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Archiv "Prophylaxe von Lymphödemen" (23.03.1989)

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DEUTSCHES

ÄRZTEBLATT KURZBERICHT

Prophylaxe

von Lymphödemen

ielgruppe dieses Artikels sind Chirurgen, operativ tä- tige Gynäkologen und strahlentherapeutisch ar- beitende Radiologen. Bei deren le- bensnotwendigen Krebsbehandlun- gen mit Operation und Bestrahlung entstehen die häufig nicht vermeid- baren sekundären Lymphödeme an Armen und Beinen, wenn die opera- tive Entfernung oder Bestrahlung von Lymphknoten an den Extremitä- tenwurzeln notwendig wird.

Statistiken besagen, daß bei der typischen Brustkrebsbehandlung mit Ablatio mammae, Achselausräu- mung und Bestrahlung der axilären und klavikulären Lymphk:noten in 30 Prozent bis 42 Prozent aller Fälle ein sekundäres Armlymphödem ent- steht. Handelt es sich lediglich um eine Ablatio mammae, kann natür- lich kein Armlymphödem entstehen, da die eigentliche Ursache der Lymphödementstehung, die Unter- brechung der Lymphbahnen in der Axilla durch Operation oder Be- strahlung, nicht gegeben ist.

Aber nicht nur beim Brustkrebs, welcher zweifellos die häufigste Ur- sache darstellt, sondern auch bei al- len anderen Tumoren des oberen Rumpfes, des Halses und des Kopfes kann bei entsprechender Therapie ein sekundäres Armlymphödem ent- stehen. Seltenere Ursache für ein solches Ödem ist eine axilläre Pro- beexzision von einzelnen Lymphkno- ten, wobei wir bereits Lymph- ödementwicklungen nach Entfer- nung von nur zwei Lymphknoten ge- sehen haben. Andere Ursachen für sekundäre Lymphödeme wie durch Metastasen, Parasiten, Ekzeme und Erysipele, nach Traumen oder Ver- brennungen sind unter dem Aspekt der Ödemprophylaxe in diesem Zu- sammenhang unbedeutend.

Die Entstehung der sekundären Armlymphödeme nach operativer oder radiogener Lymphbahnschädi- gung geschieht meist langsam und ohne erkennbare Ursache. In einem Teil der Fälle wird sie jedoch durch

bestimmte Vorgänge akut ausgelöst.

Durch die Auswertung von 1827 se- kundären Armlymphödemen der Jahre 1983 bis 1986 konnten wir fest- stellen, daß 17 Prozent dieser Öde- me durch ein akutes Ereignis ausge- löst wurden, was bei entsprechen- dem Verhalten vermeidbar gewesen wäre. Dazu zählen wir Verletzungen durch Injektionen, gefährdende Sportarten, Gartenarbeit und Kü- chenarbeit sowie Überanstrengung, klassische Massage, Sonnenbrand, überwärmende Packungen, Entzün- dung und Operationen am ödemge- fährdeten Arm. Dabei liegt zum Bei- spiel das Risiko bei den Injektionen in der Gefahr einer Hämatombil- dung.

Durch all diese Einwirkungen kommt es zu einer endgültigen Über- lastung des in 95 Prozent aller ope- rierten und bestrahlten Fälle vorge- schädigten Lymphgefäßsystems, wel- ches dann die lymphpflichtige Last nicht mehr bewältigen kann. Selbst- verständlich kann nicht ausgeschlos- sen werden, daß der eine oder ande- re Arm auch später noch spontan zu einem Ödemarm geworden wäre, aber dieses ist natürlich weder be- weisbar noch widerlegbar. Wahr- scheinlich hätten jedoch diese durch besondere Ereignisse ausgelösten Ödeme durch eine entsprechende Aufklärung der Patienten verhindert werden können. So wundert es auch nicht, daß viele betroffene Patienten gegenüber den nicht informierten und nicht informierenden Ärzten ei- ne ausgesprochene Vorwurfshaltung haben.

Ähnlich wie bei den Armöde- men verhält es sich auch an den Bei- nen. Hier sind es besonders die Ge- bärmuttermalignome, welche durch eine ausgedehnte Operation und Be- strahlung zu einer Unterbrechung der Lymphbahnen und somit zu ei- nem sekundären Beinlymphödem führen können. Natürlich wird eine alleinige Hysterektomie oder Ovarektomie ohne Lymphknoten- entfernung oder Bestrahlung nicht

zu einem Beinlymphödem führen.

