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Archiv "Medizinprodukte: Die Nachverfolgung ermöglichen" (07.02.2014)

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Information mindestens für den Her- steller, den genauen Produkttyp, die Charge und die Seriennummer ent- halten. Die sogenannte European Article Number kann diese Infor - mationen nicht komplett liefern und ist daher unzureichend. Infrage kämen beispielsweise der Unique Device Identifier oder ähnliche Konzepte.

Webbasierte Datenbank

Die eindeutige Produktkodierung muss um eine zunächst hersteller- seitige, später eventuell auch bun- desweite Produktdatenbank ergänzt werden. In einem ersten Schritt wä- re es ausreichend, wenn Leistungs- erbringer und Krankenkassen (so- wie gegebenenfalls auch Patienten) über den Produktkode alle zuge - hörigen Produktinformationen aus einer webbasierten Datenbank des Herstellers abrufen könnten. In vie- len Industriezweigen ist ein solcher Service zumindest für die Händler, oft auch für Kunden, bereits selbst- verständlich. Es gibt keinen Grund, diese Informationen nicht auch für Medizinprodukte zugänglich zu machen. Die Hersteller könnten zur Vorhaltung einer solchen extern zu- gänglichen Datenbank verpflichtet werden. Der Aufbau einer herstel- lerübergreifenden, zentralen Produkt- datenbank für die nachzuverfolgen- den Produkte könnte ein zweiter Schritt sein.

Es versteht sich, dass ein solches Verfahren vor allem für Hochrisi- koimplantate sinnvoll ist. Für risi- koarme Artikel, wie etwa kleine- re Osteosynthesematerialien, ist die Erfassung unter Aufwand-Nutzen- Gesichtspunkten nicht erforderlich.

Implantate wie künstliche Gelenke, Schrittmacher, Herzklappen oder Brustimplantate könnten aber auf die- Beispiele für

Hochrisiko - medizinprodukte

aus dem Bereich Gelenkersatz:

Hüft implantat (links) und Knie - endoprothese

W

iederholt gab es in der jün- geren Vergangenheit Diskus- sionen um die Sicherheit von Me - dizinprodukten, vor allem von Im- plantaten. Dabei ging es etwa um fehler- oder schadhafte Brustim- plantate (1), Hüftendoprothesen (2) oder Intraokularlinsen (3). Die Pro- bleme betreffen nur zum Teil die Zulassung. Parallel werden insbe- sondere Defizite in der Überwa- chung gesehen, wie beispielsweise auch von der Referatsleiterin Medi- zinproduktesicherheit im Bundes- ministerium für Gesundheit vorge- tragen wurde (4).

Gerade bei der Überwachungs- problematik wäre bei entsprechen- dem politischen Willen eine rasche

Abhilfe möglich. In Deutschland werden mittlerweile praktisch alle medizinischen Eingrif-

fe elektronisch erfasst. Im stationären Bereich wer-

den die entsprechenden Daten gemäß § 301 So- zialgesetzbuch (SGB) V an die Krankenkassen übermittelt. Die Kranken- häuser senden zusätzlich ei- nen ähnlichen Datensatz (ge- mäß § 21 Krankenhausentgeltgesetz, KHEntgG) an die DRG-Datenstel- le. Von dort werden Teile dieser Da- ten auch an das Statistische Bun -

desamt weitergeleitet. Im MEDIZINPRODUKTE

Die Nachverfolgung ermöglichen

Die Erfassung und Nachverfolgung von Medizinprodukten der Risikoklasse III und von aktiven implantierbaren medizinischen Geräten ist auf relativ einfache Weise über Abrechnungsdaten möglich.

ambulanten Bereich gibt es analoge Verfahren, wobei hinsichtlich der komplexeren Implantate der statio- näre Sektor bedeutender ist. Die er- fassten Daten werden bereits jetzt vielfältig zur Analyse des Versor- gungsgeschehens genutzt (5, 6, 7).

Technisch wäre nur ein geringer Aufwand erforderlich, um die ge- nannten Datensätze um einige we- nige Felder zu erweitern und damit eine nahezu vollständige Langzeit- überwachung aller wichtigen Im- plantate zu ermöglichen. Es müss- ten dazu lediglich der bestehende Datensatz nach § 301 SGB V (so- wie die sich daraus ableitende Da- tenlieferung nach § 21 KHEntgG) und der ambulante Datensatz nach

§ 295 SGB V um ein Feld erweitert werden, das eine eindeutige Pro- duktkennung enthält.

Computerlesbare Kodierung Parallel wäre es erforderlich, dass in Deutschland alle Lieferanten gesetz- lich verpflichtet werden, sämtliche Implantate mit einer computerlesba- ren Produktkennung zu versehen, die beim Eingriff im Operationssaal eingelesen werden kann. In der Tür- kei ist beispielsweise eine derartige Kodierung bereits jetzt vorgeschrie- ben (8). Es kommt dabei nicht auf den technischen Standard der Ko- dierung an (klassischer Barcode,

2-D-Barcode, GS1, HIBC etc.).

