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Margenunabhängige SD:Gespenst oder letzte Hoffnung?

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ARS MEDICI 5 2011

RICHARD ALTORFER

Es stimmt, selbstdispensierende Ärz te verdienen am Verkauf von Medika- menten. So what? Gibt es ein moralisch gerechtfertig- tes Argument dagegen – es sei denn, man akzeptiere die Behauptung als Argument, Ärzte gäben aus reiner Gier ihren Patienten zu viele oder/und nicht die richtigen Medikamente mit? Nur, wer exakt diesen Vorwurf erhebt, sollte ihn laut und vernehmlich äussern und beweisen – oder schweigen.

Ein fatales Signal?

Was also sollen und vor allem was sig- nalisieren die Aktivitäten der FMH im Hinblick auf eine «margenunabhängige Entschädigung»? Was bedeutet diese Task-Force der Schweizer Ärztegesell- schaft, die im Namen, aber wohl kaum im Sinne der selbstdispensierenden Ärzte mit Krankenkassen und Politi- kern verhandelt? Die Task-Force schlägt – die einen meinen: aus der Not heraus, die anderen: ohne Not – ein gänzlich neues Abgeltungsmodell vor, das die Tätigkeit der Medikamentenab- gabe in eine Tarmed-Tarifposition inte- grieren soll. Kostenneutral für die Kas- sen. Was immer das am Ende heisst. In diesem Vorschlag, so meinen verärgerte Kollegen, steckt das Eingeständnis, dass die Ärzte im derzeit geltenden Abgel- tungsmodell (bei dem sie – allerdings längst gedeckelt – eine Marge erwirt- schaften) dem Anreiz erliegen, mehr Medikamente zu verkaufen, als der Patient benötigt. Das mögen einige schwarze Schafe so halten, die Mehrheit der SD-Ärzte aber gibt nicht mehr Me- dikamente ab als die rezeptierenden Ärzte verschreiben. Im Gegenteil: Durch- schnittlich sind es eher die günstigeren.

Und die Folgen?

Was bedeutet eine Integration der SD- Leistung in den Tarmed? Eine Extra -

position «Medikamentenabgabe»? Und im Gegenzug die Ausweitung der SD auf die ganze Schweiz – was eigentlich konsequent wäre? Und das unter Bei- behaltung der tiefen Taxpunktwerte der SD-Kantone? Das würde – da das Ganze mindestens kostenneutral sein müsste – eine Aufteilung des aus der SD generierten Einkommens der heute selbstdispensierend tätigen Kollegen auf die Gesamtheit der Praktiker be- deuten. Mithin etwa eine Halbierung des SD-Einkommens der ohnehin tarif- lich schlechter gestellten Kollegen.

Preisgabe statt Rettung?

Die Verhandler der FMH kennen na- türlich diese Bedenken und versuchen, die unliebsamen Folgen für die SD- Ärzte mittels flankierender Massnah- men abzufedern oder zu vermeiden.

Vielleicht meinen sie es sogar gut: Herr Couchepin wollte die SD ganz abschaf- fen, und noch ist nicht sicher, ob er mit seinem Feldzug gegen die SD-Ärzte am Ende nicht doch erfolgreich ist. Vor die- sem Hintergrund mag es verlockend sein, die SD zu retten, unter Preisgabe der immer wieder und von allen Seiten kritisierten Margenabhängigkeit.

Zwei entscheidende Argumente stehen dieser Überlegung entgegen. Zum Ers- ten: Falls die SD-Ärzte recht und in der Vergangenheit (auch wenn mans ihnen nicht glauben will) anständig gehandelt haben, wird das vorgeschlagene Abgel- tungsmodell noch eine weitere Folge zeitigen. Die Ausgaben für Medika- mente werden steigen, weil die SD am Ende genau so unattraktiv wird wie das Praxislabor – und die Alternative zwar der Neidkultur Tribut zollt, aber wie meist zu höheren Kosten für alle führt.

Der falsche Kampf

Zum Zweiten: Wenn man mit be- schränkten Ressourcen kämpft, muss man sich für das zu erkämpfende Ziel entscheiden. Wer für eine margenunab- hängige Medikamentenabgabe kämpft, verpasst die Gelegenheit, den zweifellos wichtigeren Kampf für die Stärkung

der Hausärzte, des empfindlichsten und gefährdetsten Teils unserer ambu- lanten Gesundheitsversorgung, gleich- zeitig für den Erhalt der SD zu nutzen.

Der Kampf pro Hausarztmedizin ist nicht aussichtslos; Politik und Bevölke- rung nehmen langsam, aber sicher zur Kenntnis, dass die beste und kosten- günstigste Form der medizinischen Grundversorgung mit der leicht über Politikerlippen kommenden ideellen Förderung allein «den Bach ab» geht.

Die Hausarztmedizin lässt sich nur ret- ten, wenn die Hausärzte nicht bloss mit schönen Worten überhäuft, sondern mit konkreten wirtschaftlichen Vortei- len (eigentlich: der Rückgängigma- chung von in den vergangenen Jahren erlittenen Benachteiligungen) bedacht werden. Wer wie die FMH und leider auch andere Standesorganisationen es vorziehen, für die margenunabhängige Medikamentenabgabe zu kämpfen, an- statt sich voll und ganz für die «Reha- bilitation» des Praxislabors, den Erhalt beziehungsweise die Ausweitung der SD, weniger Einfluss der Kassen auf die ärztliche Tätigkeit und weniger protek- tionistisch motivierte Qualitätsanfor- derungen einzusetzen, führt schlicht – den falschen Kampf. Wer jetzt statt der Gunst der Stunde für die Hausärzte zu nutzen, sich Gedanken macht, wie man freiwillig am elegantesten wirtschaft - lichen Boden preisgeben kann, der ver- passt in unverantwortlicher Weise eine Chance für die Praktiker.

Noch ein Drittes: Mit der Integration der Medikamentenabgabe in den unse- ligen Tarmed erhält die Politik die Möglichkeit, diesen letzten in beschei- denem Umfang noch freien Markt in den Griff zu kriegen. Und mit der Ho- heit über den Taxpunktwert wird sich die Politik mit Leichtigkeit Macht über die Ärzteeinkommen (in erster Linie der Grundversorger) verschaffen. Die Politiker werden ihren Einfluss auf den Taxpunktwert mit billigen ökonomi- schen Argumenten nutzen – aber ganz gewiss nie und nimmer im wirtschaftli- chen Interesse der Ärzteschaft. ❖ Richard Altorfer

Margenunabhängige SD:

Gespenst oder letzte Hoffnung?

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