Andererseits sind auch alle anderen Malignome, sowohl des Unterbau- ches als auch der Beine, welche mit Operation und Bestrahlung der Lei- sten-, Becken- oder Bauchlymphkno- ten einhergehen, ebenfalls für se- kundäre Beinlymphödeme verant- wortlich. Auch an den Beinen dürfte die Ödemhäufigkeit etwa den Pro- zentzahlen wie bei den Armödemen entsprechen.

Es kann sogar eine Leisten- lymphknoten-Probeexzision von nur einzelnen Lymphknoten zum sekun- dären Beinlymphödem führen, auch wenn es sich nicht um einen malig- nen Befund handelt. Es sollte daher niemals die Lymphknoten-Probeex- zision sowohl an der Leiste als auch in der Axilla an erster Stelle der Dia- gnostik einer Lymphknotenvergrö- ßerung stehen, sondern immer erst der letzte Schritt nach Ausschöpfung aller serologischen, internistischen und radiologischen Untersuchungs- methoden sein. Wenn zum Beispiel schon eine Woche nach einem Bein- erysipel ein vergrößerter Leisten- lymphknoten aus diagnostischen Gründen entfernt wird, welcher dann natürlich histologisch nur eine unspezifische Entzündung zeigen kann, halten wir dieses Vorgehen für einen Kunstfehler. Auf diese Weise entstandene sekundäre Lmphödeme sind eindeutig iatrogen, wurden je- doch leider von uns wiederholt gese- hen.

Zur Vorbeugung Merkblatt

an den Patienten

Die Lymphdrainagetherapie von sekundären Lymphödemen wird ef- fektiv nur durch Lymphdraina- getherapeuten durchgeführt, ist also sehr personalintensiv. Sie ist außer- dem eine Langzeitbehandlung und somit relativ teuer, da es sich bei Lymphödemen um ein chronisches Krankheitsbild handelt. Der größte Teil der sekundären Lymphödeme ist wahrscheinlich nicht vermeidbar, wenn eine effektive Krebstherapie durchgeführt werden soll. Aber es wäre möglich, einem erheblichen Dt. Ärztebl. 86, Heft 12, 23. März 1989 (55) A-811

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Teil der sekundären Lymphödeme durch entsprechende Vorsichtsmaß- nahmen vorzubeugen oder bei beste- hendem Ödem eine Verschlechte- rung und damit erhöhte Therapiebe- dürftigkeit zu verhindern.

Wenn man bedenkt, wieviel Zehntausende solcher Operationen jedes Jahr allein in Deutschland not- wendig sind, kann man sich leicht ausrechnen, wieviel Geld den Sozial- versicherungsträgern bei entspre- chender Aufklärung eingespart wer- den könnte. Dabei wäre eine solche Aufklärung für den Arzt nicht auf- wendig, wenn er dem betroffenen Patienten ein entsprechendes Merk- blatt (siehe nachfolgenden Kasten) nach der Operation oder Bestrah-

lung aushändigen würde. Damit die- se Verhaltensregeln keinen unnöti- gen Ballast in sich tragen, haben wir für die Arme und Beine getrennt entsprechende Merkblätter entwik- kelt. Diese Ödemmerkblätter bein- halten die Erfahrung von 15 Jahren klinischer Lymphologie, und die dort angegebenen Risiken haben alle schon zu Ödemen geführt, auch wenn dieses manchem unwahr- scheinlich erscheinen mag.

Dasselbe, was gegen die Ver- schlechterung von sekundären Lymphödemen prophylaktisch getan werden kann, gilt auch für die primä- ren Lymphödeme. Für die betroffe- nen Patienten sind die Ödemmerk- blätter deshalb wichtig, da dadurch

oftmals eine Ödemverschlechterung vermieden und so eine verstärkte ambulante Behandlung oder eventu- ell stationäre Therapie in einer lym- phologischen Fachklinik verhindert werden kann.

Ich würde mir wünschen,, daß die entsprechenden Ärzte diese Ödemmerkblätter ihren Patienten aushändigen, um auf diese Weise ge- fährdeten Patienten eine zusätzliche Erkrankung und den Krankenkassen unnötige Ausgaben zu ersparen.

