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Archiv "Kassenärztetag in Köln: Offener Widerstand" (19.03.1999)

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A-649

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Deutsches Ärzteblatt 96, Heft 11, 19. März 1999 (1)

Offener Widerstand

M

itte Dezember vergange- nen Jahres hatten Tau- sende Kassenärzte zen- tral in Bonn, aber auch regional in verschiedenen Städten gegen das Vorschaltgesetz der neuen Bun- desregierung demonstriert. Jetzt, drei Monate später, steht – je nach Lesart – eine Neuauflage oder die Fortsetzung des bundesweiten Ak- tionstages der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) an.

Unter dem Eindruck der rot- grünen „Eckpunkte zur Gesund- heitsreform 2000“ hat sich die KBV kurzfristig entschlossen, am Sams- tag, dem 20. März 1999 (Beginn 11 Uhr), einen deutschen Kassenärzte- tag in Köln einzuberufen. Der Vor- sitzende der Kassenärztlichen Bun- desvereinigung, Dr. med. Winfried Schorre, appelliert an die Kas- senärzte, „gemeinsam ein Signal für die politisch Verantwortlichen

zu setzen und an diesem Tag zahl- reich in das Congreß Centrum Ost der Kölner Messe zu kommen“.

Das Motto der Veranstaltung bringt die Befürchtungen der Kas- senärzte auf den Punkt: „Gesund- heitsreform 2000 – Chaos statt Soli- darität!“ Zorn und Enttäuschung der Niedergelassenen über den neuen gesundheitspolitischen Kurs haben nicht etwa nachgelassen, sondern sind mit den Eckpunkten weiter gewachsen. „Wenn das alles realisiert wird, kommt es zu einer massiven Beeinträchtigung der Krankenversorgung“, prognosti- ziert Schorre. Und weiter: „Wir wenden uns gegen eine Politik, die den Krankenkassen alle Kompe- tenzen in die Hand gibt und be- währte Versorgungsstrukturen zer- stört.“

Ob die öffentlichen Proteste der Kassenärzte die Regierung von

ihrem Vorhaben abbringen wer- den, sei dahingestellt. Auf der an- deren Seite hat sich Bundesge- sundheitsministerin Andrea Fi- scher über Monate hinweg dem zu- gesagten Dialog mit der Ärzte- schaft beharrlich verweigert. Zwar sollen die Gespräche jetzt einset- zen, doch ist bei den führenden Vertretern der Ärzteschaft der Eindruck gewachsen, daß es sich dabei nur noch um einen mehr for- malen Akt handeln könnte.

Schorre will sich mit der Aus- sicht auf politische Gespräche nicht vertrösten lassen. Dafür fah- ren SPD und Grüne in den Eck- punkten zu schwere Geschütze ge- gen die ambulante Versorgung auf.

Der Spagat zwischen Dialogbereit- schaft und Protest kann offenbar nicht länger gehalten werden. Der Kassenärztetag in Köln signalisiert offenen Widerstand. Josef Maus

A

rzte, die Drogenabhängige mit Methadon substituie- ren, müssen dies verant- wortungsbewußt und mit großer Sorgfalt tun. Dem Mißbrauch, so scheint es, steht Tür und Tor offen.

Welche fatalen Folgen das hat, legt die Statistik der Drogentodesfälle in Hamburg offen: 1998 sind 32 Drogenabhängige an Heroin, 38 an Methadon gestorben; in acht Fällen vergifteten sich die Opfer mit Heroin und Methadon. Erst- mals sind mehr Drogenabhängige an Methadon als an Heroin gestor- ben. Zum Vergleich: 1996 starben in Hamburg drei Drogenabhängi- ge an Methadon, 77 an Heroin.

In der Drogenszene hat sich offenbar ein Schwarzmarkt für Methadon etabliert. Und das kommt so: Ärzte, die Drogenab- hängige mit Methadon substitu- ieren, verabreichen den Ersatzstoff in ihrer Praxis. Sie dürfen dem Pati- enten jedoch auch ein Rezept für Tages-(„take-home“-)Dosierungen

aushändigen – und ihm die Ver- antwortung für die Einnahme über- tragen. Anfang 1998 wurde die Re- gelung in der 10. Novelle der Betäu- bungsmittel-Verschreibungs-Ver- ordnung gelockert. Bis dahin durf- ten Ärzte nach einer erfolgreichen einjährigen Therapie drei Tagesra- tionen verschreiben; jetzt können sie den Drogenabhängigen nach sechs Monaten Therapie bis zu sie- ben Tagesrationen überantworten.

Anscheinend machen einige Ärzte mit zuviel Optimismus von dieser Möglichkeit Gebrauch.

Denn es gibt, das legt die Hambur- ger Statistik nahe, Substituierte, die ihr Methadon in der Drogen- szene verkaufen. Hinzu kommt: In bislang fünf Fällen sind in Ham- burg Familienangehörige oder Freunde von Drogenabhängigen an Methadon-Intoxikationen ge- storben. Sie haben das Mittel „aus Versehen“ eingenommen.

Der (sozial-)medizinische Nut- zen der Methadonsubstitution an

sich steht außer Frage. Die Be- handlung Heroinabhängiger mit Methadon senke erwiesenermaßen die Mortalitätsrate, bekräftigte der Vorsitzende des Ausschusses Sucht und Drogen der Bundesärztekam- mer, Dr. med. Ingo Flenker. Die Gefahr sieht er vielmehr in der Arzneimittelsicherheit.

In seinem Richtlinienentwurf zur Methadonsubstitution hat der Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkassen die Behandlung in ein umfassendes Konzept eingebet- tet. Er konkretisierte Dokumenta- tionspflichten des Arztes und ver- besserte die Qualitätssicherung.

Um eine Mehrfachsubstitution – und damit auch Mißbrauch – zu ver- hindern, sollte die zuständige Kran- kenkasse alle Fälle registrieren.

Bundesgesundheitsministerin Andrea Fischer hat die Richtlinien jüngst beanstandet. Daß scharfe Kontrollen notwendig sind, dürfte jetzt wohl nicht mehr bestritten werden. Dr. Sabine Glöser

Kassenärztetag in Köln

Methadon-Substitution Unterschätzte Gefahr

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