Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 109|
Heft 26|
29. Juni 2012 A 1389 RHEUMATOIDE ARTHRITISDie Hemmung der Januskinase als neues Therapieprinzip
Tofacitinib greift direkt in die intrazellulären Signalwege ein, die im Netzwerk der inflammatorischen Zytokine von zentraler Bedeutung sind.
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er intrazelluläre Signalweg der Januskinasen (Jak) ist ein neues therapeutisches Target bei Patienten mit rheumatoider Arthri- tis (RA). Nach Aussage von Prof.Dr. med. Hendrik Schulze-Koops können im Unterschied zur extra- zellulären Hemmung eines einzel- nen Zytokins mit Jak-Inhibitoren die Signale verschiedener Zytokine moduliert werden. Tofacitinib ist der klinisch am weitesten entwi- ckelte Januskinasehemmer. Weltweit wurden bislang etwa 4 000 Patien- ten mit dieser oral applizierbaren Substanz behandelt, die in einem großen Phase-III-Programm (ORAL, Oral rheumatoid arthritis phase 3 trials) untersucht wird.
Sechs Studien zu Tofacitinib Das Programm umfasst fünf abge- schlossene und eine derzeit noch laufende Studie. Außerdem werden Wirksamkeit und Sicherheit in zwei offenen Langzeitextensionsstudien überprüft. Alle sechs Studien des Programms hätten ein ähnliches Design, erläuterte Dr. med. Rieke Alten, Berlin: In den randomisier- ten doppelblinden placebokontrol- lierten Studien erhalten die Patien- ten Tofacitinib in einer Dosierung von zweimal täglich 5 oder 10 mg entweder in Monotherapie oder in Kombination mit anderen Antirheu- matika zum Beispiel Methotrexat.
Die Patienten der Placebogrup- pen konnten je nach Laufzeit der Studien nach drei oder sechs Mo - naten randomisiert und weiter ver- blindet auf Tofacitinib umgestellt werden. Die Studien dauerten sechs, zwölf oder 24 Monate. Pri- märe Endpunkte waren in allen Stu- dien das ACR20-Ansprechen, die mitt lere Veränderung der körperli- chen Funktionsfähigkeit gemessen
mit dem HAQ-DI und das Errei- chen eines DAS28–4 von < 2,6. In zwei Studien kam ein radiologi- scher primärer Endpunkt hinzu. Die bislang vorliegenden Studienergeb- nisse wurden auf internationalen Kongressen präsentiert. Auf dem Anfang Juni 2012 in Berlin veran- stalten Kongress der European Lea- gue against Rheumatism (EULAR) wurden weitere Daten aus dem Pha- se-III-Programm präsentiert.
Eine Subgruppenanalyse der ge- poolten Daten von 3 442 Patienten aus Studien der Phase II und III zu verschiedenen Wirksamkeitsend- punkten ergab, dass Tofacitinib un- abhängig von demografischen und krankheitsspezifischen Charakteris- tika der Patienten wirkte. So hatten Alter, Geschlecht, Körpergewicht, ethische Abstammung, geografi- sche Region, Dauer der Erkran- kung, Serologie, Krankheitsaktivi- tät und vorhergehende Therapie -
regime keinen Einfluss auf die An- sprechkriterien (ACR20, HAQ-DI).
Die Auswertung der Patient Re- ported Outcomes (PROs) der ORAL- Standardstudie A3921064, in der die Wirksamkeit von Tofacitinib (2 × 5 beziehungsweise 2 × 10 mg/
Tag) mit Placebo und mit Adali - mumab verglichen wurde, zeigte nach sechs Monaten eine im Ver- gleich zu Placebo statistisch signifi- kante Verbesserung aller PROs un- ter Tofacitinib und Adalimumab.
Untersucht wurden PROs zu den Domänen Fatigue (FACIT-F) und Schlaf (MOS Sleep Scale), Gesamt- beurteilung der Krankheitsaktivität durch den Patienten, Schmerz, kör- perliche Funktion und Lebensqua - lität. Alten wies darauf hin, dass erstmals in einer Studie mit einem Antirheumatikum auch der Einfluss auf den Schlaf untersucht wurde, ein Faktor, der bislang vernachläs- sigt worden sei.
Fazit: Die bisher vorliegenden Er- gebnisse zeigen, dass der oral appli- zierbare Januskinasehemmer Tofaci- tinib eine starke Wirksamkeit bei gu- ter Verträglichkeit und eine hohe Ak- zeptanz bei den Patienten aufweist.
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Dr. rer. nat. Susanne Heinzl
LITERATUR
1. Kremer J, et al.: Tofacitinib (CP-690,550), an oral Janus Kinase Inhibitor: Analysis of efficacy endpoints by subgroups in a pool - ed phase 2 and 3 rheumatoide arthrtis study population. EULAR 2012: Poster THU0143.
2. Van Vollenhoven RF, et al.: Effects of Tofaci- tinib (CP-690,550), an oral Janus Kinase Inhibitor, or Adalimumab on patient report - ed outcomes in a phase 3 study of active rheumatoid arthritis. EULAR 2012:
THU0151.
Pressegespräch „Intrazelluläre Targets in der rheumatoiden Arthritis: Die intrazellulären Signal- wege der Januskinasen“, veranstaltet von Pfizer- Pharma GmbH am Rande des EULAR-Kongresses 2012, in Berlin
Derzeit sind sechs Signaltransduktionskaskaden als be- deutsam für die Pathogenese der rheumatoiden Arthritis erkannt, eine davon sind die Januskinasen (Jak). Zu ihrer Familie gehören Jak1, Jak2, Jak3 und Tyk2.
Januskinasen sind Enzyme (Tyrosinkinasen), die akti- viert werden, wenn ein Zytokin mit dem dazugehörigen Rezeptor in der Zellmembran eine Verbindung eingeht.
Über diese Aktivierung wird dann im Zellkern die Tran- skription spezifischer Gene stimuliert – zum Beispiel die von proinflammatorischen Zytokinen und Chemokinen.
Diese wiederum fördern die Produktion, Differenzierung, Aktivität und Rekrutierung von Immunzellen in der Syno- via. Tofacitinib (früher Tasocitinib) weist eine funktionelle Spezifität für Jak1 und Jak3 auf. Zum Wirkungsmecha - nismus ist bekannt, dass Tofacitinib die ATP-Bindungsstel- le der Jaks reversibel und kompetitiv hemmt. Ohne ATP können die Jaks andere Proteine nicht phosphorylieren.