• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Ärztewanderung: Arbeitsbedingungen verbessern" (23.05.2008)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Ärztewanderung: Arbeitsbedingungen verbessern" (23.05.2008)"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

A1134 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 105⏐⏐Heft 21⏐⏐23. Mai 2008

B R I E F E

ÄRZTEWANDERUNG

Deutschland verliert jedes Jahr mehr Ärz- te ans Ausland, als es durch Zuwande- rung gewinnt (DÄ 14/2008: „Das Aus- land lockt“ von Dr.

rer. pol. Thomas Kopetsch).

Deutschland vergrault

Als jemand, der gerade seine deut- sche Oberarztstelle gekündigt hat und nun in den USA klinisch tätig ist, fühle ich mich als einer der Ak- teure in diesem sich zuspitzenden Drama. Statt „Das Ausland lockt“

wäre der Titel „Deutschland ver- grault“ möglicherweise zutreffender.

Gerne würde ich in Deutschland le- ben und arbeiten. Die Lebensart und die hohe Lebensqualität gefallen mir.

Es ist die berufliche Perspektivlosig- keit, die uns Ärzte ins Ausland treibt.

Gründe dafür sind unter anderem die extrem steile Hierarchie, die wenig Selbstbestimmung bei der Patienten- versorgung zulässt. Willkür in der Verteilung von Aufgaben und Opera- tionen bis hin zum offenkundigen Mobbing sind weitverbreitet, vor al- lem in der akademischen Medizin.

Immer wieder habe ich versucht, die- se Zustände von innen heraus zu än- dern (siehe DÄ 31–32/2006) und bin gescheitert. Diejenigen, die eine Möglichkeit zur Umgestaltung hät- ten, profitieren zu sehr von den ver- krusteten Strukturen. Eine künftige tiefgreifende Reform ist wohl nur durch die am zunehmenden Ärzte- mangel leidende Gesellschaft exogen zu erwarten. Die Tragik dabei ist, dass wir durch diese Verhältnisse ei- ne negative Auslese treffen. Unsere besten und motiviertesten Ärzte wandern ab. Einige der eingewan-

derten ausländischen Kollegen sind sicherlich exzellent, jedoch ist die Qualitätskontrolle dieser Ärzte und ihrer Ausbildung bei uns insgesamt lange nicht so ausgereift wie anders- wo (z. B. USMLE-Examina, ECFMG-Zertifikat in den USA). Un- sere Gesellschaft wird es sich auf Dauer nicht leisten können, Spitzen- mediziner auszubilden und diese durch Abwanderung zu verlieren.

Das System muss grundlegend ver- bessert werden: effizientere Fach- arztausbildung, mehr Eigenverant- wortung, flachere Hierarchien, ange- messene Entlohnung, kollegialer Umgang, flexiblere Arbeitszeiten, weniger Administration, mehr ärztli- che Autonomie. Bis dahin jedenfalls sehe ich meine Zukunft nicht in Deutschland.

Oliver J. Muensterer MD, PhD,

Assistant Professor of Surgery, University of Alabama at Birmingham, Children’s Hospital of Alabama, 1600, 7th Avenue South ACC 300, Birmingham, AL 35233, USA

Arbeitsbedingungen verbessern

Die Beschreibung der Wanderungs- bewegungen bei Ärzten lässt eher an die Schilderung einer unabänderli- chen soziobiologischen Gesetz- mäßigkeit, wie zum Beispiel an die Migrationsbewegung bei Lemmin- gen oder Heuschrecken, denken, als an die Folgen falscher organisatori- scher Maßnahmen mit unzumutbaren Arbeitsbedingungen für deutsche Ärzte in der Heimat. Die Arbeitsbe- dingungen müssen endlich so weit verbessert werden, dass ein Abwan- dern weder nötig noch attraktiv er- scheint. Der Patient wird um ein Gut gebracht, für das er in der Solidarge- meinschaft bezahlt hat. Es ist dem deutschen Steuerzahler nicht zuzu- muten, erst Geld für die teure Medi-

zinerausbildung bereitzustellen, und dann nicht dafür zu sorgen, dass das Bezahlte auch als Dienstleistung im Land bleibt . . . Ich denke, es ist besser zu bleiben und zu versuchen, die Verhältnisse zu ändern, als ins Ausland zu flüchten. Die verantwort- lichen politischen Gremien und un- sere Standesvertretungen sind drin- gend gefordert, eine entscheidende und nachhaltige Weichenstellung zur Verbesserung der Arbeitsbedingun- gen vorzunehmen, damit in Zukunft gut ausgebildetes und in jeder Hin- sicht qualifiziertes Personal Deutsch- land nicht verlassen muss und der hohe Standard für die bestmögliche Versorgung unserer Patienten ge- währleistet bleibt . . .

