Kleine Mitteilungen.
Zu K. Wulffs Anzeige von .Anthropos* Bd. I — IV. —
Auf S. 589—599 dieses Bandes der ZDMG. veröflFentlicht Herr
Dr. K. WulflF eine Besprechung der bisher erschienenen Bände des
Anthropos, für welche die Schriftleitung des Anthr. ihm natürlich
nur zu größtem Danke verpflichtet sein kann. Über zwei Punkte 5
indes macht Herr Dr. Wulff einige Bemängelungen; es möge dem
unterzeichneten Schriftleiter des Anthr. gestattet sein, zu diesen
Punkten einige Aufklärungen zu geben.
1. Herrn Dr. Wulff erscheint es (vgl. S. 590, Z. 18 ff.) mit
Eecht .ein wenig unwissenschaftlich*, wenn die Zeitschrift aus lo
prinzipiellen Gründen nur katholische Missionare als Mitarbeiter
zugelassen hätte. Diese prinzipiellen Gründe sind indes nie vor¬
handen gewesen. Im Gegenteil hat der, Herausgeber mehrfach
Schritte getan, um die Mitarbeit auch der evangelischen Missionare
zu erlangen. Er hat sieh zu diesem Zweck sowohl an englische i5
und holländische , als auch an deutsche protestantische Missions¬
kreise gewendet. Von den beiden ersteren erfolgte überhaupt keine
Reaktion. Hinsichtlich der letzteren stelle ich fest, daß ich mich-
unter andern auch an den mir bekannten Herausgeber einer pro¬
testantisch-theologischen Zeitschrift gewendet habe mit der Frage, 20
ob er wohl glaube, daß es möglich sei, die Mitarbeit der evangelischen
Missionare in größerem Umfange zu gewinnen. Er verneinte dies,
worauf ich weitere Schritte unterließ, um so mehr, da unterdessen
die Zahl der von katholischen Missionaren eingesandten Beiträge so
angewachsen war, daß eine Bewältigung derselben vielfach kaum 25
noch möglich war. Trotzdem werden auch jetzt , wenn Beiträge
von evangelischen Missionaren einlaufen, diese mit der gleichen
Bereitwilligkeit und in der gleichen Reihenfolge wie die von
katholis(ihen Missionaren veröffentlicht, ja ich glaube sogar, weil
das bis jetzt seltenere Gäste waren: eher mit einer gewissen Be- so
vorzugung. Diese Tatsachen konnte Herr Dr. Wulff nicht wissen.
Ich glaube aber, sie entkräften den eventuellen Vorwurf kon¬
fessioneller Einseitigkeit, dem man gegen Anthropos erheben wollte.
Bei den übrigen Mitarbeitern des Anthropos wird man ja auch keine
derartige Sonderung entdecken. ss
2. Herr Dr. Wulff hebt hervor (vgl. S. 590, Z. 10 ff.), daß in
dem Einführungsartikel von Msgr. Le Roy im 1. Heft des I. Jahr-
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ganges des Anthropos eine „Begründung der wissenschaftlichen
Mitarbeit vonseiten der Missionare* gegeben ist, „die ganz andere
als wissenschaftliche Rücksichten nicht nur in den Vordergrund
stellt, sondem als die einzigen erwähnt*. Hier ist zunächst zu be-
5 merken , daß Msgr. Le Roy als ehemaliger Missionsbischof die
Mehrzahl der Missionare gut kennt, und weiß, daß diese zur Mit¬
arbeit leichter durch praktische Gründe herangezogen werden können,
als durch rein wissenschaftliche Gesichtspunkte. Es kam aber da¬
mals darauf an, überhaupt erst einmal die Mitarbeit der Missionare
10 zu gewinnen. Dann aber auch, so gute Dienste der Artikel Msgr.
Le Roy's auch leistete, so ist er doch nicht in dem Maße pro¬
grammatisch für die ganze Haltung des Anthropos , als Herr
Dr. Wulff es vorauszusetzen scheint. Das richtunggebende Pro¬
gramm war vielmehr von dem Herausgeber selbst schon vorher
15 in einer Broschüre, die Herm Dr. Wulff nicht vorlag, den Missio¬
naren bekanntgegeben worden, in welcher die innere, wissenschaft¬
liche Bedeutung der Ethnologie und Linguistik in einem solchen
Umfang auseinandergesetzt war, daß es unmöglich wäre, das alles
hier zu zitieren. Den europäischen Gelehrten kann es schließlicbi
«0 ja aber auch gleichgültig sein , aus welchen Beweggründen die
Missionare ethnologische und linguistische Forschung treiben, wenn
sie nur dessen versichert sind , daß die Missionare die für die
Wissenschaft wertvollen Tatsachen mit größter Gewissenhaftigkeit
und Genauigkeit aufnehmen. Und da sei es mir gestattet, aus der
25 erwähnten Broschüre die Sätze zu zitieren , in welchen den Missio¬
naren ihre diesbezüglichen Pflichten eingeschärft wurden.
