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Archiv "Ärztewanderung: Das Ausland lockt" (04.04.2008)

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A716 Deutsches ÄrzteblattJg. 105Heft 144. April 2008

P O L I T I K

TABELLE 1

Im Ausland tätige deutsche Ärzte

Land Jahr Anzahl Quelle

Belgien 2007 338 Föderaler öffentlicher Dienst Volksgesundheit

Dänemark 2004 87 Schneider et al.

Finnland 2006 65 Finnische Ärztekammer

Frankreich 2006 975 Französische Ärztekammer

Großbritannien 2007 4 129 General Medical Council

Irland 2007 105 Medical Council Ireland

Italien 2001 538 Conférence Européenne des Ordres des Médecins

Luxemburg 2001 116 Conférence Européenne des Ordres des Médecins

Niederlande 2007 584 Ministry of Health, Welfare and Sport

Norwegen 2004 650 Ärztevereinigung Norwegen

Österreich 2007 1 457 Österreichische Ärztekammer

Portugal 2004 106 Conférence Européenne des Ordres des Médecins

Schweden 2006 1 118 National Board of Health and Welfare

Schweiz 2007 2 565 Verbindung der Schweizer Ärztinnen und Ärzte

Spanien 2001 259 Conférence Européenne des Ordres des Médecins

USA 2005 5 830 American Medical Association

Summe 19 054

TABELLE 2

Abwanderung von in Deutschland tätigen Ärzten Jahr Abwanderung Abwanderung Rückkehr

insgesamt deutscher ausländischer

Ärzte Ärzte

2001 1 437 1 168 269

2002 1 691 1 436 255

2003 1 992 1 508 484

2004 2 731 1 937 794

2005 2 249 1 724 525

2006 2 575 2 004 571

2007 2 439 1 881 558

ostdeutscher Krankenhäuser, die va- kante Stellen nicht mehr mit deut- schen Ärzten besetzen können, ge- zielt Ärzte in Polen, Tschechien, der Slowakei und der Ukraine an. Daher hat die Zuwanderung ausländischer Ärzte nach Deutschland in den letz- ten Jahren zugenommen. Deutsch- land ist also sowohl durch die Ab- wanderung eigener Ärzte ins Aus- land als auch durch die Anwerbung ausländischer Ärzte betroffen. Bei- de Trends haben sich in den letzten Jahren verstärkt.

Auswanderung ins Ausland In fast allen einschlägigen Publika- tionen wird erwähnt, dass viele deutsche Ärzte ins Ausland abwan- dern, um dort kurativ tätig zu wer- den. Verlässliche Quellen über die genaue Anzahl der Ärzte werden in der Regel nicht angeführt. Demge- genüber beruhen die Angaben in diesem Beitrag auf eigenen Recher- chen in den wichtigsten deutschen Emigrationsländern (Tabelle 1).

Demnach sind bereits mindestens 19 000 deutsche Ärzte im Ausland tätig. Die tatsächliche Zahl dürfte noch um einiges höher liegen, da nur ausgewählte Länder berücksich- tigt werden konnten. Die spannende Frage ist nun, ob die Emigration deutscher Ärzte ins Ausland in der letzten Zeit zugenommen hat oder ob sie nur aufgrund erhöhter Auf- merksamkeit verstärkt wahrgenom- men wird.

Bis vor wenigen Jahren wurde die Abwanderung deutscher Ärzte bei den Ärztekammern nicht registriert.

Seit 2001 nehmen die meisten Kam- mern solche Registrierungen jedoch vor und können deshalb entspre- chende Daten über die Emigration deutscher Ärzte liefern. Die Analyse basiert dabei auf Datenmeldungen von 15 Ärztekammern, die um eine ÄRZTEWANDERUNG

Das Ausland lockt

Immer mehr deutsche Ärztinnen und Ärzte verlassen das Land –

mit absehbaren Folgen: Die Funktionsfähigkeit des Gesundheitswesens wird künftig mehr denn je von der Zuwanderung ausländischer Ärzte abhängen.