Dr. med. Wolf-Bernd Eichler,Georgstraße 13, 31848 Bad Münder

Einige Gründe fehlen

In dem Beitrag „Ärzte verlassen das Land“ von Dr. rer. pol. Thomas Ko- petsch, Kassenärztliche Bundesver- einigung, sind einige Gründe nicht zur Sprache gekommen. So wäre als erster Aspekt die Überlagerung der ärztlichen Tätigkeit durch bürokrati- sche und administrative Aufgaben, Budgetzumutungen, floatende Punktwertungen, Kürzungen und Regresse durch die Kassenärztlichen Vereinigungen zu nennen. Ein zwei- ter Punkt sind die hohen Kosten ei- ner Praxisgründung und die elende Abgeltung für ärztliche Leistungen.

Drittens: Die Kassenärztlichen Ver- einigungen verweigern weiterhin trotz des Ärztemangels und des Ver- tragsarztrechtsänderungsgesetzes äl- teren niederlassungswilligen Kolle- gen auch in den neuen Bundeslän- dern die KV-Zulassung . . . Hinge- gen gestattet man Krankenhäusern den Ankauf von KV-Sitzen zur

Beiträge im Deutschen Ärzteblatt sollen zur Diskussion anregen. Deshalb freut sich

die Redaktion über jeden Leserbrief. Wir müssen aus der Vielzahl der Zuschriften aber auswählen und uns Kürzungen vorbehalten. Leserbriefe geben die Meinung des Autors, nicht die der Redaktion wieder. E-Mails richten Sie bitte an leserbriefe@aerzteblatt.de, Briefe an das Deutsche Ärzteblatt, Ottostraße 12, 50859 Köln.

Das Leser-Forum

(2)

Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 105⏐⏐Heft 21⏐⏐23. Mai 2008 A1135

B R I E F E

Schaffung von Medizinischen Ver- sorgungszentren . . . Mit der Schaf- fung von Medizinischen Versor- gungszentren vollzieht sich eine Ent- fremdung und Abkehr von der klassi- schen Arztrolle in der wichtigen per- sönlichen Arzt-Patienten-Beziehung.

Dies ist der tiefere Grund für die Emigration der Ärzte. Die Perspek- tivlosigkeit muss schon groß sein, wenn Ärzte bereit sind, Angehörige, Freunde und die Heimat zu verlas- sen!

Dr. med. Ernst Schnier,Schaeferstraße 17, 44623 Herne

Migration nicht aufzuhalten

Deutschland kann die zunehmende Migration nicht aufhalten. Es ist Ex- portweltmeister für Produkte, warum also nicht auch für Dienstleistungen?

Ich verstehe die Motivation eines Arztes, der kurative Ziele verfolgt, dass er lieber ins Ausland geht, wenn er seine Ziele in Deutschland nicht mehr, im Ausland aber sehr wohl er- reichen kann. In einem System des freien Verkehrs von Waren und Dienstleistungen – wie es die EU sein möchte – kann man diese Wan- derung langfristig nur aufhalten, wenn eine regionale Erfüllung der Bedürfnisse gewährleistet werden kann. In der Wirtschaft würde diese Art „Outsourcing“ von Unterneh- merseite mit Verständnis aufgenom- men, wenn sich die Produktion in an- dere, wettbewerbsfähigere Orte ver- lagert, wie die Schließung des No- kia-Werks in Bochum zeigt . . . Die Kostendämpfungspolitik seit Beginn der 70er-Jahre ist nachhaltig nicht in der Lage, eine wirkungsvolle Ein- dämmung der Abwanderung zu be- wirken. Sozialsysteme lassen sich von außen nicht steuern. Sie funktio- nieren wie eine „Blackbox“, und aus der Organisationsentwicklung ist be- kannt, dass sie sich nur von innen heraus verändern können. Derzeit wird, von einem bekannten Berater des Gesundheitsministeriums ange- führt, die Diskussion über Wartezei- ten für ärztliche Leistungen gemäß Versicherungsstatus geführt. Aber was wird passieren, wenn sich das Angebot weiter vermindert? Nicht nur Wartezeiten werden das Problem

sein, sondern der Kunde wird dem für ihn günstigeren Angebot folgen müssen, wenn er kein Angebot findet oder den erwartungsgemäß hohen Preis selbst mithilfe seiner Kranken- versicherung nicht mehr aufbringen kann . . .

Dr. med. Dirk Schulze Bertelsbeck, Orsoyer Allee 17, 47445 Moers

TELEMATIK

Ein hohes Maß an Sicherheit ist immer mit Einschränkun- gen der Praktikabi- lität verbunden (DÄ 11/2008: „Elektroni- sche Patientenakte:

Schlüsselrolle für den Datenschutz“ von Jürgen H. Müller).