Anmerkung: Die beiden Merk- blätter für Arm- und Beinlymphöde- me können bei dem Verfasser ange- fordert werden. MWR

Verhaltensregeln

bei Arnilymphödemen

Wichtig bei bestehendem Ödem, um einer Verschlechterung der Schwellung vorzubeu- gen, und für Odemgefährdete, um eine Odementstehung zu verhindern

Ödemgefährdet ist, wer an der Armwurzel eine Opera- tion (Lymphknotenausräumung von Achsel oder Schlüssel- beingrube) oder Bestrahlung erlitten hat. Ziel dieser Ver- haltensregeln ist es, am Arm eine weitere Schädigung der restlichen Lymphgefäße zu verhindern und die Bildung von Lymphflüssigkeit möglichst gering zu halten. Eine Ödem- verbesserung ist meist nur durch die physikalische Ödem- therapie, der Kombination aus Lymphdrainage, Kompres- sionsbehandlung, gymnastischem Intervalltraining und Armhochlagerung möglich. Die Bandagen oder Kompres- sionsarmstrümpfe sollten möglichst tagsüber dauernd getra- gen werden.

Vorsicht vor Verletzungen

(Große, kleine und auch wiederholte kleinste Verletzun- gen führen zur Zerstörung von Lymphgefäßen oder zu Blut- ergüssen, welche die Lymphflüssigkeitsmenge erhöhen)

Bei der Küchenarbeit mit spitzen und scharfen Gegen- ständen (zum Beispiel Messer) Handschuhe, beim Spülen Gummihandschuhe benutzen. Beim Nähen Fingerhut auf- setzen. Bei der Blumenpflege und Gartenarbeit wegen der Stacheln und Dornen sowie beim Umgang mit Haustieren wegen der Kratz- und Bißwunden Handschuhe anziehen.

Bei Gefahr von Insektenstichen (zum Beispiel Grillpartie

am Sommerabend) langärmeliges Kleid und eventuell Handschuhe tragen. Mückengebiete im Urlaub meiden. Bei der Nagelpflege nicht in die Finger schneiden.

■ Beim Arzt keine Blutentnahmen oder Infusionen am Arm, keine Injektionen oder Akupunkturbehandlungen in den Arm oder den zugehörigen Körperquadranten. Keine häufigen Blutdruckmessungen am gefährdeten Arm, die au- ßerdem bei stärkergradigen Armödemen falsch überhöhte Werte ergeben können. Bei beidseitigen Armödemen Blut- entnahme aus einer Leistenvene.

■ Keine Sportarten, welche die Arme besonders ge- fährden wie Handball, Volleyball und zu riskanter Skiab- fahrtslauf. Keine überdehnenden, reißenden oder zerren- den Bewegungen.

III Bei Armbrüchen oder Blutergüssen Lymphdrainage- behandlung verstärken.

Vorsicht vor Überlastungen

(Führen durch Zunahme der Lymphflüssigkeitsbildung zur ödemverstärkung)

■ Im Beruf keine mittelschweren und schweren Arbei- ten, keine mehrstündigen monotonen leichten Arbeiten mit den Armen (zum Beispiel am Fließband, Akkord; Hand- und Maschinenschreiben nur eingeschränkt möglich). Fra- ge der Schwerbehinderung, Umschulung, Teilzeitarbeit, Be- rufs- oder Erwerbsunfähigkeit mit dem Arzt besprechen.

IIII Bei der Hausarbeit können Fensterputzen, stunden- langes Bügeln oder Stricken ungünstig sein. Einkaufstasche mit dem gesunden Arm tragen, eventuell Tasche oder Kof- fer auf Rädern benutzen.

■ Beim Sport sind Überanstrengungen der Arme un- günstig. Nicht überanstrengender Sport ist im Sinne eines Intervalltrainings — einer Pause vor Einsetzen der Muskel- ermüdung — erlaubt, zum Beispiel Tennis, Golf, Skilanglauf in Maßen. Günstig sind Schwimmen und Gymnastik. Alle Sportarten und Gymnastik (außer Schwimmen) möglichst mit Kompressionsarmstrumpf betreiben, da dieses den Lymphabfluß fördert.

A-812 (56) Dt. Ärztebl. 86, Heft 12, 23. März 1989

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