V

iele Länder, die noch vor weni- gen Jahren über eine Ärzte- schwemme berichteten, beklagen nun einen Ärztemangel. Deutschland gehört dazu. Der Ärztemangel hier- zulande resultiert aus zwei Entwick- lungen: Einerseits nimmt der Anteil der älteren Ärzte kontinuierlich zu, und andererseits bleibt der Nach- wuchs aus. In diesem Rahmen sind die Wanderungsbewegungen von und nach Deutschland einzuordnen.

Viele deutsche Ärzte emigrieren ins Ausland, da sie die hiesigen Arbeits- bedingungen als untragbar empfin- den. Befragungen haben ergeben, dass hauptsächlich drei Gründe den Ausschlag dafür geben, dass deut- sche Ärzte entweder nicht mehr in Deutschland kurativ tätig sind oder ins Ausland abwandern. Dies sind erstens die als nicht leistungsgerecht empfundene Entlohnung, zweitens die mangelnde Vereinbarkeit von Be- ruf mit Familie und Freizeit aufgrund der erheblichen zeitlichen Belastung sowie drittens die zunehmende Überlagerung der ärztlichen Tätig- keit mit bürokratischen und adminis- trativen Aufgaben.

Der mittlerweile weltweite Ärzte- mangel geht mit vielfältigen Migrati- onsbewegungen der Ärzte einher. Ei- nige Länder wie Großbritannien oder die skandinavischen Länder versu- chen, mit staatlich initiierten, aggres- siven Abwerbestrategien dringend benötigte Ärzte ins Land „zu locken“, da die eigenen Ausbildungskapazitä- ten zu gering sind, um die benötigte Zahl an Ärzten auszubilden. Auch in Deutschland werben diese Länder.

Andernorts haben sich privatwirt- schaftliche Vermittlungsagenturen etabliert, die darauf spezialisiert sind, in Ländern mit niedrigerem Gehalts- niveau Ärzte abzuwerben.

Für Deutschland werben solche Agenturen vornehmlich im Auftrag

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Hochrechnung für die fehlenden zwei Kammern ergänzt wurde.

Im Jahr 2007 sind 2 439 bis da- hin in Deutschland tätige Ärztinnen und Ärzte ins Ausland abgewandert.

Dabei emigrierten 1 881 deutsche Ärzte, 558 ausländische Ärzte kehr- ten in ihr Heimatland zurück. Das mit Abstand beliebteste Auswande- rungsland für deutsche Ärzte ist die Schweiz, gefolgt von Österreich, den USA und Großbritannien.

Bemerkenswert ist, dass die deutschsprachigen Länder Schweiz und Österreich die bevorzugten Zielländer sind; in diese Länder wan-

derten 953 Ärzte aus. Nach Skandi- navien und Großbritannien hingegen, also die Länder, in die deutsche Ärzte in der öffentlichen Wahrnehmung verstärkt auswandern, emigrierten insgesamt nur 298 Ärzte. Bei den Rückkehrländern steht Österreich an erster Stelle, gefolgt von der Schweiz und Griechenland. Es findet folglich zwischen den drei deutschsprachigen Ländern ein reger „Ärzteaustausch“

statt. Insgesamt lässt sich feststellen:

Die Abwanderung deutscher Ärzte ins Ausland hat in den letzten Jahren stark zugenommen und verharrt auf einem recht hohen Niveau.

Zurzeit leben 20 434 ausländische Ärztinnen und Ärzte in der Bundesre- publik Deutschland, berufstätig sind davon 16 818 (82,3 Prozent) – von diesen arbeiten 71,4 Prozent in Kran- kenhäusern. Bei den ausländischen Ärzten in Deutschland kommen 42 Prozent aus einem Land der Europä- ischen Union, 29 Prozent aus dem übrigen Europa. Aus den Ländern des ehemaligen Ostblocks sowie des früheren Jugoslawiens kommen al- lein 6 230 Ärzte, dies entspricht knapp einem Drittel aller ausländi- schen Ärzte in Deutschland.

