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Archiv "Berufsverbot" (20.08.2010)

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Deutsches Ärzteblatt

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20. August 2010 569

M E D I Z I N

versus Kniegelenkspülung versus Placebo (2). Nicht eindeutig zu klären war die Tatsache, dass „Place- bo“-Patienten zum Teil besser abschnitten als die operierten Gruppen. Es wird angenommen, dass die zahlreichen körpereigenen Signalsubstanzen, die sowohl vom Bewusstsein als auch von Emotionen epigenetisch gesteuert werden, erheblich die Physio- logie des Heilungsprozesses beeinflussen können.

Placebos sind in etwa 35 % der Behandlungsfäl- le wirksam. In einer Metaanalyse der Federal Drug Administration (FDA), wird die intrinsische Placebo- wirkung bei Antidepressiva mit 80 Prozent angege- ben, in vier von 47 Studien erbrachten die Placebos bessere Ergebnisse als das Verum-Präparat (3). Insge- samt war der durchschnittliche Unterschied zwischen Placebos und medikamentösen Wirkstoffen klinisch nicht signifikant. Die Erkenntnisse der epigeneti- schen Forschungen zum Placeboeffekt sollten durch- aus, wie in der Arbeit von Breidert und Hofbauer dis- kutiert, vorsichtig mit in das therapeutische Konzept einbezogen werden.

DOI: 10.3238/arztebl.2010.0568c LITERATUR

1. Cahill L: B-androgene activation and memory for emotional events.

Nature 1994; 271: 702.

2. Rossi E: The Psychobiology of Gene Expression. New York: Norton 2002; 236.

3. Kemperman G, Gage F: New nerve cells for the adult brain. In: Scien- tific American 1999; 280: 48.

4. Breidert M, Hofbauer K: Placebo: Missunderstandings and prejudices [Placebo: Missverständnisse und Vorurteile]. Dtsch Arztebl Int 2009;

106(46): 751–5.

Prof. Dr. med. Karl Friedrich Klippel Lothringerstraße 16

28211 Bremen

E-Mail: prof.klippel@gmx.de

Emanzipierende Therapien

Ein sehr wichtiges Thema, die Studien belegen die Notwendigkeit der Droge Arzt: Therapie in „Verbin- dung mit einem emphatischen, vertrauensvollen Ge- spräch“. Dieses nicht zu tun, entspräche aus meiner Sicht einem ärztlichen Kunstfehler. Richtigerweise weist der Autor hin auf die ethische Fragwürdigkeit der Heilung durch „einen dem Patienten nicht be- kannten Scheintatbestand“, wie es in der „Alternativ- und Komplementärmedizin“ vorzukommen scheint.

Ich bin Arzt für „Naturheilverfahren“ und habe mit einer Arbeitsgruppe der Berliner Ärztekammer vor 20 Jahren fünf Kriterien herausgearbeitet, damit nicht Scheintatbestände die Grundlage sind. Therapien sollten emanzipierend sein, möglichst einfach, mög- lichst natürlich, einem wissenschaftlichen/rationalen Prinzip folgen und partnerschaftlich vermittelt sein.

Wenn man diese Kriterien konsequent anwendet, fal- len bestimmte Therapieansätze weg, die ich hier nicht weiter aufführen will. Die klassischen Naturheilver- fahren – ich betone die „klassischen“ – genügen die- sen Kriterien. Mit diesen lässt sich abgesehen davon, wenn die Schulmedizin ihren wichtigen Platz hat, die

Droge Arzt guten Gewissens kombinieren. Für dieses ärztliche empathische, vertrauensvolle Gespräch müssen dann aber auch die finanziellen Ressourcen bereitgestellt werden. Das passiert nicht – wie nach der jüngsten EBM-Reform – wenn die Scheinzahl zählt und Großpraxen begünstigt werden, während die kleineren Praxen aus dem Kassensystem in die IGeL-Ebene herausgedrängt werden und Patienten dort vermehrt mit „Scheintatbeständen“ therapiert werden, die – wegen ihres „Markennamens“ – nach- gefragt werden. Die Lösung wäre eine Bezahlung der wirklichen ärztlichen Arbeitszeit im zum Beispiel Viertelstundentakt bis zu einer dreiviertel Stunde.

Das hat die Kassenärztliche Bundesvereinigung seit 26 Jahren nicht hinbekommen, seit ebenso vielen Jahren wird es von mir gefordert.

