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Archiv "Schlusswort" (19.07.2010)

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506 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 107

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Heft 28–29

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19. Juli 2010

M E D I Z I N

Schlusswort

Die Feststellung, das Thema Kindesmisshandlung komme auch in der universitären medizinischen Leh- re zu kurz, ist sicherlich zutreffend. Wir würden wei- tergehend sagen, dass auch bei der Aus-, Weiter- und Fortbildung von Ärzten und medizinischen Assis- tenzberufen sowie bei behördlichem Fachpersonal (Jugendamt, Polizei, Justiz) erheblicher Aufklä- rungsbedarf besteht. Zu den weithin unterschätzten Folgen der Kindesmisshandlung gehören psychische Folgeschäden, so dass der Hinweis von Prof. Fegert auf eine gebotene Psychodiagnostik sowohl beim be- troffenen Kind als auch bei den Misshandlern, also häufig seinen Eltern, ebenso unterstützt werden kann wie die verstärkt zu diskutierenden Handlungsimpli- kationen. Richtig ist allerdings – und so waren unse- re Ausführungen gemeint – dass es in Deutschland keine bundesweit geltende Meldepflicht bei gegebe- nen Verdacht auf eine Kindesmisshandlung gibt. Nur einzelne Landesgesetzgeber haben derartige Rege- lungen formuliert, was dann in dem betreffenden Bundesland selbstverständlich zu beachten ist. Wie wenig wünschenswert diese Regelungsvielfalt ist, darauf weist auch der Leserbriefschreiber hin mit sei- nem Verweis auf eine angekündigte, aber noch aus- stehende Regelung in einem Bundeskinderschutzge- setz. Zutreffend wird beklagt, dass eine umfassende- re Darstellung einer auch psychiatrischen Psychodi- agnostik bei Eltern und Kind sinnvoll wäre, dies war jedoch nicht mit den Umfangsvorgaben für den Bei- trag zu vereinbaren. Deshalb wurde der Fokus auf die psychosomatische Evaluation mit Erfassung der fa- miliären Dynamiken gelegt, nicht zuletzt, um Umris- se eines verstehenden Zugangs zu diesen menschli- chen Katastrophen zu skizzieren.

Das Münchhausen-Syndrom-by-Proxy (MSbP), dessen Existenz vor nicht allzu langer Zeit teilweise noch bestritten wurde, wird derzeit primär als eine

Form der Kindesmisshandlung gesehen, mit den auch von uns genannten unterschiedlichen Syndrom- Ausprägungen („active inducers“; „doctor addicts“,

„help seekers“). Diese Ausprägungen lassen in der Tat eine weitergehende Klassifikation des Syndroms aus psychiatrisch-psychosomatischer Sicht sinnvoll erscheinen, worauf Prof. Heuft zutreffend hinweist.

In einer Übersichtsarbeit konnte auf derart spezielle Aspekte, die dann auch bei anderen Misshandlungs- formen zu beachten wären, nicht näher eingegangen werden. Die in dem zweiten Leserbrief angegebene Differenzierung, auch der hypochondrische Wahn by Proxy [„hypochondrasis by proxy“] und depressive Wahnbildungen der Eltern, sollten hier nicht verges- sen werden. Mit der darin enthaltenen feinen nosolo- gischen Abschattierung ist dies klinisch nützlich, wo- bei auch hier ja nur Hinweise auf Themenfelder ge- geben werden können.

DOI: 10.3238/arztebl.2010.0506 LITERATUR

1. Jacobi G, Dettmeyer R, Banaschak S, Brosig B, Hermann B: Child abuse and neglect: Diagnosis and management [Misshandlung und Vernachlässigung von Kindern – Diagnose und Vorgehen]. Dtsch Arztebl Int 2010; 107(13): 231–40.

Prof. Dr. med. Dr. jur. Reinhard Dettmeyer Justus-Liebig-Universität Gießen Institut für Rechtsmedizin Frankfurter Straße 58 35392 Gießen

E-Mail: reinhard.dettmeyer@forens.med.uni-giessen.de

Interessenkonflikt

Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des In- ternational Committee of Medical Journal Editors besteht.

LITERATUR

1. Eckhardt-Henn A, Heuft G, Hochapfel G, Hoffmann SO: Neurotische Störungen und Psychosomatische Medizin. Stuttgart: Schattauer 2009 (8. Aufl.).

2. Eckhardt-Henn A: Artifizielle Störungen und Münchhausen-Syndrom.

Gegenwärtiger Stand der Forschung. Psychother Psychosom Med Psychol 1999; 49: 75–89.

3. Asher R: Munchhausen´s Syndrome. Lancet 1951; 1: 339–41.

4. Jacobi G, Dettmeyer R, Banaschak S, Brosig B, Hermann B: Child abuse and neglect: Diagnosis and management [Misshandlung und Vernachlässigung von Kindern – Diagnose und Vorgehen]. Dtsch Arztebl Int 2010; 107(13): 231–40.

Prof. Dr. med. Gereon Heuft Klinik und Poliklinik für Psychosomatik und Psychotherpie Universitätsklinikum Münster Domagkstraße 22 48149 Münster

E-Mail: heuftge@mednet.uni-muenster.de

Interessenkonflikt

Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des In- ternational Committee of Medical Journal Editors besteht.

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