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Archiv "Substitutionsbehandlung von Opiatabhängigen: Ohne Angst vor Strafe" (30.11.2012)

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A 2398 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 109

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Heft 48

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30. November 2012

SUBSTITUTIONSBEHANDLUNG VON OPIATABHÄNGIGEN

Ohne Angst vor Strafe

Die Landesärztekammer Baden- Württemberg warnte gerade davor, dass das Durchschnittsalter der substituierenden Ärzte mit 58 Jah - ren hoch sei und ein Großteil bald nicht mehr zur Verfügung stehen werde. Etwa 2 700 suchtmedizi- nisch tätige Ärzte stehen bundes- weit zur Verfügung. „Jüngere Ärzte sind dafür kaum noch zu gewinnen“, sagt Dr. med. Christoph von Asche- raden, Vorsitzender des Ausschus- ses Drogen und Sucht der BÄK.

Das liege nicht nur daran, dass Drogenabhängige eine meist schwie - rige Klientel seien und ihre Be- handlung in den Praxen vor allem auf dem Land leicht zu Ruf - schädigungen führen könne. Er beobachtet, dass schon geringste Ver stöße gegen die Vorgaben des Betäubungsmittelgesetzes und der Betäubungsmittel-Verschreibung - ver ordnung (BtMVV) von Staats - anwälten als Straftaten verfolgt würden. „Engagierte Ärzte, die sich für das Wohl ihrer suchtkranken Patienten einsetzen und die schwie- rig handhabbaren Maßgaben in den Praxisalltag umsetzen, stehen bei- nahe mit einem Bein im Gefäng- nis“, kritisiert von Ascheraden.

Ärztin in Bayern verurteilt

Beispielsweise wurde in Nieder- bayern eine Ärztin zu 15 000 Euro Strafe verurteilt, weil sie trotz Bei- konsum von Cannabis und Ben- zodiazepinen die Substitutionsbe- handlung fortsetzte. Ihr droht der Entzug der Approbation. Elf Kolle- gen aus Niederbayern haben dar - aufhin angekündigt, die Substituti- on zum 31. Dezember zu beenden.

Dies wurde auf dem 71. Bayeri- schen Ärztetag im Oktober be- kannt. Die Delegierten fordern in einer Entschließung das Bundes - gesundheitsministerium auf, „die BtMVV in der Weise anzupassen, dass sie auch im praktischen Voll- zug nicht dazu führt, Ärzte zu kri- minalisieren“. Eine klare Trennung sei bei den Take-home-Vorschriften und bezüglich des Beigebrauchs erforderlich zwischen dem illegalen Besitz oder Handel mit Betäu - bungs mitteln und dem Einsatz zu

Therapiezwecken.

Petra Bühring kammer (BÄK) Hinweise zusam-

mengestellt, die in Heft 47/2012 des Deutschen Ärzteblatts unter der Ru- brik „Bekanntgaben“ veröffentlicht worden sind. Diese verweisen auf die relevanten Passagen der 2010 novellierten Richtlinien zur substi - tutionsgestützten Behandlung.

Die Auswirkungen der Substitu- tion auf die Kinder der Drogenkran- ken können dramatisch sein. Und doch ist die seit 20 Jahren mögliche Substitutionstherapie mit Metha- don, Buprenorphin oder Diamor- phin erfolgreich, darin sind sich Ex- perten einig. Sie sichert Abhängi- gen nach erfolgloser Abstinenzthe- rapien das Überleben, sie erhöht die Chance einer Resozialisierung und senkt das Risiko für Infektionser- krankungen. Sie mindert die Be- schaffungskriminalität und Prosti- tution. Doch die Versorgung der bundesweit circa 76 000 Opiatab- hängigen scheint gefährdet.

Die Substitutions- therapie mit Me- thadon sichert vie- len Abhängigen das Überleben, erhöht die Chance einer Resozialisierung und senkt das Risi- ko für Infektions - erkrankungen.

Foto: dapd

Die Praxis der Take-home-Verordnung von Substitutionsmitteln geriet wegen mangelnder Sicherheit für die Kinder der Drogenabhängigen in die Kritik. Ärzte dürfen grundsätzlich nicht kriminalisiert werden.

K

urz vor ihrem Tod schrieb Chantal einen Brief an ihren leiblichen Vater: „Bitte holt mich aus dieser schrecklichen Familie.“

Am 16. Januar starb die Elfjährige, die bei drogenabhängigen Pflege - eltern in Hamburg-Wilhelmsburg lebte, nach dem Konsum des Substi- tutionsmittels Methadon. An dem tragischen Fall war vieles merkwür- dig: Wieso gab das Jugendamt das Mädchen in die Obhut einer Pflege- mutter, deren Drogenabhängigkeit bekannt war? Zu einem Pflegevater, der mehrfach vorbestraft war, unter anderem wegen Drogenhandels?

Wie gelangten sie an 31 Methadon- Tabletten, die in ihrer Garage gefun- den wurden? Liegen Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz vor?

Kooperation in Hamburg

Wie auch immer die Antworten lau- ten: Ein Einzelfall ist Chantal nicht.

In Hamburg hat der Fall dazu ge- führt, dass sich die substituierenden Ärzte, die Allgemeinen Sozialen Dienste, die Suchthilfe, Jugendämter, die Ärztekammer und die Gesund- heitsbehörde an einen runden Tisch gesetzt haben: Unterschrieben wurde Anfang August eine Kooperations- vereinbarung, die Kinder von Opiat- abhängigen in Substitutionsbehand- lung besser schützen soll.

Auch Bremen hat nach einem ähnlich zusammengesetzten runden Tisch die Regeln für den Umgang mit substituierten Opiatabhängigen ver- schärft. Dort und in Bremerhaven wurden bei Haaranalysen von Kin- dern drogenabhängiger Eltern Abbau- produkte von Methadon gefunden.

Damit Ärzte bundesweit mehr Klarheit zur Verordnung von Substi- tutionsmitteln haben, wenn im Haus- halt der opiatabhängigen Patienten Kinder leben, hat die Bundesärzte-

P O L I T I K

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