Anhand der Zahl der Erstmeldun- gen von ausländischen Ärzten bei den Ärztekammern kann die Zahl der zu- gewanderten ausländischen Ärzte er- mittelt werden. Die Grafik 1 zeigt, dass die Zuwanderung sich vom Jahr 2001 an verstärkt, und im Jahr 2003 mit knapp 2 000 Ärzten einen Höhe- punkt erreicht hat. In den Jahren da- nach war die Zahl der Zuwanderun- gen rückläufig, um im Jahr 2007 wieder auf 1 735 anzusteigen.

Die Zahl der in Deutschland berufstätigen ausländischen Ärzte ist im Jahr 2007 um weitere 4,6 Prozent gestiegen. Die Wachstumsrate liegt damit deutlich über der des Durch- schnitts der Jahre 1994 bis 2001 mit 2,5 Prozent und auch erheblich über der Zuwachsrate der berufstätigen Ärzte des Jahres 2007 insgesamt (1,2 Prozent). Besonders hoch ist die Wachstumsrate der ausländischen Ärzte, die im Krankenhaus tätig sind;

sie beträgt 7,3 Prozent. Die größten Steigerungsraten der Zunahme aus- ländischer Ärzte in Krankenhäusern konnten allerdings in den Jahren 2001 bis 2003 verzeichnet werden, mit Raten von 11,8 Prozent, 13,3 Pro- zent und 12,3 Prozent.

Die Zuwanderung nach Deutsch- land erfolgt vor allem aus Öster- reich und den osteuropäischen Ländern (Grafik 2). So lagen die Zuwachsraten der Zahl der berufs- tätigen osteuropäischen Ärzte in Deutschland sehr hoch: 2002 bei 15,9 Prozent, 2003 bei 16,3 Prozent sowie 2006 und 2007 bei 8,5 Pro- zent beziehungsweise 8,6 Prozent.

Die Zahl der berufstätigen osteu- ropäischen Ärzte in Deutschland hat sich damit seit 1998 mehr als ver- doppelt. Die Anzahl der österreichi- TABELLE 3

Entwicklung der Zahl der ausländischen Ärzte in Deutschland

Gesamt darunter: Berufstätig davon im Krankenhaus Jahr Anzahl Veränderung ohne Anzahl Veränderung Anzahl Veränderung zum Vorjahr ärztliche zum Vorjahr zum Vorjahr

in % Tätigkeit in % in %

1998 13 836 0,5 2 847 10 989 –0,9 6 044 –2,3

1999 14 243 2,9 2 830 11 413 3,9 6 364 5,3

2000 14 603 2,5 2 952 11 651 2,1 6 581 3,4

2001 15 143 3,7 2 973 12 170 4,5 7 360 11,8

2002 16 160 6,7 2 980 13 180 8,3 8 338 13,3

2003 17 318 7,2 3 145 14 173 7,5 9 360 12,3

2004 17 991 3,9 3 210 14 781 4,3 10 042 7,3

2005 18 582 3,3 3 520 15 062 1,9 10 309 2,7

2006 19 513 5,0 3 433 16 080 6,8 11 186 8,5

2007 20 434 4,7 3 616 16 818 4,6 12 002 7,3

GRAFIK 1

Einwanderung ausländischer Ärzte nach Deutschland

1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2 000

1 800 1 600 1 400 1 200 1 000 800 600 400 200 0 Anzahl

1 171 1 214 1 153

1 302 1 571

1 971 1 832

1 528 1 404

1 735

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Deutsches ÄrzteblattJg. 105Heft 144. April 2008 A719

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schen Ärzte in Deutschland vervier- fachte sich seit 1993.

Es fällt auf, dass viele österreichi- sche Ärzte nach Deutschland aus- wandern, und gleichzeitig Österreich das zweitbeliebteste Auswande- rungsland für deutsche Ärzte ist. Die Zuwanderung betrifft zwar das ge- samte Bundesgebiet, ist aber prozen- tual in den neuen Bundesländern aus- geprägter. So waren im Jahr 2000 nur 5,4 Prozent aller ausländischen Ärzte in den neuen Bundesländern tätig, im Jahr 2007 waren es bereits 13,3 Prozent. Tabelle 4 verdeutlicht, dass die Zuwachsraten der auslän- dischen Ärzte (speziell auch der ost- europäischen Ärzte) in den neuen Bundesländern um ein Vielfaches höher sind als in den alten Bundes- ländern. Die Zahl der ausländischen Ärzte in den alten Bundesländern ist

im Zeitraum 2000 bis 2007 um 30 Prozent gestiegen, die entsprechende Erhöhung in den neuen Bundeslän- dern fällt mit knapp 300 Prozent er- heblich höher aus.