„In der Leichtigkeit, die Tatsachen zu erforschen und fest-
' zustellen , ist kaum jemand dem Missionar überlegen , und in
manchen Fällen ist er für die Wissenschaft geradezu unent-
80 behrlicb und unersetzlich. Hier kommt es nun aber darauf an,
daß jeder Forscher-Missionar sich mit recht lebendigem Sinn, ja
wir möchten sagen, mit religiöser Reverenz vor allem Tatsächlichen
erfülle. Was nach genauer Untersucbung sich als Tatsache heraus¬
gestellt hat, das, und nur das, darf aufgezeichnet und veröffentlicbt 85 werden, mag es auch noch so sonderbar sein, noch so sehr Lieblings¬
anschauungen widersprechen, die man bisher gehegt hat. Durch¬
drungen von der Überzeugung, daß niemals Natur und Offenbarung
in einem wirklichen Widerspruch stehen können, wird der Missionar
auch nicht aus religiös - apologetischen Rücksichten jemals eine
40 wirkliche Tatsache weniger genau darstellen oder gar unterdrücken.
Anderseits aber wird er sich auch hüten, daß er nicht in dem
Streben , recht „wissenschaftlich* zu sein , von gewissen Tages¬
meinungen sich blenden läßt, deren häufig so zuversichtliches Auf¬
treten in keiner Weise ihren Mangel an Begründung ersetzt. Der
•45 Missionar-Forscher wird sich vielmehr nach jeder beliebigen Richtung hin seiner großen Verantwortlichkeit bevraßt bleiben, die darin liegt,
daß das von ihm veröflfentlichte Tatsachenmaterial von anderen Ge-
lehrten zu weiteren Schlußfolgerungen benutzt wird, und daß Ver¬
schleierungen oder Weglassungen im Grundmaterial unabweislich
in unrichtige und schädliche Schlußfolgerungen auslaufen müssen."
P. W. Schmidt, S.V. D.
Zur kanaanäischen Inschrift von Zengirii. — Zu 5
dieser Inschrift, die mir aus den Arbeiten Littmann's (SBAW. 1911,
S. 976 ff.) und Peiser's (Or. Litztng. 1911, Sp. 540 ff.) bekannt ge¬
worden, möchte ich einige wenige Bemerkungen machen. Manches
habe ich fortgelassen, nachdem ich durch Littmann erfahren, daß
es auch von anderen bereits so erkannt worden ist. lo
Durch den Namen TObs wird das viel umstrittene TnbD nia
klar auf Zl. 17 der Bauinschrift des BarEekub. Es ist eins von
den Werken, die iwbD ausführte. Seine Vorgänger taten nichts
(bSB ba), er selbst dagegen viel. Parallel steht auf Zl. 7/8 der
Bauinschrift ,und das Haus meines Vaters arbeitete mehr als alle". i5
— nbiB Zl. 6 vielleicht dasselbe Wort wie auf Zl. 4 der Mesa-
inschrift? — Zl. 7/8 möchte ich vermutungsweise übersetzen ,und
ein Knecht (T^Diö) war ich, über mir der König von Assur; des¬
halb gab er Schande ünd redete Verachtung (Josd)"- Bei nwb?
denke ich an hy-\-m; letzteres das in den aramäischen Inschriften 20
von Zengirii öfters vorkommende demonstrativische Element. — Die
Pluchformel am Schluß beginnt m. E. erst auf Zl. 15 mit l'm,
nicht bereits auf Zl. 13 mit ■'Mi. »Und wer unter meinen Söhnen
ist, der an meiner Statt (auf dem Throne) sitzen wird, der möge
festhalten (pTIT' ?) durch diese Schrift ihre mskb , daß sie nicht 25
zürnen sollen ihren b'rr, und ihre b'rr, daß sie nicht zürnen sollen
ihren mSkb.* MSkb und B'rr : Irgend welche Gruppen des Volkes.