DOI: 10.3238/arztebl.2010.0569a LITERATUR

1. Breidert M, Hofbauer K: Placebo: Missunderstandings and prejudi- ces [Placebo: Missverständnisse und Vorurteile]. Dtsch Arztebl Int 2009; 106(46): 751–5.

Wilhelm Breitenbürger Schlesische Straße 32 10997 Berlin

Berufsverbot

In übersichtlicher Weise stellen die Autoren dar, wie bei der Verabreichung eines Medikamentes die Ge- samtwirkung einerseits durch spezifische pharmako- logische Effekte, andererseits durch eine „allgemeine Wirkung von Placebo- oder Medikamentengabe“ ent- steht. „Im Rahmen einer schulmedizinischen Thera- pie gehört der Placeboeffekt zu einem wichtigen Werkzeug des Arztes“, so das Resümee.

Vor diesem „Resümee“ bleibt der Leser jedoch verwundert am Abschnitt „Therapie mit Placebos“

hängen, in dem ausgeführt wird: „Placeboeffekte ma- chen sehr wahrscheinlich einen Teil, wenn nicht die Gesamtheit der Wirkung von Alternativ- und Kom- plementärmedizin aus (...). Da die bewusste Verabrei- chung eines Placebos zu therapeutischen Zwecken aber einen dem Patienten nicht bekannten Scheintat- bestand schafft, ist aus grundsätzlichen, aber auch standesrechtlichen Überlegungen zu prüfen, ob eine gezielte Placebogabe nicht eine ethisch in jedem Ein- zelfall zu begründende Täuschung des Patienten dar- stellt (...).“

Diese Stellungnahme kommt der Forderung nach einem Berufsverbot für Alternativ- und Komplemen- tärmediziner gleich. Woher kann sich diese unver- hohlene Aufforderung speisen, alle ärztliche Bemü- hung außerhalb der Schulmedizin als für den Patien- ten schädlich zu ächten? Aus der Beobachtung der Behandlungserfahrung dieser Kollegen und ihrer tat- sächlichen Ergebnisse wohl nicht. Eher geht es um den Alleinvertretungsanspruch einer Medizin, deren geistige Ausrichtung die „Deutsche Industrie Norm“

darstellt, die alle „weichen“ Daten wie die unbe- schreibliche und unkalkulierbare Arzt-Patient-Bezie- hung als störende Einflussfaktoren so weit wie mög-

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lich eliminieren will. Ein durch Humanität geprägtes Bild von der Tätigkeit des Arztes sollte auch die selbstkritische und kollegiale Auseinandersetzung um die bestmögliche Versorgung des Patienten um- fassen.

DOI: 10.3238/arztebl.2010.0569b LITERATUR

1. Breidert M, Hofbauer K: Placebo: Missunderstandings and prejudices [Placebo: Missverständnisse und Vorurteile]. Dtsch Arztebl Int 2009;

106(46): 751–5.

Dr. med. Reinhard Rapp Seelbergstraße 16 70372 Stuttgart

E-Mail: dr.reinhard.rapp@arcor.de

Ergebnisse manipulierbar

Seit einigen Jahren verfolge ich Diskussionen zu Pla- cebowirkungen. Mittlerweile bin ich geneigt, in der Placebowirkung bei einer Studie nichts anderes zu se- hen, als einen Indikator für die Regulationsfähigkeit der Probanden oder nennen wir es Selbstheilungskräf- te, die im betreffenden Patientenkollektiv vorhanden sind. Zeigen sich also in unterschiedlichen Studien Placebowirkungen von 7 bis 49 %, so würde ich inter- pretieren, dass nicht nur Regression zur Mitte und Spontanverlauf eine Rolle spielen, sondern darüber hin aus mal wenige und mal viele Patienten mit norma- ler Regulationsfähigkeit in die Placebogruppe geraten sind.

Die Autoren vermuten, dass Placeboeffekte beinahe die Gesamtheit der Wirkung von Alternativ- und Komplemetärmedizin ausmachen und fragen, ob eine gezielte Placebogabe nicht eine Täuschung des Patien- ten darstellt. Gleichzeitig empfehlen sie jedoch, dass der Placeboeffekt als wichtiger Bestandteil der Schul- medizin auch bei der Behandlung mit wirksamen Me- dikamenten bewusst eingesetzt werden soll. Den Au- toren möchte ich die Frage stellen, warum der Einsatz des Placebos in der Schulmedizin zu befürworten und in der Komplementärmedizin verwerflich sei?