In den Krankenhäusern ist der Ärztemangel schon jetzt besonders spürbar. Vielfach können vakante Stellen in den Kliniken nur durch die Anwerbung von ausländischen Ärz- ten besetzt werden. Es wird von Krankenhäusern in den neuen Bun- desländern berichtet, die über einen Ausländeranteil von 75 Prozent beim ärztlichen Personal verfügen. Die ärztliche Versorgung im Kranken- haus könnte ohne eine entsprechende Zuwanderung osteuropäischer Ärzte, vor allem aus Polen, Russland, der Ukraine, Tschechien und der Slowa- kei in die neuen Bundesländer nicht mehr aufrechterhalten werden. Ohne

die Zuwanderung wäre die Anzahl der berufstätigen Ärztinnen und Ärz- te in Ostdeutschland zurückgegan- gen, da die Zahl der deutschen Ärzte dort um 0,2 Prozent gesunken ist. Die Zuwanderung ausländischer Ärzte ist auch in die alten Bundesländer not- wendig. Dies wird daran deutlich, dass ohne diese Immigration die Zahl der Krankenhausärzte in den alten Bundesländern gesunken wäre. Das bedeutet, dass das Gesundheitswesen in zunehmendem Maß vom „Import“

ausländischer Ärzte abhängig wird.

Ohne diesen erhöhten Zustrom an ausländischen Ärzten, der seit sechs Jahren zu beobachten ist, wäre die Funktionsfähigkeit des Gesundheits- systems gefährdet.

Mehr Abwanderung als Zuwanderung

Zusammenfassend kann gesagt wer- den, dass Deutschland von den inter- nationalen Migrationsbewegungen der Ärzte in beide Richtungen betrof- fen ist – es wandern deutsche Ärzte ab, und zugleich wandern ausländi- sche Ärzte zu. Allerdings ist der Sal- do nicht ausgeglichen; Deutschland verliert jedes Jahr mehr Ärzte ans Ausland, als es durch Zuwanderung gewinnt. Die Abwanderung deut- scher Ärztinnen und Ärzte ist vor al- lem dadurch motiviert, dass in den Zuwanderungsländern ein höheres Gehalt und bessere Arbeitsbedingun- gen (geregelte Arbeitszeiten, flachere Hierarchien) geboten werden. I Dr. rer. pol. Thomas Kopetsch

TABELLE 4

Entwicklung der Zahl der ausländischen Ärzte in West- und Ostdeutschland

alte Bundesländer neue Bundesländer

Jahr Anzahl der Verände- davon Verände- Anzahl der Verände- davon Verände- ausländi- rung zum Anzahl der rung zum ausländi- rung zum Anzahl der rung zum schen Ärzte Vorjahr osteuro- Vorjahr schen Ärzte Vorjahr osteuro- Vorjahr

in % päischen in % in % päischen in %

Ärzte Ärzte

2000 10 969 2,1 2 935 6,0 682 2,1 347 9,8

2001 11 405 4,0 3 185 8,5 765 12,2 361 4,0

2002 12 217 7,1 3 598 13,0 963 25,9 511 41,6

2003 12 763 4,5 3 899 8,4 1 410 46,4 880 72,2

2004 12 956 1,5 3 863 -0,9 1 825 29,4 1 233 40,1

2005 13 034 0,6 3 937 1,9 2 028 11,1 1 353 9,7

2006 13 821 6,0 4 233 7,5 2 259 11,4 1 505 11,2

2007 14 293 3,4 4 534 7,1 2 718 12,3 1 696 12,7

GRAFIK 2

Entwicklung der Zahl der berufstätigen osteuropäischen Ärzte

1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 7 000

6 000 5 000 4 000 3 000 2 000 1 000 0 Anzahl

2 853 3 084 3 282 3 546

4 109

4 779 5 096 5 290 5 738

6 230

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