Zur Fortbildung Aktuelle Medizin Übelkeit und Erbrechen
Beim Zollinger-Ellison-Syndrom (gastrinproduzierender Pankreas- tumor) ergeben sich die klinischen Symptome aus der exzessiven Überproduktion an Magensäure:
Erbrechen infolge der großen Ma- gensaftvolumina, wäßrige Diar- rhoen und Steatorrhoe infolge di- rekter Gastrinwirkung auf intesti- nale Absorptionsvorgänge und be- dingt durch irreversible Inaktivie- rung der pankreatischen Lipase im stark sauren Duodenalmilieu, außerdem Abdominalschmerzen und ausgedehnte, meist multipel auftretende Gastroduodenalulzera mit häufig atypischer Lokalisation (distaler Ösophagus, postbulbäres Duodenum und oberes Jejunum).
Differentialdiagnostik
Bei Verdacht auf eine infektiöse Gastroenteritis kommen als Erre- ger Bakterien, Viren und Protozoen in Betracht. Fiebertritt üblicherwei- se bei Bakterien- bzw. Virusbefall des Gastrointestinaltrakts auf (Aus- nahme: Untertemperaturen bei Cholera!), während bei protozoen- bedingten Erkrankungen das Sym- ptom „Fieber" in der Regel fehlt (Ausnahme: Amöbenkolitis mit bakterieller Superinfektion bzw.
Abszedierung!). Die Diagnose wird durch Keimnachweis im Stuhl bzw.
geeignete serologische Untersu- chungen gesichert (3).
Akute Nahrungsmittelintoxikatio- nen können infolge Aufnahme von Lebensmitteln und Getränken, die mit pathogenen Bakterien oder deren Toxinen kontaminiert sind, entstehen. Als Verursacher kom- men in erster Linie Staphylokok- kenenterotoxine und Streptokok- ken in Frage, daneben Clostridium perfringens (meist kein Erbre- chen!) und Clostridium botulinum.
Außerdem spielen immer wieder Pilzintoxikationen, speziell durch Amanitaarten, eine Rolle. Bei klini- scher Vermutungsdiagnose ist ge- gebenenfalls der Erreger- bzw. To- xinnachweis in Serum, Stuhl, Er- brochenem und/oder Nahrungsre- sten möglich und eventuell nötig (Botulismus, Amanitinvergiftung).
Der Verdacht auf das Vorliegen ei- ner Nahrungsmittelallergie läßt sich im Reexpositionsversuch und durch Intrakutantestung des inkri- minierten Allergens verstärken. Ei- ne definitive Klärung der klini- schen Symptomatik ist mit Hilfe des Rad io-Al lergo-So rbent-Tests (RAST) möglich; damit lassen sich zuverlässig Antikörper der IgE- Klasse gegen Nahrungsmittel nachweisen.
Die Diagnose „Gastrinom" wird durch folgende Untersuchungen gesichert:
• Nachweis einer gastralen Hy- persekretion (basale Säuresekre- tion über 15 mmol/Stunde),
• radioimmunologischer Nach- weis einer Nüchternhypergastrin- ämie (Normalwerte 20 bis 50 ng/l) trotz Hyperchlorhydrie — beim Zol- linger-Ellison-Syndrom können Werte bis zum 20 000fachen der Norm vorkommen —, und
Q bei grenzwertig oder mäßig- gradig erhöhten Serumgastrin- spiegeln (unter 500 ng/l) und kli- nisch nicht eindeutiger Situation muß zur Sicherung der Diagnose ein Provokationstest durchgeführt werden: Als zuverlässigstes Ver- fahren hat sich dabei die i. v. Injek- tion von zwei Klinischen Einheiten Sekretin/kg Körpergewicht erwie- sen; typischerweise steigt beim Zollinger-Ellison-Syndrom das Serumgastrin in einer paradoxen Reaktion innerhalb der ersten Mi- nuten p. i. deutlich (um mehr als 100 Prozent des Basalwertes) an, während es bei anderen Zustän- den von Hypergastrinämie entwe- der wenig ausgiebig reagiert oder abfällt.
Literatur im Sonderdruck (über den Verfasser)
Anschrift des Verfassers:
Professor Dr. med. W. Domschke Leitender Oberarzt
Medizinische Universitätsklinik Krankenhausstraße 12
8520 Erlangen
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Thrombangiitis obliterans — Eine
Autoimmunerkrankung?
Die Thrombangiitis obliterans oder Morbus Buerger wurde bis- her als eine entzündliche System- erkrankung der mittleren und klei- nen sowie auch der großen Gefäße als Folge einer Reaktion auf ver- schiedene Noxen angesehen.
Bevorzugt sind starke Raucher in der 3. und 4. Dekade betroffen.
Als auslösende Mechanismen wurden insbesondere der Nikotin- abusus, allergische Reaktionen und chronische Infekte diskutiert.
In einer neueren Arbeit haben Adar (1) und Mitarb. 39 Patienten mit Thrombangiitis obliterans aus- gedehnten immunologischen Un- tersuchungen unterzogen.
20 gesunde Gleichaltrige dienten als Kontrollgruppe.
Dabei konnten bei 17 der 39 Pa- tienten mit Thrombangiitis oblite- rans eindeutig Antikörper gegen Collagen vom Typ I und III nachge- wiesen werden, während bei den Patienten der Kontrollgruppe kei- ne derartigen Immunphänomene beobachtet wurden.
Damit böten sich Möglichkeiten an, mit Hilfe immunologischer Tests in Zukunft zwischen einer Thrombangiitis obliterans und ei-
ner obliterierenden Arteriosklero- se unterscheiden zu können.
Möglicherweise könnten ähnliche Immunphänomene auch bei ande- ren Typen von Arteriitiden wie zum Beispiel Takayasu-Syndrom, Lu- pus erythematodes, Riesenzellar- teriitis und Periarteriitis nodosa von ätiologischer Bedeutung sein.
zme
(1) Adar, R.; Papa, Z.; Halpern, M. Z.; Mozes, M.; Shoshan, S.; Sofer, D.; Zinger, H.; Dayan, M.; Mozes, E.: Cellular sensitivity to collagen in the thromboangiitis obliterans, New Engl.
Journal of Med. 308 (1983) 1113-1116 — (2) Spittel, J. A.: Thrombangiitis Obliterans-An Autoimmune Disorder?, New Engl. Journal of Med. 308 (1983) 1157-1158
42 Heft 38 vom 23. September 1983 80. Jahrgang DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Ausgabe A