., 8°, DM64,-.

Die geschichtliche Erforschung der spätmittelalterlichen und frühneuzeitli- chen Gesellschaft des iranischen Hochlandes ist in den letzten drei Jahrzehnten in mancher Hinsicht andere Wege gegangen als diejenigen historischen Diszipli- nen, die sich mit dem entsprechenden Zeitraum in den benachbarten Regionen befassen: dem Osmanischen Reich, Ägypten und Syrien in der Mamlukenzeit, dem nachtimuridischen Transoxanien (vor allem seitens sowjetischer Wissen- schaftler) und dem islamischen Indien. Die historische Iranforschung hat diese anderen Wege auch langsamer beschritten als die nächstverwandten For- schungsrichtungen, vor allem langsamer aJs die auf diesem Gebiet beispieJhafte internationale Osmanistik. Ein Kongreß wie der flir „Türkische Wirtschafts.

und Sozialgeschichte" (München, August 1986), bei dem etwa 200 Teilnehmer aus aller Herren Länder eine kohärente Debatte führten, ist für ein vergleichba- res iranisches Thema einstweilen reine Utopie.

Die Gründe dafiir sind vielfältig: In vielen a.ußeriranischen Ländern stehen

persistische Belange hinter anderen Aspekten orientalischer Forschung quanti-

tativ traditionell zurück. Historische Fragestellungen rangieren seit Generatio-

nen hinter dem literarischen und linguistischen Interesse an Iran. Ein deutli-

cher Umschwung in der Forschung der Jetzten zwei Jahrzehnte führte zu einer

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Intensivierung gegenwarts- und zeitgeschichtlicher Problemstellungen. Die Me- diävistik hat davon vergleichsweise wenig abbekommen. Dafür

m~.

auch der insgesamt dürftige Widerhall historischer Fragen in der iranischen Offentlich- keit verantwortlich sein. Anders als etwa in der Türkei, in Pakistan, Indien und zum Teil in arabischen Ländern ist die iranische Intelligenz historischen Grund- fragen gegenüber traditionell eher reserviert und desinteressiert eingestellt.

Geschichte erscheint den meisten iranischen Intellektuellen als ein „Krabbel- sack" (BIRGITT HOFFMANN), voll von unzusammenhängenden Versatzstücken, aus dem man sich zur Illustration irgendwelcher gerade aktueller Diskussions- themen beliebig bedienen kann.

Die weltweit nicht eben zahlreichen Iran-Historiker (vor allem Mediävi- sten) können den Grenzen, die durch diese Situation gesetzt sind, nur schwer entkommen. „Debatten" der Iran-Historiker gibt es allenfalls in Ansätzen.

Allzu viele unserer Kollegen arbeiten isoliert und auf sich selbst gestellt. Das gilt weltweit genauso wie für die inneriranischen Verhältnisse.

Mit der vorliegenden Arbeit, einer Dissertation aus Durham (UK), versucht der Autor, sich diesem Dilemma zu entziehen. Er greift die seit Jahren laufende Diskussion über die Berufskorporationen in der vor- und frühmodemen islami- schen Welt auf und formuliert sein Forschungsthema analog zu diesen Diskus- sionen. Damit hat er sich aber auch in einigen Punkten überfordert: Der wohl von vielen erwartete Vergleich zwischen iranischen Verhältnissen und den gleichzeitigen Zuständen in den benachbarten Regionen, durch den iranische, insbesondere safawidische Eigenheiten herausgearbeitet werden könnten, bleibt explizit und implizit aus. KEYV ANIS Arbeit hätte unendlich gewonnen, wenn er sich bemüht hätte, seine Analysen dem Kenntnisstand benachbarter Disziplinen anzugleichen!

Aber auch innerhalb der auf Iran gerichteten Geschichtswissenschaft ver- meidet er seine eigene Eingliederung in vorhandene Debattenansätze. Anson- sten hätte er seine Untersuchungsergebnisse mit den Arbeiten von WILLEM FLOOR über das 19. Jahrhundert, mit I. P. PETRUSEVSKIJS und WALTHER H1Nz' Studien zur vorsafawidischen Sozial- und Wirtschaftsgeschichte Irans - nicht zuletzt auch mit ihren Quellen - kontrastieren müssen. Nicht einmal auf die historische Entwicklungsdynamik des Safawidenstaates und seiner Gesellschaft im Übergang vom 16. zum 17.Jahrhundert geht er deutlich ein. Was bleibt, ist eine zum Gutteil sauber recherchierte, systematische Übersicht über die fa.cts and figures, die er aus einer Anzahl von Quellen und Sekundärliteratur zusam- mengetragen hat. Für weitere Forschungen hat er hiermit einen sehr nützlichen und wünschenswerten Wegweiser durch das Informationsmaterial über das Thema „Berufskorporationen im Iran des 17.Jahrhunderts" erarbeitet. Daß dieser Wegweiser nicht vollständig ist - was ihm einige Rezensenten vorwerfen - ist ihm nicht allzuschwer zur Last zu legen.

Besonders angetan bin ich von der Tatsache, daß KEYV ANI zum ersten Mal

umfangreiches Textmaterial aus der auf Handwerker bezogenen schönen Lite-

ratur aus dem urbanen Milieu des safawidischen Persien vorgestellt hat. Es ist

ihm allerdings nicht gelungen, wenigstens anhand von Beispielen dieses literari-

sche Genre als sozialhistorische Quellengattung vorzustellen. Angesichts der

Dürftigkeit einiger anderer erschlossener Quellenkategorien ist zu vermuten,

daß gerade dieser Typus von Dichtung wie übrigens auch die ikonographisch

auszuwertende Miniaturmalerei dieser Zeit eine Fülle von Erkenntnissen zur

städtischen materiellen und zur Alltags-Kultur bergen.

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Iranistik 297 Wie eingangs gesagt: Diese Vorwürfe richten sich nicht so sehr gegen den Autor als gegen den derzeitigen einschlägigen Forschungsstil. Eine ähnlich angelegte Arbeit zum gleichen Thema über osmanische Verhältnisse wäre in dieser Form heute nicht mehr akzeptabel. Das liegt zum geringsten Teil an dem für iranische Themen oft schmerzhaft charakteristischen, derzeitigen Quellen- mangel, sondern an dem kritikwürdigen gegenwärtigen Gesamtzustand der historischen Erforschung der vormodernen Geschichte Irans.

Bert G. Fragner (Berlin)

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