Im Rahmen der Teilnovellie- rung der Amtlichen Gebüh- renordnung für Ärzte im Jahr 1996 wurde der Begriff der
„eigenen Leistung“ bei wahl- ärztlicher Krankenhausbe- handlung vom Verordnungs- geber neu abgegrenzt: Ne- ben dem „ständigen ärztli- chen Vertreter“ wurde in § 4 Abs. 2 GOÄ ein Katalog von Grundleistungen (zum Bei- spiel Aufnahme- und Ab- schlussuntersuchungen oder Visiten) eingeführt, die wie die Hauptleistung, derentwe- gen der Patient die Chefarzt- behandlung wählt, vom Chef- arzt oder seinem ständigen Vertreter persönlich erbracht werden müssen, damit sie als
„eigene Leistungen“ entspre- chend § 4 Abs. 2 GOÄ abge- rechnet werden können.
Gesetzliche Grundlage der verschärften Anforderungen an die persönliche Leistungs- erbringung bei wahlärztli- chen Leistungen ist § 613 BGB, wonach der zur Dienst- leistung Verpflichtete – in die- sem Fall also der Chefarzt – die Dienste „im Zweifel in Person“ zu leisten hat. Es muss betont werden, dass es sich beim Wahlarztvertrag – sei es im Rahmen des Kran- kenhausaufnahmevertrags, sei es in Form eines gesonder- ten Arzt-Zusatz-Vertrages – um einen individuellen Be- handlungsvertrag mit einem ganz bestimmten, zur Liqui- dation berechtigten Arzt han- delt. Hieraus resultieren be- sondere Pflichten, die sich auch auf die Regelung des Vertretungsfalls erstrecken.
Der Chefarzt muss der Be- handlung des Patienten sein
„persönliches Gepräge“ ver- leihen, im Vertretungsfall muss dieses angestrebte Ziel da- durch gewahrt bleiben, indem – wie vorgeschrieben – ein einziger ständiger Vertreter die Behandlung übernimmt.
Dennoch kursieren in man- chen Kliniken immer noch Li- sten potenziell infrage kom- mender Chefarzt-Vertreter.
Für eine den Honoraran- spruch im Vertretungsfall si- chernde Individualvereinba- rung ist jedoch die Darle- gung, dass bei Abwesenheit des Chefarztes immer jemand wird „einspringen“ können, nicht ausreichend. Dies wi- derspräche der Sonderrolle, die die Chefarztbehandlung für sich beansprucht. Will oder muss ein Chefarzt sich wegen vorhersehbarer Grün- de, wie beispielsweise Lehr- tätigkeit, Fortbildung oder Ur- laub, vertreten lassen, muss er den Patienten hierüber vor Abschluss des Behandlungs- vertrags informieren, einen ständigen Vertreter für diesen Fall konkret benennen und dem Patienten die Möglich- keit zur Entscheidung geben, ob er unter diesen Bedingun- gen noch in den Behand- lungsvertrag einwilligen will.
Im Fall einer Individualver- einbarung muss aus Sicht des Bundesgerichtshofs nicht nur dem Arzt, sondern auch dem Patienten Raum zur „Aus- handlung“ der Vertragsbe- dingungen beziehungsweise zu Wahlmöglichkeiten gege- ben werden.
Weil es sich bei einer Indi- vidualvereinbarung im Ge- gensatz zu den allgemeinen Geschäftsbedingungen um im einzelnen ausgehandelte Ver- tragsbedingungen handelt (vgl. § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB), sind standardisierte Vertre- tungsregelungen, in denen ge- gebenenfalls auf Vordrucken nur noch die Namen des Pati- enten und des jeweiligen ständigen Vertreters einge- setzt werden, problematisch;
sie dürften in der Rechtspre- chung keinen Bestand haben.
Auch wenn sich der zusätzli- che Aufwand kaum noch in den Klinikalltag integrieren lässt, ist es empfehlenswert, die Individualvereinbarung – egal ob maschinen- oder handschriftlich – so persön- lich wie möglich und nicht formularmäßig abzufassen.
Dr. med. Regina Klakow-Franck
Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 99½½½½Heft 26½½½½28. Juni 2002 AA1847
V A R I A
Persönliche
Leistungserbringung
GOÄ-Ratgeber