Das diesem Dokument zugrundeliegende Vorhaben wurde mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung
unter dem Förderkennzeichen 16OH21005 gefördert.
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Bachelor/ Master IT Business Management BI 02/16 Rechtsanwalt Prof. Dr. Florian Heinze
1 Geschäftsfähigkeit, Nichtigkeit und Anfechtung
Fall 1
Der zehn Jahre alte Max (M) wünscht sich nichts sehnlicher als einen Fußball. Immer wieder sieht er sich die Schaufensterauslagen im Sportgeschäft des S an. Da dieser ein Herz für Kinder hat, bietet er dem M einen Fußball für 5,- EUR an, obwohl dieser regulär weit über 100,- EUR gekostet hätte. M ist begeistert und geht mit dem Fußball nach Hause, um von seinen Eltern Geld zum Bezahlen zu holen.
Besteht bereits ein wirksamer Kaufvertrag?
Ist M Eigentümer des Balles?
Die Eltern des M sind begeistert über die Geschäftstüchtigkeit, loben ihn für sein gutes Geschäft und ziehen erfreut einen 5,- EUR-Schein aus der Tasche.
Wirksamer Kaufvertrag?
Abwandlung :
S liest abends in seinem Lieblingsbuch „Juristische Tricks für jedermann – in zwei Wochen zum per- fekten Anwalt“. Bei der Lektüre stellt er fest, dass Verträge mit beschränkt Geschäftsfähigen der Zu- stimmung der gesetzlichen Vertreter bedürfen. Voller Schrecken verfasst er einen Brief an die Eltern, in welchem er um die Genehmigung des Rechtsgeschäftes bittet. Er führt weiter aus: „Sollte ich innerhalb von 8 Tagen nichts von Ihnen hören, so gehe ich von Ihrer Genehmigung aus.“
Die Eltern des M sind der Auffassung, dass Fußballspielen nicht gut für die Entwicklung des Kindes sei und werfen das Schreiben in den Papierkorb.
Kann S Zahlung verlangen?
Fall 2
M ist mittlerweile 17 Jahre alt geworden und kauft sich von seinem Taschengeld (er bekommt 150,- EUR im Monat) auf dem Flohmarkt vom Verkäufer V ein gebrauchtes Smartphone (ohne Mobil- funkvertrag). Da der Monat sich bedenklich dem Ende zuneigt, ist M etwas knapp bei Kasse. Die nöti- gen 100,- EUR für das Gerät hat er nicht mehr. Er zahlt daher 90,- EUR an und bittet den V darum, die noch fehlenden 10,- EUR nach dem nächsten Monatsersten bringen zu dürfen.
V erklärt sich einverstanden, freut er sich doch, das alte Gerät überhaupt losgeworden zu sein. M begibt sich hocherfreut auf den Heimweg.
Besteht zwischen M und V ein wirksamer Kaufvertrag?
Ist M Eigentümer des Smartphones?
Bachelor/ Master IT Business Management BI 02/16 Rechtsanwalt Prof. Dr. Florian Heinze
2 Fall 3
V möchte K sein Grundstück verkaufen. Der Kaufpreis soll 500.000,- EUR betragen. Da beide nicht nur in höchstem Maße skrupellos, sondern darüber hinaus auch geizig sind, geben sie vor dem beur- kundenden Notar nur einen Kaufpreis von 100.000,- EUR an, den dieser in die Kaufvertragsurkunde aufnimmt. Dadurch wollen V und K Grunderwerbssteuern und Notargebühren sparen.
V verlangt von K Zahlung von 500.000,- EUR. K verlangt dagegen Auflassung des Grundstücks gegen Zahlung von nur 100.000,- EUR, da „dies ja auch so im Kaufvertrag stehe“.
Wie ist die Rechtslage?
Abwandlung
Kann V 500.000,- EUR verlangen, wenn die Auflassung erfolgt ist, und K bereits ins Grundbuch einge- tragen wurde?
Fall 4
Die von Z „beschützte“ Prostituierte P kassiert von Freier F für eine „heiße indische Nacht mit Sonder- service“ per Vorkasse 800,- EUR. Nachdem sie das Geld eingesteckt hat, weigert sie sich, die verein- barten Dienste erotischer Art zu erbringen.
F verlangt Vertragserfüllung.
Wie ist die Rechtslage?
Fall 5
X will sein altes Auto loswerden. Um dies nicht selbst erledigen zu müssen, beauftragt er damit den Autofachmann V und bevollmächtigt ihn entsprechend. V bietet dem ihm gut bekannten K daraufhin schriftlich den Kauf des Fahrzeugs des X an. Dieses soll noch 21.000,- EUR kosten. V vertippt sich jedoch und schreibt als Angebotspreis 12.000,- EUR. K nimmt erfreut an.
Als sich das Versehen herausstellt, weigert sich X, den Wagen für 12.000,- EUR herauszugeben und weist auf den Fehler hin.
Kann K Übereignung des Fahrzeuges zum Preis von 12.000,- EUR verlangen?
Bachelor/ Master IT Business Management BI 02/16 Rechtsanwalt Prof. Dr. Florian Heinze
3 Fall 6
K erwirbt bei V eine Bleistiftskizze des berühmten und längst verstorbenen Malers M zum Preis von 30.000,- EUR, um diese anschließend gewinnbringend weiterzuveräußern. Als er eine Woche später damit einen Malerei-Sachverständigen aufsucht, lacht dieser ihn aus. Die Skizze sei allenfalls 10.000,- EUR Wert.
Wütend geht K zu V und erklärt ihm nach Rücksprache mit seinem Anwalt: „Ich fechte den Kaufvertrag an. Ich habe mich geirrt. Geben Sie mir mein Geld zurück“.
Muss V das Geld zurückgeben?
Fall 7
K beabsichtigt, einen Gebrauchtwagen im Geschäft des V zu erwerben. Die Verkaufsverhandlungen führt der windige Angestellte W. Auf Nachfrage erklärt dieser, dass der Wagen unfallfrei sei, obwohl er genau weiß, dass die Vorbesitzerin, eine junge Jurastudentin, damit bereits mehrfach mit anderen Verkehrsteilnehmern kollidiert war, was erheblichen Reparaturbedarf nach sich gezogen hatte.
Noch bevor es zur Übergabe des Fahrzeuges sowie zur Zahlung des Kaufpreises kommt, erfährt der K am nächsten Tag durch Zufall von den Vorschäden. Er begibt sich jedoch erst vier Wochen später zu V und erklärt diesem, dass er sich getäuscht fühle und daher nicht zahle. Die „Mistkarre“ könne dieser auch behalten.
V erwidert, dass sein stets zuverlässiger Verkäufer W so einen Unsinn noch nie gemacht habe. Er habe davon nichts gewusst, und es tue ihm auch leid. Dennoch verlange er Zahlung.
Mit Recht?