Entscheidend ist vielmehr der kodierte Inhalt. Dieser

muss eine eindeutige Identifikation des Pro-

duktes erlauben und so- mit die kodierte

Fotos: BVMed-Bilderpool

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7. Februar 2014 A 217 sem Wege vollständig erfasst und

damit auch überwacht werden.

Bei geeigneter Umsetzung könn- te das Bundesinstitut für Arzneimit- tel und Medizinprodukte (BfArM) für alle Hochrisikoprodukte unter anderem Revisionsraten und ande- re Kennzahlen für die Haltbarkeit ermitteln und damit seine Überwa- chungsverpflichtungen auf einer soliden Datenbasis effektiver er- füllen. Denn es ist ein offenes Ge- heimnis, dass Ärzte und Herstel- ler nur einen Bruchteil der mel - depflichtigen Ereignisse an das BfArM übermitteln, so dass der Bundesoberbehörde oft keine ausreichenden Grundlagen für belastbare Empfehlungen vor- liegen.

Die Übermittlung des Pro- duktkodes an die abrechnen- den Krankenkassen würde es zudem erlauben, bestimmte Pro- duktgruppen und Produkttypen auch getrennt nach Herstellern so- wie unabhängig von den Herstel- lern nachzuverfolgen und zu überwachen. Die Verknüpfung mit anderen medizinischen Daten, wie Diagnosen, weite- ren Eingriffen oder Folgeope- rationen, ist dort ohne weiteres technisch möglich. Im Schadens- fall würden es die gespeicherten Produktkodierungen ermöglichen, die betroffenen Patienten anhand der Seriennummern sowohl bei den Krankenkassen als auch bei den Leistungserbringern sofort zu identifizieren. Damit könnte an- ders als in vielen bisherigen Fäl- len der Schadensumfang sofort eingegrenzt werden, und – falls er- forderlich – könnten auch die be- troffenen Patienten sofort infor- miert werden.

Sichere Identifizierung

Anders als in bisherigen Skandal- fällen wären die Empfänger da- mit sicher identifizierbar (1). Tei- le der potenziellen Schadenshöhe bei etwa notwendigen Nachopera- tionen ließen sich schon anhand der (stationären) Abrechnungsda- ten ermitteln. Die vollständigen (Folge-)Leistungen der gesetzli- chen Krankenversicherung, die teilweise auch aus anderen Sekto-

ren des Gesundheitswesens stam- men, können über die Daten der Krankenkassen ermittelt werden.

Hinzu kommen allerdings noch Leis- tungen anderer Sozialleistungsträ- ger, so dass am Ende nur der Patient einen vollständigen Über- blick haben kann. Um die Verbes- serungspotenziale für die Patien- tensicherheit in der beschrieben Form nutzen zu können, ist es erforderlich, ausreichende daten- schutzrechtliche Grundlagen zu

schaffen, weil eine Umsetzung der weitreichenden Qualitätssicherungs- ansätze sonst scheitern könnte.

Da beispielsweise die bundes- weiten DRG-Daten bereits jetzt für die Forschung zugänglich sind, wären auf dieser Ebene auch Un- tersuchungen durch wissenschaft- liche Einrichtungen möglich. Aus Datenschutzgründen könnte der Produktkode für diesen Zweck verkürzt, das heißt ohne Serien- nummer verfügbar gemacht wer- den. Wenn die an anderer Stelle geforderte, umfassendere Daten- bank der Behandlungsdaten reali- siert würde (5), könnten produkt- bezogene Analysen, insbesondere Langzeitergebnisse, auch in die Versorgungsforschung Eingang fin- den. Dabei ist es sehr wichtig, dass die Ergebnisse, unabhängig da- von, ob sie über Abrechnungsda- ten oder Register gewonnen wur- den, kritisch von Fachgesellschaf- ten, Industrie und Kassen disku- tiert und begleitet werden.

Sozusagen als „Nebenprodukt“

ließen sich über die Langzeitverfol- gung des Erkrankungsverlaufs und der medizinischen Leistungen nach Implantation mittels der QSR-Me- thodik (Qualitätssicherung mit Rou- tinedaten) wesentliche Qualitätsin- formationen für die jeweiligen Pro- dukte ermitteln (6, 9). Auch die Fachgesellschaften und die Industrie würden hinsichtlich der Weiterent- wicklung der Produkte von solchen Informationen erheblich profitieren.

Eine wesentliche Verbesserung der Patientensicherheit lässt sich somit in diesem Bereich kurzfristig und sehr effizient realisieren. Die erforderlichen technischen Ände- rungen sind überschaubar, da die benötigten technischen Strukturen bereits vorhanden sind. Es handelt sich lediglich um eine im Prinzip überfällige Modifikation bestehen- der Datenstrukturen und nicht um eine Revolution. Ein langwieriger Aufbau neuer, paralleler Datenbe- stände ist nicht erforderlich.

