Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 107|
Heft 30|
30. Juli 2010 A 1469D
ie 41. Art Basel wurde in der Presse durchweg als Erfolg gefeiert. Die Besucherzahlen der vorangegangenen Messe waren er- neut übertroffen worden, und auch die Preise waren wieder da, wo sie 2007 waren. Doch man muss die Dinge etwas differenzierter sehen.Schon die Auktionen des Frühsom- mers hatten weltweit einen Ein- bruch der Verkaufserlöse bei bisher hoch gehandelten Zeitgenossen wie Jeff Koons und Damien Hirst ge- zeigt, und von diesem Trend wurde auch die Art Basel nicht verschont.
Das durchaus interessante große Gemälde von Neo Rauch aus dem Jahr 2002 bei David Zwirner, New York, fand für 1,5 Millionen US- Dollar ebenfalls keinen Abnehmer, und ebenso interessierte sich nie- mand für das frühe Interieur-Bild von Matthias Weischer bei der Ga- lerie Krugier (600 000 Euro).
Höchst erfolgreich war dagegen der Galerist Jörg Maass aus Berlin, mit marktfrischen Werken von Max Beckmann aus einer New Yorker Privatsammlung, und der Preis von 1,2 Millionen Euro für das faszinie- rende Gemälde „Kriechende“ von 1930 (aus Beckmanns bester Zeit) mutet im Vergleich zu den für Base- litz, Rauschenberg oder Warhol ge- forderten Preisen moderat an.
Während bekannte Großsammler sich am Stand von Hauser + Wirth weiterhin für die Objekte von Paul McCarthy interessierten, hat der In- haber des benachbarten Messestan- des der „Galerie m“ einen anderen Weg eingeschlagen und eine Privat- sammlung alter Niederländer auf- gebaut. Auf der Art Basel war er wie immer mit Richard Serra ver- treten, dessen monumentale Stahl- plastiken er weltweit erfolgreich vermarktet.
Durchaus verständlich war die Enttäuschung so mancher Sammler, die auf der Messe feststellen muss- ten, dass Künstler, von denen sie zu
Boomzeiten Werke teuer gekauft hatten, inzwischen kaum mehr ge- fragt waren. So wunderte es nicht, dass man wiederholt von der Absicht hörte, in Zukunft lieber in junge Po- sitionen auf den Nebenmessen Liste, Scope und Volta zu investieren und bei niedrigen Preisen um 3 000 Euro junge Künstler zu unterstützen.
Irritationen bis hin zu bissigen Kommentaren löste die Soloaus- stellung von Billy Childish (eigent- lich William Charlie Hamper) bei der Galerie Neugerriemschneider aus. Der 50-jährige englische Rock- musiker malt seine plumpen Munch- und Van-Gogh-Adaptatio- nen in jeweils weniger als einer Stunde. Dennoch hieß es vonseiten der Galerie, alle Arbeiten seien zu Preisen von 5 000 bis 24 000 Euro verkauft worden. Da fragte man sich, wo die sonst so bewährte Qua- litätskontrolle der Messeleitung ge- blieben war.
Alles in allem lässt sich trotz er- neuten Besucherrekords und vieler zufriedener Händlerstimmen ein zwiespältiges Resümee der 41. Art Basel ziehen. Häufig war davon die Rede, dass sich nicht nur die Fi- nanzmärkte, sondern auch die Kunst in einer Krise befände. Wenn dem so wäre, bliebe abzuwarten, wohin sie sich entwickeln wird. Es ist frag- lich, ob in einer Zeit großer beunru- higender Umwälzungen die post- moderne ironische Kunst oder die unverbindliche autonome Malerei befreiend wirken können. Aller- dings gilt ohnehin die Kunst heutzu- tage als überfordert, wenn man von ihr inhaltliche Angebote und Orien- tierung erwartet. Die Künstlerin Kä- the Kollwitz, die „wirken wollte in ihrer Zeit“, würde mit diesem ihrem Anspruch heute auf Unverständnis stoßen. Die 42. Art Basel findet vom 15. bis 19. Juni 2011 statt. ■
Helmut Jaeschke
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Weitere Informationen:www.artbasel.com
41. ART BASEL
Ein zwiespältiger Eindruck
Nicht nur die Finanzmärkte, sondern auch die Kunst befindet sich möglicherweise in einer Krise.
Kunst auch draußen – Oskar Tuazon, Holzwerk, Dad, 2010
Löste Irritationen aus – Billy Childish
Installation – Galerie Zwirner/Dan Flavin
Schokoladenobjekte – Galerie Hauser Paul McCarthy
Fotos: Courtesy of Art Basel