Daten nur in

Patientenhand sicher

. . . Was ist, wenn ein Patient die PIN vergisst oder verliert oder die Karte (z. B. in der Waschmaschine) defekt wird? Das kommt doch bei Bankkarten etc. regelmäßig vor! Ge- rade dann, wenn die Daten sicher vor missbräuchlichem Zugriff ver- schlüsselt abgelegt sind, können sie ohne den Schlüssel nicht mehr re- konstruiert werden – die ganze Ar- beit der Datenpflege – gegebenen- falls über Jahre – war umsonst! Falls die Daten aber ohne den Schlüssel rekonstruiert werden können oder aber irgendwo eine Sammlung von Zweitschlüsseln vorhanden ist, sind sie nicht wirklich sicher vor der Neugier von Versicherungen, Ban- ken, Großfirmen etc. geschützt. Die regelmäßig bekannt werdenden Korruptionsaffären bei großen Un- ternehmen legen die Befürchtung nahe, dass auch EDV-Mitarbeiter an zentralen Stellen gekauft werden könnten. Kann das Dilemma von Datenschutz und Datensicherheit vor Verlust wirklich aufgelöst wer- den? Das wäre eine Stellungnahme von verantwortlicher Seite wert! Bis dahin ist ein Leitz-Ordner beim Pati- enten zu Hause oder gegebenenfalls in Zukunft ein gesicherter USB-Da- tenträger in privater Patientenhand die jedenfalls ungefährlichere Lö- sung. Kann man einem Patienten mit

gutem Gewissen zu etwas anderem raten?

Dr. med. Thilo Schöller,Saarstraße 2, 72160 Horb am Neckar

Absurd

Man muss Herrn J. H. Müller für sei- nen Beitrag über die eGK dankbar sein, denn er offenbart in seiner Wi- dersprüchlichkeit die Absurdität des gesamten Unterfangens. Es sei Ziel der Telematikstruktur, „Gesundheits- daten sektorübergreifend zum Zeit- punkt und am Ort der Behandlung verfügbar zu machen“. Da die Einträ- ge jedoch (vorerst?) der Zustimmung des Patienten bedürfen und somit freiwilliger Art sind, relativiert sich der Nutzen dieses Mediums ganz er- heblich. Nach dem Motto: „Der Arm- bruch in der Kindheit, die Blinddarm- entzündung vor drei Jahren und der Heuschnupfen dürfen eingetragen werden. Meine HIV-Infektion, die lassen wir aber mal hübsch draußen!“

Herr Müller versäumt es auch nicht, darauf hinzuweisen, dass sich der Arzt im Haftungsfall „nicht mit dem Hinweis auf eine unvollständige elektronische Patientenakte entlas- ten“ kann. Demnach bleibt trotz einer Technik mit einem finanziellen Auf- wand von derzeit offiziellen 1,5 Mil- liarden Euro alles beim Alten: Der Arzt muss sich entsprechend seiner Sorgfaltspflicht nach wie vor persön- lich von der Vollständigkeit der Be- funde überzeugen: per Telefon, per Fax, per Brief, im Gespräch mit den Angehörigen und nicht zuletzt durch die Anamnese beim Patienten selbst.

Neu ist jedoch, dass unter Feder- führung des Gesundheitsministeri- ums und unter Billigung unserer Standesvertreter mit einem hohen fi- nanziellen Aufwand ein Medium ge- schaffen wird, welches vertrauliche Patientendaten bewusst aus dem Schutz der ärztlichen Verantwortung auf externe Server außerhalb der Arztpraxen auslagert . . . Die eigent- liche Bestimmung der eGK, und dar- über muss sich jeder in Deutschland tätige Arzt im Klaren sein, ist das Überwachungsinstrument gegenüber den niedergelassenen Ärzten. Denn die einzige Pflichtangabe wird neben der Adresse des Patienten das elek- tronische Rezept sein. Das Verord-

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Amerikas Außenpolitik lässt sich eben nicht als Extrapolation einer Geraden in die Zukunft hinein verstehen, weil Trump für den imperialen Gestus seines Gefolgschaftsden- kens

In der hier präsentierten Fassung des deutschen außenpolitischen Gemein- wohls sind zwei der sechs Elemente (1 und 4) ausschließlich inhaltlicher Natur, zwei weitere

„Wir kennen nicht nur die Verletzung oder die Art der Erkrankung, sondern wissen auch über die per- sönliche Situation Bescheid, über das häusliche Umfeld und darü- ber,

ist im Fall der Unfallkasse Nordrhein-Westfalen neben rein beruf- lichen auch eine ganze Reihe anderer Tätigkeiten zu verstehen, die ebenfalls unter dem Schutz der

Damit nicht nur das schnelle Erhitzen des Familieneintopfes gelingt, son- dern auch die Butter beim Schmelzen nicht verbrennt, muss das Gerät nicht Kochmulde

24 Vergaben und eine Förderung mit einem Vertragsvolumen von insgesamt 3.324.645 Euro wählte der Rechnungshof aus, 19 davon im Sozialministerium und sechs

Auch der Zugang zum Wissen der Mensch- heit sei beschränkt, da sich fast alle relevante Daten unter priva- ter oder staatlicher Kontrolle be- finden würden und

Der Arbeitskreis Berufliche Perspektiven für Frauen und Mädchen bei der ZGF in Bremen hat sich im März mit Abgeordneten der Bremischen Bürgerschaft und einer.. Gewerkschaftlerin