Von den mskh heißt es Zl. 10. „indem sie mich begleiteten («ÄJ./)
nach ihrem Herzen." Daba vielleicht für Dabp. ist ja in Zengirii
nicht unerhört für p. — m Zl. 12 = ? p. Praetorius.
Pöyeh. — In der Einleitung zur Paksimileausgabe des Tärlli-
i-Guzida p. XIV nennt Browne die Familie der Dailamitischen
Dynastie „Bawayhls". Dies ist die arabische Schreibweise
des persischen Namens des Ahnen dieser Dynastie. Schon Wilken
in seiner Ausgabe (Berlin 1835) der Geschichte dieser Herrscher ss
nach Mirljwänd (Mirchond) schreibt Bujeh; das Faksimile hat aber
an den meistwi Stellen ajjJ^) mit P, wenn auch zuweilen der
Name mit B erscheint*). Die erstere Form ist meines Wissens
sonst noch nicht nachgewieseu. In Vullers' Lexikon s. v. ist
verzeichnet, aber im Farhangi 6ahängTrI (ed. Lucknow 1293, II, 172) m
1) p. 413, 3 V. u.; 413 ult.; 414, 6; 415, 3; 415, 6 usw.
2) p. 414, 1; 414, 4.
6 I
862 Kleine Mitteilungen.
finden wir (in der Rubrik Waw nacb Pa) mebr Aufklärung. Dort
beißt es:
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^.XJ^Aj L »iXJIj v-^L»- ji j*ä*" c><««-*ö
Der Name soll also mit p und ö ausgesprocben werden ;
io,Pöyeb" und, ob richtig oder nicht, der Verfasser des Wörter¬
buches sagt, .er sei von Mutterseite ein Nachkomme dieses Ge¬
schlechts; wir dürfen also annehmen, daß ein so berühmter Name
in seiner Pamilie richtig überliefert worden ist, und es ist wohl
O. '
Zeit, daß wir die arabische Schreibweise aufgeben. Vielleicht
15 würden armenische Quellen noch weitere Aufschlüsse geben , diese
sind mir aber nicht zugänglich, und es wäre sehr wünschenswert,
daß die Aussprache Pöyeh auch von jener Seite her bestätigt würde -).
F. Krenkow.
1) Wohl o^J^.!} j^j-wjXj zu lesen.
2) Wie ich jetzt noch vou Herrn Prof. Aug. Fischer erfahre, hat Th. Nöldeice in seinen „Persischen Studien' I, S. 28 f. Uber gehandelt.
Das Legatum Flügelianum bei der Universität Leipzig.
Bei der Universität Leipzig ist am 10. Dezember 1911 die in
der Überschrift genannte Stiftung rechtsfUhig geworden und damit
ins Leben getreten. Da sie der Förderung der morgenländischen
Studien dienen soU, so hat sie Anspruch auf ein allgemeineres
Interesse in den Kreisen der Orientalisten. Das unterzeichnete
Kuratorium hat es daher für angezeigt gehalten ihre Satzungen —
mit Auslassung einiger Abschnitte, die speziellere Punkte der inneren
Verwaltung betreffen — an dieser Stelle zu veröffentlichen. Die
Satzungen sind im engen Anschluß an das sehr eingehend gehaltene
Testament des Erblassers formuliert worden, das seinerseits in wesent¬
lichen Teilen auf Aufzeichnungen beruht, die von Gustav Flügel,
dem Vater des Erblassers, selbst herrührten. Dieser, der hochverdiente
Herausgeber des Häggl ^alifa, des Fihrist, des Korans, der „Krone
der Lebensbeschreibungen* des Ibn Qu^lübugä und der „Definitionen"
des Gurgäni, der Verfasser der „Grammatischen Schulen der Araber", des Katalogs der arabischen, persischen und türkischen Handschriften der Wiener Hofbibliothek usf., hat mithin als der eigentlicbe Urheber
der Stiftung zu gelten. Jeder Fachgenosse wird es dem trefflichen
Manne boch anrechnen, daß er seiner Wissenschaft noch über das
Grab hinaus die Treue bewahrt hat. Mit dem Danke, den wir ihm
schulden, werden wir aber Erkenntlichkeit für seinen Sohn verbinden
müssen, der, obschon er seinem Berufe nach den morgenländischen
Studien fern stand, in so pietätvoller Weise die Wünsche seines
Vaters verwirklicht hat.
Das Kuratorium des Legatum Flügelianum.
A. Fischer, Stiftungsvorstand.