Ich meine, ein absichtlicher Einsatz eines Placebo- effektes birgt die Gefahr, dass zum Beispiel in einer klinischen Phase-III-Studie die Ergebnisse manipu- lierbar werden. Genauso wäre es abzulehnen, wenn Alternativmediziner ihre Patienten bewusst mit Place- bos behandelten. Würden sie sich umfangreichen Zu- satzweiterbildungen und Literaturstudien widmen, wenn sie den Verdacht hätten, mit Placebo zu arbei- ten? Bisher konnte kein „Curaboeffekt“ gezeigt wer- den. Nur weil wir ein Wirkprinzip nicht verstehen, ist es noch lange kein Placebo.

DOI: 10.3238/arztebl.2010.0570a

LITERATUR

1. Breidert M, Hofbauer K: Placebo: Missunderstandings and prejudices [Placebo: Missverständnisse und Vorurteile]. Dtsch Arztebl Int 2009;

106(46): 751–5.

Dr. med. Petra Reimann Maximiliankorso 3 13465 Berlin

E-Mail: petra.reimann@gmx.net

Statistische Methoden unzulänglich

Dass auch bei der Verabreichung von pharmakolo- gisch wirksamen Medikamenten die Mechanismen, die einer Placebogabe zugrunde liegen, bewusst ein- gesetzt werden sollten, dem ist zuzustimmen. Dass diese Mechanismen mit wenig Aufwand erzielt wer- den können, dem ist zu widersprechen. Denn beding- te Reflexe und die Erwartungshaltung des Patienten positiv zu konditionieren, ist ebenso wie eine geeig- nete persönliche Ausstrahlung des Arztes und die At- mosphäre, in der die Behandlung stattfindet, nicht ohne größeren Aufwand zu erreichen. Ärzte sind hierfür nicht ausgebildet. Es wird ihnen im berufli- chen Alltag von Seiten des Medizinsystems auch kaum abgefordert.

Die Placebowirkung wird noch immer viel zu sehr nur dem Phänomen der Verordnung eines „Scheinme- dikaments“ zugeordnet. Placebowirkungen im hier angesprochenen Sinn umfassen aber viel mehr. Keine Operation, keine Bestrahlung, keine Medikamenten- verordnung, kein Arzt-Patienten-Kontakt, keine Er- wartungshaltung von Arzt oder Patient ist frei von Placebo- oder Noceboeffekten, auch wenn dies nicht im Einzelnen statistisch belegt ist, wahrscheinlich auch nicht belegbar sein wird. Denn die Phänomene berühren soziologische, philosophische und sogar spirituelle Fragen, die bekanntermaßen mit statisti- schen Methoden nur unzulänglich erfassbar sind. Von Medizinern wird das Phänomen der Placebowirkung eher unterschätzt und bis auf die Notwendigkeit der Berücksichtigung in Medikamentenprüfungen nicht selten sogar ignoriert. Die zunehmend auf statistische Wirksamkeitsnachweise orientierte Leitlinienmedi- zin verbaut eher den Zugang und die Einbeziehung von Placeboeffekten in der täglichen medizinischen Praxis.

DOI: 10.3238/arztebl.2010.0570b LITERATUR

1. Breidert M, Hofbauer K: Placebo: Missunderstandings and prejudices [Placebo: Missverständnisse und Vorurteile]. Dtsch Arztebl Int 2009;

106(46): 751–5.

Dr. med. Thomas Vetter

Sächsisches Krankenhaus für Psychiatrie und Neurologie Altscherbitz Leipziger Straße 59

04435 Schkeuditz

E-Mail: thomas.vetter@skhal.sms.sachsen.de

Grabenkämpfe beenden

In dem Artikel schreiben die Autoren, dass die Place- bowirkung maßgeblich von der Erwartungshaltung des Patienten sowie von „Kontextfaktoren“ wie Em- pathie und Zuwendung abhängt. Ein Einfluss der Er- wartungshaltung des Arztes auf das Ergebnis sei hin- gegen bisher nicht nachgewiesen.

Nach meiner Einschätzung erfüllen gerade Natur- heilverfahren diese Bedingungen in besonderer Wei- se. Zum einen haben viele Patienten ein großes Ver- trauen zu komplementären Behandlungsmethoden.

Weiterhin bieten die meisten Naturheilverfahren viel Raum für einen empathischen Umgang mit dem Pa-

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