Ausschlaggebend ist daher ledig- lich der politische Wille zur Umset- zung. Wesentlich erscheinen dabei drei Motive:

Betroffene Patienten erhielten bessere Möglichkeiten, ihre Rech- te wahrzunehmen, und würden bei schadhaften Produkten besser ge- schützt.

Eine Überwachung des Ver- sorgungsgeschehens selbst, vor al- lem aber der kurz- und langfristigen Ergebnisqualität nach Implantatio- nen, würde auf einfache und effi- ziente Weise ermöglicht.

Den Krankenkassen würde es erleichtert, festzustellen, welche ökonomischen Schäden im Scha- densfall zulasten der Versicherten entstanden sind, und diese geltend

zu machen.

Prof. Dr. med. Thomas Mansky TU Berlin, Fachgebiet Strukturentwicklung und Qualitätsmanagement im Gesundheitswesen

Jürgen Malzahn AOK-Bundesverband, Abteilung Stationäre

Versorgung/Rehabilitation Wolf-Dietrich Trenner Sprecher der Patientenvertretung im Unterausschuss Qualitätssicherung des Gemeinsamen Bundesausschusses

@

Literatur im Internet:

www.aerzteblatt.de/lit0614

Betroffene Patienten erhielten bessere Möglichkeiten, ihre Rechte wahrzunehmen, und würden besser geschützt.

Mechanische Herzklappe: Im- plantate sollten mit einer computerles- baren Produktken- nung versehen wer- den, die bei der Operation eingele- sen werden kann.

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LITERATURVERZEICHNIS HEFT 6/2014, ZU:

MEDIZINPRODUKTE

Die Nachverfolgung ermöglichen

Die Erfassung und Nachverfolgung von Medizinprodukten der Risikoklasse III und von aktiven implantierbaren medizinischen Geräten ist auf relativ einfache Weise über Abrechnungsdaten möglich.

LITERATUR

1. o.V.: Skandal um Brustimplantate. Kunden- liste der Firma PIP offenbar fehlerhaft.

Dtsch Arztebl 2012; 109(4): A 124.

2. Spiegel online (2013): Marke Adept: Rück- ruf von künstlichen Hüftgelenken. www.

spiegel.de/gesundheit/diagnose/rueckruf- von-hueftgelenksprothesen-gefahr-bei-im- plantaten-a-883687.html (Zugriff 20. 5. 2013)

3. Bundesinstitut für Arneimittel und Medizin- produkte (2012): Rückruf diverser LENTIS IOL Modelle vom Typ Hydrosmart Yellow, Oculentis GmbH. www.bfarm.de/Shared Docs/1_Downloads/DE/Medizinprodukte/

riskinfo/kundeninfo/11/2012/

6613–12_Kundeninfo_de.html 4. Hibbeler B, Krüger-Brand HE: Medizinpro-

dukte: Kein Systemwechsel in Sicht, Dtsch Arztebl 2012; 109(14): A 690–3.

5. Mansky T, Robra BP, Schubert I: Qualitätssi- cherung: Vorhandene Daten besser nutzen.

Dtsch Arztebl 2012; 109(21): A 1082–5.

6. Jeschke E, Baberg HT, Dirschedl P, Heyde K, Levenson B, Malzahn J, Mansky T, Mö- ckel M, Günster C: Komplikationen und Folgeeingriffe nach koronaren Prozeduren in der klinischen Routine. Eine Ein-Jahres- Follow-up-Analyse auf der Grundlage von AOK-Routinedaten. Dtsch med Wochenschr 2013; 138(12): 570–5.

7. Nimptsch U, Mansky T: Trends in der akut- stationären Schlaganfallversorgung in Deutschland: Eine Beobachtungsstudie mit Krankenhausabrechnungsdaten von 2005–2010. Dtsch Arztebl 2012;

109(51–52): 885–92.

8. ISSA (2010): Türkische Nationale Arzneimit- tel- und Medizinprodukte-Datenbank (TÝ- TUBB), www.issa.int/ger/Beobachtungsstel le/Gute-Praxis/Tuerkische-Nationale-Arz neimittel-und-Medizinprodukte-Datenbank- TITUBB (Zugriff am 20. 5. 2013) 9. AOK-Bundesverband, Forschungs- und

Entwicklungsinstitut für das Sozial- und Ge- sundheitswesen Sachsen-Anhalt (FEISA), HELIOS Kliniken, Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO) (Hrsg.) (2007): Qualitätssi- cherung der stationären Versorgung mit Routinedaten (QSR) – Abschlussbericht.

Bonn: Wissenschaftliches Institut der AOK

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Referenzen

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